Charaktermutation über die Ersatzfamilie Internet

moin,

kann man sich -gezielt auf social media platformen/ foren- eine weitere identität zulegen, ohne dass man wirklich eine multiple persönlichkeit entwickelt?
führt die zwangsläufige "profil"-neurose dazu, dass man vergisst, wer man eigentlich ist oder stärkt es eher die weitere persönlichkeit, die man gerne wäre...? oder umgekehrt oder keines von beidem?

wann merkt man denn, ob man das eigene leben und den alltag vernachlässigt, aber den aufrechten wohlsituierten "bürger" im internet angibt?
ab wann fällt der soll- und ist-zustand auseinander? und wie merkt man das am besten von alleine?

mysteriöses mensch

cheers

Aufpassen sollte man auf jeden Fall, wenn man mit dem eigenen Leben nicht zufrieden und psychisch nicht gefestigt ist, denn dann läuft man Gefahr, seine Onlinekontakte als echte Freunde zu betrachten, obwohl man nie die Gewissheit hat, wer sich anders darstellt als er tatsächlich ist.

Falls man jemanden, den man noch nie im "echten Leben" getroffen hat, als Freund oder gar Familie bezeichnet, gibt man sich einer Illusion hin.
In Foren wie Allmystery zu diskutieren, sollte nicht mehr als ein Hobby sein für Leute, die Spaß daran haben, Texte zu verfassen.

Das sollte man so oder so nicht machen. Schau lieber, dass du dein Leben auf die Reihe bekommst, statt wen zu erfinden, der "toller" ist als du.

Ich bin im Internet genauso wie im Realen Leben.

Ich mach da keinen Unterschied. Für mich ist das Internet auch Reales Leben, ich muss da keine besondere Rolle spielen.

Aber es ist wahr, dass manche Menschen nicht so sind wie im Internet. Manche sind besonders Selbstbewusst aufgrund Anonymität, und im real Life haben Sie Hemmungen. Das kann ein Ventil sein, oder aber kann auch zum positiven Effekt dienen, dass man im Realen Leben dann gefestigter ist.


Am besten finde ich die Youtube Kommentare, wo jeder ein Muttericker ist, und ganz der Harte. Aber im real Life 12 Jahre. :D

Sich im Internet dauerhaft zu verstellen, stelle ich mir schon ganz schön anstrengend vor, denn es ist doch so: früher oder später sickert das wahre Ich doch irgendwie durch.

Es sei denn, jemand verfolgt miese Absichten und will sein Gegenüber schon aus diesem Grunde vorsätzlich täuschen.

rockefehler schrieb:kann man sich -gezielt auf social media platformen/ foren- eine weitere identität zulegen, ohne dass man wirklich eine multiple persönlichkeit entwickelt?

Mit Sicherheit.
Man denke nur an die ganzen Psychopathen/Mörder/Vergewaltiger etc. welche ihre Opfer oftmals über das Internet - darunter auch in gewöhnliche Foren - kennenlernen und dort solange manipulieren, bis sie sich ihnen anvertrauen und eine gewisse Zuneigung entwickeln gar Vertrauen zu ihnen aufbauen; schon bald ist der aufmerksame, zuvorkommende und nette User - der er zu sein vorgibt - ein komplett anderer Mensch - jemand der es auf ganz andere Dinge abgesehen hat; evtl. sogar auf das Leben einer Person.

Im Internet kann man - wenn man es richtig anstellt - sein wer man möchte, da man den Usern lediglich vor die Stirn schauen kann; eig. wie im "wahren" Leben auch. Selbst wenn man der Meinung ist, dass man etwas über eine Person/einen User weiß, muss dies noch lange nicht der Fall sein, sprich der Wahrheit entsprechen. Ganz im Gegenteil.

Wie kavinsky schon schrieb: „Sich im Internet dauerhaft zu verstellen, stelle ich mir schon ganz schön anstrengend vor, denn es ist doch so: früher oder später sickert das wahre Ich doch irgendwie durch."

Sehe ich genauso. Den wahren Charakter kann man nur schwer verbergen; irgendwo sickert immer etwas durch, was das wahre Ich einer Person, vermuten lässt.

Finde ich persönlich auch gut so.
Es ist ein überaus schlechtes Gefühl, wenn man merkt, dass man auf jemanden hereingefallen ist bzw. gerade dabei ist und man merkt, dass diese Person einem etwas Böses will/wollte.

Wer sich verstellt, hat etwas zu verbergen oder flüchtet vor sich selbst.

Beides mistig.

Ich kenne keine GENAUEN zahlen aber ich zb verberge meine identität schon regelmäßig. Ich habe bei diesen ganzen Internetdatenaustausch kein so gutes gefühl, da platzt bestimmt noch die bombe 😣
Manchmal behaupte ich ein andres Geschlecht zu sein oder andres alter!
Habe jedoch keine ziele wenn ich das mache ^^

@rockefehler

rockefehler schrieb:ab wann fällt der soll- und ist-zustand auseinander? und wie merkt man das am besten von alleine?

Indem man ehrlich ungeschminkt Vergleicht. Hmm geht es dabei um dich oder um einen Bekannten? Wenn es um einen Bekannten geht, so rede am besten mit ihm. Ersetze sein Denken durch deines. In seiner "Sprache". Bei einem Mann am besten durch Logik. Bei einer Frau besser durch die Gefühlswelt. Ausnahmen bestätigen die Regel :D

@rockefehler

ich hab die erfahrung gemacht das es meistens anders herum läuft.
viele äußern sich in real life sehr konservativ.
aber online sind sie sehr tolerant und verständnisvoll.
wäre möglich das sie nach außen den schein wahren möchten.
aber weshalb? haben sie angst das sie angriffsfläche bieten?

Bei mir persönlich stelle ich keine Unterschiede fest, bin in Foren tendenziell genauso verschwiegen, wie im RL.
Also weniger Performance mehr Substanz.
Ich bin vor allem derzeit mit meinem Leben gewiss nicht zufrieden, im Gegenteil, aber das bezieht sich eher auf äußere Umstände, nichts was mich motivieren würde quasi eine neue Identität im Netz aufzubauen.
Letztlich betrügt man nur sich selber und irgendwann fliegt es auf.

Und mit der Annonymität ist das ja so eine Sache, ohne Dienste wie TOR halte ich das für unmöglich, sicher Leute aus meinem RL finden mich hier nicht oder wissen worüber ich mich wie austausche, aber Anonym und Sicher, wie es manche eventuell noch immer empfinden - nein.

Ich schätze es bei mir schon so ein, dass ich speziell Foren manchmal als Ersatz oder zumindest als Ergänzung zum RL nutze, aber dies ganz Bewusst. Denn leider habe ich in meinem Umfeld nicht wirklich Menschen mit kompatiblen Interessen, Erfahrungen oder auch Problemen.

Aufpassen sollte man schon und nicht nur im Netz hängen, ob sog. social Networking, diese Spiele mit Teamspeak u.s.w
Ich empfehle immer mal wieder einen Blick in aus dem Fenster in die real Welt.

Schriftsteller arbeiten ständig mit fremden Charakteren, die sie für ihre Geschichten erfinden und die irgendwann doch wieder bestimmte Eigenarten des "Originals" durchschimmern lassen - man denke nur an den Klassiker Karl May mit seinen Alter Egos Old Shatterhand und Kara ben Nemsi, aber selbst ein Hannibal Lecter ist letztlich das "Kind" von seinem Autor und dessen Vorstellungswelt. Das Phänomen ist also nicht neu oder erst durch das Internet aufgekommen. Anonyme Foren machen es nur einfacher, sich im direkten Austausch beispielsweise ein anderes Geschlecht, ein anderes Alter zu verpassen, aber spätestens wenn es um Fakten geht - wie gelerntes Wissen oder Ortskunde, oder auch die persönliche Einstellung zu bestimmten Dingen und Themen - kommt früher oder später ebenfalls des Pudels wahrer Kern ans Licht. Einen kritischen Mitleser kann man nicht für alle Zeiten hinters Licht führen. Genausowenig wie eine Psychose droht, wenn man sich ein Alter Ego zulegt, denn andernfalls wären so ziemlich alle Schriftsteller Fälle für die Klapse. Manchmal kann das Alter Ego auch zur besseren Hälfte mutieren, wenn es alle positiven Eigenschaften in Reinform in sich versammelt und an dem sich der reale Mensch dann hin und wieder ein Beispiel nimmt.

Wie unglaublich mühsam muss es sein, sich im Internet zu verstellen bzw. sich als eine andere Person auszugeben? Mir wäre diese Zeit zu kostbar. Ich bin im Netz so wie ich privat auch bin, wieso verstellen? Ist es dir wirklich so wichtig, dass dich fremde Menschen im Internet für toll halten, dich mögen (bzw. deine erfundene Person)? Lass sowas sein. Das bringt keinem etwas. Du verschwendest Zeit und Energie in eine erfundene Person. Es wäre besser deinem echten Ich mehr Zeit und Energie zu investieren um etwas "besser" zu machen.
Man man man..

Manche Leute verstellen sich doch auch im realen Leben ständig, für sie ist es ein Teil ihres Charakters, daß sie ihr wahres Ich niemals preisgeben. Dazu braucht man allerdings ein ziemlich gutes Erinnerungsvermögen, um ständig die "richtige" Fassade aufrechtzuerhalten und gegenüber den "richtigen" Personen, weil solche Leute oft auch mehr als eine Maske haben, für jeden "Empfänger" eine andere.

Rao schrieb: weil solche Leute oft auch mehr als eine Maske haben, für jeden "Empfänger" eine andere.

Dachte bisher immer, dass dieses "Anpassen" mehr ein Spiegeln der Person gegenüber ist, als verschiedene Masken zu haben. Ein guter Verkäufer zB kann sowas ziemlich gut und ich denke mal nicht, dass es sich dabei um ein absichtliches Verstellen handelt, sondern mehr um eine Art Naturbegabung. :) Aber wer weiß.....

rockefehler schrieb:wann merkt man denn, ob man das eigene leben und den alltag vernachlässigt, aber den aufrechten wohlsituierten "bürger" im internet angibt?

Mhm, meistens ist es ja so, dass man online versucht auszugleichen, was im "realen Leben" nicht so super läuft (sprichst ja selbst von "Ersatz"), also ist es eher unwahrscheinlich, dass jemand, der mit seinem Privatleben glücklich und zufrieden ist, auf die Idee kommt "hey, mal gucken, was ich online noch an Bewunderung/Aufmerksamkeit abstauben kann" und aus dem Grund braucht es wohl einige Zeit, bis man sich das überhaupt selbst eingestehen kann oder möchte (oder lieber in der Illusion verharrt).

Ein gewisses Bedürfnis nach Anerkennung steckt wohl in jedem von uns, da muss man sich gar nichts vormachen, aber so eine Profilierungssucht ist dann doch noch was anderes.

Um aber nochmal auf deine Frage zurückzukommen, ich glaube am einfachsten findet man das heraus, indem man mal für ein paar Tage oder eine Woche aufs Internet verzichtet und guckt, wie man sich dabei fühlt und was für Gefühle und Gedanken dabei zutage kommen.

Mutation und Ersatz sind ja jetzt auch nicht wirklich positiv von der Bedeutung her ....

Eine Mutation, also eine Veränderung, kann positiv, negativ oder neutral sein, und ich glaube, daß jeder von uns ein bißchen durch den Meinungsaustausch und Informationsgewinn per Internet (z. B. über dieses Forum hier) verändert wird.

Das Internet, unendliche Möglichkeiten der Selbstdarstellung, wir schreiben das jahr 2015...

Ich denke die virtuelle Welt gehört heute untrennbar zur menschlichen Sozialisation dazu und wie in der Zeit vor dem WWW im analogen Alltag, handelt es sich hier um Menschen die miteinander interagieren...

Ich denke auch ohne Internet gibt es Leute die sich selbst im besseren Licht sehen wollen und bei der Selbstdarstellung cheaten ;)

Nicht jeder da draußen im WWW und auch nicht in der "realen Welt" reflektiert sich ständig, was sein Verhalten und seine Wirkung auf seine Umwelt betrifft...

Soll und Ist-Zustand, da menschelt es doch bei jedem von uns, wenn man zu sich selbst ehrlich ist.

Ersatzfamilie Internet?

Nichts ersetzt einem reale Sozialkontakte und Nichts stärkt und fordert einen mehr als diese um die nötigen Soft-Skills im Miteienander zu erlernen, das Internet ist keine Ersatzwelt, sondern viel mehr eine Ergänzung zu der ohne technologischen Zugang existierenden Welt ;)

Es gibt leider immer wieder Leute die ihre Identität hier vortäuschen, aber das passiert auch allgemein in der Onlinewelt.

Ich persönlich bin ich selbst hier, also genau wie in Reallife, was aber nicht heißt, dass ich hier alles über mich erzähle, das macht doch so gut wie keiner hier.
Was die Freunde und Ersatzfamilie angeht, na klar ist es möglich, wenn man die richtigen Leute kennenlernt und sich dann evtl auch in Reallife trifft. Auch Beziehungen sind möglich...sofern man nicht auf einige der Gestörten hier reinfällt, und mit gestört meine ich nicht depressive Leute, sondern die krassen (Belästiger (Sexualtriebsgesteuerte), Stalker, Troller, usw).

Man kann sich hier anonym mittteilen und ausquatschen über alles, was einen bewegt. Was aber zur Folge habe kann, das durch Ersatzfamilie Internet reale Beziehungen vernachlässigt werden könnten.

Denn wer kann sich heutzutage noch rühmen, draußen Freunde zu haben, denen man alles mitteilen kann, wenn einem danach ist?

Die haben alle soviel mit sich selbst zu tun, wer kann noch zuhören, wen kann man nachts noch anrufen? Die meisten, die ich kenne, sind nur am malochen, flüchten vor sich selbst, leben nicht mehr, sondern existieren nur noch.

Als Ersatzfamilie würde ich Inet nicht bezeichen, nur ein Zeugnis für unsere Menschheit, dort Kontakte zu finden, die man im realem Leben sucht, aber kaum noch findet.

Klar, Spinner, Trolle usw. gibt es hier auch, nur das es hier etwas länger dauert, um es festzustellen.

Ich bin im Internet wohl genauso kacke, wie im RL auch :troll:

Gibt sicherlich genug Gründe, sich im Internet zu verstellen. Man hat im realen Leben nicht so viel Selbstbewusstsein, man lässt seinen Frust im Internet raus, weil man im RL nichts zu sagen hat, etc. Ob das alles sinnig ist, ist ne andere Sache. Ich würde sagen nein.

Allerdings bin ich der Meinung, dass man auch übers Internet "reale" Beziehungen und Kontakte aufbauen kann, die einem dann sehr ans Herz wachsen und eben nicht mehr nur "Internetbekanntschaften" sind.