@almeraalmera schrieb:wenn man nichts verbrochen hat, dann braucht man sich überhaupt keine gedanken zu machen..man bleibt immer bei der selben wahrheit, selbst wenn man kein alibi hat..man hat schliesslich nichts zu befürchten
Das ist schlicht falsch! In Deutschland sind schon jede Menge Menschen unschuldig verurteilt worden, zum Teil aufgrund sehr dünner Indizienlage, zum Teil auf Basis falscher Aussagen, zum Teil aufgrund falscher Gutachten. Wenn bereits gewisse Indizien gegen einen sprechen, damm ist die Angst fäschlicherweise verurteilt zu werden, eine durchaus berechtigte.
Im Übrigen möchte ich mal eine Sache ganz generell klarstellen: Der hier von vielen beschworene Unterschied zwischen Rechtslehre und "gesundem Menschenverstand" existiert in Wirklichkeit nicht. Das Recht und seine Anwendung beruht im Regelfall auf selbigem. Soll heißen: Das Recht ist logisch und rational begründet. Es mag sicherlich Einzelfälle geben, wo das Recht seltsame Blüten treibt, aber das sind nunmal Ausnahmen. Ich kann nachvollziehen, wenn man das Juristendeutsch manchmal für etwas schwerer verständlich hält. Das hat aber damit zu tun, dass sich dieses darum bemüht (und bemühen muss) besonders präzise zu sein. Präzision mit Sprache zu erreichen ist schon für sich genommen sehr schwer. Sprache ist nämlich ein recht ungenaues System von hoher Varietät und geringer Redundanz (anders zB die Mathematik, die sich durch eine hohe Redundanz und geringe Varietät auszeichnet). Dennoch muss gerade die Rechtssprache eben auch genau sein, um Sachverhalte exakt zu erfassen.
Zum Thema: Ich werde mal versuchen die einzelnen Indizien der Reihe nach zu analysieren und beginne mit dem Tatmotiv.
1. Tatmotiv Habgier
a) Erbe
Als Tatmotiv steht Habgier im Raum. BS hat ein beträchtliches Erbe von seinen Eltern erhalten. Es stand auch zu erwarten, dass er erben würde. HS hätte insofern indirekt profitiert. Unter Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen HS und BS, wie es sich auch aus den abgehörten Telefongesprächen ergibt, ist sogar davon auszugehen, dass HS unmittelbaren Einfluss auf die Verwendung des Erbes hat. An diesem Tatmotiv gibt es wenig zu rütteln.
b) drohende Enterbung
Ferner wurde angeführt, dass BS eventuell eine Enterbung drohte. Hier muss man sich zunächst fragen, ob dies auch tatsächlich der Fall war. Eine Zeugin sagte aus, dass ihr diese Absicht von WS mitgeteilt worden war. Ein anderer Zeuge (der Metzger) sagte aus, dass ihm WS gesagt habe, der Sohn erbe eh alles. Die beiden Aussagen widersprechen sich nicht zwingend, weil erstens nicht eindeutig ist, in welcher Reihenfolge diese Gespräche stattfanden und zweitens WS auch ihre Ansicht wieder geändert haben konnte. Allerdings erschweren diese Umstände eine definitive Beurteilung ohne dass ich selber die Zeugen beobachtet habe.
Unabhängig von der Frage, ob tatsächlich eine Enterbung geplant war, müsste aber HS davon gewusst haben, damit das ein brauchbares Tatmotiv ergibt. Das ist bislang nicht vor Gericht dargelegt worden. Insofern scheidet die drohende Enterbung schon als Tatmotiv aus.
Schließlich sei auch angemerkt, dass die Enterbung zwar sicherlich zu einer Schlechterstellung des BS geführt hätte. Allerdings steht BS grundsätzlich ein Plichtteil in Höhe der Hälfte des Wertes des Erbes zu, § 2303 BGB. Das wäre immer noch eine erhebliche Summe gewesen. Es hätte natürlich den Nachteil gehabt, dass BS nur ausgezahlt wird, dh er hätte keinen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an einem der Häuser gehabt. Man muss sich in diesem Szenario auch fragen, wer denn überhaupt als alternativer Erbe in Betracht gekommen wäre, denn BS war ja Einzelkind. Wenn das die Enkelkinder gewesen wären, dann wäre das für BS und HS ja auch nicht so schlecht gewesen.
c) drohender Stop der finanziellen Zuwendungen
Das wäre natürlich ein sehr viel besseres Motiv als die drohende Enterbung. Allerdings wurde bislang von niemandem eine derartige Absicht der WS dargelegt. Insofern scheidet auch dies als Tatmotiv aus.
Im Ergebnis bleibt als Tatmotiv die Absicht an das Erbe zu gelangen. Speziellere Motive wie das Abwenden einer drohenden Enterbung oder eines drohenden Zahlngsstopps sind nicht hinreichend nachgewiesen.
2. Tatmotiv Hass
Generell ist bekannt, dass das Verhältnis zwischen HS und WS nicht sonderlich gut war. Umgekehrt wurde das Verhältis zwischen Hs und ihrem Schwiegervater aber als positiv geschildert. Allein Hass kommt daher eher nur schwer als Tatmotiv in Frage, erklärt aber, warum zumindest der Tötung der WS HS hätte leichter fallen können.
Endergebnis: Dass für HS ein Tatmotiv bestand ist zimlich eindeutig, und zwar völlig unabhängig von Enterbung und sonstigen Zuwendungen.
Wenn ich es schaffe, befasse ich mich morgen mit dem Todeszeitpunkt.