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Geiseldrama von Gladbeck

263 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Geiselnahme, Gladbeck, Bischoff ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Geiseldrama von Gladbeck

09.02.2020 um 20:40
Hier noch ein paar zentrale Zitate aus dem rechtskräftigen Urteil zur Ballistik (S. 135 bis 141 des Urteils, Hervorhebungen von mir):

https://gladbeck.rnd.de/wp-content/uploads/2018/08/Gesamturteil-Geiselnahme-von-Gladbeck.pdf
Die auffallende Aufpilzung der Projektilspitze ist erklärt. Sie beruht nach den auch insoweit überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. Grooß und Maßmann ebenfalls vom BKA darauf, daß das Geschoß die Armbanduhr Silke Bischoffs durchschlug ‐ deren Boden bestand aus einer Chrom‐Nickel‐Stahl‐Legierung‐, ehe es in den Körper eindrang.
(...)
Das Schwurgericht hat sich auch davon überzeugt, daß die Gutachter vom BKA wirklich das Projektil, das im Körper von Silke Bischoff gefunden wurde, untersucht haben. Der Obduzent, Prof. Dr. Nehmer, hat angegeben, er habe das Projektil bei der Obduktion aus dem Körper Silke Bischoffs genommen und dem anwesenden Beamten vom Erkennungsdienst, dem Zeugen PKK Prüfling, übergeben.
(...)
Der Flugweg des Tatprojektils durch die Armbanduhr und den Arm hindurch in den Körper von Silke Bischoff ist durch die überzeugenden Unte suchungen des Sachverständigen Göbel vom BKA bestätigt worden. Dieser Sachverständige hat neun von zehn der im Schußkanal des Körpers gefundenen Metallteile untersucht und diese allesamt Werkteilen oder wenigstens Materialien einer typgleichen Armbanduhr, wie sie Silke Bischoff trug, zuordnen können.
(...)
Daß die Zeugin Voitle keinen Schuß im Wageninneren gehört hat, ist erklärlich. Die Zeugin ist zu einem Zeitpunkt aus dem Täterfahrzeug gesprungen, als Silke Bischoff noch lebte, der Schuß aus der Waffe Rösners also noch nicht abgefeuert war.


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Geiseldrama von Gladbeck

10.02.2020 um 04:07
Zitat von monstramonstra schrieb:Und? Steht da etwas in diesem Link über die Ballistik des Colt 1911 von Rösner? Ich finde nichts.
Weil du nicht weißt,wonach du suchen sollst u.was ich meine: Die Ballistik bezieht sich auf das Geschoss, u.nicht auf die Waffe. Warst bestimmt nicht bei der Bundeswehr oder wenigstens mal in einem Schützenverein,oder?
Zitat von monstramonstra schrieb:Die auffallende Aufpilzung der Projektilspitze ist erklärt. Sie beruht nach den auch insoweit überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. Grooß und Maßmann ebenfalls vom BKA darauf, daß das Geschoß die Armbanduhr Silke Bischoffs durchschlug ‐ deren Boden bestand aus einer Chrom‐Nickel‐Stahl‐Legierung‐, ehe es in den Körper eindrang.
Klar besteht der Boden der meisten Armbanduhren aus einer Chrom-Nickel-Stahl-Legierung, aber der ist so dünn,das man mit einem Kirmes-Luftgewehr durchschießen kann! Daran zerpilzt mit Sicherheit kein 9mm Vollmantelgeschoss,u.stellt für dieses auch kein Hinderniss dar.
Brauchste dafür jetzt auch wieder Quellen? Est ist doch egal,ob Rösners Colt, oder die H&K oder Sig-Sauer der Polizei, die Geschosse waren die gleichen u.die Energie der Geschosse auch. Auf diese kurze Entfernung hätte die Kugel den Körper auf jeden Fall durchschlagen. Anders wäre es,wenn die Kugel erst durch eine Autotür gegangen wäre, dann hätte die Restenergie wahrscheinlich nicht für einen Durchschuss gereicht,sondern wäre im Körper stecken geblieben, was hier ja der Fall war. Aber wie auch immer, das ganze ist Geschichte u. die Akten dazu sind geschlossen.


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Geiseldrama von Gladbeck

10.02.2020 um 10:47
Zitat von Pestilenz_61Pestilenz_61 schrieb:Weil du nicht weißt,wonach du suchen sollst u.was ich meine: Die Ballistik bezieht sich auf das Geschoss, u.nicht auf die Waffe. Warst bestimmt nicht bei der Bundeswehr oder wenigstens mal in einem Schützenverein,oder?
Nein und nein.

Da bin ich auch nicht in der Bringschuld. Ich warte noch immer auf einen Beleg für die Behauptung, die Kugel im Körper von Silke Bischoff könne nicht aus dem (oder einen) Colt 1911 Rösners stammen, weil dessen Durchschlagskraft zu groß gewesen sei.
Zitat von Pestilenz_61Pestilenz_61 schrieb:Daran zerpilzt mit Sicherheit kein 9mm Vollmantelgeschoss,u.stellt für dieses auch kein Hinderniss dar. Brauchste dafür jetzt auch wieder Quellen? Est ist doch egal,ob Rösners Colt, oder die H&K oder Sig-Sauer der Polizei, die Geschosse waren die gleichen u.die Energie der Geschosse auch.
Woher weißt man, dass in Rösners Colt ein 9mm Vollmantelgeschoss verwendet wurde? Eine Geschossart, die im militärischen Bereich eingesetzt wird und die die höchste Durchschlagskraft hat? Militärische Munition fällt häufig unter das Kriegswaffenkontrollgesetz und darf in Deutschland nicht verkauft oder gehandelt werden (z.B. Vollmantel mit Stahl). Für 9mm Luger gibt es noch Dutzende anderer Munitionsarten: Voll-, Teilmantel-, Bleigeschosse usw. Je nach Treibsatz und Lauflänge mit unterschiedlichen Energien (Reichweite, Präzision, Abnutzung der Waffe).

Im zivilen Bereich (Behörden, Jagd, Sport) wird Munition eingesetzt, die "Mannstoppwirkung" hat bzw. als "Fangschussmunition" eingesetzt wird und gerade beim Aufschlag "aufpilzen" soll. Da geht es also darum, dass die Kugel nicht das Ziel durchdringt, sondern beim Eindringen möglichst viel kinetische Energie abgibt. Verboten sind dann aber wieder extrem aufpilzende Varianten (Dum-Dum-Geschosse), die auf möglichst große und schwer zu behandelnde Verletzungen hin konstruiert sind.

https://djz.de/im-praxistest-hohlspitz-munition-kaliber-9mm-luger-13-575/
https://cernunninsel.wordpress.com/2016/08/15/verteidigungsschiessen-mannstoppwirkung-in-der-praxis/

Kurz und gut, ich erkenne da auch ohne praktische Waffenkunde nichts, was den gerichtlichen Feststellungen widerspricht.


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Geiseldrama von Gladbeck

10.02.2020 um 11:25
Zitat von monstramonstra schrieb:Woher weißt man, dass in Rösners Colt ein 9mm Vollmantelgeschoss verwendet wurde? Eine Geschossart, die im militärischen Bereich eingesetzt wird und die die höchste Durchschlagskraft hat?
Vollmantelgeschosse waren damals absolut üblich, u.bei der Polizei sowieso. Deformationsgeschosse für Faustfeuerwaffen (Hohlspitzgeschosse) waren damals noch verboten, u.kamen selbst bei der Polizei erst später zum Einsatz. Und es ging nicht um Rösners Colt in meinen Beiträgen, sondern rein u. die Energie der Munition. Und ich hatte nie behauptet, das die Kugel nicht aus Rösners Pistole stammen KÖNNTE.


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Geiseldrama von Gladbeck

10.02.2020 um 11:41
Und als weiteres Argument: Silke Bischoff wurde von vorne aus ca. 10 bis 15 cm Entfernung erschossen. Keiner der Beamten schoss von vorne. Deren Fahrzeuge waren hinten oder seitlich. Die Position der Fahrzeuge wird auch im Urteil genau beschrieben.

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Zugleich ist es meiner Ansicht nach tatsächlich so gewesen, dass Rösner Silke Bischoff nicht vorsätzlich töten wollte. Er hatte seine Waffe zwar nach hinten auf Silke gerichtet (zu einem Zeitpunkt als Ines den BMW schon verlassen hatte), während Degowski auf die SEK-Beamten schoss. Die Polizeibeamten, die als Zeugen vor Gericht aussagten, meinten, er habe die Waffe nach hinten gerichtet, um Bischoff für die Polizei sichtbar zu bedrohen.

Unmittelbar danach wurde Rösner von einer Polizeikugel getroffen. Das Gericht geht davon aus, dass der Colt 1911 Rösners entsichert, durchgeladen und der Hahn gespannt war. Der Druckpunkt am Abzug sei schwach gewesen, so dass der Treffer durch eine Polizeikugel den Schuss ausgelöst hat. Zudem äußerte sich Rösner selbst eindeutig: SEK-Beamte hätte er töten wollen. Silke Bischoff nicht.

In dubio pro reo wurde also Fahrlässigkeit angenommen. Juristisch korrekt, für die Angehörigen Silkes natürlich schwer zu akzeptieren. Überhaupt ging das Gericht - wenn man das Urteil liest - sehr fair mit den Angeklagten um, was jedoch an der Strafe nichts änderte.

Ein einziges Rätsel blieb. Hätte es eine Verschwörung gegeben, hätte man dieses Detail sicher auch verwischt:

Rösner warf dann seine Waffe, ohne weitere Schüsse abzugeben, aus dem Fahrzeug auf die Straße. Dort wurde der Colt 1911 mit 8 Patronen aufgefunden. Allerdings war er - bei gespanntem Hahn - gesichert. Und nicht entsichert, wie es nach der Schussabgabe auf Silke Bischoff hätte sein müssen. Rösner selbst konnte sich nicht erinnern, die Waffe gesichert zu haben.

Das Gerichte konnte sich das nur so erklären, dass Rösner - automatisch - den Sicherungshebel gedrückt hat, bevor er die Waffe aus dem Auto auf die Straße warf. Das macht auch Sinn, denn die Gefahr eines Schusses beim Aufprall auf dem Asphalt wäre bei einer gespannten und entsicherten Waffe nicht gering.


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Geiseldrama von Gladbeck

10.02.2020 um 11:47
Zitat von Pestilenz_61Pestilenz_61 schrieb:wenn man bedenkt, was der Öffentlichkeit schon in anderen Fällen aufgetischt wurde, dann würde es mich auch hier in diesem Fall nicht wundern. Mir fallen da spontan die Fälle NSU u.die "Todesnacht" von Stammheim ein. Was da alles angeführt wurde,enbehrt jeglicher Logik...darüber hätte sich wahrscheinlich sogar die Putzfrau aus der Rechtsmedizin zu Tode gelacht!
Die dürfte auch über Bad Kleinen gelacht haben.

Der Staat tut sich mMn keinen Gefallen damit, solche Dinge zu vertuschen, der Ansehens- und Vertrauensverlust ist weit größer als wenn hier ein Fehler bei der Festnahme zugegeben werden würde.


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Geiseldrama von Gladbeck

10.02.2020 um 12:00
Zitat von monstramonstra schrieb:Und als weiteres Argument: Silke Bischoff wurde von vorne aus ca. 10 bis 15 cm Entfernung erschossen. Keiner der Beamten schoss von vorne. Deren Fahrzeuge waren hinten oder seitlich. Die Position der Fahrzeuge wird auch im Urteil genau beschrieben.
Na ja, wenn man seitlich versetzt im Auto sitzt, also etwas quer zur Fahrtrichtung, oder sich zur Seite dreht, dann wird man auch von vorne getroffen.
Zitat von monstramonstra schrieb:Ein einziges Rätsel blieb. Hätte es eine Verschwörung gegeben, hätte man dieses Detail sicher auch verwischt:

Rösner warf dann seine Waffe, ohne weitere Schüsse abzugeben, aus dem Fahrzeug auf die Straße. Dort wurde der Colt 1911 mit 8 Patronen aufgefunden. Allerdings war er - bei gespanntem Hahn - gesichert. Und nicht entsichert, wie es nach der Schussabgabe auf Silke Bischoff hätte sein müssen. Rösner selbst konnte sich nicht erinnern, die Waffe gesichert zu haben.

Das Gerichte konnte sich das nur so erklären, dass Rösner - automatisch - den Sicherungshebel gedrückt hat, bevor er die Waffe aus dem Auto auf die Straße warf. Das macht auch Sinn, denn die Gefahr eines Schusses beim Aufprall auf dem Asphalt wäre bei einer gespannten und entsicherten Waffe nicht gering.
Da stimme ich dir zu.
Zitat von Cpt.GermanicaCpt.Germanica schrieb:Die dürfte auch über Bad Kleinen gelacht haben.

Der Staat tut sich mMn keinen Gefallen damit, solche Dinge zu vertuschen, der Ansehens- und Vertrauensverlust ist weit größer als wenn hier ein Fehler bei der Festnahme zugegeben werden würde.
Ganz meiner Meinung...Bad Kleinen war auch so ein Fall für sich.


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Geiseldrama von Gladbeck

10.02.2020 um 12:06
Zitat von Cpt.GermanicaCpt.Germanica schrieb:Der Staat tut sich mMn keinen Gefallen damit, solche Dinge zu vertuschen, der Ansehens- und Vertrauensverlust ist weit größer als wenn hier ein Fehler bei der Festnahme zugegeben werden würde.
Ganz genau so ist es auch und ich würde mir wünschen, dass die all diejenigen hinter die Ohren schreiben, die überall eine Verschwörung vermuten.


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Geiseldrama von Gladbeck

10.02.2020 um 13:12
Das ist hier zwar OT, wenn sie aber in einem Atemzug mit Gladbeck genannt werden, sollen andere Vorfälle nicht unwidersprochen stehen bleiben:

- Die "Nacht von Stammheim": Am Suizid bzw. einen halbherzigen Suizidversuch der vier RAF-Terroristen gibt es keine Zweifel mehr. Das war 1977 RAF-Propaganda. Es gibt allerdings Anhaltspunkte, dass der Verfassungsschutz mit Hilfe des BND die Zellen abgehört haben könnte. Ob Beamte dabei die Suizidvorbereitungen bemerkt haben und nicht eingeschritten sind, das ist in der Tat ungeklärt.

- Bad Kleinen: Der Suizid Grams' wird auch nicht mehr angezweifelt. Zeugenaussagen und Spekulationen der ersten Tage sind widerlegt. Allerdings war die Ermittlungsarbeit unterirdisch. Die GSG 9 gab ein schwaches Bild ab. Und man versuchte zu verschleiern, dass ein V-Mann eine zentrale Rolle bei der Lokalisierung der beiden RAF-Terroristen gespielt hat, weil man ihn noch weiter einsetzen wollte. Bundesinnenminister Seiters trat zurück.

- NSU: Am Suizid von Bönhardt und Mundlos gibt es nur in rechtsextremen Kreisen Zweifel. Der Prozess in München hat das ausführlich aufgearbeitet, ebenso mehrere Untersuchungsausschüsse. Nur die Ermittlungsarbeit war teilweise fragwürdig. Die Morde der Beiden lassen ebenfalls keine Fragen mehr offen. Zwar werden noch immer "Netzwerke" an den Tatorten vermutet und gesucht. Substantielles (Verdacht der Beihilfe oder Mittäterschaft) kam nicht ans Licht. Nach dem Untertauchen des Trios 1998 haben Polizei und Verfassungsschutz gepennt. Die besondere Gefährlichkeit wurde nicht erkannt.

Gladbeck weicht von diesen Fällen schon insoweit ab, weil sich die Vorgänge in voller Öffentlichkeit abspielten. Vom Chaos und der Unentschiedenheit der Polizei konnte sich jeder selbst ein Bild machen. Via Live-Schaltung und Reporter-Berichten. Die waren ja - leider - ganz vorne mit dabei. Viel zu vertuschen gab es da nicht mehr.

Wenn vertuscht wird - auch bei Anis Amri z.B. - dann sind es eher Leute in der dritten Reihe ohne politisches Bewusstsein. In einem Land mit Presse- und Meinungsfreiheit ist es sehr schwer, in einer größeren Organisation oder mit einer größeren Anzahl von Beteiligten einen Vorfall systematisch zu vertuschen. Es gibt schnell "Flurfunk", eitlere Gestalten wollen ihr Wissen an den Mann bringen, andere ihr Gewissen erleichtern. Schließlich geht es hier um Tote und um Versagen. In Behörden gibt es auch kein Extra-Geld oder Drohungen, um das zu verhindern. Der Staat ist keine kriminelle Vereinigung, auch wenn solche Unterstellungen immer wieder chic sind.


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Geiseldrama von Gladbeck

11.02.2020 um 03:33
@monstra

Man sollte nicht jeden politisch/gesellschaftlich "brisanten" Todesfall über einen Kamm scheren, sondern alle Fälle getrennt voneinander betrachten. Das gilt sowohl für diejenigen, die sofort eine Verschwörung wittern genauso, wie für diejenigen die jede mögliche Verschwörung oder Vertuschung pauschal ausschließen, obschon es ungeklärte oder unzureichend aufgeklärte Indizien und/oder Sachverhalte gibt.

Im vorliegenden Fall lief ein Einsatz aufgrund von Kompetenzgerangel, unklaren Zuständigkeiten, mangelnder Erfahrung und fehlender Entschlusskraft völlig aus dem Ruder. Es steht für mich persönlich außer Frage, dass die Geiseln völlig unnötig überhaupt in diese Lage gebracht wurden, da es mMn zuvor bereits mehrfach sehr gute Gelegenheiten zum (relativ) gefahrlosen Zugriff gegeben hatte, diese Chancen jedoch aus zuvor genannten Gründen ungenutzt verstrichen. Als der finale Zugriff dann schließlich erfolgte, war der Ausgang nicht mehr wirklich kalkulierbar. Das in dieser unübersichtlichen Lage nicht noch mehr Todesopfer zu beklagen waren, dürfte -ein gutes Stück weit- auch dem Zufall und nicht ausschließlich professioneller Polizeiarbeit geschuldet sein. Dennoch sehe ich hier keine groß angelegte Vertuschung oder Verschwörung. Rösner war fertig. Ich bin Deiner Meinung, dass er SB nicht vorsätzlich töten wollte und das letztenendes unglückliche Umstände zum tödlichen Schuß aus seiner Waffe führten. Für eine Verschwörung/Vertuschung gibt mMn zu wenig Anhaltspunkte.

Die anderen Vorfälle sind -wie eingangs von mir geschrieben- jedoch einzeln zu betrachten:
Zitat von monstramonstra schrieb:- Die "Nacht von Stammheim": Am Suizid bzw. einen halbherzigen Suizidversuch der vier RAF-Terroristen gibt es keine Zweifel mehr.
Ich habe mich in diesen Vorfall nicht eingearbeitet und kann deshalb nur wenig dazu beitragen. Deshalb lasse ich das mal so stehen.
Zitat von monstramonstra schrieb:- Bad Kleinen: Der Suizid Grams' wird auch nicht mehr angezweifelt. Zeugenaussagen und Spekulationen der ersten Tage sind widerlegt. Allerdings war die Ermittlungsarbeit unterirdisch. Die GSG 9 gab ein schwaches Bild ab. Und man versuchte zu verschleiern, dass ein V-Mann eine zentrale Rolle bei der Lokalisierung der beiden RAF-Terroristen gespielt hat, weil man ihn noch weiter einsetzen wollte.
Eben weil die Ermittlungsarbeit so "unterirdisch" geführt wurde, gibt es ja Zweifel am ermittelten Ergebnis. Es lässt sich mMn eben nicht eindeutig und klar beweisen, was genau auf den Gleisen geschehen ist, wenngleich bereits einige der zeitnah zum Ereignis aufgekommene VTs zwischenzeitlich widerlegt werden konnten.
Zitat von monstramonstra schrieb:- NSU: Am Suizid von Bönhardt und Mundlos gibt es nur in rechtsextremen Kreisen Zweifel. Der Prozess in München hat das ausführlich aufgearbeitet, ebenso mehrere Untersuchungsausschüsse. Nur die Ermittlungsarbeit war teilweise fragwürdig. Die Morde der Beiden lassen ebenfalls keine Fragen mehr offen.
Da bin ich anderer Meinung. Zu behaupten, dass ausschließlich in rechtsextremen Kreisen an der Suizidtheorie gezweifelt wird, ist schlichtweg falsch. Aus kriminalistischer Sicht gibt es einige Indizien, die gegen Suizid sprechen und die nicht hinreichend aufgeklärt werden konnten, da die sogenannte "Ermittlungsarbeit" nicht nur "teilweise fragwürdig", sondern -gelinde gesagt- katastrophal verlief. Die anschließende "Aufarbeitung" erfolgte auf Grundlage von Erkenntnissen, die man aus einem am Geschehnisort undokumentierten, dann fast schon mutwillig zerstörten Tatort gewonnen hatte. Vor Ort gefertigte Photos von Feuerwehrleuten zur Brandort-/Einsatzdokumentation wurden konfesziert, die Datenträger gelöscht zurückgegeben und besagte Bilder fanden keinen Eingang in die Ermittlungen. Zeugenaussagen wurden ignoriert, Zeugen eingeschüchtert oder als unglaubwürdig diskreditiert. All das lässt sich aus den vorhandenen, im Internet noch über Umwege verfügbaren Teilen der Ermittlungsakten, sowie journalistischen Aufarbeitungen des Falles entnehmen und ist keine krude Phantasie irgendwelcher rechtsextremer VTler, obschon es natürlich ebenso genug unseriöse VTs und Beiträge aus unseriösen Quellen dazu gibt. Zudem ist der Polizistenmord von Heilbronn für mich keineswegs eindeutig aufgeklärt. Ich führe das jetzt nicht zu weit aus, da es dazu einen eigenen Thread gibt.


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Geiseldrama von Gladbeck

11.02.2020 um 07:20
@Slaterator
Zitat von SlateratorSlaterator schrieb:Im vorliegenden Fall lief ein Einsatz aufgrund von Kompetenzgerangel, unklaren Zuständigkeiten, mangelnder Erfahrung und fehlender Entschlusskraft völlig aus dem Ruder.
Volle Zustimmung. Das war im Übrigen in den 1970er Jahren sogar noch der Normalfall bei Geiselnahmen, als es keine GSK 9 oder SEK gab. Dennoch empfehle ich einen Blick auf den Aachener Landeszentralbankfall 1999. Dort lief dezidiert alles anders, und trotzdem war es viel Glück, dass alle Geiseln überlebten. Eine davon schwer verletzt. Der Täter war auch völlig übermüdet, ihm war schon im Sekundenschlaf eine Handgranate entglitten, die er - wieder wach - mit dem Fuß gerade noch aus dem VW-Bus in eine Ecke der Tiefgarage kicken konnte. Um Gladbeck 2.0 zu verhindern, nahm man also die Gefährdung der Geiseln in Kauf. Es ging wohl nicht anders, aber ich hätte nicht im Einsatzstab sein wollen.
Zitat von SlateratorSlaterator schrieb:All das lässt sich aus den vorhandenen, im Internet noch über Umwege verfügbaren Teilen der Ermittlungsakten, sowie journalistischen Aufarbeitungen des Falles entnehmen und ist keine krude Phantasie irgendwelcher rechtsextremer VTler, obschon es natürlich ebenso genug unseriöse VTs und Beiträge aus unseriösen Quellen dazu gibt.
Bei Eisenach tut Vorsicht Not, weil die Teile der Ermittlungsakten, die im Netz kursieren, aus rechtsextremer Quelle stammen ("fatalist"), unvollständig und entsprechend aufbereitet sind. Versäumnisse bei der Tatortsicherung - so jedenfalls die Untersuchungsausschüsse - resultieren vorrangig aus Unkenntnis, dass da zwei 10fache Mörder im Wohnmobil lagen. Und zum Schluss (und für mich das Wichtigste): Beate Zschäpe hat die Version der Ermittlungsbehörden voll bestätigt. Und "belohnt" wurde sie dafür bestimmt nicht.

Bei Heilbronn muss man einfach akzeptieren, dass Kiesewetter und Arnold Zufallsopfer zweier durchgeknallter Nazi-Outlaws waren, die stärker als der Staat sein wollten. Weil niemand wissen konnte, dass die beiden Polizisten am Tatort ihre Mittagspause machen würden (das haben sie erst spontan im Auto entschieden), konnten es auch die Mörder nicht wissen. Die wussten nur, dass dort immer wieder mal (irgendwelche) Polizisten Pause machen. Alles andere (KuKluxKlan, Suizid angeblicher Zeugen usw.) befindet sich im Reich der Spekulation. Wobei sich viel spekulieren lässt, wenn die konkreten Motive, Pläne, Anlässe usw. der Täter unbekannt bleiben müssen.

Da kommen wir dann noch zu den Journalisten, die sich gerne auf diese unbekannten Bereiche stürzen, weil sie da Geschichten erzählen können. Wenn dann noch Angehörige oder Opfer sich über die Behörden beklagen, dann "menschelt" es gewaltig. Und eine Aussage, wie die von Ines Voitle, die ja schon 1992 vom Gericht behandelt wurde ("Polizei hat Silke erschossen, ich weiß es genau, ich war dabei"), über die wird berichtet:

https://www.welt.de/newsticker/news1/article181197842/Jahrestage-Gladbeck-Geisel-erhebt-schwere-Vorwuerfe-gegen-Polizei-und-Medien.html

Was bleibt da beim geneigten Leser wohl hängen?

Das ist bedauerlich, aber so ist halt eine Welt ohne Zensur.


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Geiseldrama von Gladbeck

12.02.2020 um 00:15
Zitat von monstramonstra schrieb:Um Gladbeck 2.0 zu verhindern, nahm man also die Gefährdung der Geiseln in Kauf. Es ging wohl nicht anders, aber ich hätte nicht im Einsatzstab sein wollen.
Ich möchte auch keinem Einsatz-/Entscheidungsstab angehören, der mit derart unberechenbaren Tätern zurechtkommen muß und dabei nur auf die bescheidenen Einsatzmittel und Erfahrungen der 70/80er Jahre zurückgreifen kann. Damals gab es -bildlich gesprochen- einfach zu wenig Werkzeuge im Kasten, um der Verantwortung voll gerecht zu werden und der Lage angemessen zu begegnen.

Dennoch kam es gerade im Fall von Gladbeck zu absolut vermeidbaren Situationen, die das Problem unnötig und sehr gefährlich verschärft haben. Stichworte -> Kopetenzgerangel/Zuständigkeiten... Im Ergebnis -so bitter es klingen mag- war in der Nachbetrachtung mit mehr Opfern zu rechnen und sehr viel Glück im Spiel.
Zitat von monstramonstra schrieb:Bei Eisenach tut Vorsicht Not, weil die Teile der Ermittlungsakten, die im Netz kursieren, aus rechtsextremer Quelle stammen ("fatalist"), unvollständig und entsprechend aufbereitet sind. Versäumnisse bei der Tatortsicherung - so jedenfalls die Untersuchungsausschüsse - resultieren vorrangig aus Unkenntnis, dass da zwei 10fache Mörder im Wohnmobil lagen. Und zum Schluss (und für mich das Wichtigste): Beate Zschäpe hat die Version der Ermittlungsbehörden voll bestätigt. Und "belohnt" wurde sie dafür bestimmt nicht.
Natürlich muß man da vorsichtig sein. Keine Frage. Doch es wurden viele Akten immerhin als Kopie und nicht in elektronischer Form ins Netz gestellt, was direkte Manipulation deutlich erschwert und dadurch einen Eindruck von den Ermittlungen und Vorgehensweisen vermittelt, auch wenn die Akten durch eine rechtsextreme Quelle ausgewählt wurden. Bei unvoreingenommener und politisch neutraler Herangehensweise fallen da schon viele Dinge alarmierend auf. Was die Versäumnisse der Tatortarbeit angeht, kann ich den Ergebnissen der Untersuchungsausschüsse nicht folgen. Schon auf der Polizeischule wird der korrekte Umgang mit Tatorten umfassend vermittelt. Es wird deutlich gemacht, dass jede Ermittlung mit der korrekten Dokumentation steht und fällt, jede Veränderung das Ergebnis unwiederbringlich verfälschen kann. Da spielt es absolut keine Rolle, wer der/die Tote(n) ist/sind und welche Verbrechen im Raum stehen. Insofern hätten das alle vor Ort anwesenden Beamten vor allem aber der später ebenfalls anwesende Polizeichef wissen müssen.

Beate Zschäpe war weder vor Ort, noch stand sie wärend der Ereignisse im Livekontakt zu UM und UB. Was sie also bestätigt, kann nur die Nebenschauplätze betreffen, jedoch nicht die Ereignisse vor Ort und die Ergebnisse der Ermittlungen.

Was Heilbronn betrifft, sehe ich nichteinmal die Anwesenheit von UM & UB als definitiv gesichert an. Auch das Motiv ist mehr als schleierhaft. Richtete sich die Gewalt zuvor ausschließlich gegen Personen mit Migrationshintergrund oder diente der Geldbeschaffung, wurden dort einfach zwei arglose Polizisten in der Mittagspause niedergestreckt. Und das in aller Öffentlichkeit. Die Waffenbeschaffung kann dabei nicht im Vordergrund gestanden haben, denn selbige waren in verschiedenen Ausführungen inkl. ausreichend Munition vorhanden und die Beschaffung weiterer Waffen auch auf anderen Wegen bei Bedarf kein Problem. Und auch auch hier wurden Zeugenaussagen als unglaubwürdig diskreditiert. Selbst das durch den überlebenden Polizisten gefertigte Phantombild und Täterbeschreibung wichen deutlich von UM & UB ab. Alles Punkte, die anscheinend keine ausreichende Beachtung fanden. Und es gibt weitere Sachverhalte und Indizien, die das offizielle Ermittlungsergebnis für mich persönlich mehr als fragwürdig erscheinen lassen.
Zitat von monstramonstra schrieb:Da kommen wir dann noch zu den Journalisten, die sich gerne auf diese unbekannten Bereiche stürzen, weil sie da Geschichten erzählen können. Wenn dann noch Angehörige oder Opfer sich über die Behörden beklagen, dann "menschelt" es gewaltig. Und eine Aussage, wie die von Ines Voitle, die ja schon 1992 vom Gericht behandelt wurde ("Polizei hat Silke erschossen, ich weiß es genau, ich war dabei")
Zurück nach Gladbeck. IV wurde selbst durch ein Geschoss aus einer Polizeiwaffe getroffen und leicht verletzt. In der Gewalt der Geiselnehmer zuvor, war ihr trotz massiver Drohungen jedoch über viele Stunden nichts passiert und wir wissen nicht was für Gespräche zwischen den Geiselnehmern und Geiseln geführt wurden, als keine Zeugen/Mikrofone/Kameras zugegen waren. Dazu kommt die Wut auf die Polizei, dass der Zugriff nicht schon viel früher erfolgte, als die Situation viel günstiger war.

Es ist daher psychologisch für mich absolut nachvollziehbar, dass sie das Selbe was ihr geschah, nun auch auch bei SB vermutet. Das ist für mich nicht weiter verwunderlich. Verwunderlich ist allerdings, dass diese Vermutung eben nicht durch entspr. Gutachten gestützt wird, sondern das Gegenteil der Fall ist. Wie wir auch, nimmt IV an, Rösner hätte SB oder sie selbst nie töten wollen. Doch das es mutmaßlich keinen Vorsatz gab heißt nicht, dass er deshalb nicht geschossen haben kann. Schon garnicht, wenn Gutachten eben genau das auch belegen. Noch verwunderlicher ist, dass die Presse so bereitwillig und wider besseren Wissens in diese Argumentation mit einstieg und ihr ein Forum gab, anstatt sie mit den vorliegenden Fakten zu konfrontieren und die Aussage damit in Frage zu stellen oder sie zumindest zu bremsen.
Zitat von monstramonstra schrieb:Das ist bedauerlich, aber so ist halt eine Welt ohne Zensur.
Ich persönlich denke, dass bei einer Welt ohne Zensur und mit maximaler Pressefreiheit die Vorteile überwiegen.


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Geiseldrama von Gladbeck

13.02.2020 um 07:40
Zitat von SlateratorSlaterator schrieb:Es ist daher psychologisch für mich absolut nachvollziehbar, dass sie das Selbe was ihr geschah, nun auch auch bei SB vermutet. Das ist für mich nicht weiter verwunderlich.
Ines war schon stundenlang in Todesangst. Nun war die Situation da. Über 60 Schüsse wurden abgefeuert. Ihre Freundin starb. Diese Sekunden und Minuten haben sich in ihr Gedächtnis eingebrannt. Wurden gefühlt zu Stunden. Ein Trauma, an dem sie auch heute noch schwer leiden dürfte.

Und trotzdem (oder gerade deshalb) kann ihre Erinnerung trügen und ihre Meinung zum Geschehen dadurch getrübt sein. Es ist ihre Wahrheit und die ist zu akzeptieren. Aber deshalb wird immer versucht, Zeugenaussagen auf konkrete Sinneseindrücke hin zu sezieren. Nun gibt es Opfer, die der Versuchung widerstehen, ihre Erinnerung via Medien der Welt kund zu tun. Weil sie um die Relativität wissen. Dem LG ist jedenfalls schon etwas sauer aufgestoßen (siehe S. 133-150, Quelle oben), dass Ines nach dem Zugriff den Polizeibeamten keine Angaben machen wollte, dann aber schon kurz darauf einem "Spiegel"-Reporter ein Interview gab.
Zitat von SlateratorSlaterator schrieb:Ich persönlich denke, dass bei einer Welt ohne Zensur und mit maximaler Pressefreiheit die Vorteile überwiegen.
Keine Frage. Für Demokratie und Gesellschaft sind die Vorteile existentiell.
Zitat von SlateratorSlaterator schrieb:Und es gibt weitere Sachverhalte und Indizien, die das offizielle Ermittlungsergebnis für mich persönlich mehr als fragwürdig erscheinen lassen.
Um den OT-Punkt nicht weiter zu treiben: Ich empfehle, den Bericht des Untersuchungsausschusses ab Seite 639 zu lesen, weil sich da noch immer hartnäckig Mythen und Fehlinformationen halten. Diesen Bericht haben alle Parteien im Untersuchungsausschuss getragen, ein absolutes Novum. Er enthält also die Tatsachen, die nach der Überzeugung aller Mitglieder festgestellt worden sind (S. 639 ff.). Der Prozess in München hat das auch voll bestätigt.

https://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/146/1714600.pdf


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Geiseldrama von Gladbeck

13.02.2020 um 08:29
In Sachen Glaubwürdigkeit offizieller Verlautbarungen zu Gladbeck empfehle ich diese Seite respektive den Bericht der Angestellten Frau Anja Paul vom Café Dickhut in Hagen welche bestreitet, dass zwei Zivilpolizisten vor Ort waren:

https://www.wp.de/region/sauer-und-siegerland/du-frisst-auch-was-sagte-degowski-id8313574.html


Im Übrigen erscheint es mir unerheblich aus welcher Waffe Frau Silke Bischoff erschossen wurde; ohne den waghalsigen Zugriff samt Kugelhagel wäre sie (zumindest in diesem Moment noch) nicht zu Tode gekommen. Zu glauben, man könne über 60 Schuss auf einen PKW abfeuern und dabei nur die beiden Geiselnehmer treffen, ist ..... nun mir fehlen die Worte!!!

Silke Bischoff kam durch dieses verantwortungsloses Vorgehen um und vermutlich hätte selbst der örtliche Schützenverein mehr Überlegungen angestellt wie man das ganze vernünftig anstellen könnte.


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Geiseldrama von Gladbeck

13.02.2020 um 17:38
Zitat von Cpt.GermanicaCpt.Germanica schrieb:In Sachen Glaubwürdigkeit offizieller Verlautbarungen zu Gladbeck empfehle ich diese Seite respektive den Bericht der Angestellten Frau Anja Paul vom Café Dickhut in Hagen welche bestreitet, dass zwei Zivilpolizisten vor Ort waren:
Vorsicht! In Sachen "offizielle Verlautbarungen" muss man schon genau hinsehen, ob es sich auch darum handelt. Im verlinkten Artikel wird nur über die Aussage einer Cafè-Bedienung berichtet, die wiederum etwas von der Polizei oder einer Reporterin gehört haben will und sich wundert.

https://www.wp.de/region/sauer-und-siegerland/du-frisst-auch-was-sagte-degowski-id8313574.html

Denn es gibt echte "offizielle Verlautbarungen", wie beispielsweise die öffentlichen Berichte der Untersuchungsausschüsse (UA), die die Versäumnisse, Fehler und Pannen minutiös aufgearbeitet und benannt haben (soweit sie existieren). Solche Untersuchungsausschüsse gab es in Nordrhein-Westphalen (NRW) und in Bremen.

Liest man im Bericht des UA NRW nach (S. 53 ff.), stellt sich die Sache anders dar:

Die Polizei hatte das Betreten des Café beobachtet und wusste vom Aufenthalt dort. Zudem wurden SEK-Gruppen dorthin verlegt, die um 8.30 Uhr vor Ort waren und in Stellung gingen. Zwei Beamte befanden sich in einem Cafè gegenüber zur Observation. Ein Betreten des Cafès, in dem die Geiselgangster samt Opfer waren, hielten sie (zu Recht) für zu gefährlich. Ein Zugriff war für das SEK nicht möglich, weil die Lage im Cafè nicht aufgeklärt werden konnte (S. 53 ff.).

https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD10-5291.pdf

Die Angaben der Polizei waren demnach zutreffend. Vermutlich hat die Zeugin das falsch verstanden und das eigene Cafè gemeint. Und sich von der Reporterin verwirren lassen. Hätte die "Westphalenpost" ordentlich recherchiert und im Bericht des UA angesehen, hätte sie den scheinbaren Widerspruch auch auflösen können. In Zeiten der digitalen Recherche wäre das auch möglich, aber vermutlich ist der Zeitdruck für die Redakteure zu groß. Oder sie denken schlicht nicht daran, weil es die schöne Geschichte relativieren würde.

Hier ist auch noch ein Link zum Bremer UA (am Ende des Artikels):

https://www.weser-kurier.de/deutschland-welt/gladbeck_artikel,-der-untersuchungsausschuss-_arid,1757387.html

Was ist die Moral von der Geschicht'? Wahrheit ist etwas sehr relatives.


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Geiseldrama von Gladbeck

13.02.2020 um 20:33
Danke für die Klarstellung.
Zitat von monstramonstra schrieb:Oder sie denken schlicht nicht daran, weil es die schöne Geschichte relativieren würde.
Also möglicherweise wie im Fall Söring.


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Geiseldrama von Gladbeck

13.02.2020 um 20:51
Zitat von Cpt.GermanicaCpt.Germanica schrieb:Also möglicherweise wie im Fall Söring.
Klar. Auch da.

Letztlich ist jede Quelle, egal ob journalistischer Bericht, Pressemitteilung, Zeugenaussage oder wissenschaftliches Gutachten kritisch zu hinterfragen. Auch Untersuchungsausschussberichte, die auf Zeugenaussagen und Akten zurückgreifen. Und von Politikern abgesegnet werden (geschrieben werden die Berichte von den Beamten der Parlamentsverwaltungen, die auf parteipolitische Neutralität achten).

Ich hatte schon häufiger persönlich mit Sachverhalten zu tun, über die die Medien auch berichtet haben. Weil ich dabei war oder den Vorgang kannte, konnte ich ganz gut beurteilen, was sie abliefern. Das ist nicht "Lügenpresse", nein. Vieles stimmt zu 50% bis 80%. Oft auch 80% bis 90%. Das ist dann gute Arbeit. Aber manchmal sind die Journalisten halt auch gewaltig auf dem Holzweg.

Ein bisschen kann man es schon am Stil sehen: Je sorgfältiger und vorsichtiger ein Journalist über seine Quellen, seinen Kenntnisstand und die Grenzen seiner Erkenntnis berichtet, je wissenschaftlicher er arbeitet, desto zutreffender ist wohl sein Beitrag. Je plakativer behauptet, verallgemeinert und Spekulation als Wahrheit verkauft wird, desto stärker sollte man hinterfragen, worauf das wohl beruht.


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Geiseldrama von Gladbeck

13.02.2020 um 21:00
@monstra

Nun ich persönlich gehe nicht davon aus, dass auf jeden offiziellen Bericht immer Verlass ist, es können sich Fehler einschleichen, natürlich auch ungewollte.

Im Fall der Bedienung aus dem Café folge ich aber Deiner Einschätzung, ohne Deine Quellen jetzt näher geprüft zu haben, aber es klingt für mich plausibel. ;)


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Geiseldrama von Gladbeck

13.02.2020 um 21:15
Zitat von Cpt.GermanicaCpt.Germanica schrieb:aber es klingt für mich plausibel.
Der Artikel klingt ja erst mal auch ganz plausibel.

Der Journalist berichtet, was die Zeugin gesagt hat. Das wird auch so sein. Und weil wir im Zusammenhang mit Gladbeck von so vielen Pannen wissen, glauben wir auch sofort, was die Zeugin berichtet. Klar, denkt man, die ollen Penner!

Ich wurde nur stutzig, als es hieß, die Polizei hätte behauptet, Zivilbeamte im Café gehabt zu haben. Das erschien mir unlogisch, da lebensgefährlich. Und deshalb habe ich nachgesehen, was dazu im Bericht steht. Die Mühe macht man sich natürlich nicht immer.


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