Ist das noch zu verantworten!?

Du meinst jetzt aber nicht materielle kosten sondern die minderwertige Pflege oder!? Nur so zum Verständnis.

@Dr.AllmyCoR3
Ich meine die Kosten der Würde. Ihr die da schweigen nehmt den Menschen dort die Würde.
Ihr seid es, die einen Anfang machen könntet. Und ihr stellt die Frage "Ist das noch zu verantworten!?"
Was um Himmels willen erwartet ihr denn für eine Antwort?

Pflege ist nunmal kein Arbeiten wie auf einem regenbogenfarbenen Ponyhof @Dr.AllmyCoR3


Wie der Mitarbeiterschnitt ist hängt auch von der Einrichtung selbst ab. Also, welcher Art von zu Pflegenden sich dort aufhalten, wieviel es sind.

In den Wohnstätten für Behinderte in denen ich bis dato gearbeitet habe war der Schnitt eigentlich immer ganz okay. Da gab es pro Gruppe (also Etage) im Schnitt 1 bis 2 Mitarbeiter plus evtl einen Praktikanten oder Zivi oder FSJler. Im Idealfall war man also mindestens zu dritt.
Während meines letzten praktischen Ausbildungsjahres war der Schnitt allerdings oft weniger gut. Ich arbeitete in einem Haus das 2 Gruppen hatte. Sehr häufig waren wir nur zu zweit oder zu dritt für die Bewohner des ganzen Hauses zuständig (also eine ausgelernte Kraft und vielleicht noch 1 Zivi und dann noch 1 bis 2 Anerkennungspraktikanten). An guten Tagen waren pro Gruppe 2 Festangestellte ausgelernte Kräfte anwesend, an weniger guten schmiss ich (als Anerkennungspraktikant) die eine Gruppe alleine und konnte mich bei Bedarf an den Mitarbeiter wenden der in der unteren Gruppe seinen Dienst schob.
War stressig, keine Frage. Ich hatte auch Glück das es keine wirklich pflegeintensiven Bewohner waren. Aber so lernte ich Selbständigkeit, Verantwortung, effektives Arbeiten.

In anderen Wohnheimen, wo beispielsweise pro Gruppe auch mehrere Bewohner mit schwerst mehrfach Behinderungen leben, wäre ein Schnitt von 1 Mitarbeiter schier undenkbar. Im schlimmsten Fall sind es "nur" 2 ausgebildete Kräfte plus evtl Zivi/ Praktikant/ FSJler. Ja, im Normalfall orientiert sich der Mitarbeiterspiegel daran wie das Klientel ist.

Wenn untragbare Zustände herrschen aufgrund eines akuten und zeitlich unbegrenzten Mitarbeitermangels, dann sollte die Leitung informiert werden.



Da fällt mir noch etwas ein. Vor vielen Jahren hab ich mehrere Monate Prakikum in einem Wohnheim gemacht in dem auch viele schwere Pflegefälle wohnten. Da lief es auf Akkordarbeit hinaus, vor allem morgens und abends. Aber so ist das eben nunmal. Wir waren da auch nur 2 examinierte Kräfte und ich (im Frühdienst war der Zivi eher selten).

Ich habe selbst auch mal in dem Pflegeberuf reingeschuppert, eigentlich nur um Ruhe vorm Arbeitsamt zu haben.
Ich komme ursprünglich aus dem Handwerk und habe mich übers Amt in so einem Pflegekurs einschreiben lassen, damit ich irgendwas zu tun habe.
Nach vier Wochen Theorie fing dann ein Praktikum im Altenheim an. Und es war schon interessant, wie man einfach davon ausging, ich sei eine qualifizierte Kraft.
Ich bin ein Arbeitstier und erledige jeden Job gewissenhaft. Also habe ich den alten Damen und Herren Essen gereicht, sie auf Hochglanz gewaschen und poliert, sowie angekleidet und mich um ihre Betten gekümmert. Alles fein säuberlich.
Nur mir hat niemand etwas über die soziale Kompetenz erzählt und so erledigte ich meine Aufgaben wohl sehr steril und kalt. Gerade zu desinteressiert an den Menschen.
Der jungen Auszubildende ist das aufgefallen und sie hat sich diesbezüglich auch der Leitung gegenüber geäußert. Fazit, mir wurde angeboten eine zweite Ausbildung in dem Haus zu machen. Selbst als ich sagte, die Azubine hätte vollkommen recht, mir sei die Seele der Bewohner ziemlich egal, ich habe eine Aufgabe und die erledige ich, mehr kann man von mir nicht erwarten!
Spielte keine Rolle... die wollten mich echt dort beschäftigen.
Die meisten Tagen verbrachte ich alleine mit der Stationsschwester. Die Dame war gerade mal ein Jahr älter als ich und wir kümmerten uns um knapp 35 Bewohner.

Ich glaube einfach, der Beruf ist in der heutigen Zeit so unattraktiv geworden, dass man dort für jede helfende Hand dankbar ist. Egal ob qualifiziert oder nicht.

Und ich weiß einfach, dass ich in der Pflege nichts zu suchen habe. Ich bin ein Mensch der mit Maschinen arbeiten sollte und niemals mit Menschen...

@MVirus
In Altenheimen ists oft noch krasser als im Bereich Pflege/ Betreuung behinderter Menschen. Zumindest ist das meine Erfahrung

@slobber in der tat.
Also bei uns ist es so das auf fünf schwerstmechfach behinderte 1 pflegekraft kommt.
Normalerweise.
Ich hab auch schon Dienste gehabt mit 6-7 Leuten weil jemand krank wurde und keiner einspringen wollte.
Dann versuch den Leuten gerecht zu werden wenn sie alle in 1 1/2 Stunden bettfertig gemacht werden müssen und einige abführen, Baden oder duschen.

@Dr.AllmyCoR3
Ich erinner mich noch zu gut.


Aber soll ich dir mal was sagen? Die Arbeit in der Behindertenpflege fehlt mir unendlich. Ich hab dies gern gemacht, ich nahm den Stress gern in Kauf

Wie gesagt ich liebe meinen Beruf und will auch nie was anderes machen.
Nur eben unter gescheiten Bedingungen.
Ich sag ja nicht mal das ich mehr Gehalt möchte.
Einfach nur einen besseren personalschlüssel

@Dr.AllmyCoR3

In den meisten Häusern wird nur noch nach dem Prinzip "sauber, satt,trocken" gearbeitet. Es besteht ein alarmierender Pflegenotstand. 3 Etagen a 18 Pflegebedürftige (Pflegestufe 2 u. 3), besetzt mit einer Examinierten Fachkraft und 5 Pflegehilfskräften, für alle drei Etagen. Eine Station ist eine Demenzstation. Nicht alle Kräfte haben einen langen Dienst, manche sind nur 3 Std. da.

Insulin wird wird von jedem gespritzt und jeder verteilt Medikamente, genauso sieht es mit der Wundversorgung aus, jeder darf mal ran. Hygienevorschriften bei MRSA und ESBL werden mit Füssen getreten und die Leitung beklagt bloß, das zu viele Handschuhe und Mundschutz bestellt werden.

Die Verfälschung der Dokumentation ist Tagesordnung, Trinkprotokolle ein Witz, Leistungen werden abgezeichnet, die niemals durch geführt wurden.

Der Krankenstand unter den Kollegen ist exorbitant hoch, Schüler werden nicht ausgebildet, sondern nur ausgenutzt.

Is the real life.

@pokpok

pokpok schrieb:Ich meine die Kosten der Würde. Ihr die da schweigen nehmt den Menschen dort die Würde.
Ihr seid es, die einen Anfang machen könntet. Und ihr stellt die Frage "Ist das noch zu verantworten!?"
Was um Himmels willen erwartet ihr denn für eine Antwort?

Ja, das stimmt.

Und doch ist es nicht so leicht. Es wird im "Team" gearbeitet, das Nest wird nicht beschmutzt. Die einzelne Person hat keine Chance. Sagt eine Pflegekraft, ich mache diesen Missstand nicht mehr mit, wird gegen sie gemobbt, zu viele haben Angst um ihren Arbeitsplatz.

Ich spreche von der Altenpflege, viele haben das Kreuz kaputt, die machen sich das Leben so leicht wie möglich, sind in der Mehrzahl, keine Chance für ein Veto. Traut sich jemand doch mal was zu sagen, ... naja kein Mensch ist Perfekt und ganz besonders unter Zeitdruck nicht. Die Krähen finden alles und hacken und hacken.......

Wer will etwas beweisen? Viele dementiell erkrankte können sich nicht mehr äußern, die es noch können wird nicht geglaubt. Sieht eine Schwester was eine andere macht (im Zimmer arbeitet man meist allein) und sie traut sich was zu sagen, steht Wort gegen Wort. Und die feinen Kollegen sagen, oh, das kann ich mir aber nicht vorstellen. Und es dauert nicht lange bis es heißt, schau mal, die da schafft Unfrieden.

Auch kämpfen die Schwestern ein Mehrfrontenkrieg, sie müssen ständig, zu Recht nörgelnde Angehörige besänftigen, können kaum ihr Arbeitspensum bewältigen, dazu müssen zusätzliche Dienste abgedeckt werden, die durch Krankmeldungen entstehen. Sie müssen oft genug um Arbeitsmaterial kämpfen (der Verbrauch an Inkontinenzmaterial ist zu hoch, naja die Menschen pieseln halt nicht nach Vorschrift).

Viele Schwestern sind frustriert, zu wenig Fachpersonal, mit wem sollen sie sich organisieren? Pflegehilfskräfte wissen meist nicht, rein gar nichts über den ICN Kodex (Ethikkodex für Pflegende).

Nein es ist schon lange nicht mehr zu verantworten. Deshalb gibt es in den Pflegeberufen so viele Aussteiger. Ich müsste mal im Web schauen, eine examinierte Altenpflegefachkraft hat sich, um Missstände auf zu decken an die Heimaufsicht gewandt. Sie hat über viele viele Jahre keinen neuen Job bekommen. Die Heimleitungen kennen sich, Nestbeschmutzer sind gebrandmarkt.

....... ich könnte noch lange, lange weiter schreiben.

Die Würde des Menschen ist unantastbar, das ich nicht lache, sie wird oft mit Füssen getreten.

Bettdecke hoch heben,: Ach Else, hasté schon wieder in Bett geschissen? Bettdecke runter und raus aus dem Zimmer. Arme Else, vielleicht hat sie bei der nächsten Schwester mehr Glück und sie erbarmt sich und macht sie sauber.

@slobber


soso wenn man die leitung über bestehende misstände oder über personalmangel informiert, ändert sich also was!

@all

ich bin damals schon 1990 aus der stationären pflege rausgegangen und in die ambulanten pflege gegangen. da hatte man richtig zeit für den patienten, bis zu 3x 2 std. am tag und zwar ein patient, eine pflegekraft.
tja 1995 war das dann leider auch vorbei, da kam die pflegeversicherung und nur noch reiche konnten sich das leisten.
aber man hat auch mit der PV immer noch mehr zeit für den patienten in der amb. pflege als in der stationären.

@dasewige


Findeste auch,
das Supervisionen in der Altenpflege notwendig wären??

Täglich wird man ja neben der körperlich anstrengenden Pflege auch durch Krankheit,Tod und Kollegenstressigkeiten psychisch belastet.

Kann mir gut vorstellen,
das man irgendwann nervlich mehr als nur gut gebraten ist.

Zonara schrieb:Bettdecke hoch heben,: Ach Else, hasté schon wieder in Bett geschissen? Bettdecke runter und raus aus dem Zimmer. Arme Else, vielleicht hat sie bei der nächsten Schwester mehr Glück und sie erbarmt sich und macht sie sauber.

Darum will das ja manch einer nicht gerne machen, diesen Beruf. Was man ja verstehen kann. Auch fällt mir in diesem Moment ein: 1.) Die Politiker tun viel für die alten Leute in solchen Altenheimen. Bei uns sind sie supermodern eingerichtet in unserer Stadt. Aber die Politiker - und das fällt auf - wollen es gar nicht sehen, das die Mitarbeiter in den Pflegeheimen unzufrieden sind. Oder sehe ich das falsch :ask: und 2.) Die Gewerkschaften: wurde hier noch gar nichts drüber gesagt. Wozu brauche ich als Arbeitnehmer eine Gewerkschaft, wenn die Gewerkschaft in Wirklichkeit gar nichts unternimmt, um solche Missstände in den Pflegeberufen zu beseitigen.

Da würde mich doch glatt interessieren was der Altenheimblogger darüber denkt

@dasewige
Hey, im Idealfall ändert es sich dahingehend das dem Vorstand bewusst gemacht wird das der Personalschlüssel zu niedrig angesetzt ist.

Was bringt es denn, wenn man aus Schiss vor möglichen Konsequenzen (oder aus Resignation) die Füße still hält?

Klar, im blödesten Fall wird man wegkomplimentiert, aber das auch nur dann wenn sich das Heim dies leisten kann.

@Zonara

...Insulin wird wird von jedem gespritzt und jeder verteilt Medikamente, genauso sieht es mit der Wundversorgung aus, jeder darf mal ran. Hygienevorschriften bei MRSA und ESBL werden mit Füssen getreten ...

Die Verfälschung der Dokumentation ist Tagesordnung, Trinkprotokolle ein Witz, Leistungen werden abgezeichnet, die niemals durch geführt wurden.

Is the real life.

Huii, wo ist diese Pflegeeinrichtung denn, Buchenwald oder Dachau? lol, nee ist eigentlich garnicht so lustig.

Also ich mach den Job schon über 20 Jahre und habe (glaube ich) so gut wie alles gesehen und oder erlebt was die Krankenpflege so hergibt, aber gefälscht wurde meines Wissens bei uns noch nichts und wenn irgendwer irgendwann irgendwelche Medikamente gibt, ... tja dann geht einer drauf.
Was Du da schreibst klingt für mich alles ziemlich kriminell, da ist ja von Urkundenfälschung über Betrug, bis zur unterlassenen Hilfeleistung alles dabei, bei solchen Mißständen sollte man dann evtl. doch mal langsam tätig werden. Das scheint ja schon fast ein Fall für die Polizei zu sein.

Ne Verwandte von mir hat auch mal in der Altenpflege gearbeitet. Aber nachdem sich die Nachtschichten, wo sie alleine für die ganze Station zuständig war, häuften, hat sie den Beruf aufgegeben.
Es war schlicht nicht möglich _alleine_ 40 alte Menschen zu betreuen.

Als ich mit meinem Jüngsten ein paar Nächte in der Kinderklinik verbringen musste, bat mich die Nachtschwester auch das Protokoll selber zu führen und sie wirklich nur im äußersten Notfall zu rufen. Denn sie müsse sich alleine um 7 (!) Frühchen kümmern. Die anderen anwesenden Mütter mit ihren Babys wurden um ähnliches gebeten. Die Nachtschwester war wirklich völlig überfordert... und das in einer Kinderklinik. Die war wirklich froh, dass da so viele Mütter bei ihren Babys waren und ihr so viel Arbeit abnehmen konnten.

Mal was ganz anderes ich freue mich das ich wenigstens hier ein wenig aufsehen erregt habe!
Jetzt wieder zum Thema.
Bei uns arbeiten auch viele ungelernte Kräfte die zum Beispiel neben der Ausbildung Geld verdienen möchte (keine pflegerische ausbildung)
Aber das soll wohl abgeschafft werden zumindestens bei uns.

@Dr.AllmyCoR3

Dr.AllmyCoR3 schrieb:Bei uns arbeiten auch viele ungelernte Kräfte die zum Beispiel neben der Ausbildung Geld verdienen möchte (keine pflegerische ausbildung)
Aber das soll wohl abgeschafft werden zumindestens bei uns.

Okay...und? Wenn die Einrichtung sie nicht bezahlen kann, dann geht es eben nicht. Ist ja nicht selten der Fall, dass Geld für das Personal fehlt.

Was soll dazu diskutiert werden?