Stecknadelkopf schrieb:Falls Ihr das in der Gruppe nicht wollt
Im Gegenteil: Ich freue mich, dass die Gruppe noch zu etwas gut ist.
@Nemon und ich können
@wab natürlich nicht ersetzen, aber wir haben uns durch viele Dokumente, Fotos und Videos gequält und sind hoffentlich in der Lage, ein wenig weiterzuhelfen.
Stecknadelkopf schrieb:1 . Warum fehlte das Zelt-Tuch an manchen Stellen (bzgl. Zelt-Foto: „Shaded aras are where the cloth was missing“), die Schnitte scheinen doch dafür nicht verantwortlich, oder?
Zu der Antwort von Nemon würde ich noch hinzufügen, dass Sharavin (welcher zusammen mit Slobtsov das Zelt gefunden hat) mit einem Eispickel die Schneeschicht auf dem Zeltdach entfernt hat und sich auf der Seite, wo die Schnitte gemacht wurden, auch Zugang verschafft hat.
Hier das Interview (etwas merkwürdig übersetzt) und die betreffende Stelle:
We found an ice ax and broke all the snow on top and cut through the skate of the tent ... this is the damage that we partially inflicted on it ...
Stecknadelkopf schrieb:2. Mich interessiert die Situation im Zelt, wer als erstes ging, wer folgte. Kann es sein, dass jemand rauswollte (warum auch immer), aber nicht durfte, und daher die Schnitte anbrachte, um „fliehen“ zu können? Stammen die Schnitte vom gleichen Messer? Wie schnell können diese Schnitte angebracht worden sein?
Wie schnell die Schnitte am Zeltdach durchgeführt werden konnten, hängt noch natürlich auch von der Schärfe des Messers ab. Mir sind hierzu keine Experimente bekannt, die entsprechende Zeitangaben geliefert hätten.
Wie Nemon schon erwähnt hat, war das Zelt für eine 9köpfige Gruppe ziemlich klein und ich kann mir gut vorstellen, dass Gruppenmitglieder am Zeltende ohne Weiteres nicht hätten fliehen können. Insofern halte ich dein oben beschriebenes Szenario für denkbar.
Ansonsten findet sich in den case files noch Folgendes:
The nature and shape of all these injuries indicate that they were formed from the contact of the fabric of the inner side of the tent with the blade of some weapon /knife/.
Quelle:
https://dyatlovpass.com/case-files-303-304?rbid=17743Es wurde nicht weiter spezifiziert. Ich gehe davon aus, dass nur ein Messer für die Schnitte verantwortlich ist.
Stecknadelkopf schrieb:3. Mir fehlt außerdem noch ein logischer Aspekt: Ich bin einverstanden mit Hypothermie als eine Grundursache, das klingt logisch. Aber: Später im Wald sollen, wenn ich es richtig verstehe, zumindest einige (wieder?) rational gehandelt haben. Was soll das auslösende Ereignis gewesen sein, dass sie den Verstand wiedererlangt haben? Die Wetterumstände blieben unverändert schlecht (kalt und windig), die Körper auf andere Art und Weise zu erwärmen war unter den eingetretenen Umständen nicht möglich. Welche Faktoren müssen eintreten, dass sich am Zustand der Hypothermie etwas ändert?
WAB ist der Meinung, dass die Gruppe am Zeltplatz Infraschall ausgesetzt war und im Tal nicht mehr (was zu einer Beruhigung geführt hätte). Leider habe ich zu in der Natur vorkommenden Infraschall und dessen Auswirkung auf Menschen keine belastbaren Fakten gefunden. Nach jetzigen Forschungsstand ist diese Erklärung meines Wissens also noch sehr theoretisch.
Einen Punkt, den ich für entscheidend halte, sehe ich bei dem Windchill-Effekt. Während der Zeltplatz auf dem Hang sehr exponiert war, gab es im Tal zumindest einen gewissen Schutz vor dem Wind.
Stecknadelkopf schrieb:Kann es vielmehr sein, dass die, die noch einigermaßen klar denken konnten, sich zunächst in den Wald „retten“ konnten, drei andere jedoch nicht (womöglich, weil sie wahnhafte Vorstellungen hatten, den Weg nicht fanden und daher unterwegs in den Wald nacheinander umkamen)? Kann man daraus schließen, dass nur die drei (Dyatlov, Rustem, Zina) wahnhafte Vorstellungen hatten? Ist es denkbar, dass genau diese drei dafür sorgten, dass die Zeltplane aufgeschlitzt wurde (und die anderen daher gezwungen waren zu folgen, weil sie in einem zerstörten Zelt nicht mehr bleiben wollten/konnten)? Wenn ich es richtig gelesen habe, musste das Zelt während der Reise ohnehin mit Nadeln geflickt werden (Tagebucheinträge). Trifft Hypothermie alle gleichermaßen oder hängt das von der Konstitution jedes einzelnen ab? Trifft es diejenigen eher, die nahe an besonders undichten Stellen im Zelt lagen?
Ich gehe ja davon aus, dass Dyatlov, Kolmogorova und Slobodin (vor allem die beiden Letztgenannten) die Zeder oder die "Schlucht" niemals erreicht haben. Dieser Umstand würde für mich jedoch nicht zwangsläufig einen fortwährenden wahnhaften Zustand voraussetzen, weil ich denke, dass die Drei - separiert von den anderen - in ersten Linie versucht haben, andere Gruppenmitglieder zu finden und daher nicht so weit gekommen sind, wie die anderen. Ich weiß nicht, ob diese Drei für die Schnitte am Zeltdach verantwortlich sind. Ein Messer, womit nachweislich der Canvas vom Zelt durchschnitten wurde, ist soweit ich weiß nie gefunden worden.
Ich müsste auch spekulieren, wer am schnellsten von Hypothermie betroffen war. Ich nehme an, dass die generelle körperliche Verfassung eine Rolle spielt, aber letztlich fehlt mich hierzu das Wissen, um mich fundiert äußern zu können. Ich schließe mich Nemon an und vermute keine allzu signifikanten Unterschiede.
Stecknadelkopf schrieb:4. Braucht es wirklich (mehr oder weniger große) Schneemassen auf dem Zelt, damit die Schnitte einen Sinn ergeben? Oder wäre es denkbar, dass die Schnitte rein auf Grund des eintretenden Wahns zustandekamen? Es könnte ja sein, dass der, der schnitt, im Wahn glaubte, sie seien ohne Fluchtmöglichkeit eingepfercht und es müsste daher die Zeltwand aufgeschnitten werden? Könnte auch eine Frau die Schnitte kräftemäßig vorgenommen haben?
Ich denke nicht, dass Schneemassen eine Rolle gespielt haben, sondern plötzlich auftretende Wetterphänomene. Hierzu finde diese Doku (man kann englische Untertitel einstellen) ganz interessant:
Провели НОЧЬ на ПЕРЕВАЛЕ ДЯТЛОВА! 2 серия из 3 | Раскрываем ТАЙНУ!
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Interessant insofern, dass man einen Eindruck von den Bedingungen am Zeltplatz und im Tal bekommt und davon, wie schnell und (lebens-)gefährlich das Wetter umschwenken kann. Vielem, was von den Leuten dort verlautbart wird, kann ich mich allerdings nicht anschließen und mich stört auch, dass in der Doku kaum ein Ansatz logisch zu Ende gedacht wird. Z.B. bauen sie am Dyatlov-Pass ein Zelt auf, welches schon materialbeding viel leichter ist, beschweren es nicht mit Ausrüstung oder vergleichbaren Gewichten und wundern sich dann, dass es weggeblasen wird, während das Dyatlov-Zelt Ende Februar noch an Ort und Stelle stand, was ja "nicht sein kann". Abgesehen davon habe ich natürlich großen Respekt vor jedem, der den Dyatlov-Pass im Winter bereist.