Link: www.verschwoerungen.info (extern) (Archiv-Version vom 20.03.2008)Dialogue aux enfers entre Machiavel et Montesquieu
Ein Vorläufer der Protokolle ist die satirische Schrift Dialogue aux enfers entre Machiavel et Montesquieu (Dialog in der Hölle zwischen Macchiavelli und Montesquieu, die der Franzose Maurice Joly 1864 herausgab. Diese Satire enthielt noch keinerlei antisemitische Züge. Sie attackierte vielmehr Napoleon III.. Joly wurde für diese Schrift fünfzehn Monate inhaftiert. Joly selbst hat, wie Umberto Eco in einer Untersuchung zu den Protokollen zeigte, Anleihen bei Eugène Sue, einem französischen Autor des 19. Jahrhunderts gemacht, dessen Roman Les Mystères du Peuple eine Quelle für die Dialoge gewesen ist.
Biarritz
Bei der Ausformung des Mythos spielte auch ein Groschenroman des Deutschen Herrmann Goedsche, ein ehemaliger Beamter bei der preußischen Post, eine Rolle. Goedsche publizierte 1868 unter dem Pseudonym "Sir John Retcliff" einen Sensationsroman namens Biarritz, in dem von einer Versammlung auf dem Friedhof von Prag die Rede ist, in der Vertreter der zwölf Stämme Israels einen Plan für die Eroberung der Welt besprechen.
Verwischung von Fakten und Fiktion
Diese Szene aus Biarritz taucht 1876 in einer russischen Hetzschrift erneut auf, schildert aber die bei Goedsche noch fiktive Geschichte als Tatsachenbericht, ein Jahr später taucht die Rede in Deutschland, Frankreich und Österreich auf.
1881 druckte die französische katholische Zeitung Le Contemporain die Geschichte etwas modifiziert ab (die zwölf Reden werden nun zu einer einzigen zusammengefasst). Die Le Contemporain gibt an, den "Bericht" aus einem bald erscheinenden Buch des englischen Diplomaten "Sir John Readcliff" übernommen zu haben.
Verfestigung des Textes
Die wohl früheste Version der eigentlichen Protokolle wurde im August und September 1903 in der St. Petersburger Zeitung Znamia abgedruckt, doch die Version, die schließlich weltweit verbreitet wurde, stammt aus der zweiten Ausgabe des Buchs von Sergej Nilus (1862-1929), Das Große im Kleinen, erschienen 1905.
Verbreitung
1920 gibt es überall in Europa Übersetzungen der Protokolle.
In Deutschland avancierten die Übersetzungen der Antisemiten Ludwig Müller, alias Gottfried zur Beek und Theodor Fritsch zur Grundlage des Nationalsozialismus und zu einem Motiv für den Holocaust. Die britische Übersetzung der Protokolle unter dem Titel The Jewish Peril kam Anfang 1920 auf den Markt. In den USA brachte der Industrielle Henry Ford The International Jew: The world's foremost problem heraus, das die Protokolle propagierte und in 16 Sprachen übertragen wurde. Fortan reisten die Protokolle um die Welt, nach Frankreich, Norwegen, Dänemark, Polen, Bulgarien, Italien, Griechenland und erreichten schließlich sogar Japan und China.
1924 schreibt Adolf Hitler Mein Kampf, in dem er die Kernaussage der Protokolle verarbeitet.
Auch juristische Maßnahmen gegen die Herausgeber der Protokolle zwischen 1933 und 1935 in Bern halfen nicht. In ihrem Urteil von Mai 1935 erklärten die Richter die Protokolle zwar als Plagiat und Schundliteratur und verurteilten die Herausgeber zu einer Geldstrafe, das Urteil wurde jedoch im November 1937 aus formaljuristischen Gründen kassiert.