Waren es Hagelkörner? Oder Blitze? Oder Silvesterraketen? In einer US-Kleinstadt sind Tausende Vögel tot vom Himmel gefallen. Die Kadaver weisen schwere Verletzungen auf - Experten rätseln über das außergewöhnliche Massensterben.

In einer US-Kleinstadt regnete es an Silvester kurz vor Mitternacht tote Vögel. Die Straßen von Beebe, Arkansas, waren innerhalb kurzer Zeit gesäumt von ihren Kadavern. Tausende Tiere lagen in Gärten, Feldern, auf Hausdächern. Nur sehr wenige Vögel lebten noch, als die Bewohner sie fanden. Bei den verendeten Tieren handelte es sich größtenteils um Rotschulterstärlinge, eine rund 20 Zentimeter große Singvogelart.

Was die Vögel zum Jahreswechsel tötete, untersucht jetzt die Jagd- und Fischerei-Kommission des Bundesstaates. Kurz nach dem Vorfall hat die Behörde daher die Gegend um Beebe aus der Luft kontrolliert. Es zeigte sich, dass die Tiere etwa im Bereich von einer Meile auf die Erde gefallen sind. Laut einem Bericht von CNN schätzt die Kommission ihre Zahl auf 4000 bis 5000. Die Vögel zeigen schwere Verletzungen, doch ob sie sich diese vor dem Fall oder durch den Sturz zugezogen haben, lässt sich bislang nicht klären.

Hagel, Blitze oder Feuerwerk?

Vogelkundlerin Karen Rowe, die für die Behörde arbeitet, gibt an, dass solche Ereignisse bereits an anderen Stellen auf der Welt passiert sind. "Nachforschungen haben für gewöhnlich kein eindeutiges Ergebnis geliefert", sagt sie, trotzdem hat sie einige Vermutungen, was die Vögel getötet hat. Es sei möglich, dass der Schwarm von einem Hagelsturm in höheren Luftregionen getroffen wurde - oder von Blitzen.

Vielleicht hat auch das an Silvester gezündete Feuerwerk die Vögel erledigt: Es hätte die Tiere aufscheuchen und vor Stress sterben lassen können, meint Rowe. Allerdings müssten dann wohl auch an anderen vielen anderen Orten der Welt ganze Schwärme aus dem Himmel fallen.

Unwahrscheinlich ist dagegen, dass die Vögel vergiftet wurden, denn am Schlafplatz außerhalb der Stadt fanden sich keine toten Vögel auf der Erde. "Was auch immer diesen Tieren zustieß, es ging schnell", sagte Ornithologin Rowe zu CNN. Seit diesem Montag werden die eingesammelten Kadaver im Labor untersucht, um die Todesursache zu klären.

"Dann brechen sie sich die Beine"

Dass ein so großer Vogelschwarm über dem Binnenland abstürzt, ist sehr ungewöhnlich, meint Wolfgang Fiedler von der Vogelwarte Radolfzell des Max-Planck-Instituts für Ornithologie. Zumal momentan keine Wanderungszeit ist und und sich nur wenige Vogelarten in derart großen Schwärmen zusammenfinden.

Weit häufiger als im Binnenland sind an der Küste solche Ereignisse zu beobachten. Wenn Vögel bei schlechtem Wetter weit aufs Wasser herausgetrieben werden und dann vor Erschöpfung verenden, werden manchmal größere Mengen von Kadavern an die Küste geschwemmt.

Bei sehr schlechter Sicht passiert es auch, dass Entenschwärme auf einer Straße landen, weil sie den Asphalt für eine Wasseroberfläche halten, erzählt der Ornithologe. "Dann brechen sie sich die Beine." Das letzte Mal, dass im deutschen Binnenland große Mengen toter Vögel einfach auf die Erde stürzten, liegt Jahrzehnte zurück: 1974 führte ein plötzlicher Wintereinbruch dazu, dass Tausende Schwalben an Entkräftung starben. Damals zog sich das Sterben allerdings über viele Tage hin. In Arkansas dagegen war es nach wenigen Stunden vorbei.

Der Rotschulterstärling ist ein in Nordamerika häufig vorkommender Singvogel. Ähnlich wie der Star in Deutschland wird er von Landwirten nicht unbedingt geschätzt, da er in großen Schwärmen auftritt und dann beim Obst- und Getreideanbau Schaden anrichten kann. Das Massensterben des Vogels können aber auch Landwirte nicht erklären.

Hier auch ein Video dazu:

https://www.youtube.com/watch?v=kfwSc-IZpao

MoKO

Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,737434,00.html (Archiv-Version vom 04.01.2011)