Ist das deutsche Abitur heutzutage viel zu leicht zu bekommen?

Milano schrieb:Liebe Forenfreunde,

Früher war es einmal sehr anspruchsvoll ein gutes Abitur zu bekommen. Es hatte einen hohen Stellenwert.
Heutzutage bekommt man es nahezu hinterhergeschmissen und etliche Leute haben es...

Hat das seine Richtigkeit? Oder sollte man es wieder zu einem elitäreren Leistungsnachweis umformen?

1. Man kriegt das Abitur nicht einfach her geschmissen.
2. Die Schüler müssen wesentlich mehr lernen als ihre Eltern damals und wissen auch mehr, das Abitur ist Anspruchsvoller geworden.
3. Die Anzahl der Abiturienten hat sich erhöht, weil ein Abitur mehr gefordert wird und sich die Lernmethoden geändert haben (sprich PC, Internet)

Gerade was Basis und Grundwissen betrifft scheitern die Jahrgänge 1970 und älter wesentlich häufiger.

1. Vielleicht ging es dir persönlich so. Wie die meisten anderen aus diesem Thread. Ich hoffe es werden auch bald aus der Mehrheit sich anschließen.
Tut mir leid, aber wer in den letzten Abiturprüfungen nicht bestanden hat, der hat´s auch nicht verdient. Die Aufgaben waren z.T. extrem niveaulos.

2. Trotzdem beherrschen sie es nicht. Bekommen aber trotzdem gute Noten und bekommen das Abitur.

3. Ja es wird mehr gefordert. Aber worauf bezieht sich das?
Die Lernmethoden haben damit nicht viel zu tun.

Lachhaft. Heutzutage ist die Allgemeinbildung wirklich schlecht. Die Abiturienten können weder schreiben, noch haben sie Wissen das man als Allgemeinwissen bezeichnen kann, da gehört mehr dazu als zu wissen dass da mal "was mit NS und so war".
Mit Allgemeinbildung brauchst du heutzutage nicht kommen.

@Milano

Hast du irgendwelche belastbaren Daten, die deine These eines deutlich einfacheren Abiturs belegen?
Z.B. Curricula-Vergleiche, Aufgaben von damals und heute.....
Dass Abiturienten weder schreiben können, noch Allgemeinwissen besitzen widerlegen meine Schülerinnen und Schüler jeden Tag locker. Für mich sehen deine Aussagen nach gegenstandslosen Behauptungen aus, die sehr einfach zu widerlegen sind. Was sich hingegen verändert hat, ist eine Umorientierung von reinem Auswendig-Pauken (Sachkompetenz) hin zum zusätzlichen Erlernen von methodischen und sozialen Kompetenzen. Die Schülerinnen und Schüler von heute sind also neben einer nach wie vor sehr guten fachlichen Ausbildung zusätzlich auch auf ein gesellschaftliches Leben und auf Problemlösefähigkeiten hin ausgebildet.

Milano schrieb:Lachhaft. Heutzutage ist die Allgemeinbildung wirklich schlecht. Die Abiturienten können weder schreiben, noch haben sie Wissen das man als Allgemeinwissen bezeichnen kann, da gehört mehr dazu als zu wissen dass da mal "was mit NS und so war".
Mit Allgemeinbildung brauchst du heutzutage nicht kommen.

komm mal nach BW oder Bayern und mach da das Abitur

Milano schrieb:Heutzutage ist die Allgemeinbildung wirklich schlecht.

Das stimmt. Jetzt erklär doch bitte nochmal, wieso das am Abitur liegt.

@Milano
Aus eigener Erfahrung kann ich dir da mit "ja" antworten. Ich sehe das exakt so wie du. Was ich da zum Teil miterlebt habe, wie Mitschülern das Abitur hinterher geschmissen wurde, ist ein schlechter Scherz. Aber es kann auch sein, dass man da als ein Schüler, der immer sehr viel gelernt hat auch einfach zu hohe Ansprüche an die anderen stellt.

Also ich sag mal so: Ganz dumm war von den Mitschülern, die ihr Abitur machten bei mir ja keiner. Und es gibt halt 2 Möglichkeiten sein Abi zu machen. Entweder man lernt viel oder man ist intelligent. Manche sind intelligent aber einfach faul und schaffen so halt ein 3er Abi und tragen vielleicht nie was ordentliches zum Unterricht bei. Da war es aus meiner Sicht auch gerechtfertigt zu sagen, dass man denen kein Abi geben sollte. Aber vielleicht sollte man da nicht seine eigenen Ansprüche auf andere anwenden.

@Milano hier sind die ganzen alten Säcke die entweder kein Abitur haben oder vor 50 Jahren eins gemacht haben, als man es noch hinterhergeworfen bekommen hat.

Was stimmt an dieser These nicht? sie ist in beiden teilen bullshit.

Euer subjektives Empfindungsvermögen sagt gar nix aus, schaut bissl weniger TrashTV und schaut auch wirklich die Schule und das Abitur von heute an. Ihr habt kein Abitur in 12 Jahren erfolgreich mit guten Noten bestanden oder?

Ist es denn tatsächlich so viel einfacher geworden?
Recht unstrittig ist wohl, dass es allgemein etwas einfacher wurde. Aber das ist nicht unbedingt ein Vorteil. Heute ist bei beliebten Studiengängen nicht einmal ein Einser Schnitt eine Garantie, da entscheidet häufig das Los. Zu meiner Zeit konnte man sich die Uni aussuchen.
Daraus folgt, ein leichteres Abi ist nicht unbedingt ein Türöffner, sondern kann sich als ungeahntes Hindernis entpuppen.

Haben dann wenigstens die anderen Abiturienten, die nicht mit einer 1 abgeschlossen haben, einen Vorteil?
Ja und nein. Man steht ja normalerweise nicht mit der Abinote im Konkurrenzkampf zu 20 Jahren Älteren, daher macht der Vergleich mit früher keinen Sinn. Entscheidend ist, was hinterher folgt. Im Studium trennt sich schnell die Spreu vom Weizen. Auswendiglerner stoßen sehr schnell an ihre Grenzen, egal welches Abi sie gezaubert haben.
Abgesehen von den Einsern, die keine Chance haben sich weiter zu verbessern um von den Mitbewerbern abzuheben, sehe ich diese Entwicklung positiv, denn ein leichteres Abi öffnet mehr Schülern den Zugang zur Uni. Da zählt es dann. Dort kann man sich beweisen.

Für das oberste Leistungsspektrum kann das ein Nachteil sein, für die Mehrheit ist es eine Chance. Ich denke, das ist eine Verbesserung zu früher.

@Lupo1954

Bis Ende der 60er Jahre entschied vor allen die gesellschaftliche Stellung, wer welche Schule besuchte. ...

Die Zusammensetzung einer Abiturklasse bestimmte sich also weitgehend nach Herkunft und Geschlecht. Intelligenter als ihre Mitschüler in der Volksschule waren die nicht,

Gefragt in allen Schulformen war vor allen Auswendiglernen, und das nicht zu knapp. Da war vor allem Fleiß nötig und ein ein gutes Gedächtnis.

genauso habe ich es auch in Erinnerung.

Als meine Tochter vor einigen Jahren Abitur machte war das anders. Weit mehr - und durch das Internet besser zugänglicher - Stoff musste nicht verstanden und nicht auswendig gelernt werden

Heutzutage ist ein Hauptschulabschluss auch fast nichts mehr Wert.
Viele Firmen verlagen min. ein Abitur, um eine Ausbildungsstelle zu bekommen.

Das Schulsytsem von Heute passt überhaupt nicht zusammen mit den jetzigen Umständen.

roadcaptain schrieb:Als meine Tochter vor einigen Jahren Abitur machte war das anders. Weit mehr - und durch das Internet besser zugänglicher - Stoff musste nicht verstanden und nicht auswendig gelernt werden

Wie meinst du das, man muss den Stoff nicht verstehen?

ich meinte natürlich

musste verstanden und nicht auswendig gelernt werden

@annabea

Entschuldigung, aber das was du meinst, dass ich nur Behauptungen aufstelle, hast du auch gerade gemacht.
Schau dir die Durchfallquoten an und die Quote die seit Ende der 60er Abitur gemacht haben. Dann wirst du es sehen, dass es keine bloßen Behauptungen sind.
In diesem Thread haben wir u.a. ja schon gelernt, dass es früher rein aus gesellschaftlichen Aspekten schwieriger war ein Abitur zu machen.

Zur Allgemeinbildung:
Unterrichtest du "Allgemeinbildung"? Vielleicht bist du dann ja einfach eine gute Lehrerin.
Außerdem ist das natürlich nicht pauschal gemeint. Es gibt auch Studenten, die Rechtschreibung sowie eine gute Allgemeinbildung beherrschen.
Schau dir das mal an:
http://www.welt.de/regionales/muenchen/article108370072/Studenten-koennen-keine-Rechtschreibung-mehr.html
PISA Studien könntest du hinzuziehen.

Soziale Kompetenzen in der Schule? Ach so, ist wohl die Gruppenarbeit gemeint.. das sind soziale Kompetenzen. 4h nichts tun und in den letzten 5min durfte der Engagierte schnell die Aufgaben machen.
Abiturienten auf gesellschaftliches Leben vorbereiten? Nein, überhaupt nicht. Wenn man von der Schule kommt hat man keinen wirklichen Plan vom Leben. Vielleicht ist das an der Gesamtschule so, aber nicht auf dem Gymnasium.

@löm
Es liegt sichtbar an einem Schulsystem, dass oftmals den falschen Schwerpunkt auf das Wissen legt, dass nicht wichtig ist.
Da sollte man mehr differenzieren. Lieber weniger, dafür genau wissen und behalten, als tausende von Sachen, die man mal für eine Klausur lernen muss und von denen man später nur noch sagen kann "Ah ja schon einmal gehört".

@Sickness10
Welche beiden Teile der These? Früher und heute oder was?

Zu deiner Information, ich habe das Abitur "heute" in 12 Jahren gemacht und das sehr erfolgreich.
Du?

@Milano
Der Sinn des Abiturs ist es, lernen zu lernen, nicht möglichst viel Alltags- und Allgemeinwissen anzusammeln.

@löm

nein

Milano schrieb:Unterrichtest du "Allgemeinbildung"? Vielleicht bist du dann ja einfach eine gute Lehrerin.

Ich denke mal das spiegelt genau das wider, was an dem heutigen System das Problem ist.
Man sieht doch leider immer wieder, wenn man sich mit gleichaltrigen unterhält, wie desolat doch manche Kenntnisse sind.
Wenn ein Abiturient heute nicht weiß, wofür die Erst-, oder Zweitstimme bei der Bundestagswahl ist, dann frage ich mich, ob eine solche Person den Titel "Abiturient" überhaupt verdient hat.
^^Generell ist das Thema Politik eines, welches schnell die Spreu vom Weizen trennt ;)

Neben dem Thema Politik ist Geschichte auch noch so ein Fall (hängt miteinander zusammen).
Macht euch doch mal einen lustigen Tag und geht -wenn Pause ist- auf den Schulhof eines Gymnasiums und fragt, was die Leute mit dem 3.Oktober verbinden... der Spaß ist vorprogrammiert.

Schlussendlich möchte ich mich nochmal auf das Zitat beziehen.
Es fehlt einfach dieses allgemeine, notwendige Wissen in vielen Bereichen. Heutzutage wählt man nach der 10. Klasse seine Wahlfächer (wobei "Wahl" eher ein Ausschlussprinzip ist), hat seine 36/37 Stunden die Woche, zusätzlich Hausaufgaben und lernen.
Wenn man sich da nicht aus eigenem Wunsch für oben genannte Themen interessiert siehts schlecht aus. Und der Todesschuss ist dann, wenn gesagt wird "Ich weiß nicht wann die Berliner Mauer errichtet worden ist, aber ich habe Geschichte abgewählt und dafür Biologie gewählt" :O
^^wahrscheinlich kann Ihnen diese Person jedoch den kompletten Vorgang der Photosynthese in einem Blatt aufmalen :)

@Milano
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort :D.


Dann erklär mir mal, wieso man in den meisten Gymnasien weder Hauswirtschaft, Werken und Ähnliches an Unterricht hat. Und jetzt komm mir nicht mit der Schiene, dass alle mit Abitur studieren und so ein Wissen gar nicht brauchen. Das "Akademikerwissen" hat einfach nichts mit Allgemeinwissen zutun.

@löm

gerne, dafür nicht.
Um es ausführlicher zu gestalten. Das Gymnasium ist ein Ort der Allgemeinbildung! Der Schultyp ist ausgerichtet ein generelles Verständnis von allgemeinen Wissen zu lehren.
Zu lernen wie man lernt... das wird einem am besten schon am Anfang, in der Sekundarstufen I vermittelt.
Das genau würde ich ja einführen! Aber das sehe ich nicht als Allgemeinbildung, sondern als "Wissen das man im Leben irgendwann auch braucht"
Akademiker ist man nach einem Hochschulstudium nicht nach dem Abitur!
Und "Akademikerwissen" deckt dann auch einen Teil der Allgemeinbildung, aber nur in einem bestimmten Bereich.

Eine 3 ist eine genügend? Also in der Schweiz eine 4? Das ist doch niemals eine gute Note...

@Milano

Milano schrieb:Das Gymnasium ist ein Ort der Allgemeinbildung!

Eben nicht. Du sagst doch selbst, dass du dich wunderst, was für Leute heute ihr Abitur bekommen. Ich habs auch selbst erlebt. Da saßen Bratzen in meinen Kursen, die von Tuten und Blasen (na gut, von letzterem wohl schon) keine Ahnung hatten. Die wussten nicht, wie man ein Ei aufschlägt, weil sie es auch gar nicht nötig hatten.
Die meisten Dummen werden durchgeschleust durch Vitamin B und reiche Eltern. Es ist unfassbar, dass so jemand den höchsten schulischen Bildungsabschluss in Deutschland bekommt.
Aber genau das zeigt ja, dass man auch ohne viel Alltagswissen durchs Abi kommt, eben WEIL dort andere Dinge gefordert werden als im Leben an sich.

Kurvendiskussion und chemische Reaktionen bis ins kleinste Detail erklären zu können, hilft im Alltag nicht weiter. Außer man arbeitet in einem entsprechenden Beruf natürlich.


Es wär mehr als wünschenswert, wenn solche Dinge gefordert wären. Dass unser Schulsystem unterste Schublade ist, ist ja nun nichts Neues. Wäre es anders, alles weitläufiger und mehr am Allgemeinwissen orientiert, würden sich ungeeignete Schüler von selbst aussieben. Allerdings ist sowas völlig undenkbar dank G8 und Lehrermangel. Es gibt zu viele Punkte, wo man ansetzen müsste.