martenot schrieb: Im übrigen ist es auch so, dass ich schon allein bei meinen Altersgenossen bemerke, dass einfach die Gesundheit abnimmt, und somit auch die Leistungsfähigkeit. Je länger man die Leute arbeiten lässt, umso höher vielleicht das Risiko, dass die Menschen krank sind, Schmerzen haben, Seh- oder Hörbehinderungen entwickeln, die das Arbeiten evtl. schwieriger macht (abhängig von den Aufgaben).
Das ist richtig - klar gibt es den (Ausnahme)rentner, der mit 90 noch Tennis spielt oder einen Bauernhof bewirtschaftet - aber das ist nicht die Regel. Da steigen dann erst einmal die Kosten, wenn der Amtsarzt bei jedem Rentner einstufen muss, ob er tatsächlich arbeitsunfähig ist oder nicht. Zudem beanspruchen unterschiedliche Jobs Leute unterschiedlich. Möchte man wirklich einen 70 Jährigen Dachdecker noch auf dem Dach haben?
martenot schrieb:Ich weiß auch nicht, was es bringen würde, den alten Leuten die Renten zu kürzen, zumal man ja auch für die Pflegekosten erst einmal selber aufkommen soll. Wovon soll man die denn bezahlen, wenn die Renten gekürzt werden?
Man konnte in den Boomerjahren schon irgendwie Rücklagen bilden, heute geht das meiner Meinung nach nur, wenn zwei richtig gutverdienende Heiraten, gesund bleiben und möglichst wenig Kinder bekommen. Sehe das gerade bei unseren Nachbarn: Haben zwei Kinder, aber das eine bekommt - trotz gesetzlichem Anspruch, keinen Kindergartenplatz. Hat nun einen zugewiesen bekommen, was acht Kilometer Fahrerei (einfach) bedeuten würde und sie haben abgelehnt. Da sie eigentlich wieder einsteigen wollte, leben sie gerade vom Ersparten. Sie wohnen auch zur Miete. Da gibt es gar keine Chance für Rücklagen.
Ich sehe das gerade auch bei mir selbst: Kind #1 und Kind #2 studieren in unterschiedlichen Unistädten. Sie haben sich z.B. redlich um Plätze in subventionierten Wohnheimen bemüht - haben nie etwas gehört. Kind #2 war den gesamten Sommer mit der Zimmersuche beschäftigt, aber in privaten WGs sind Erstsemester nicht so der Hit. Oft liefen diese "Castings" so, dass man morgens zu einem Casting am Mittag eingeladen wurde. Er hörte selten was. Damit konnte er auch nur kürzer als gedacht arbeiten, da ihn diese Wohnungssuche mega belastete. Gleichzeitig hat die Uni schon ein bestimmtes ipad vorgeschlagen (fast 1.000€, damit alle gleich ausgestattet sind), die Grundausrüstung an Büchern kostete 500,- (mussten auch die neusten Auflagen sein), die Kaution für das Zimmer betrug dann 1.000€, ... das Geld floss uns einfach zwischen den Fingern hindurch.
Auf dem Papier verdiene ich gut, aber bis ich meine Hütte abbezahlt habe und zwei Kinder unterstützt, ist auch nicht mehr schrecklich viel mit "Rücklagen für mein Alter". Irgendwann muss ich halt das Haus verkaufen, wenn ich ins Altersheim muss.
martenot schrieb:Manchmal habe ich den Eindruck, dass einem letztlich nur das "sozialverträgliche Ableben" übrig bleibt, sofern man nicht ausreichend viel geerbt hat. Als älterer Mensch ist man anscheinend in jedem Fall für die Gesellschaft eine Last, die möglichst verschwinden soll, sofern sie sich nicht selbst erhalten kann.
Ich habe eine Freundin, die hat ein Kind mit Down Syndrom, die bekommt tatsächlich solche Sprüche "egoistisch", und "solche Kinder muss man heute nicht bekommen" und "was das die Allgemeinheit kostet". Falls Sterbehilfe (in manchen Fällen sicher gut und richtig) mal für die breite Masse zugänglich wird, gibt es sicher auch die Fälle, die sagen "Oma, das Heim kostet 5000€ im Monat, wenn du nun stirbst, können wir das Haus noch ohne Kosten übernehmen ...".
Reineke schrieb:Jein. Bis zu einer verträglichen Großenordnung akzeptiert die Gesellschaft mehrheitlich, dass das Sozialsystem in Anspruch genommen wird. Wenn es zunehmend an den eigenen Geldbeutel geht, schwindet dieses Verständnis jedoch rapide. Von allen Seiten kommen aktuell Hände, die mehr Geld von einem verlangen.
Ich glaube, viele Leute haben auch wirklich Angst, das Leben ist so teuer geworden und man weiß gar nicht, wo das noch hinführt. Da ist verständlich, dass man nicht noch für viele andere "mitbezahlen" kann.