gastric schrieb:Mehr morgen.
Du kannst es immer weiter verwischen wie sonst auch, wenn du die Fragestellung verschleierst und selektiv antwortest. Das wird sich auch morgen, also heute, nicht geändert haben.
Das zentrale Problem: Das EAS Consensus Panel präsentiert die These, dass LDL-Cholesterin Arteriosklerose verursacht. Und dies als Headline ihres MEINUNGSARTIKELS:
Low-density lipoproteins cause atherosclerotic cardiovascular disease
https://academic.oup.com/eurheartj/article/41/24/2313/5735221Dies ist der zentrale entscheidende Punkt der Diskussion. Dieses Dogma ist der von eine selektierten Gruppe herbeigeführte "wissenschaftliche" Konsens, ist aber selbst von systematischen Interessenskonflikten und Selektionsbias durchdrungen (siehe Eintrag zuvor hier in der Diskussion). Die Autoren arbeiten eng mit der Pharmaindustrie zusammen, was deren Geschäftsmodell entgegenkommt: Jede LDL-Senkung = mehr Patienten auf Statine.
Der eigentliche Auslöser für die ganzen Vorgänge in der Gefäßwand ist aber keinesfalls LDL, sondern mechanischer Stress. Die relevanten Schäden entstehen fast ausschließlich in Arterien, und dort besonders an Stellen mit hohem Druck, Strömungsturbulenz und Abzweigungen, wie gesagt. Das ist der springende Punkt: Bluthochdruck und die spezifische Geometrie der Blutgefäße sorgen für winzige Verletzungen und Belastungen im Endothel. Genau da setzt der Körper den natürlichen Reparaturdienst in Gang, auf den er genetisch programmiert ist: LDL bringt das Baustellenmaterial, ähnlich wie Pflaster auf eine Schramme. Ohne diesen mechanischen Stress gäbe es diese Problematik gar nicht, egal wie hoch das LDL ist.
LDL ist dabei primär das Transportsystem, über das Cholesterin und andere Lipide als Baustoffe zu den Zellen gelangen. Lipide – und damit auch Cholesterin – sind essenzielle Bestandteile jeder Zellmembran, ohne die keine Zelle funktionsfähig wäre, das gilt gerade auch für die Endothelzellen der Gefäßwände. Nach Belastungen oder Mikroschäden bringt LDL diese Baumaterialien dorthin, wo sie gebraucht werden (die Feuerwehr-Analogie ist dennoch auf ihre Weise zutreffend). Die eigentliche Reparatur passiert also auf Zellebene, mit Hilfe der angelieferten Lipide, nicht durch bloße Ablagerung im Blut. Die Lipidablagerungen sind der Pflasterdienst des Körpers; genauso wenig wie bei Wundheilung eine Kruste als Krankheit gilt, ist das Cholesterin automatisch ein Problem. Die Pathologisierung eines im Körper regulierten Prozesses ist nicht zulässig.
Störungen im Reparaturprozess können durch vielfältige Faktoren ausgelöst werden, wiederholte Belastungen, chronische Entzündung, Stoffwechselprobleme eine veränderte Immunantwort…was auch immer. Ein besonderer Fall ist indes oxidiertes LDL/Cholesterin: Durch oxidativen Stress und Entzündung entstehen Formen von LDL, die tatsächlich nicht mehr normal abgebaut werden (wie erwähnt „fals flag“ hineingeraten) und dann zu pathologischen Plaques führen. Diese Prozesse sind aber das Resultat gestörter Regulation und Immunreaktion, nicht das Resultat des normalen, zirkulierenden Cholesterins.
Ravnskov et al. (2018) zeigen, wie bereits ausführlicher dargstellt und verlinkt (wobei die Artikel dieser Gruppe nicht die einzigen sind): Die Cholesterin-Hypothese erfüllt keines der klassischen Bradford-Hill-Kausalitätskriterien für Krankheitsursachen. Das ist nicht Meinung, das ist pure Logik und rigoros angewandte wiss. Kriterien. Wer ein molekulares, mechanistisches Risiko behauptet, muss diese Kriterien erfüllen – Das Consensus Panel mit seiner LDL-Hypothese tut das nicht.
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/17512433.2018.1519391Unter anderem 27 Langzeitstudien zeigen: Hohe Cholesterinwerte korrelieren mit gleicher oder besserer Langzeitüberlebensrate. Das LDL-Paradoxon ist gut dokumentiert – Herzinfarkt-Patienten haben oft niedrigere LDL-Werte als „normal“. What?!? Ja, so ist es nun mal.
Etwas, das ich auch schon längst gezeigt habe (
Ketogene Ernährung/Diät (Seite 3) (Beitrag von Nemon) ): Die weltweite Cholesterin-Mortalitätskurve – eine internationale Datensammlung der WHO und British Heart Foundation mit Daten aus 164 Ländern – zeigt, dass die niedrigsten Gesamtsterblichkeitsraten tatsächlich im Gesamt-Cholesterin-Bereich von 200 bis 240 mg/dl liegen. Sinkt der Wert unter 200 mg/dl, steigt die Sterblichkeit deutlich an. Die viel beschworenen Normwerte der Leitlinien (TC <200 mg/dl) liegen also direkt in einem Bereich, der laut größten verfügbaren Populationsdaten als ungünstig gilt.
https://www.hypothyroidismrevolution.com/research/cholesterol-mortality-chart.pdfÜbrigens: Das LDL-Cholesterin wird im Praxisalltag meist gar nicht direkt gemessen, sondern rechnerisch aus Gesamt-Cholesterin, HDL und Triglyzeriden abgeschätzt. Das macht die Diskussion über exakte LDL-Werte ohnehin etwas theoretisch.
Die klinische Praxis mit ihren Daten zeigt, bei Diabetes ist das LDL meist zweitrangig. (Operateure und interventionelle Kardiologen/Gefäßchirurgen, die im OP bzw. bei Katheter-Interventionen berichten, dass sie den Plaque gar nicht antreffen, wo er der Hypothese zufolge sein müsste bzw. als Todesursache relevant wäre). Ein Wert, der viel direkter das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall widerspiegelt, sind die Triglyzeride. Diese gelten heute als der brauchbarere, unabhängigere Risikomarker – auch und gerade bei „Normal“-LDL. Schon moderat erhöhte Werte (ab ca. 100–150 mg/dl) bedeuten ein deutlich höheres Risiko, völlig unabhängig vom LDL. Besonders riskant ist das klassische Bild des metabolischen Syndroms – Diabetes, Übergewicht, hohe TG, niedriges HDL. Das LDL ist oft gar nicht erhöht, trotzdem ist die Prognose schlecht. Große Studien zeigen: Ab 176 mg/dl Triglyzeride verdreifacht sich das Herzinfarktrisiko, über 440 mg/dl ist es vierfach erhöht – sogar bei normalem LDL.
Das Fazit ist klar: Cholesterin und LDL sind in erster Linie Reparaturstoffe – ihre Pathologisierung ignoriert biologische Grundprinzipien und taugt bestenfalls als Geschäftsmodell. Entscheidend für das eigentliche Risiko sind die Gesamtumstände im Stoffwechsel: Mechanische Faktoren wie Blutdruck und Strömung, Triglyzeride, HDL, Belastung, Immunreaktion und die Fähigkeit des Körpers, seine Reparaturprozesse im Gleichgewicht zu halten. Statine mögen für Sonderfälle ihren Platz haben. Daher meine Meinung (und nicht nur meine) : Die breitflächige Panik um LDL ist fachlich nicht haltbar.
Ich kann mir nicht jeden Tag oder sogar mehrmals täglich die Arbeit mit solchen Elaboraten machen, zumal ja alles auch schon längst gesagt ist. Ich denke allein schon von daher nicht, dass wir das hier lange diskutieren werden. Dazu war das auch nicht gedacht.