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Befreiungstheologie

22 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Südamerika, Theologie, Lateinamerika ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Befreiungstheologie

18.09.2006 um 23:39
In letzter Zeit habe ich mich mit einer Strömung innerhalb des Christentums beschäftigt,und zwar, wie die Überschrift schon aussagt, mit der Theologie der Befreiung. Interessantfinde ich, dass es sich vornämlich um eine Strömung innerhalb des Katholizismus handelt.Wenn man sich nämlich die Geschichte der katholischen Kirche vor Augen hält, war dieseeher ein Instrument der Unterdrückung als der Befreiung.

Zwar bin ich ein Feindjeder Religion, dennoch kann ich mich von einer gewissen Sympathie für diese Richtungnicht lossprechen, vor allem da ihre Verfechter aktiv versuchen gegen Problem undMissstände vorgehen, anstatt nur zu reden, hoffen und beten, wie es die Kirchevorschlägt.


Warum stellt sich die Kirche so gegen diese Strömung? Ist dieBefreiungstheologie eine möglichkeit für die Kirche, sich von ihrer zunehmendenBedeutungslosigkeit zu befreien?

Mich interessiert vor allem die Meinunggläubiger Christen, auch wenn sich hier nur wenige rumtreiben. Natürlich kann auch jederandere seinen Senf dazu geben.

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Befreiungstheologie

18.09.2006 um 23:42
Der Karren steckt im Dreck, mein Alter

...der Glauben ist ein totgeweihterPatient, der durch die Kirche nur noch künstlich und vollkommen überflüssig am Lebenerhalten wird...


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Befreiungstheologie

18.09.2006 um 23:43
Hab mal ne Runde Copy&Paste gemacht:


Die Befreiungstheologie ist einechristliche Strömung, die sich seit etwa 1960 vor allem in Lateinamerika, aber auchSüdafrika und einigen Ländern Asiens entwickelte. Sie bezieht sich auf sozialkritischeBibeltraditionen, auf eine eigenständige und variable Analyse der politökonomischenAbhängigkeit (dependencia: Dependenztheorie) und fordert von daher eine sozialistischeUmgestaltung der Gesellschaftsordnung im Interesse der Armen.

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Programm

Die Befreiungstheologie istursprünglich eine Theologie der Armen selber. Die Entwicklung der Basisgemeinden mitgemeinsamen, von keinen Amtsträgern geleiteten Gottesdienstformen war weitfortgeschritten, als die ersten "Befreiungstheologen" auf dem internationalen Buchmarktzu Gehör kamen. Ihre Autoren verstehen sich nicht als "Erfinder" einer neuen Theologie,sondern als Sprachrohr der Unterdrückten. Diese selber waren es, die in der Bibel ihrureigenstes Thema, die Befreiung aus jeder Form der Sklaverei, wiederentdeckten unddaraus politische Folgerungen für ihre Realität ableiteten.

DieBefreiungstheologie will diese Entdeckung unterstützen und praktisch wirksam werdenlassen. Dies wird damit begründet, dass Befreiung das durchgehende Hauptthema der Bibelsei und die Armen und Unterdrückten die zentralen Adressaten dieser Befreiung seien.Dabei kommt der Exodustradition entscheidende Schlüsselbedeutung zu: Hier erscheint derGott Israels als der, der das Elend seines Volkes sieht und die Schreie über ihreBedränger hört (Ex 3,7). Dies wird im Neuen Testament ebenfalls gleich zu Anfangbekräftigt, wo Maria als Lobpreis für die ihr zugesagte Geburt des Messias singt: Erstößt die Mächtigen vom Thron und erhebt die Niedrigen. Die Hungrigen füllt er mit Güternund lässt die Reichen leer. (Lk 1,53)

Darum wird Erlösung als Zentralbegriff derbiblischen Heilsbotschaft nicht wie in der traditionellen Kirchentheologie ausschließlichspirituell verstanden, sondern als eine sozialpolitische und ökonomische revolutionäreVeränderung. Das Heil, das die Bibel verkündet, wird nicht mehr nur auf das Jenseitsbezogen, sondern auf die gesellschaftliche Realität im Diesseits. Die Befreiungstheologenbetonen, dass sie diese Deutung nicht willkürlich, sondern im Anschluss an den Eigensinnder Bibel gewinnen. Sie folgern daraus eine grundsätzliche Neuorientierung der Kirche ander Zukunft der Armen: nicht nur in ihren Ländern, sondern als Herausforderung an dieGesamtkirche und die Ökumene.

Methodisch vertreten Befreiungstheologen eineKontextuelle Bibelexegese. Dabei wird zunächst eine aktuelle sozialpolitische Analyse derGegenwartssituation vorgenommen, um daraus Leitlinien für die Textauslegung zu gewinnen,die sich wiederum auf die eigene Lage zurückbeziehen (Hermeneutischer Zirkel).

Politisch favorisieren befreiungstheologische Entwürfe meist ein sozialistischesGesellschaftsmodell, wobei sie sich deutlich gegen die Dominanz von sowjetisch gelenktenParteien und neuen Diktaturen abgrenzten und die basisdemokratischen undgenossenschaftlichen Elemente betonen. Bezugspunkt ihrer Sozialkritik ist die so genannteDependenztheorie, die die Mechanismen der Ausbeutung aus einer doppeltenInteressenidentität erklärt: zum einen aus der engen Verflechtung der eigenen nationalenEliten mit den Eliten der reichen Industrienationen (Klassen-Antagonismus), zum anderenaber auch der Einbindung großer Teile der Lohnabhängigen in das Wohlstandsgefälle in denreichen Ländern (Nord-Süd-Gefälle).

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Folgen
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Innerkirchliche

Besonders die lateinamerikanischenBefreiungsgemeinden und -theologen haben die Kirchenhierarchie in den eigenen Ländern,aber auch die Religionsausübung in den reichen Industriestaaten angegriffen. Zur Analyseder eigenen Lage gehörte zwangsläufig die Kritik am Missbrauch der Religion alswesentlichen Stützpfeiler der Unterdrückung, zur Durchsetzung von Ausbeutungsinteressenund Verdummung der Armen.

Politische und kirchliche Reaktionen folgtenunvermeidbar. Das neue Verständnis von Erlösung als Befreiung und die sich hierausergebenden Konsequenzen für die politischen Systeme in Lateinamerika führten in derkatholischen Kirche zu heftigen Kontroversen. Unter anderem wurde der Vorwurf erhoben,dass die Befreiungstheologie ein marxistisches Gesellschaftsmodell anstrebe. PapstJohannes Paul II. setzte sich - etwa durch Versetzung von Priestern, die ihr anhingen,oder durch Ernennung von Gegnern zu Bischöfen - gegen die Befreiungstheologie ein. Einvom jetzigen Papst Benedikt XVI. formulierter Vorwurf lautete, die Befreiungstheologiemache sich zum Steigbügelhalter von künftigen Diktatoren. Befreiungstheologen kritisierendagegen die überkommene, so genannte Verbindung von "Thron und Altar" gerade insüdamerikanischen Ländern. Die Kirche dürfe nicht die Menschen zum Werkzeug ihrerinstitutionellen Selbsterhaltung machen, sondern die Menschen müssten die Kirche zumWerkzeug zur Erhaltung der Schöpfung machen. Der mittlerweile bekannteste Gegner jedwederpolitischen Theologie, nämlich Joseph Ratzinger, argumentiert hingegen, dass eine bloßsoziologische Sicht der Kirche als Machtfaktor das eigentliche Ziel von Theologieverfehle, nämlich die Menschen vom Vertrauen zur Wahrheit zu überzeugen. In Deutschlandlehnte insbesondere Joseph Höffner die Befreiungstheologie strikt ab und empfahlstattdessen eine Besinnung auf die katholische Soziallehre. Neuere spirituelle Richtungenbevorzugen, den christlichen Sinn der menschlichen Arbeit in den Mittelpunkt zu rücken.

Der theoretische Ansatz, Theologie von den Armen und Unterdrückten für die Armenund Unterdrückten zu machen, wurde in der Praxis nicht immer durchgehalten. MancheKonzepte der Befreiungstheologie lehnten die Volksfrömmigkeit als antiaufklärerisch abund verkannten dabei deren große trost- und hoffnungsstiftende Bedeutung für das einfacheVolk. Sie gingen damit an den Interessen der Armen und Unterdrückten vorbei und wurdenerneut zu einer akademischen Angelegenheit, die niemanden erreichte. So konnte dieBefreiungstheologie sich nicht überall zu einer kirchlichen Massenbewegung entwickeln,während dies der charismatischen Bewegung in Lateinamerika mancherorts gelang. Dies hingauch mit politischen Enttäuschungen zusammen: Das Ausbleiben einer wirklich gerechtenSozialordnung, die die Massen am politischen Entscheidungs- und Gestaltungsprozessbeteiligt, hatte vielerorts eine Rückwendung zu rein innerlichen Jenseitserwartungen zurFolge.

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Soziale

Die aus den Basisgemeinden hervorgegangeneBefreiungstheologie wirkte auf diese zurück und begründete viele neue soziale Initiativenin Lateinamerika, Südafrika und Südasien, aber auch zu deren Unterstützung in derwestlichen Welt. Das zeigte sich etwa an zunehmender Aufmerksamkeit für Themen der „einenWelt", die die Ökumene in drei Hauptbereiche einteilt:

* Bewahrung derSchöpfung (Ökologie, nachhaltiger Umwelt- und Klimaschutz),
* sozialeGerechtigkeit (fairer Handel, Entschuldung der 3. Welt, Lastenausgleich zwischen Armenund Reichen)
* Menschenrechte (z.B. Mindeststandards an Gewerkschaftsrechten,Überprüfbarkeit durch regelmäßige Untersuchungen usw.).

Die Befreiungstheologiehat innerhalb der Kirchen der westlichen Welt ein etwas größeres Bewusstsein für diesoziale Not der Menschen in den ärmeren Ländern Lateinamerikas, Afrikas und Asiensgeschaffen.

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Hört sich eigentlichnicht schlecht an...


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Befreiungstheologie

18.09.2006 um 23:59
Da in fast allen südamerikanischen Ländern die Sozialisten an die Macht gekommen sind,ist die Befreiungstheologie dort nicht mehr allzu wichtig, hoffe ich zumindest.

Auch frage ich mich, wie die Verfechter der Befreiungstheologie ihre Zieleverwirklichen wollen.


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compy ehemaliges Mitglied

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Befreiungstheologie

19.09.2006 um 01:10
"...der Glauben ist ein totgeweihter Patient, der durch die Kirche nur noch künstlich undvollkommen überflüssig am Leben erhalten wird..."

Der Glaube ist jedem selbstüberlassen. Da kann auch die Kirche deinen Glauben (sofern du wirklich glaubst! ) nichtbeeinflußen.
Was du meinst ist vllt die christliche Religion.


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Befreiungstheologie

19.09.2006 um 01:12
es ging hier um den christlichen Glauben mein Freund, natürlich mein ich den...


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Befreiungstheologie

19.09.2006 um 01:15
Link: www.theologe.de (extern)

Hier ist noch eine Befreiungstheologie.


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Befreiungstheologie

19.09.2006 um 01:32
@Tahiri

Die Seite ist gut, hab' sie mir schon gespeichert.

Bei dem Wort"Befreiungstheologie" bekomme ich Zustände. :( Dann muss ich direkt an den ach soverehrten Papst JP II. denken. Wie er den Erzbischof von Guatemala? oder war esNicaragua? abgekanzelt hat. Und den Protestierenden Bauern rief er ein extra herzliches"Silencio" zu. Politik hätten sie getrieben anstatt Seelsorge.

In Polen aber, dahat dieser Held der Theologie und Hüter der göttlichen Wahrheit fleissig Politik gemacht.Widerlich!


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Befreiungstheologie

19.09.2006 um 03:16
Nun denn, wer Augen und Ohren hat, der sehe und höre:

"Der Theologe" kommt nichtmehr oder weniger als Sprachrohr des "Universellen Lebens" daher. Das war es dann auchschon ...

Von wegen Befreiungstheologie ...


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Befreiungstheologie

19.09.2006 um 03:19
P.S. Wer sich mit Universellem Leben schwer tut, früher nannten sie sich HeimholungswerkJesu Christi und riefen dazu auf, alle Bibeln zu verbrennen.


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Befreiungstheologie

19.09.2006 um 03:36
""Der Theologe" kommt nicht mehr oder weniger als Sprachrohr des "Universellen Lebens"daher. Das war es dann auch schon ... "

Eher weniger.

Kannst du dieseseltsame Behauptung belegen?


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Befreiungstheologie

19.09.2006 um 03:42
Dann gehe mal ins Impressum und schaue mal nach, wer als inhaltlich Verantwortlicherzeichnet und wo dieser sitzt, sprich sein QTH hat, um mal in der Funkersprache zusprechen ... Stichwort Marktheidenfeld sollte genügen ... ansonsten einfach mal googeln...


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Maat ehemaliges Mitglied

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Befreiungstheologie

19.09.2006 um 09:27
Ich habe jetzt nicht alles gelesen, aber Befreiungstheologie hört sich irgendwie gut an.Ich war nie ein sehr gläubiger Mensch, aber ich habe versucht, als es mir schlecht gingGott in der Kirche zu suchen. Aber irgendwie habe ich ihn da für mich nicht gefunden. Ichhabe nun schon eine ganze Weile das Gefühl ich kämpfe meinen eigenen heiligen Krieg, weilin meinem Leben etwas nicht stimmt. Und bei meiner "Kriegsführung" hatte ich das Gefühlauf Gott zu stoßen und ihm nahe zu sein.


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Befreiungstheologie

19.09.2006 um 11:02
Der leise Absolutist

Wer bestimmt den Kurs des Vatikans? Joseph RatzingersStimme hat Gewicht – dem strengen Kardinal gilt die Institution Kirche mehr als diePerson des Papstes

Von Jan Ross

Seitdem es den sowjetischen Kreml unddie »Kreml-Astrologie« nicht mehr gibt, ist der Vatikan das letzte fantasieanregendeMachtzentrum, das letzte große Geheimnis der Weltpolitik. Der Papst ist krank – werregiert die Kirche? Wenn der Papst stirbt oder zurücktritt – wer wird sein Nachfolger,wer zieht bei der Wahl die Fäden? Die Deutschen denken bei allen Vatikan-Rätseln an einenLandsmann, der für sie zum Inbegriff des Römischen geworden ist, im ungeliebten Sinne vonHierarchie und Marmorkühle und Traditionalismus: Joseph Kardinal Ratzinger, der »Präfektder Kongregation für die Glaubenslehre«, der ebenso brillante wie konservativeCheftheologe Johannes Pauls II. Von ihm und seinem vermeintlichen Einfluss ist dieÖffentlichkeit geradezu obsessiv fasziniert: Wird Ratzinger Mittel und Wege finden,Reform und Fortschritt in der Kirche auch für die Zukunft zu blockieren, womöglich als»Königsmacher«, indem er einen Vertrauensmann auf den Stuhl Petri hebt?

DieVorsteher der wichtigsten Behörden des Vatikans, der päpstlichen Ministeriengewissermaßen, sind potenzielle Meinungsführer und Mehrheitsbeschaffer im Konklave, derKardinalsversammlung, die den Papst bestimmt. Wer in Rom die Glaubenslehre oder dieBischofsernennungen verwaltet, kennt seine Mit-Kardinäle in aller Welt, die untereinanderwenig Kontakt haben, er kann Fraktionen organisieren und mit seinem Ansehen fürKandidaten bürgen. Nur passt das alles zu Ratzinger überhaupt nicht. Entgegen derschwarzen Legende vom Großinquisitor, der mit eiserner Faust die Orthodoxie in der Kirchedurchsetzt, ist er kein Machtmensch und Politiker, sondern ein leiser Gelehrtentyp, inmancher Hinsicht bis heute ein typischer deutscher Professor, so, wie es sie einmal gab.

»1968« hat er im Hörsaal erlebt, mit geradezu apokalyptischem Entsetzen vor derKulturrevolution. »Ich habe das grausame Antlitz dieser atheistischen Frömmigkeitunverhüllt gesehen«, hat er später geschrieben, »den Psycho-Terror, dieHemmungslosigkeit, mit der man jede moralische Überlegung als bürgerlichen Restpreisgeben konnte, wo es um das ideologische Ziel ging.« Ein amerikanischer Kritiker hatihn einen Neokonservativen genannt, nicht im Sinne der heutigen außenpolitischen Falken,sondern wie die Ur-Neocons der Reagan-Ära, die von der Linken gekommen waren und sichernüchtert von gescheiterten Utopien zu Markt, Militär und Moral bekehrten.

Ratzinger ist nie ein »Linker« gewesen, auch nicht als Berater während des ZweitenVatikanischen Konzils (1962 bis 1965), das heute den enttäuschten Reformern als goldeneZeit des kirchlichen Aufbruchs gilt. Aber »neo« ist sein Konservativismus, weil er nichtnaiv, sondern reflektiert ist, eine skeptische Reaktion auf den Vernunft-Optimismus dersechziger und frühen siebziger Jahre. Haben wir es wirklich so herrlich weit gebracht mitdem Fortschritt – mit der Entzauberung der Liturgie, mit einer Idee von Demokratie in derKirche, die nur eine neue Gremienbürokratie von Laienaktivisten beschäftigt, mit einerVerwässerung des Glaubens, die ihn weniger drückend machen sollte, aber auch langweiligerund banaler gemacht hat? Als Ratzinger 1981 in sein Amt berufen wurde, ging dassozialdemokratische Zeitalter zu Ende; es waren die Jahre, da Thatcher, Reagan, Kohl andie Regierung kamen. Ratzinger hat, wie sie, den Sozialismus bekämpft – dieBefreiungstheologie, die in Lateinamerika Revolution predigte. Der Wind von Rom her wurdekühl für die Herz-Jesu-Marxisten, der Vatikan ernannte konservativere Bischöfe undKardinäle – als einer der geistigen Personalchefs, die den heutigen oberstenFührungszirkel der Kirche geprägt haben, wird Ratzinger bei der nächsten Papstwahltatsächlich seine Hand im Spiel haben.

Dem intellektuellen Theologen bleibt fürdie Studierstube kaum Muße

Wahrscheinlich ist es keine Koketterie, wenn er seinPräfekten-Amt als Last beschreibt. Er würde lieber Bücher schreiben, aber Johannes PaulII. lässt ihn nicht gehen, er will im Alter seinen alten Weggefährten behalten, bis zumEnde. Die Lehre der katholischen Kirche zu hüten und zu formulieren, in Gutachten überdie Rechtgläubigkeit von Professoren oder in einer für eine kleine Ewigkeit gedachtenSumme wie dem großen Katechismus von 1992 – das ist ein objektivierendes,entpersönlichendes Geschäft. Der Theologe Ratzinger hat nicht nur auf die Muße seinerStudierstube, er hat auch auf die Vollendung seines Lebenswerks verzichten müssen, indemer zur Instanz geworden ist. Erst recht ist so verborgen geblieben, dass die FigurRatzinger auch in ganz andere Rahmen als Theologie oder Kirche zu stellen wäre: Wenn mansich den Purpur wegdenkt, steht er in einer Reihe mit seinen Altersgenossen Habermas,Dahrendorf oder Enzensberger als einer der wenigen international beachtlichenIntellektuellen der Bundesrepublik.

Ratzinger, dieser Exponent des »Oben« inder Kirche, ist gerade kein Verfechter eines Thron-und-Altar-Christentums; er findet imGegenteil, dass die staatsnahe Wohlgenährtheit dem deutschen Katholizismus seinen Schneidabgekauft hat. Die Glaubensstrenge des Kardinals ist in der säkularisierten Gesellschaftnur als Minderheitenprogramm vorstellbar, in einer Art Rückkehr zur Radikalität derUrkirche: im vollen Ornat in die Katakombe. Die Unangepasstheit macht den Charme undintellektuellen Reiz seines Denkens aus. Aber es ist kein so vitaler Nonkonformismus wiebei Johannes Paul II., etwas Kulturpessimistisches und Ängstliches liegt über RatzingersWeltsicht, und wenn er den Zeitgeist in Gestalt eines unbotmäßigen Theologen vor sichhat, ist er einer enttäuschenden glaubenspolizeilichen Enge fähig.

Das populäreBild vom Papst und seinem Präfekten ist entweder das einer konservativen Einheitsfront –oder Ratzinger gilt als der Scharfmacher. Aber die Dynamik zwischen den beiden istkomplexer und interessanter. Sie könnten verschiedener kaum sein: Wojtyla von Hause ausein bildhaft spekulativer Philosoph, Ratzinger ein wasserklarer und messerscharferTheologe, der Papst In-stinktmensch und Kraftnatur, der Kardinal ein Kopf par excellence,Johannes Paul II. von farbiger Individualität, bis hart an den Rand des Subjektivismus,der Präfekt ein Mann der Form und Ordnung. Wo der Papst zum Impulsiv-Größzügigen neigt,wie im Gespräch der Weltreligionen, da zieht Ratzinger Grenzen: keine Abstriche bei derWahrheitsfrage, Toleranz darf nicht zum Relativismus werden. Es gibt aber auch den Fall,dass Ratzinger den Papst zur Moderne hin korrigiert oder interpretiert, dass er einespökenkiekerhafte Hardcore-Frömmigkeit ein bisschen an die Kette legt. Für Johannes PaulII. sind die Marienerscheinungen von 1917 im portugiesischen Fatima von besondererBedeutung, im Sommer 2000 hat er das »Dritte Geheimnis« von Fatima veröffentlichenlassen, eine rätselhafte Traumvision, in der er die Märtyrergeschichte der Kirche im 20.Jahrhundert und auch das Attentat auf sich selbst vorgezeichnet findet. Das hat Ratzingereher tief gehängt und zu einer Privatoffenbarung erklärt, an die man als Katholik nichtglauben müsse.

Der Schritt des Papstes vom »Wir« zum »Ich« ist Ratzinger nichtgeheuer

In einem durchaus verehrungsvollen Beitrag zu Wojtylas zwanzigstemThronjubiläum hat er durchblicken lassen, dass ihm bei der päpstlichen Subjektivitätnicht ganz wohl ist. Es geht um »Wir« und »Ich«, darum, dass Johannes Paul II. denPluralis Majestatis seiner Vorgänger in seinen Schriften und Reden abgeschafft hat und imeigenen Namen spricht, persönlich. Da ist, meint Ratzinger, nicht einfach ein Zopfabgeschnitten worden. Sondern das feierliche »Wir« bedeutete etwas – dass da nicht einEinzelner redete, sondern die Kirche selbst, ein Ganzes, das größer ist als jedes seinerGlieder, auch größer als ein Papst. »Auf gewisse Weise«, bemerkt Ratzinger, »ist es keinharmloses Phänomen, wenn das ›Ich‹ an die Stelle des ›Wir‹ tritt.« Das »Wir« steht nichtfür Hochmut, sondern für Selbstdisziplin – eine Selbstdisziplin, so mag man das beiRatzinger Ungesagte weiterdenken, die er auf seinem Weg von der Gelehrtenfreiheit insKirchenamt bewiesen hat und die er bei Johannes Paul II. trotz aller Loyalitätgelegentlich vermissen mag.

Insofern hat es seinen tiefen Sinn, wenn gegen Endedieses Pontifikats der Blick noch einmal auf Ratzinger fällt. Unter Johannes Paul II. istder Katholizismus in ungeheurem Maße mit dem Papsttum identifiziert worden, und dasPapsttum mit Karol Wojtyla, der charismatischen Führungsfigur. Ratzinger dagegen stehtfür die Kirche als Institution. In nicht allzu ferner Zukunft werden wir wissen, wie esum diese Institution ohne den Zauberer an ihrer Spitze bestellt ist.

www.zeit.de


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Befreiungstheologie

30.05.2007 um 13:52
Was denkt sich dieser große Literat dabei?

Carlos Fuentes:

"Was ichherausstellen wollte, ist die Tatsache, dass aus dem Aufeinandertreffen der europäischenund der indianischen Welten im Jahre 1492 und aus der Ankunft der Schwarzen wenige Zeitspäter ein Strom von sich gegenseitig erkennenden Einflüssen resultierte, der vomMittelmeer bis zur Karibik reicht und zurück und südeuropäisches Kulturgut an unsereKüsten treibt, während er gleichzeitig die mittel- und südamerikanische Kultur zurücknach Europa bringt.

Was wir heute sind, verdanken wir unserem Erbe der großenindianischen Zivilisationen Mexikos und Perus, aber auch den afroamerikanischen Kulturen,die zunächst als Sklaven ankamen und jetzt Teil unserer kulturellen Freiheitsind.

Aber wir sind auch Erben griechischer Philosophie und vor allem - ganz imGegensatz zu Nordamerika - des römischen geschriebenen Rechts, das sich vom britischenrichterrechtlichen Gewohnheitsrecht grundlegend unterscheidet. In Lateinamerika gab esein Mittelalter, in Nordamerika nicht. Unsere politischen Ansichten, Methoden undInstitutionen kann man ohne Thomas von Aquin oder den heiligen Augustinus nichtverstehen: Das Allgemeinwohl verlangt Einigkeit. Einigkeit kann nur durch die Macht vonStaat und Kirche erreicht werden, niemals durch Individuen oder sozialenPluralismus.

Die Ureinwohner Amerikas erlebten bei der Ankunft Europas einen sogenannten "Kampf der Kulturen" oder "eine katastrophale Begegnung". Aber eineKatastrophe, so die spanische Philosophin Maria Zambrano, ist nur dann katastrophal, wennaus ihr nicht etwas hervorgeht, das sie aufhebt.
Und es ist die Katastrophe derEroberungszüge der europäischen Zivilisation, aus der wir alle hervorgegangen sind."


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Befreiungstheologie

11.06.2007 um 09:57
Von norberto-42:

Papst Benedikt XVI. hat im Mai in Aparecida den versammeltenlateinamerikanischen Bischöfen kundgetan, bei der Christianisierung sei den Indianernkeine fremde Kultur und Religion aufgezwungen worden; vielmehr hätten diese dasChristentum „still herbeigesehnt“.

Muss man Papst sein, um solche Dummheiten vonsich zu geben?

Muss man zumindest Dogmatiker wie Joseph Ratzinger sein, um zusolchen Erkenntnissen zu kommen?

Dogmatiker zu sein ist ein gute Voraussetzungdafür, die Wirklichkeit nicht wahrnehmen zu können; auch Kommunisten und Nazis haben imGlauben an die bessere Zukunft bedenkenlos Menschen hingerichtet, wie es die Inquisitorenihnen vorgemacht hatten.

Wenn das Ziel hoch genug ist, muss der Weg dahinbeschwerlich und mit Opfern (mit eigenen wie mit fremden) verbundensein.

Vermutlich muss man noch einen Schritt weiter gehen und darf nicht nur inden Dogmatikern jene species finden, die sich und andere mit Worten leicht betrügt.

Vermutlich darf man in jedem Sprechenden einen Angehörigen der species erkennen,die in Gefahr ist, sich und andere mit Worten zu betrügen.

Wie ist es möglich,dass Menschen sich so leicht betrügen?

In der Umgangssprache gibt es den Begriff„Wunschdenken“.

Dieser Begriff besagt, dass manche Ergebnisse des Denkens nichtaus der Kraft der Logik, sondern aus der Macht des eigenen Wünschens ihre Geltungerhalten.


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Doors ehemaliges Mitglied

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Befreiungstheologie

11.06.2007 um 15:31
Ist Befreiungstheologie nicht so etwas wie alkoholfreies Bier?
Geht Befreiung nichtnur, wenn man sich von religiösem Ballast befreit?


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Befreiungstheologie

11.06.2007 um 15:37
@Doors
Kein Glauben behindert die Freiheit sondern religiöse Institutionen.


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Befreiungstheologie

11.06.2007 um 15:59
@Efna:

Kein Glauben behindert die Freiheit sondern religiöse Institutionen.

Nö, nicht religiöse Institutionen behindern die Freiheit, sondern letztlichder Glaube an die Ideologien und Dogmen, welche sie verkünden.


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Befreiungstheologie

11.06.2007 um 16:00
@Ungläubiger:

Zwar bin ich ein Feind jeder Religion

Du bist nichtminder religiös, wie jeder andere auch.


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Befreiungstheologie

11.06.2007 um 16:03
@geraldo
Dogmen können nur von Institutionen erschaffen und durchgesetzt werden. Ichbin der Meinung Glaube sollte Individualisiert werden.


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