Negev schrieb:Private Gruppen müssen aber privat bleiben!
Das ist in der realen Welt aber auch nicht absolut gegeben. Unter bestimmten Umständen kann dieses sehr wichtige und sehr schützenswerte Recht aufgehoben werden. Mit hohen Hürden (z.B. Richtervorbehalt) können private Gespräche auch den Bereich das "Geheimen" verlassen. Auch hier ist das Extrem (absolute Geheimhaltung des Privatbereichs) nicht wünschenswert. Es ist immer eine Abwägung der unterschiedlichen Grundrechte. Auch unter Berücksichtigung der Gewichtung.
Ein privater Chat - so wie ein privates Gespräch in der eigenen Wohnung - ist grundsätzlich schützenswert. Und zwar stark schützenswert. Aber es ist eben nicht absolut. Deine Wohnung kann unter bestimmten Umständen durchsucht werden, Deine Post kann unter bestimmten Umständen gelesen werden, Deine Gespräche können unter bestimmten Umständen mitgehört werden - warum soll das nicht auch für Kommunikation mit anderen technischen Mitteln gelten?
Hier ist die Frage, leben wir in einem Rechtsstaat oder nicht. In einem (funktionierenden) Rechtsstaat wie in Deutschland müssen wir auch akzeptieren, dass es Mechanismen gibt, die auf faire Weise unterschiedliche Rechtsgüter gegeneinander abwägen. Es kann nicht sein, dass der "Stärkere" die Grundrechte anderer verletzen kann, nur weil er der Stärkere ist und sich erfolgreich verstecken kann.
In einem Unrechtsstaat gilt das natürlich nicht. Aber man kann nicht die Umstände in einem Unrechtsstaat für die Bewertung heran ziehen, was in einem Rechtsstaat gelten soll.
Negev schrieb:Leider ist dieser Stammtisch mit Social Media verdammt groß
Die Analogie passt nicht so richtig. Ein öffentliches Posting ist ja gerade kein Stammtisch. Es ist, als stellte ich mich (maskiert) in ein Stadion und schreie über Lautsprecher meine Meinung heraus. Hier ist der Punkt, an dem das Internet neue Umstände definiert, die wir als Gesellschaft nun auch neu bewerten müssen.
Wir müssen neu bewerten, wo im "Internet" die eher privaten Bereiche liegen und wo die eher öffentlichen. Und wir müssen die Abwägungen neu durchdenken. Wenn wir auf den Schutz der freien Meinungsäußerung achten (zu recht), müssen wir auch auf den Schutz derjenigen achten, die dadurch geschädigt werden können. Wie oft musste ich schon lesen, dass die Adressaten von Äußerungen das halt hinzunehmen hätten, damit ja das Recht der freien Meinungsäußerung nicht beschnitten würde.
Aber es ist auch ein wichtiges Grundrecht, dass der Staat vor Beleidigung und Bedrohung schützt.