Anonyme Bewerbungen: Eure Meinung?

moric schrieb:"Wow, ist diese junge Frau pfiffig, nett und klasse... scheiß drauf... die nehme ich. Die PAßT einfach!"

Die Frage ist doch, ob das wahrscheinlich ist. Wenn der Personalchef bereit ist, seinen Vorurteilen nicht stur zu folgen, macht er das doch auch schon in der Vorauswahl? Oder nicht?

@moric
häufiger als du denkst. Du hast ein Team mit zuviel Frauen und zu wenig Männern, und willst dann nen Mann. Oder im umgekehrten Fall eine Frau.

kleinundgrün schrieb:Die Frage ist doch, ob das wahrscheinlich ist. Wenn der Personalchef bereit ist, seinen Vorurteilen nicht stur zu folgen, macht er das doch auch schon in der Vorauswahl? Oder nicht?

Weißt du, welche Erfahrungen ich bis jetzt bezüglich 'Vorurteile' gemacht habe?

Dass es nichts gibt, was man leichter einem Menschen wieder ausreden kann als Vorurteile.. und zwar immer dann, wenn die Menschen, die Vorurteile hatten, plötzlich mit den Personen konfrontiert werden, die sie nur durch Hören sagen bis jetzt beurteilt haben.

Und genau DAS kann bei einem solchen Vorstellungsgespräch passieren... Der Chef ist begeistert von der jungen Dame... und plötzlich ist der mögliche 'Kinderwunsch' der Frau (den er ja meistens nur vermutet, da sie eben noch jung ist) vergessen...

Vielleicht fragt er sie ja auch direkt, ob sie in der nächsten Zeit wirklich Kinder will, weil sie ja jung ist und bestimmt ne Familie gründen will und sie sagt:

"Nein, ich kann keine Kinder kriegen... leider."

"Nein, ich will erst Mal mind. 10 Jahre im Job haben."

"Nein, ich möchte keine Kinder, damit kann ich nix anfangen."

"Nein, mein Mann kann keine Kinder bekommen."

etc....

@kleinundgrün

Ich habe eigentlich alles gesagt, was ich sagen wollte. Ansatzpunkt war die aktuelle Stellungnahme einiger Großunternehmen, sich von anonymisierten Bewerbungsverfahren zu distanzieren, obwohl herausgefunden wurde, dass manche Bewerbergruppen hiervon profitieren und obwohl diese Verfahren im Ausland eigentlich fast überall üblich sind!

Meinen Schluss, den ich daraus gezogen habe, kannst Du gerne noch einmal oben nachlesen.

Ich weiß um die Hintergründe, glaub mir.

@darkylein

darkylein schrieb:häufiger als du denkst. Du hast ein Team mit zuviel Frauen und zu wenig Männern, und willst dann nen Mann. Oder im umgekehrten Fall eine Frau.

Okay, das kann ich nachvollziehen... hatten wir jetzt selbst sogar schon.

Darf man das in eine Stellenbeschreibung mit reinschreiben? Ich meine, das man explizit eine Frau oder einen Mann im Team haben will? Und dann die Gründe dafür aufführen?

@moric
habe ich schon häufig gelesen "aufgrund der Teamkonstellation wird ein Mann bevorzugt"

@darkylein

Na ja, dann würde das einem anonymisiertem Verfahren ja auch nicht im Wege stehen.

Man schreibt's einfach rein...

@moric
okey und bekommt dann anonyme männer..was nun aber, es wird komplexer, wenn man jemanden zwischen 25-40 sucht ? Kommen die auch alle anonym? Bei dieser Aussortierung könnte man doch genausogut wieder "normale" Bewerbungen machen ^^

@darkylein

darkylein schrieb:okey und bekommt dann anonyme männer..was nun aber, es wird komplexer, wenn man jemanden zwischen 25-40 sucht ? Kommen die auch alle anonym? Bei dieser Aussortierung könnte man doch genausogut wieder "normale" Bewerbungen machen ^^

Genau das ist der Grund, warum manche Großunternehmen sich eben von den anonymisierten Bewerbungen distanzieren.

Es gehen dort sogar Witze herum, von Chefs verbreitet, dass die alten Knacker meinen, ein IPad sei ein Schneidebrett!

@Ida
ich meints jetzt net wegen dem Alter, aber wenn man n Team hat wo die Leute zwischen 25-50 sind passen viel jüngere oder ältere je nachdem nicht rein

@darkylein

Und ich denke, dann sollte man auch kein anonymisiertes Verfahren mehr anstreben, wenn man vorher schon so viel Auswahl treffen will... aber in der Regel suchen die doch immer etwas zwischen dieser Altersgruppe, oder?

Wenn du mit 50 da reinspazierst kommst und es werden Animateure für die Hotelkette mit Urlaubspalast in Malle gesucht, dann brauchst du dich aber nicht wundern, wenn du gleich wieder gehen kannst.

Ein wenig liegt es ja dann auch in der Verantwortung des Bewerbenden, sich seine Chancen selber auszurechnen, je nach dem, was gesucht wird (DAS steht ja in der Stellenbeschreibung drin).

So groß finde ich die Einschränkung "25 - 40 Jahre" aber auch nicht... ist das übliche Alter, was gesucht wird... wobei 40 wahrscheinlich schon wieder nicht so gute Chancen haben werden, aber auch hier kann es sehr gut sein, dass der 42 jährige den Chef so sehr überzeugt, dass der die jungen Hüpfer alle wieder nach Hause schickt.

Es sind dadurch Dinge möglich geworden, die vorher nicht möglich gewesen wären, weil manche Personen erst gar nicht die Chance erhalten hätten, sich vorzustellen.

kleinundgrün schrieb:Auch wenn du es immer wiederholst, wird es nicht richtiger. Die Anonymität ist zu ende, wenn er den Raum betritt.

Es geht darum, dass der Personalleiter wenn er denn seine Entscheidungen trifft, so wie du es ja selbst geschrieben hast im Eilverfahren ein Özgür Öztürk oder Marlene, geschieden mit 3 Kindern nicht sofort aussortiert.

Es geht um die Affekthandlung und die Vorbeugung dessen. Er soll sich ein Bild über den Bewerber machen, der sich durch seine Qualifikation auszeichnet und wenn er dann den Raum betritt ist es für den Personalleiter egal ob er Türke, Mutter oder ein männlicher weißer Deutsche ist.

kleinundgrün schrieb:wo genau liegt der Unterschied? In der Deutlichkeit der Ausprägung?

Sicher gibt es einen Unterschied. Sarrazin soll jeder 2. Bürger Recht gegeben haben. Diese Leute sind keineswegs rassistisch, sie sind alles mögliche aber keine Rassisten.

Sind die NPD Rassisten? Durchaus.

Wie man sieht gibt es durchaus Unterschiede.

Ida schrieb:Genau das ist der Grund, warum manche Großunternehmen sich eben von den anonymisierten Bewerbungen distanzieren.

Es gehen dort sogar Witze herum, von Chefs verbreitet, dass die alten Knacker meinen, ein IPad sei ein Schneidebrett!

Lass sie ihre Witze reißen... wenn das anonymisierte Verfahren der Standard per Gesetz wird, dann müssen sie es anwenden.... ich finde es richtig, das per Gesetz zu erzwingen (aber nicht durchsetzbar, weiß ich selber, oder wie ist die Forderung der Politik jetzt?)

Außerdem, wie schon gesagt, wenn der 50 Jährige, der vor 15 Jahren Informatik studiert (abgeschlossen) hat und woanders quer eingestiegen ist (also in dem Beruf keine große Erfahrung sammeln konnte), sich jetzt bei INTEL meldet, dann wird er wohl ne Absage bekommen, oder?

Auch in einem anonymisiertem Verfahren, da er auf Grund der Qualifikation erst gar nicht eingeladen werden würde.

@moric
Du kannst es natürlich so sehen, dass sich Vorurteile beim persönlichen Gespräch in Luft auflösen. Aber man kann es auch anders sehen. Wenn ich keine Frau für diese Stelle will und eine spaziert zum Gespräch rein, dann lasse ich mich doch gar nicht erst auf ein Gespräch ein. ich sage, wir haben schon jemanden und das wars.
Schließlich will ich mehr Zeit haben für die Bewerber, die wirklich in Frage kommen.

can schrieb:Es geht um die Affekthandlung und die Vorbeugung dessen. Er soll sich ein Bild über den Bewerber machen, der sich durch seine Qualifikation auszeichnet und wenn er dann den Raum betritt ist es für den Personalleiter egal ob er Türke, Mutter oder ein männlicher weißer Deutsche ist.

Sehr schön gesagt im ersten Teil... aber uhhh... ober beim Eintreten in den Raum keine Affekthandlung mehr eintreten kann, halte ich für gewagt zu behaupten. Auch wenn er diese 'Affekthandlung' dann einfach im Hinterkopf behält und so tut, als sei alles in bester Ordnung.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dann automatisch "egal" ist, wenn der Bewerber den Raum betritt.

Das so allgemeingültig zu behaupten, halte ich für sehr gewagt.

Das Thema ist jedenfalls sauinteressant.

@moric

Die erste Barriere ist zumindest überwunden und der Bewerber wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Haben wir es hier nicht mit einem Ultrarassisten zutuen, wird ihm die Herkunft jetzt auch nicht weiter stören.

kleinundgrün schrieb:Wenn ich keine Frau für diese Stelle will und eine spaziert zum Gespräch rein, dann lasse ich mich doch gar nicht erst auf ein Gespräch ein. ich sage, wir haben schon jemanden und das wars.

Na ja, wer aber will schon in so einem Chauvi-Laden arbeiten, hm?

Da kann ich den Bewerberinnen nur einen herzlichen Glückwunsch für die Absage sagen.

Wenn man irgendwas wirklich nicht will, dann kommt das anom. Verfahren eben nicht in Frage, punkt.

Wenn es per Gesetz verfügt wird, na ja, dann müssen die Personalchef eben umdenken lernen. Es könnte ihnen ja gut tun.. und manche werden die ganze Sache vielleicht begrüßen und denken: Das ist ja wirklich klasse!

Wir wissen es nicht, da heißt es wirklich abwarten, was passieren kann!

can schrieb:Die erste Barriere ist zumindest überwunden und der Bewerber wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Haben wir es hier nicht mit einem Ultrarassisten zutuen, wird ihm die Herkunft jetzt auch nicht weiter stören.

Ganz genau so sehe ich das auch! Schön auf den Punkt gebracht!

Aber eine Abneigung gegen eine bestimmte Nation reicht da auch schon, ohne das man gleich ein Ultrarassist ist, oder? Ich weiß es nicht... wie manche Personalchefs ticken...

@moric

moric schrieb:Außerdem, wie schon gesagt, wenn der 50 Jährige, der vor 15 Jahren Informatik studiert (abgeschlossen) hat und woanders quer eingestiegen ist (also in dem Beruf keine große Erfahrung sammeln konnte), sich jetzt bei INTEL meldet, dann wird er wohl ne Absage bekommen, oder?

Sicher, das würde aber auch sofort in einer anonymisierten Bewerbung deutlich werden. Bei älteren Mitarbeitern kommt aber noch der Aspekt hinzu, dass sie im Allgemeinen nicht so ohne weiteres bereit sind, sich flexibel zu zeigen, sowohl räumlich als auch zeitlich. Ein ganz großes Manko! Man will junge, willige und billige Wander-, Leih- und Zeitarbeiter haben, die gerne Überstunden machen und aufgrund einer erhofften bzw. erwünschten Änderung ihres Beschäftigungsstatus und -situation alles tun, was von ihnen verlangt wird.

Deswegen sollen die Bewerbungen weiterhin nicht anonym sein, man will Ältere und Mütter aussortieren!

Ida schrieb:Deswegen sollen die Bewerbungen weiterhin nicht anonym sein, man will Ältere und Mütter aussortieren!

Eben, und die Politik kann dieser Scheiße mal einen Dämpfer verpaßen... wenigstens im Ansatz.

Wie dann im Bewerbungsraum entschieden wird... das kann keiner mehr dann beeinflussen... außer der Bewerber :-)