Beschuldigt der schweren Körperverletzung, Münchener Oktoberfest 2013

Sorella schrieb:Soll mein Sohn, um einer Strafe zu entgehen etwas ein falsches Schuldeingeständnis ablegen?
Er ist relativ verzweifelt und weiß sich momentan keinen Rat.
Auch ich als allein erziehende Mutter bin sehr besorgt und hoffe auf hilfreiche Beiträge von euch.

So ne Ferndiagnose ist kaum möglich.

So wie das, was Du im Eingangspost geschrieben hast, auf mich wirkt, stehen die Zeichen aber offenbar wirklich sehr schlecht.

Wenn das so ist, gibt es nach meiner Erfahrung 2 Möglichkeiten

1.) Nichts sagen, Urteil abwarten und die Berufung mit einem wirklich guten Anwalt vorbereiten. Da KANN es dann einen Freispruch geben, allerdings tragt ihr das Kostenrisiko, wenn es nach hinten los geht.

2.) Ein "adäquates" Geständnis ablegen und auf Milde hoffen.


ICH persönlich würde, wenn ich wirklich nichts getan habe, nötigenfalls alle Rechtszüge auskosten. Dabei sind natürlich auch ruck zuck mal 30 - 40.000 Euro Prozesskosten zusammen gekommen. Das muss man kalkulieren können.

Issomad schrieb:Schließlich haben sie im Zelt nur Hausrecht und keine Polizeigewalt, da ist ein Festhalten vielleicht erlaubt aber kein auf den Boden werfen und mit Kabelbindern fixieren

Das "Festhalten" umfasst alles NOTWENDIGE, um eine Person, deren Identität nicht feststeht und die frisch bei einer Straftat betroffen wurde, am Weggehen zu hindern. Im mildesten Fall ist das ein "Du bleibst da stehen" und im härtesten Fall bringt man so jemanden dann zu Boden und fixiert ihn. Das ist nach dem "Jedermannsrecht" drin.

Fällt dem dabei der (echte) Perso aus der Hose, sind die Personalien aufzunehmen und die Person ist dann auch wieder zu entlassen.

@LivingElvis
Wenn wir die Mittel hätten, würden wir auch alles nur Mögliche einleiten. Nur, wie ich schon sagte, bin ich sozusagen die Alleinverdienerin, mein Sohn ist momentan Schüler.

Für den tollen Verteidiger haben wir uns schon 500 Euro von einem Freund geliehen.

Der "Geschädigte" ist allem Anschein nach an einer größeren finanziellen Ausgleichzahlung interessiert, denn vor Prozessbeginn teilte dessen Anwalt dies dem Verteidiger meines Sohnes mit. Er ließ verlautbaren, dass er an keiner weitern Strafverfolgung interessiert sei, wenn er eine entsprechende Summe bekäme...
Aber, leider ist er da an den falschen geraten. Wir haben nun mal keine finanziellen Mittel, um uns sozusagen frei zu kaufen.

Auf Anraten seines Verteidigers machte mein Sohn vor Gericht keine Aussage. Was wir mittlerweile fast bedauern, denn der Zeuge "Verlobter" sagte fast eins zu eins aus, wie auch mein Sohn den Beginn der Auseinandersetzung schilderte. Dann brachte er jedoch diese ominöse Glasscherbe ins Spiel, die er meinem Sohn angeblich gewaltsam und sich dabei selbst schneidend aus der Hand nahm.

Hätte mein Sohn vorher seine Aussage abgegeben, hätten sich die Aussagen zumindest zu einem gewissen Teil gedeckt...

Macht er zum nächsten Prozesstag nun eine Aussage, heisst es vielleicht, dass er sich das auf die Aussage des "Verlobten" zurechtgebastelt hätte.

Sorella schrieb:Der "Geschädigte" ist allem Anschein nach an einer größeren finanziellen Ausgleichzahlung interessiert, denn vor Prozessbeginn teilte dessen Anwalt dies dem Verteidiger meines Sohnes mit. Er ließ verlautbaren, dass er an keiner weitern Strafverfolgung interessiert sei, wenn er eine entsprechende Summe bekäme...
Aber, leider ist er da an den falschen geraten. Wir haben nun mal keine finanziellen Mittel, um uns sozusagen frei zu kaufen.

Ist sowieso unerheblich, da die gefährliche Körperverletzung ein Offizialdelikt ist. Es kommt da nicht auf einen Strafantrag an.

Sorella schrieb:Auf Anraten seines Verteidigers machte mein Sohn vor Gericht keine Aussage. Was wir mittlerweile fast bedauern, denn der Zeuge "Verlobter" sagte fast eins zu eins aus, wie auch mein Sohn den Beginn der Auseinandersetzung schilderte. Dann brachte er jedoch diese ominöse Glasscherbe ins Spiel, die er meinem Sohn angeblich gewaltsam und sich dabei selbst schneidend aus der Hand nahm.

Hätte mein Sohn vorher seine Aussage abgegeben, hätten sich die Aussagen zumindest zu einem gewissen Teil gedeckt...

Macht er zum nächsten Prozesstag nun eine Aussage, heisst es vielleicht, dass er sich das auf die Aussage des "Verlobten" zurechtgebastelt hätte.

Jaein. Auch das ist zu einem gewissen Teil durch Einbringen von sogenannten "Zeugen vom Hörensagen", also solchen Zeugen, die bestätigen können, dass Dein Sohn diese Angaben bereits VOR der Aussage des "Verlobten" gemacht hat, heilbar.

@LivingElvis
Frage: Bist du juristisch vorbelastet, hast Jura studiert oder in der Richtung?

@Sorella

hallo "Schwester",

ich hatte ähnliche Situation auf einem Stadtfest auch mal gehabt:

Ich war dort mit meiner damaligen Freundin.
Dann gab es da zwei Typen (die ebenfalls mit ihren Frauen da waren) und die meine Freundin belästigten. Ich ging dazwischen und die wurden aggressiv und einer von hnen, schubste mich auf eine Bierbank.

Als er nachsetzen wollte, schlug ich ihm mit meinem Bierglas ins Gesicht und danach gab es ein kleines Handgemenge.

Ich zerschnitt mir dabei selbst eine Sehne am Handgelenk, der Angreifer trug eine Narbe im Gesicht davon.

Dann wurde ich verklagt auf ein Schmerzensgeld von damals 10 Tausend DM.

Der Rechtsstreit lief fast 2 Jahre lang, bis es zum entscheidenden Gerichtstermin kam.

Resultat:

jeder bekam eine Schuld zu gesprochen, und ich durfte damals immernoch fast 5000DM an Schmerzensgeld an den Typen bezahlen, obwohl ich durch Zeugen glaubhaft machen konnte, dass ich mich nur verteidigt hatte.

Alano schrieb:Resultat:

jeder bekam eine Schuld zu gesprochen, und ich durfte damals immernoch fast 5000DM an Schmerzensgeld an den Typen bezahlen, obwohl ich durch Zeugen glaubhaft machen konnte, dass ich mich nur verteidigt hatte.

Das Problem ist zweierlei:

Zum einen entfaltet das Ergebnis des Strafprozesses keine Bindung auf einen Zivilprozess, es sei denn man hat das Adhäsionsverfahren beantragt.

Zum anderen ist man im Zivilprozess einer anderen Beweislast unterworfen. Hat die gegnerische Partei bewiesen (was sie muss), dass sie durch die eigene Partei verletzt wurde, muss die eigene Partei beweisen, dass diese Verletzungen in Notwehr erfolgt sind. Da kommen oft sehr komische Ergebnisse raus.

Einen Strafprozess zu gewinnen ist darum in solchen Fällen meist ungleich leichter, als einen Zivilprozess. Das ist den Leuten dann oft kaum begreiflich zu machen, dass sie zwar strafrechtlich vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen worden sind, aber trotzdem Schmerzensgeld bezahlen müssen.

Ich kann auch nur dazu raten, bloß kein falsches Schuldeingeständnis vor Gericht abzulegen um eine "mildere" Strafe zu bekommen...
Schonmal garnicht wenn die Gegenseite auf Schmerzensgeld aus ist.

@Sorella
Wie war denn der Bluttest zwecks Alkohol bei deinen Jungs ausgefallen?

Ich hatte da auch mal sowas ähnliches unter Alkoholeinfluss, wobei behauptet wurde ich hätte meinem Gegenüber eine Flasche durchs Gesicht gezogen.

Und ich konnte nicht 100 pro sagen ob ich es war oder nicht.

Zum Glück war ich es nicht ;)

@Alano
Heieieiei, was soll man dazu sagen? Heutzutage muss man sich scheinbar nur noch auf den Boden werfen und Hilfe, Hilfe rufen. jede Verteidigung wird schon als Mitschuld angesehen. Schlimm, ich krieg bald das Kotzen. (sorry)

@jimbo
Mein Sohn hatte ca. 1,8 Promille, der Freund etwas mehr als zwei. Auch die anderen waren nicht nüchtern, denn es war ja schon nach 22 Uhr.

Ich hatte auch eine ähnliche Situation wie @Alano in einer Diskothek. Wurde strafrechtlich freigesprochen und musste zivilrechtlich eine 4-stelliger Eurotunnel zahlen.

@Berlin47
Na klasse, da bist du vor Gericht nicht schuldig, aber musst trotzdem dem sog. Opfer Geld geben. Ich pack es wirklich nicht mehr.

@Sorella
Ja, habe ich mir damals auch gedacht, nachdem das ganze Verfahren beendet war.

Problem bei euch ist, das schon kurz nach dem Vorfall vieles falsch gemacht wurde, zwecks Beweissicherung usw.

Hoffe dein Sohn kommt noch noch glimpflich raus. An unsere Experten hier, sind Schmerzensgeldforderngen nicht so angelegt, dass man definitiv zahlen muss sobald man Geld hat?

Berlin47 schrieb:An unsere Experten hier, sind Schmerzensgeldforderngen nicht so angelegt, dass man definitiv zahlen muss sobald man Geld hat?

ich weiß nicht genau. Kenne mich dafür in den Details zu wenig aus.

Was ich aber weiß ist, dass Schmerzensgeldforderungen (zumindest in bestimmten Fällen), nichts bringen, wenn jemand Sozialleistungen bezieht.

Von mehreren anderen Fällen weiß ich, dass einige, die auf Schmerzensgeld verklagt wurden und arbeitslos waren, diese nicht bezahlen brauchten. Es sei denn , sie würden innerhalb von 30 Jahren einen Job finden.

@Alano
Das meine ich ja. @Sorella meinte, bei ihnen ist nichts zu holen.

Wenn ihr Sohn aber zu Schmerzensgeld verurteilt wird, muss er es spätestens zahlen, wenn er Geld verdient außer er macht für immer einen auf Hartz 4

@Sorella
Der Titel auf Schmerzensgeld hält 30Jahre.
Irgendwann wird dein Sohnemann Geld verdienen und abdrücken dürfen.
Von dir holen sie es nicht.

@MVirus
@Berlin47
@Sorella


Aber ich weiß nicht genau: vielleicht gibt es da einen Unterschied zwischen Zivil- und Strafrecht.

Vielleicht muss der Sohn als Ausgleich in den Knast, oder bekommt Bewährungstrafe.

Ich kenne mich da nicht so aus und habe das damals auch alles nicht ganz verstanden.

@Berlin47

Berlin47 schrieb:Hoffe dein Sohn kommt noch noch glimpflich raus.

Danke, das hoffe ich auch. Auch weil er sich im letzen Jahr psychisch wieder einigermaßen gefangen hat.
Vielleicht sollte ich erwähnen, dass er seit einiger Zeit ( knapp zwei Jahren) wegen Depressionen und Angststörung in Therapie ist. Er nimmt regelmäßig ein Medikament und ist beinahe wöchentlich in Behandlung. Wir konnten wirklich gute Fortschritte feststellen, jedoch habe ich nun Bedenken, dass ihn diese Sache wieder zurück werfen könnte.

@Alano
Ach, hier in Deutschland muss man schon eine Menge anstellen um in den Knast zu kommen. Mich wundert es, dass es hier überhaupt Leute schaffen;)

Um so etwas würde ich mir keinen Kopf machen.

@MVirus

da hast du Recht. Aber Bewährungsstrafen werden gerne ausgeteilt.