Hatte Corona auch etwas Gutes?

martenot schrieb:neulich ist mir im Fitnessstudio ein jüngerer Mann aufgefallen, der das Desinfizieren außergewöhnlich exzessiv betrieben hat

nairobi schrieb:Das ist ja total übertrieben und möglicherweise schon fast krankhaft

Ich darf heute im Supermarkt noch keinen Einkaufswagen angreifen, bevor dieser nicht von meinem Partner desinfiziert wurde. Er hat auch immer und überall einen kleinen Desinfektionsspray dabei.

Das ist zweifellos übertrieben, aber ich habe mich schon daran gewöhnt, dass er so ist.

Das Allerbeste was mir Corona geschenkt hat, ist mein Enkelkind.
Meine älteste Tochter wollte nie Kinder, aber da zu Corona-Hochzeiten alles "zu" war und sie vor Arbeit fast erstickte (ihre Branche gehörte zu den Corona Gewinnern), dachte sie, dass es der einzige für sie richtige Zeitpunkt ist, doch ein Kind zu bekommen.

Sie dachte, bis das Leben wieder "normal" ist, ist das Kind aus den Gröbsten draußen - ganz so ist es zwar nicht und sie hat auch etwas unterschätzt, wie anstrengend ein Kind ist, aber Hauptsache, sie hat es bekommen 💘 Ich bin überglücklich, wenigstens ein Enkelkind haben zu dürfen - Danke Corona

FerneZukunft schrieb:Meine älteste Tochter wollte nie Kinder, aber da zu Corona-Hochzeiten alles "zu" war und sie vor Arbeit fast erstickte (ihre Branche gehörte zu den Corona Gewinnern), dachte sie, dass es der einzige für sie richtige Zeitpunkt ist, doch ein Kind zu bekommen.

verstehe ich nicht, wie das zu einem plötzlichen Kinderwunsch führt.

Tussinelda schrieb:verstehe ich nicht, wie das zu einem plötzlichen Kinderwunsch führt.

Sie ist halt so wie ich. Ihr fallen genau die "häuslichen", bemutternden Dinge schwer, außerdem hatte sie Angst beruflich (vor allem finanziell) zurückstecken zu müssen.

Sie sah auch wie hart es für meinen Partner und mich war, neben zwei Vollzeitjobs drei Kinder großzuziehen. Ebenso weiß sie, dass wir (ihre Eltern) noch sehr viele Jahre arbeiten gehen müssen, bis wir in Pension sind. Bedeutet für sie: weniger Hilfe beim Kind.

Während Corona konnte sie nicht auf Urlaub fahren und sie hoffte, dass ich ihr durch mein intensiveres Homeoffice mehr bei ihrem Kind helfen kann.

@FerneZukunft
und deshalb entschied sie sich, weil sie gerade so viel zu tun hat, sie nicht in Urlaub kann und Du HO machst, einen Kinderwunsch zu haben? Tut mir leid, aber unter Kinderwunsch verstehe ich etwas anderes.

Tussinelda schrieb:und deshalb entschied sie sich, weil sie gerade so viel zu tun hat, sie nicht in Urlaub kann und Du HO machst, einen Kinderwunsch zu haben?

Was ist daran so schwer zu verstehen?
Sie hatte eine leitende Position (aufgrund ihres damals noch sehr jungen Alters noch in der untersten Führungsebene), musste mindestens 60 Stunden arbeiten, oft auch mehr.
Sie liebte zwar ihren Job, aber es wurde ihr zu viel. Da kam ihr eine Auszeit von zwei Jahren Karenz recht. Sie hockte in dieser Zeit aber nicht nur beim Kind, sondern machte den Führerschein und einige Fortbildungskurse.

Im Spätherbst wird ihr Sohn zwei Jahre alt, dann muss sie zurück in ihre Firma.
Da ihr Dienstgeber sie unbedingt zurück haben will, ließ er sich auf den Deal ein, dass sie ihre Führungsposition behält, von Montag bis Freitag "nur" 38,5 Stunden arbeiten muss und einige wenige Überstunden an Samstagen macht - Samstag haben mein Partner und ich frei, da können wir auf unser Enkelkind aufpassen.

Somit war das Kind eine perfekte Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt. Sie liebt ihr Kind über alles, sie ist eben nur nicht der häusliche, bemutternde Typ. Das wird fälschlicherweise oft als "Rabenmutter" bezeichnet. Das ist sie aber keinesfalls.

Sie sagt auch selbst, dass mit der Geburt ihres Sohnes dieses belastende Gefühl: "Wie könnte ich es eventuell doch mit einem Kind schaffen - bereue ich es vielleicht einmal, doch keines bekommen zu haben,..." weg war. Sie fühlte eine große Erleichterung, diese Entscheidung nicht mehr treffen zu müssen. Ich kann das gut nachvollziehen, denn mir ging es nach der Geburt meines ersten Kindes gefühlsmäßig gleich. Das ist so, als ob einen eine riesen Last abgenommen wurde.
Ich hoffe, ich konnte das einigermaßen verständlich erklären.

FerneZukunft schrieb:"Wie könnte ich es eventuell doch mit einem Kind schaffen - bereue ich es vielleicht einmal, doch keines bekommen zu haben,..." weg war.

also war es gar nicht so, dass sie erst dann einen Kinderwunsch bekam, sie war sich noch gar nicht sicher, keine haben zu wollen.

rhapsody3004 schrieb am 05.06.2023:Für mich war es aus anderem Grunde positiv und zugleich aber auch erschreckend, wie viele Menschen dann doch nur ans sich selbst denken wollten - also kurz unsolidarisch gewesen sind.

Ausdrücklich ausgenommen die, die wirklich anerkannt medizinische Gründe gehabt haben, um sich nicht impfen zu lassen.


Am schlimmsten werden mir immer so einige Querdenker in Erinnerung bleiben und dass es die AfD nicht mal in Pandemie-Zeiten geschafft hat an das Wohl Deutschlands, seine Bürger und an die ganzen Alltagshelden in den Krankenhäusern und ITS zu denken.

Was ist denn bitte unsolidarisch daran gewesen, sich nicht impfen zu lassen?!

Das Argument war doch an Lächerlichkeit nicht zu überbieten und ist längst widerlegt.

Im Gegenteil, Ungeimpften wurde ja der Eintritt zu gesellschaftlichen Veranstaltungen, Restaurants, etc. tlw. untersagt. Somit waren sie sogar weniger gefährdet dafür, am Ende zu Superspreadern zu mutieren.

Daran dachte ich neulich auch. Ich hab drinnen echt ne gute Zeit gehabt,Ich bin einer dieser Typen, die nach dem Homeoffice Bücher zur Hand nehmen und später noch fürs Tabletop Warhammer 40k Figuren anmalt, zwischendurch Comics liest und dann mit Freunden noch im Discord abgehangen hab.

Technik hat da schon geholfen, 1970 wäre sowas schwieriger zu handlen gewesen, aber andererseits, am Ende vergeht die Zeit auch ohne Zutun.

@nairobi
Naja viele Leute hatten mehr, wesentlich mehr Zeit zum Nachdenken, in sich gekehrt sein usw.
Workaholics mussten auch mal die Füsse stillen halten und kamen vielleicht mal zu Ruhe.

Bei mir war es umgekehrt, ich musste während Corona sogar noch mehr arbeiten.

martenot schrieb am 15.06.2023:Ich weiß nicht, ob es eine Nachwirkung von Corona ist, aber neulich ist mir im Fitnessstudio ein jüngerer Mann aufgefallen, der das Desinfizieren außergewöhnlich exzessiv betrieben hat. Er hat jedes Gerät vor der Benutzung ausgiebig von allen Seiten mit Desinfektionsmittel eingesprüht und abgeputzt, selbst die Stellen, die er gar nicht oder nur mit den Schuhen berührt hat. Häufig hat er sogar während der Übung unterbrochen, um noch einmal nachzusprühen. Ich glaub, der hatte fast eine Flasche Desinfektionsmittel geleert während seines Trainings.

nairobi schrieb am 15.06.2023:Das ist ja total übertrieben und möglicherweise schon fast krankhaft. Es gibt Menschen mit Paranoia vor Keimen und Viren und Bakterien. Das wurde durch Corona sicherlich massiv verstärkt.

Ja, das hat die Covid-Zeit sicher befeuert. Ich kenne das von mir selbst: Ich hatte schon immer so eine latente Keimphobie. Vor Corona hatte diese für mehr als ein Jahrzehnt geschlummert und mit den ersten Nachrichten war sie direkt wieder da, schlimmer als jemals zuvor. Gründe für sowas ist meist Angst, diese Angst muss nicht immer unbegründet sein (zB schwaches Immunsystem). Kann auch eine Art sein Kontrolle auszuüben, wenn jemand das Gefühl hat, dass er nichts mehr kontrollieren kann. Ich pflege zu sagen: die eine oder andere Klatsche haben wir alle von dieser Zeit behalten.

Mittlerweile entspannt sich die Keimphobie wieder etwas. Kombiniert hatte sich das alles noch mit einer ordentlichen Sozialphobie.
Ich muss sagen, die Corona Zeit hat meine Sichtweise von Menschen in vielerlei Hinsicht verändert. Nicht hin zum Guten. Allerdings kann ich es, wenn ich möchte auch wieder Menschen ertragen über einige Zeit und mich auch ablenken und sogar die Zeit genießen.

Fellhase schrieb am 14.06.2023:Auf der anderen Seite nervt es mich, wenn vor mir einer hustet oder wenn das Obst angegrabscht und wieder weggelegt wird.
Seit Corona bin ich in solchen Dingen empfindlicher, aber gibt bekanntlich Schlimmeres.

Ja, ich fand das Verhalten von vielen Menschen schon vor Corona eklig und rücksichtslos. Auch wenn sich meine Symptome merklich gebessert haben, widert mich oft das Verhalten von Leuten um mich herum an. Die Leute machen sich halt keine Gedanken um irgendwas.
Aus der Sicht von jemandem, dessen Wahrnehmung sich für das unmittelbare Umfeld gezwungenermaßen über die Pandemie geschärft hat, haben viele Menschen hierzulande schlicht keinen Anstand und nicht das Mindestmaß an Etikette. :D

Ich will ja nicht, dass jeder alles desinfiziert, aber Rücksicht ist halt für sehr viele in der heutigen Zeit einfach ein absolutes Fremdwort. Für viele ist es scheinbar eine unüberwindbare Hürde, auf ein Mindestmaß an Hygiene zu achten.


Abschließend zu der Frage, ob Corona auch was gutes hatte? Für mich persönlich ein klares Nein.

Mahatma schrieb:Bei mir war es umgekehrt, ich musste während Corona sogar noch mehr arbeiten.

Wie kam das? Und wie ist es jetzt?

Yael schrieb:Abschließend zu der Frage, ob Corona auch was gutes hatte? Für mich persönlich ein klares Nein.

Tatsächlich gar nichts Gutes? Das tut mir Leid. Aber jetzt haben wir ja wieder die "Normalität"...

nairobi schrieb:Wie kam das? Und wie ist es jetzt?

Wegen Corona wurden mehrere unserer Filialen geschlossen. Unsere wurde "Coronagerecht" weiterbetrieben (arbeite in der Systemgastro als Manager).
Die Folge war, das alle Gäste zu uns kamen und der Laden viel voller war als sonst.
Ich beschwere mich aber nicht, hab noch nie so gut verdient, wie während Corona. Alle meine Freunde waren zuhause und nörgelten wegen zu wenig Verdienst, während ich ohne Ende Stunden und Zuschläge usw. kassierte. War ne verrückte Zeit, wie gesagt aber auch sehr anstrengend. Hab dadurch auch Corona viel weniger wahrgenommen.

Mahatma schrieb:Ich beschwere mich aber nicht, hab noch nie so gut verdient, wie während Corona.

Gegen mehr Geld haben sicher die wenigsten Leute etwas einzuwenden.

Mein Umfeld und ich haben auch keine Nachteile gehabt, da alle in "systemrelevanten" Berufen arbeiten bzw. nicht dort, wo es kriselte. Dafür bin ich auch dankbar gewesen.
Wenn zu der Angst vor dem Virus auch noch Existenzängste kommen ist das ja totaler Mist.

Durch diese Krise wurde auch nochmal bewusst gemacht, wie wichtig und wertvoll doch viele Tätigkeiten sind.

Je größer die Krise, desto größer die Chancen. Sie brachte mich 8 Jahre näher ans Rentenalter und mein Hobby ist nun mein Beruf.

CCFan schrieb:Je größer die Krise, desto größer die Chancen.

Das trifft nicht zwangsläufig zu. Krisen können einem neue Chancen eröffnen, aber es muss nicht unbedingt so kommen. Mein an Corona erkrankter Partner hat genug damit zu tun, um wenigstens wieder an sein vorherigen Leben anknüpfen zu können. Neue Chancen haben sich bis jetzt nicht wirklich aufgetan.

martenot schrieb:Das trifft nicht zwangsläufig zu.

Das ist auch nicht allgemein auf jeden projezierbar, sondern eine Aussage von Potenzial. Ich dachte, dass das bekannt ist.

Wenn nicht, dann formuliere ich mal um: Je größer die Krise, desto größer die potentiellen Chancen.

Corona und der Umgang damit hat in mehrerlei Hinsicht Positives aufgezeigt. So wurde beispielsweise klar, dass einige Maßnahmen in ungeahnter Weise und schnell einen Effekt auf die Umwelt hatten: in Venedig wurden die Kanäle von klarem Wasser umspült, in Asien klarte die Luft merklich auf, Menschen konnten nach Jahrzehnten die Umgebung/Sonne wieder sehen. Diese schnellen Erfolge können durchaus eine Motivation sein, auch langfristig angelegte Klimaschutz- und Umweltmaßnahmen zu ergreifen, weil es eben nicht 5 Jahrzehnte dauern muss, bis Effekte spürbar und sichtbar sind.

CCFan schrieb:Sie brachte mich 8 Jahre näher ans Rentenalter

Wie denn das? Magst Du das näher erklären?

Hatte Gutes. Keine nervigen Familienbesuche, allgemein keine Menschenbesuche. Man konnte sich hinter einer Maske verstecken und hatte gaaaaanz viel Zeit zum lesen, letzeres war das Beste.