Ist Jammerei das neue Wohlfühlen?

@Whitelight
Es wurde seit jeher auf hohem Niveau gejammert, die Deutschen sind anscheinend so: sie haben ein Haus, zwei Autos, beide Eheleute beruflich tätig, gesunde Kinder sind auch da, aber das ewigliche Genörgel: was das alles kostet, die Leasingraten für die Karren, der Abtrag für das Haus, und die Marmorböden für die beiden Bäder (!) haben ja richtig gekostet, bla bla bla. Es wird immer nur gestöhnt, gemotzt, gelabert, positives Denken findet nur in Seminaren statt. Erzähl mal einem Zeitarbeiter, dass die neue Kellertreppe nen Tausender gekostet hat. Und der Wintergarten 2000. Und für die Gartenmöbel haben die glatt 800 Tacken aufgerufen...

Ich merke auch dass nur gejammert wird.

Mach ma Fernseher an:

Alle gegeneinander und jedem trifft es am härtesten.
Wie in der Politik.
Null Konsens.
Und jeder kommt immer nur zu kurz.

Aber in einer EGO-Gesellschaft normal.
Wer nicht trommelt, geht unter.
Wer anderen mal den Vortritt lässt ist schön blöd.

Wir sind sowas von Zerstritten und uns Spinnefeind weil wir keine gemeinsamen Grundwerte mehr haben, und auf niemand mehr Rücksicht nehmen müssen.
Jeder hat Angst vor dem anderen.
Jeder ist so auf dem Trip "sich selbst zu verwirklichen" dass wir vor lauter Entfremdung auch kein Gespür mehr für den anderen haben.
Das ist gefährlich, weil es zu Grausamkeiten verführt.

Aber das ist der Preis für die grenzenlose Freiheit des einzelnen.

Aber nun genug gejammert! ;)

Whitelight schrieb am 20.01.2020:Letzendlich hieß es nur, ich würde mir alles so leicht vorstellen und "vielleicht passiert Dir das mit Deinen Kindern später genauso".

Man merkt, daß keinerlei Änderung gewünscht wird.

Doch! Bei dir und zwar zum Schlechten hin! Das ist ja echt der Hammer -.- Solche Leute würde ich schnellstens aussortieren. Dienehmen dir nur die Energie.

Vielleicht finden es manche besonders trendy, immer mit gefurchter Stirn durch die Gegend zu laufen,
aber wirklich wohlfühlen wird sich so keiner.

Zum Wohlfühlen braucht es für mich Gleichmut und innewohnenden Frohsinn
neben ausgedehnten Läufen im Wald und auf der Wiese.

@Bundesferkel

Das ist schon klar, wer ständig jammert kann sich ja gar nicht wohlfühlen. Wer immer nach Gründen sucht wieso etwas schlecht ist und jammert denkt automatisch ja auch viel negativer.

Ich beobachte aber auch an mir selbst, dass ich jammeriger bin. Wir sind gerade in einer echt guten Lebensphase: Glücklich verheiratet, alle gesund, Kinder entwickeln sich persönlich und schulisch sehr gut, finanziell kommen wir über die Runden, beide seit 20+ Jahren im gleichen Job ...

Es klingt aber völlig arrogant, das so zusagen und ich will im Gespräch das nicht den Leuten unter die Nase reibe.

Wenn ich auf jemanden treffe, der sagt "Es läuft mit Emil gar nicht gut in der Schule" - was sage ich dann? Ich krame dann die verhauene Mathearbeit des Juniors hervor (obwohl die zweite echt gut lief) und sagte "Ach, Ben hat dieses Jahr auch schon eine miese Mathearbeit mit heimgebracht". Meist beginnt mein Gegenüber dann über das Schulsystem zu wettern - da findet man natürlich immer Fehler und ich erzähle dann auch ein oder zwei Highlights ....

So läuft das bei vielen Themen.

Whitelight schrieb am 20.01.2020:Mir fällt in letzter Zeit verstärkt auf, daß alles in meinem Umfeld jammert,seufzt und sich scheinbar selber sehr leid tut.

Jammereien, Seufzereien, egal welcher Art sind und waren schon immer an der Tagesordnung,
egal in welchem Jahrzehnt.

Whitelight schrieb am 20.01.2020:Manche-ich rede hier von Menschen zwischen 25 und 45Jahren, machen sogar regelmäßige "Seufz"- und "Aua "-geräusche

Ja dürfen die denn nicht "Aua" sagen wenn ihnen was weh tut?
Muss das immer gleich Simulation sein oder grundloses Gejammer?
Kann es nicht auch sein das Menschen in dem Alter einen körperlich anspruchsvollen Job haben?
Ist da im Zeitalter super verdienender Influenzer so abwägig?

Whitelight schrieb am 20.01.2020:Selbst Menschen in meinem Kreis, die früher normal waren, sind mittlerweile so.

Na Hauptsache Du bist "normal"geblieben,dann ist ja alles gut ;)

Whitelight schrieb am 20.01.2020:Fühlt man sich vielleicht besser , wenn man immer rumweint und nicht alles in sich hineinfrisst?

Rumheulen in jeglicher Art hilft nicht wirklich, aber in sich reinfressen auch nicht.
Änderungen im Leben sind hier ein quasi ein Muss, sonst wird es nichts werden mit der "Selbstzufriedenheit"

Laucott schrieb:Änderungen im Leben sind hier ein quasi ein Muss, sonst wird es nichts werden mit der "Selbstzufriedenheit"

Vielleicht wissen die Leute, das sie was ändern müssten, jedoch haben diese Leute angst, irgendwas zu ändern. Man muss sich in was neues erst mal reinfinden können und dort die fähigkeiten aufbauen. Man gibt eine Bequeme Position unter umständen auf und muss von vorne neu anfangen. Dass ist nicht für jeden was.

Im World-Happiness-Report ist Deutschland jedenfalls von Rang 15 im Jahr 2018 auf Rang 17 im Jahr 2019 gefallen. Das spricht für eine Zunahme der Jammerei.

https://www.travelbook.de/ziele/laender/world-happiness-report-das-sind-die-gluecklichsten-laender-der-erde

Andante schrieb:Das spricht für eine Zunahme der Jammerei.

Oder dafür, dass andere glücklicher wurden.

Schon wahnsinn, welche studien es gibt.

Nun ich kenne das auch,
aber daran wirst Du nichts ändern außer Dein Mund aufzumachen .
Aber Du jammerst doch gerade selber ,
wenn Du was ändern willst musst Du Ihnen das sagen .
Liebe Grüße

MissMary schrieb am 25.01.2020:Wenn ich auf jemanden treffe, der sagt "Es läuft mit Emil gar nicht gut in der Schule" - was sage ich dann? Ich krame dann die verhauene Mathearbeit des Juniors hervor (obwohl die zweite echt gut lief) und sagte "Ach, Ben hat dieses Jahr auch schon eine miese Mathearbeit mit heimgebracht". Meist beginnt mein Gegenüber dann über das Schulsystem zu wettern - da findet man natürlich immer Fehler und ich erzähle dann auch ein oder zwei Highlights ..

Ich frage da einfach:" Warum? Hat er was angestellt?"... um dann ins Gespräch zu finden, was meiner Meinung nach häufig mehr hilft. Weil man zuhört und nicht den Eindruck erweckt, man will mit eigenen Anekdötchen trumpfen.
Meistens findet sich im Gespräch dann schon der Weg in ein anderes Thema. Aber man hat zugehört.

Wen wundert es, das heutzutage viel gejammert wird? Die Probleme werden auch immer komplizierter. Bzw. die Lösungswege.

Shanara schrieb:Wen wundert es, das heutzutage viel gejammert wird? Die Probleme werden auch immer komplizierter. Bzw. die Lösungswege.

Das glaube ich ehrlich gar nicht ... Unser (sehr betagter) Nachbar erzählt heute noch, wie der Vater im Krieg fiel und in welchen Konflikt er geriet, als er merkte, dass seine Mutter abends das Abendbrot für sich strich, damit sie das Schulgeld (Gymnasium) für ihn bezahlen konnte.

Ich glaube, dass auch die Ansprüche massiv gestiegen sind, v.a. im privaten und im Freizeitbereich.

@Whitelight

Es ist halt leichter zu jammerns, als der Realität ins Auge zu blicken.

Ich glaube auch, daß die Ansprüche gestiegen sind und auch, daß manche keinen Lösungsweg/ Veränderung wollen.
Mag es aus Angst sein oder weil man in seiner bequemen Zone festhängt.

@Laucott
Normal ist sowieso relativ;-)
Ich meinte Menschen, die sich plötzlich geändert haben.

Wenn jemand Schmerzen hat, darf er das doch auch äussern.
Aber helfen kann nur wer?
-der Arzt.

Wenn selbst dieser Vorschlag abgelehnt wird, z.B ., weil man dafür keine Zeit hat, weil man stundenlang vor der Konsole hängt und deshalb auch keine Zeit findet, sich einen Job zu suchen, hält sich mein Mitleid doch schon in Grenzen.

Und wenn diese Art von Personen dann auch noch Hilfestellungen erwarten, stößt man auch etwas an seine Grenzen, weil man nicht versteht, was oder wo das Problem liegt.

@Rise
Hab Deinen Post zu spät gesehen.

Ich glaube, daß Du recht hast.

Problem nur:
Dadurch ändert man sich eher weniger zum positiven:-(

@Whitelight

So ist es. Dadurch ändert sich gar nichts.

Um eine Veränderung zu bewirken, muss man handeln. Doch das erfordert die nötigen Schritte, was sich die meisten nicht trauen.

Kündige ich meine Wohnung, um einen neuen Arbeitsplatz zu finden? Nein, das dumme System ist schuld!

Trenne ich mich von ihm/ihr, da ich geschlagen und mies behandelt werde? Nein, das schaffe ich nicht alleine!

Erreiche ich das Ziel? Nein, ich? Doch niemals ...


Die innere Einstellung ist der Kern des Ganzen. Das lustige ist, dass die meisten Menschen viel mehr schaffen als sie glauben. Doch sie klammern sich an ein negatives Geschwür, da dies leichter ist, als endlich aufzustehen.

Doch weißt du, was noch leichter ist? Wenn man endlich aufgestanden ist und das durchgezogen hat, was man in Wahrheit will. Es ist ein Gefühl der Befreiung.

Was viele nicht verstehen ist aber auch, dass luxusprobleme Probleme sind. Ich bin zwar nur Hobbysänger aber tu mir zum beispiel schwer, meine Stimme einzuordnen. Ich glaube aber mittlerweile doch, das ich ein Tenor bin obwohl ich auch für einen Bariton tief genug komme aber auch in den Alt bereich. Eigentlich ist das sehr schön so, aber es kommt manchmal vor das leute meine stimme zu hoch finden und so.

Jeder Vorteil kann auch einen nachteil mit sich ziehen.

Hm, ich denke, man kann es so sehen: Für die meisten Menschen ist die Welt heute ein hartes Pflaster. Wir leben gerade in Deutschland heute in hohem Komfort, werden aufgrund unserer modernen Medizin steinalt und haben Zugang zu Dingen, die einmal unvorsellbar waren. Wir werden (ich beziehe mich in diesem Beispiel nur auf DE) nicht mehr der Hexerei angeklagt und verbrannt, der Großteil unserer Kinder überlebt die ersten Lebensjahre, die meisten Menschen verfügen über einen gewissen Wohlstand.
Auf der anderen Seite aber verfolgen wir täglich Meldungen über drohende Kriege, neue Viren, die uns alle töten wollen, das drohende Ende der Welt wegen tausenden Dingen, ihr wisst, was ich meine.
Dem Großteil von uns geht es sehr, sehr gut im Vergleich zu vergangenen Zeiten. Natürlich hat man dann Zeit, über vermeintliche Kleinigkeiten zu "jammern", wenn man nicht wirklich um sein Überleben oder das der eigenen Familie kämpfen muss. Ich sage dabei nicht, dass kleine Probleme keine Probleme sind, ganz sicher nicht, aber sie stehen eben nicht im direkten Vergleich und vielen fehlt heute das Gefühl dafür.
Menschen mit "echten" Problemen (Eltern schwerkranker Kinder, hart arbeitende Menschen mit trotzdem wenig Einkommen etc.) höre ich interessanterweise selten "jammern"...

@Nordlys

Uns geht es wirklich im Vergleich zu damals besser. Aber es gibt immer Menschen, die das eine schätzen und das andere verachten.

Kurz gesagt: Man kann es niemanden recht machen.

Arme Leute haben gewiss häufiger nicht so viel beklagen, wenn reiche Leute mal tief fallen, da sie mehr zu verlieren haben.

Umso mehr man besitzt, um so anfälliger wird man wohl. Hört sich zwar dämlich an, aber viele Menschen merken gar nicht, wie sehr sie sich an materielle Güter klammern und Sklaven davon werden. Deshalb sind arme Menschen häufiger glücklicher, weil sie die kleinen Dinge schätzen und noch mehr Träume haben.

Sicherlich trifft das nicht in jedem Fall zu, aber die Muster sind häufig zu erkennen.