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Der Fall "Jens Soering"

732 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Kino, Gefängnis ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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Der Fall "Jens Soering"

16.11.2017 um 14:28
Zitat von BluelleBluelle schrieb:keine Verhöre/Prozessaussagen der Freunde


Davon bin ich fast 100% überzeugt, dass keiner der Freunde in den Prozessen ausgesagt hat, denn es wird ja auch von Gail Ball und Watson noch einmal deutlich gesagt und es kommt ja auch in keiner anderen Doku vor.

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Der Fall "Jens Soering"

16.11.2017 um 14:48
Korrektur, er sagt:
"Sie waren überall vor der Tür, sie sind überall im Gras aufgetaucht." (Schuhabdrücke). Ich hatte wohl Gras gehört und auf Garten geschlossen . (Das Versprechen, ARTE, Minute 6.45 ).

Aber etwas anderes ist mir das erste Mal aufgefallen. Frau Haysom ist vollkommen bedeckt mit ihrem Hausmantel, also sie sieht aus, wenn man sich das Blut weg denkt, als wenn sie sich normal hingelegt hätte.
Bei einem Kampf mit Messer hätte ich gedacht, dass alles verschoben ist, was leichte oder fliessende Kleidung betrifft. Also kein hoch gerutschter Morgenrock, sondern ganz "sittsam" alles normal am richtigen Ort.


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Der Fall "Jens Soering"

16.11.2017 um 14:55
Kann es sein, dass der/die Täter den Morgenrock nach der Tat heruntergezogen haben? Das ist allerdings nur eine Mutmaßung, trotzdem: So viel Pietät wäre bemerkenswert.


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Der Fall "Jens Soering"

16.11.2017 um 15:09
PS: Wobei man sich bei dem Wort Pietät natürlich Anführungsstriche denken muss.


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Der Fall "Jens Soering"

16.11.2017 um 15:43
Es ist typisch für Morde durch Verwandte/Angehörige/Lebensgefährten  das selbst bei einem Mord bzw. danach in gewisserweise respektvollmit der Leiche umgegangen wird auch wenn das ein Paradoxon ist.

Ed Sulzbach sollte als erfahrener Profiler so einen Punkt berücksichtigt haben.

Ich habe in einer Doku gesehen wie man aus dem Karton der Aservatenkammer ein völlig blutdurchtränktes
kariertes (Hemd?) herauszog. Es war nicht von EH da dieses dunkel war. Vielleicht das Nachthemd von NH.


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Der Fall "Jens Soering"

16.11.2017 um 22:54
es war nicht von EH da dieses dunkel war. Vielleicht das Nachthemd von NH.

EH=DH


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Der Fall "Jens Soering"

17.11.2017 um 10:02
@mr_majestic
Weißt du noch, in welcher Doku du dieses karierte Hemd oder Kleidungsstück gesehen hast?
In dem Inteview, das Ed Sulzbach in "Das Versprechen" gab, spricht er ja davon, dass Nancy Haysom ein Nachthemd und den Morgenmantel trug (übrigens nach meiner Kenntnis das einzige Mal, dass ein Nachthemd erwähnt wurde ). Also kann es ja durchaus sein, dass Nancy Haysom unter ihrem Morgenmantel ein Nachthemd trug.


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Der Fall "Jens Soering"

17.11.2017 um 13:43
Also ich kenne eigentlich auch nur die Szene, als Gail Ball den blutverschmierten Hausmantel heraus zog.
Würde auch gerne das Hemd sehen, wobei ich den Satz sowieso nicht verstehe.
Wieso Hemd von EH? Wieso dunkel? 


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Der Fall "Jens Soering"

19.11.2017 um 21:40
Zitat von BluelleBluelle schrieb:Also ich kenne eigentlich auch nur die Szene, als Gail Ball den blutverschmierten Hausmantel heraus zog.
Würde auch gerne das Hemd sehen, wobei ich den Satz sowieso nicht verstehe.
Wieso Hemd von EH? Wieso dunkel? 
hatte mich verschrieben...EH sollte DH sein

so ich hab die Doku:

https://www.youtube.com/watch?v=t1xcW4sGUic (Video: ZDF Zoom 2011-07-06 Jens Soering, German)

bei 10:57 Hemd/Nachthemd (?) weisslich grünkariert.....


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Der Fall "Jens Soering"

20.11.2017 um 08:28
@mr_majestic

Danke, das war mir gar nicht mehr in Erinnerung. Das wird wahrscheinlich
tatsächlich das Hemd von DH gewesen sein.


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Der Fall "Jens Soering"

20.11.2017 um 10:12
Zitat von BluelleBluelle schrieb:Danke, das war mir gar nicht mehr in Erinnerung. Das wird wahrscheinlich
tatsächlich das Hemd von DH gewesen sein.
Aber DH hat doch was uni/dunkles an?

crop 90Das Versprechen DieGeschichte Syn


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Der Fall "Jens Soering"

20.11.2017 um 10:17
Zitat von mr_majesticmr_majestic schrieb:Aber DH hat doch was uni/dunkles an?
Stimmt, Du hast recht, es sieht aus wie ein schwarzes T-Shirt.
Von wem ist es dann? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Frau H. unter ihrem Morgenmantel solch ein Männerhemd an hatte.


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Der Fall "Jens Soering"

20.11.2017 um 10:35
Zitat von BluelleBluelle schrieb:Stimmt, Du hast recht, es sieht aus wie ein schwarzes T-Shirt.
Von wem ist es dann? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Frau H. unter ihrem Morgenmantel solch ein Männerhemd an hatte.
Ja ich meine ein dunkelblaues  T-Shirt ähnliches  holt man auch noch aus dem Karton.....(es ist heller nach all den Jahrzehnten)

Dann bleibt aber nicht mehr viel....entweder DH hat es im Todeskampf ausgezogen oder NH hatte es drunter oder
der/die TäterIN hatte es an


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Der Fall "Jens Soering"

20.11.2017 um 13:04
Vorbemerkung: Ewig, fast schon peinlich lang, das tut mir leid (auweia, ich habe mir die Vorschau angesehen...).

Hallo erstmal. Ich habe neulich die Doku auf Arte gesehen und der Fall hat mich seit dem nicht wirklich losgelassen. Ich bin dann auf die (Haupt-)Diskussion im Forum gestoßen und habe mir Vieles davon angetan (der Faden ist ja absolut erschreckend lang auch), gar nicht mehr unbedingt aus Interesse an dem Fall, denn mitunter wurde das Gleiche über Seiten und Seiten (und Seiten) immer wieder durchgekaut mit im Grunde dem immer gleichen Narrativ, der immer gleichen Brille. Ich habe mich dann eher gefragt was solche Leute zu so etwas verleitet und auch warum sie diese eindeutige Schuldzuweisung für sich brauchen, obwohl eigentlich nicht ersichtlich ist, dass man die hier machen könnte.

Denn man kann nicht bestreiten, dass es im Prozess den eindeutigen Beweis für überhaupt irgendeine der Geschichten, die auf dem Tisch waren, nicht gab. Was ja damals sehr schwer gewogen hat war der Sockenabdruck und auch die passenden Typen Blut. Wenn man da als Jury Mitglied nicht tiefer gräbt und das hinterfragt, scheint das in der Tat wie eine überzeugende Beweislast (vor Allem zusammen mit den ganzen anderen Indizien). Dabei ist ja mittlerweile mehr als klar, dass das beides überhaupt nicht eindeutig ist, sowohl aufgrund von DNA-Tests, die ja sehr verschieden interpretiert wurden, aber wo keine DNA von weder Jens oder Elizabeth festgestellt werden konnte, als auch aufgrund der Unwissenschaftlichkeit (und ich meine auf Illegitimität) des „Sockenbeweises“. Dabei fand ich besonders unbegreiflich, dass sie bereits ein Expertenurteil für den Sockenabdruck hatten (welches feststelle, dass der Abdruck für Jens zu klein ist), dieses aber einfach unterschlugen und sich stattdessen einfach jemanden besorgen, der das tut was man gerne hätte (nämlich einfach eine Folie über ein Bild legen, Hauptsache so einfach und anschaulich wie möglich).

Naja, was bleibt sind streitbare Indizien, aber nichts was für einen über jeden Zweifel erhabenen Schuldspruch reicht („In dubio pro res“ wie so oft zitiert wurde). Für mich hätte der Prozess damals schon anders aussehen müssen (was ja zugegeben auch die Schuld von Jens Anwalt ist, auch wenn er wohl im besten Wissen und bester Absicht handelte) und hätte nicht mit einer Verurteilung für den Doppeltmord enden dürfen, höchstens für die nachträgliche Komplizenschaft durch die Verschleierung, die Jens ja auch klar zugestand. Soweit ich weiß, wurde das der Jury aber damals als sehr binäre Frage präsentiert: Also Lebenslang oder Freispruch, nicht z.B. 2 Jahre für willentliche Falschaussagen und Irreführung (und vielleicht auch noch mehr „kleinere“ Fehlverhalten im Sinne der Gesetze, die man ihm Anhand seiner Version anhängen könnte).

Naja, aber das ist damals, es scheint ja sehr schwer zu seien, so einen Prozess nochmal neu aufzufahren. Dass die Schuld nicht eindeutig beweisbar ist, dürfte ja fast schon jemanden wie Gardner klar seien, aber Jens bräuchte jetzt wohl so wie es aussieht einen Unschuldsbeweis um da wieder rauszukommen (oder einen sehr willigen Gouverneur und genügend öffentlichen Druck). Damit will ich nicht sagen, dass ich das für legitim halte, es sollte nach wie vor „Im Zweifel für den Angeklagten“ gelten, das ist nur eine nüchterne Bestandsaufnahme.

Dabei finde ich eines aber erstaunlich: Die offizielle Version, von der die Gerichte damals ausgingen (also Jens als eigentlichen Täter im Haus der Eltern und Elizabeth als Anstifterin in Washington), ist das einzige Szenario, dass wirklich sehr unwahrscheinlich klingt und nicht mit dem Tatort übereinstimmt.  

Hierzu vielleicht einmal die Szenarien aufgelistet:

a) Jens fährt alleine dorthin (ob mit dem Entschluss sie beide zu töten ist erstmal unerheblich) und bringt sie beide um, fährt dann zurück, während Elizabeth, die ihn dazu angestachelt hat in Washington bleibt. Dort schaut sie sich Witness (1985) an und geht danach ins Hotel und bestellt essen (oder sie schaut keinen der Filme und besorgt sich Heroin, ihre Aussagen dazu sind widersprüchlich).

b) Elizabeth fährt alleine dorthin und begeht die Morde alleine, während Jens in Washington im Kino sitzt und 3 Filme schaut (Witness, Stranger than Paradise & Rocky Horror Picture Show). Elizabeth kommt später zurück und gesteht sofort. Jens fasst sofort den Entschluss, die Schuld auf sich zu nehmen, falls Elizabeth eine Verurteilung droht und er rekonstruiert mit Elizabeth die Tat (mit ihm an ihrer Stelle) um danach nie wieder mit ihr darüber zu reden.

c) Das gleiche wie b) nur unter der Annahme, dass Elizabeth noch andere Komplizen hat und zumindest in der Theorie nicht zwingend direkt am Tatort seien müsste oder die Tat begehen müsste, wahrscheinlich aber durchaus da ist.

d) Elizabeth und Jens sind gemeinsam am Tatort und begehen die Tat, die Filme werden nie geschaut und die Tickets auf anderem Wege beschafft (wurde mehrmals erwähnt wie man das machen könnte).

e) Jens ist im Haus mit einem oder mehr Komplizen (mit oder ohne Elizabeth).

f) Jemand Drittes Begeht die Morde ohne, dass Jens und Elizabeth diese Orchestrieren.

[Hierzu sei am Rande angemerkt, dass im anderen Thread jemand behauptet hat, Jens würde sich niemals 3 Filme in Folge ansehen, da er dazu ja viel zu intelligent sei und es muss dazu gesagt seien, dass die 3 erwähnten Filme bemerkenswert reputabel sind, alle 3 (Witness, Stranger than Paradise & Rocky Horror Picture Show) tauchen in der They Shoot Pictures Don’t They Top 1000 auf - das ist eine Liste die erstellt ist aus unzähligen Kritikerlisten, im Grunde ist es die Größte Agglomeration an Kritikermeinungen, die es gibt und erfreut sich unter Filmfreunden größte Anerkennung. Außerdem sei anzumerken, dass ich beim Abitur einen Schnitt von 0,8 hatte (was KEIN zwingender Beweis für Hochbegabtheit ist, aber der Schluss wird bei Jens ja auch immer gezogen – der aus meiner Sicht intelligenteste Mensch, den ich kenne, hat sein Abitur jedenfalls nicht geschafft) und mir schon mehr Filme am Stück angesehen habe, die auch gerne mal schlechter waren als die 3 genannten (wobei ich Rocky Horror nie ganz gesehen habe). Außerdem wird im New Yorker Artikel beschrieben, dass Jens und Elizabeth sich für Filme interessierten und darüber diskutierten und entweder dort oder im 1. Kapitel seines neuen Buches beschreibt er, dass er die Nouvelle Vague liebte, die den Film als intellektuell angesehene Kunstform legitimierte. Dabei finde ich die hervorragende Filmwahl durchaus bemerkenswert, das hat mich auch beim Sehen der Doku, als Jens das erzählt hat, wirklich aufschrecken lassen. Allerdings muss das nichts bestimmtes heißen und ich würde beiden zutrauen einen hervorragenden Filmgeschmack zu haben, aber Elizabeth will ja nur einen der drei gesehen haben oder auch gar keinen.]

Dabei sind a und b recht eindeutig, c und d lassen einen größeren bis sehr großen (vor allem bei c) Spielraum zu. e und f halte ich für nahezu unvorstellbar. Dabei macht nichts mehr einen Sinn. Ich habe sie aber der vollständigkeitshalber mal aufgelistet.

Aber warum glaube ich a nicht? Vor allem weil das genau das ist, was Jens und Elizabeth anfangs ausgesagt haben, oder zumindest im Kern (nämlich Jens begeht die Morde während Elizabeth in Washington ist). Allerdings sind die Aussagen sehr fragwürdig.

Jens Aussage:

http://j.b5z.net/i/u/2108258/f/New_Timeline/1986_Jun_Excerpt_book_Jens_Soering.pdf (Archiv-Version vom 26.11.2019)

Elizabeths Aussage:

http://j.b5z.net/i/u/2108258/f/New_Timeline/1986_EH_confession.pdf (Archiv-Version vom 26.11.2019)

Elizabeths Aussagen vor Gericht (Ausschnitte, bereits von @avah erwähnt):

http://0j.b5z.net/i/u/2108258/f/JENS_SOERING_PRESS_PACK.2017-09-27.pdf (Archiv-Version vom 27.11.2019)

Die ersten Beiden von Jens Website, aber er hätte keine Möglichkeit diese zu verfälschen, weil es die wirklichen Protokolle und Aufzeichnungen ja gibt und sich eine Verfälschung rausstellen würde.

Dass die Aussagen in vielerlei Hinsicht nicht passen, denke ich dürfte bekannt seien. Allerdings gibt es an dieser Geschichte einen riesen Haken: Der Schuhabdruck ist entschieden zu klein für Jens. Wie genau soll das funktionieren (zu den Haysom Eltern gehört er auch nicht, Elizabeth meint aber, er sei von ihrer Mutter was nicht sein kann)? Ferner sagt Elizabeth im New Yorker Artikel (2015) aus in den Staaten nie Heroin genommen zu haben. In ihrer Gerichtsaussage redet sie hingegen sehr viel von Heroin und über ihren Trip an besagtem Abend (der schätze ich mal erklären soll warum sie ihre Eltern nicht anrief). Interessant ist weiter, dass Jens hier von 2 Messern spricht, die er beide wegwirft (das eine wohl von den Haysoms, hat je ein Messer gefehlt?). Ich habe die Coca-Cola Geschichte nochmal recherchiert und es scheint, als könnte man damit Blut entfernen, ja, aber es ist alles andere als Ideal (an mehreren Stellen wurde behauptet es hätte nicht alles entfernen können) und würde wohl einem Luminol-Test nicht standhalten (so sagt es zumindest der Scheriff Harding). Außerdem wird Luminol eben verwandt um gerade verwischtes Blut zu finden. Es ist wirklich sehr genau (das Blut müsste also wirklich komplett weg seien). Ferner soll der Wagen auch keine Cola Flecken gehabt haben (und die sind aus eigener Erfahrung auch schwer zu entfernen). Außerdem gibt es noch diesen Hund, den Jens verletzt oder umbringt, der aber mit nichts etwas zu tun zu haben scheint (sowohl in Jens als auch in Elizabeths Geschichte), das spricht für oder gegen absolut gar nichts, ist aber trotzdem verwunderlich. Darüber hinaus fehlt mir ein Indiz für Jens Gewaltbereitschaft. Elizabeth hat zumindest eine enorm aufgebrachte Vergangenheit. Die fehlende DNA spricht ebenfalls entschieden dagegen.

Weiter, da ja gerne behauptet wird, Jens sei nicht glaubwürdig, weil er seine Geschichte abänderte; Elizabeth ändere ihre Aussage andauernd:

http://promise-movie.com/fileadmin/user_upload/News_Archiv_PDF/ThePromiseMovie_NewsArchive_Richmond-Times-Dispatch-Carlos-Santos_11October1987_Haysoms-true-nature-remains-enigma.pdf

Mehr zu Elizabeths Prozess, der ja sonst nicht so sehr dokumentiert wurde gibt’s hier:

http://promise-movie.com/news-archive/ (Archiv-Version vom 09.01.2017)

Aber das ist eben nach wie vor die im Grunde offizielle Geschichte, ist ja aber auch zugegeben die simpelste Variante, wenn dir das einfach jemand gesteht den du ohnehin verdächtigst; Ungereimtheiten kann man dann sehr leicht wegrationalisieren (‚Confirmation Bias‘).

Dann wären da aber diese Kinokarten. Diese verdammten Kinokarten. Die Kinokarten sind im Grunde das was ich an Jens heutiger Geschichte für am wenigsten plausibel halte. Wofür genau wären die eigentlich von Nöten gewesen? Er wusste ja laut eigener Aussage nicht, was sie eigentlich vorhätte.  Als Alibi für den Drogendeal vor Elizabeths Eltern halte ich das für wenig plausibel. Er müsste also von Elizabeth einen Wahnsinns Bären aufgebunden worden seien um diese Geschichte einfach zu glauben und blind zu folgen und auch dann müsste er gewusst haben, dass zwei Kinokarten ein enorm schwaches Alibi sind (selbst wenn es nur darum geht ihren Eltern zu beweisen, dass sie nicht beim Drogendealer war bei dem sie auch zu jeder anderer Zeit hätte seien können). Ich will diese Möglichkeit keinesfalls komplett abstreiten. Aber in allen anderen Punkten, die Leute bei Jens Geschichte für kritisch halten, kann ich ihm durchaus folgen. Hier nicht. Die Skizze vom Kino in Elizabeths Tagebuch ist da noch so ein anderes wirres Detail, das ich nicht zuordnen kann (siehe hier: http://jens-soering.blogspot.de/2016/10/taterschaft-teil-2-motiv-und-alibi.html - ohne Quellenangaben leider).

Außerdem müsste zu b gesagt seien, dass die DNA- und Serologie-Befunde Bände dagegen sprechen. Dann müsste man annehmen, dass das Blut da auf anderem Wege (wohl vorher) hingelangt sei. Die Schuhgröße ist glaube ich laut des originalen Expertenbefunds für Elizabeth zu klein, aber es scheint mir, dass den später ein anderer Experte doch mit ihr zusammenbringen konnte (wird das nicht in „Das Versprechen“ so gesagt?).

Möglichkeit d halte ich für durchaus möglich. Was dagegen spricht ist das scheinbare Fehlen von DNA am Tatort (von beiden). Was dafür spricht, ist, dass fast alle anderen Ungereimtheiten verschwinden würden. Ich sehe bis auf die fehlenden Spuren keine Einwände. Bei den DNA Tests gibt es ja durchaus Bedenken darüber wie glaubwürdig sie sind und Elizabeth muss sich nicht geschnitten haben (Typ B Blut wurde lediglich auf einem Waschlappen gefunden). Der Rest, der Overkill, das Täterprofil, die gleichzeitig emotionale und durchdachte Herangehensweise (also Spuren verwischen), das konstruierte Kinokarten Alibi, Jens Reaktion auf Elizabeths Geständnis in seiner Version (das er ja sehr schnell komplett akzeptiert), Die Eltern, die die Beiden hineinlassen, die Dinner Szene, sowie ihr weiteres Verhalten, auch Elizabeths Aussage vor einigen Jahren (oder 2016), sie seien beide gleich schuldig.    

Allerdings wäre eines ganz und gar unklar: Wie genau hat sich die Tat ereignet? Sie können mit dem Plan hingefahren seien, es kann spontan passiert seien. Jens kann die Initiative ergriffen haben, aber auch Elizabeth oder beide zusammen (wobei das in dem Fall dann wohl geplant hätte seien müssen).

Dabei würde ich am ehesten auf eine spontane (oder von ihr alleine geplante) Initiative Elizabeths tippen, weil es gleichzeitig zu seiner Darstellung der Unschuld und ihrer Darstellung der Schuld passt. Sie fahren also beide dorthin ohne Plan die Eltern umzubringen (und wenn doch hat nur Elizabeth den Plan). Die Situation eskaliert und Elizabeth greift ihre Eltern an. Jens muss sich entscheiden, entschließt sich Elizabeth zu helfen, bringt aber aktiv niemanden um (oder auch doch) und sortiert nach der Tat den Tatort. In diesem Sinne wäre er nicht schuldig im Sinne der Anklage, aber diese Version hätte für ihn vor Gericht mehr als schlimm ausgesehen, er wäre quasi ‚ascessory at the fact‘. Da könnte man auch von einer sehr hohen Strafe ausgehen und die Aussage, er hätte das nicht gewollt, wäre nicht anhand von irgendetwas nachweisbar noch allzu glaubwürdig. Man müsste auch bedenken, dass die Geschlechtsrollen damals ja noch eine größere Rolle gespielt haben (wenn er also aussagt er sei da gewesen und habe mitgeholfen… naja).

Aus dieser Version könnte ich mir alles andere erklären, vor allem wie es Jens all die Zeit gelingt zu behaupten er sei unschuldig; nur die DNA weißt dann schon eher gegen Möglichkeit e (welche absurd scheint).

Natürlich ist das reine Spekulation und ich finde eigentlich auch es ist genug spekuliert wurden. Das ist nicht sonderlich würdig und auch die falschen Bilder, die man malt, bleiben hängen. Es ist leider so, dass wenn man sich das bildlich vorstellen kann… Und ich kann mir alle diese Szenarien bildlich vorstellen, auch das Erste, das ich für unglaubwürdig halte. Ich hoffe also, dass die Darstellung von gleich 5 dieser Bilder nebeneinander klarstellt, dass zumindest 4 davon falsch sind, theoretisch könnten auch alle falsch seien, aber ich komme auf kein plausibles 6. Szenario. „Keiner von Beiden hat was mit den Morden zu tun und sie gestehen aus Jux“ halte ich für im Grunde ausgeschlossen, aber ich bin nicht allwissend.

Also c. C ist die Wildcard. Keine Ahnung wer die Komplizen sind (oder der/die Komplize/in), Unklarheit bei den DNA-Spuren, die auf dieses Szenario hinweisen, Unklarheit überhaupt bei Allem. Die zwei von Jens erwähnten Möglichkeiten sind die Landstreicher, die immerhin was von „ein Mädchen besuchen“ sagten (soweit ich dem 2000 Court of Appeals Report entnehmen konnte). Allerdings halte ich das nur für einen skurrilen Zufall. Immerhin wurde nichts geraubt. Die anderen zwei Jungs mit denen sie Umgang pflegte (also Jim und Ned) machen mehr Sinn. Wenn das Räsonnement ist, Elizabeth würde Jens zu so einer Tat manipulieren können, geht das gewiss auch mit Anderen. Dass sie die Anderen nicht verraten würde, macht Sinn, da diese sie ja mit ins Boot ziehen könnten. Allerdings gibt es sehr wenig Wissen über Motive und keine Klarheit über den/die „Unsichtbaren Dritten“. Es könnte jeder seien. Was die JF-story interessant macht, ist Jens Aussage, dass Elizabeth zu ihrem Drogendealer fahren wollte. Was wenn das genauso stimmt? Daraufhin gehen sie dann zu den Haysoms (evtl. um Geld aufzutreiben oder im Rausch). Ist diese Geschichte Widerspruchsfrei? Nein.

Außerdem hat Buchanan Ned „erkannt“ und nicht Jim (weil das häufiger behauptet wurde).

Also was glaube ich? Ich glaube eigentlich nicht, dass es heute Ausschlaggebend ist, wer Schuld ist. Natürlich, die ganze Geschichte lässt enorm viele Fragen aufkommen und die sollten beantwortet werden, auf jeden Fall. Allerdings ist für Jens und Elizabeths weiteren Verlauf eigentlich nicht unbedingt essentiell was geschehen ist.  Sie haben beide 31 Jahre gesessen, für einen Mord den womöglich einer von ihnen niemals begangen hat (mal angenommen Elizabeths Geschichte, dass das von ihr nur eine naive Fantasie war, die Jens Realität hat werden lassen, ist das ebenfalls enorm hart, allerdings spricht dafür nicht sonderlich viel), vielleicht aber doch sie beide. Dabei scheint keiner von ihnen besondere Auffälligkeiten gezeigt zu haben, sie haben sich beide engagiert in ganz verschiedenen Zusammenhängen. Sie übersetzt zum Beispiel Bücher in Blindenschrift, trainiert Hunde, hat mindestens ein Buch geschrieben an dessen Veröffentlichung zumindest Interesse bestand (siehe New Yorker Artikel), sie hat eine Design-Ausbildung geleitet und auch sonst geschrieben. Siehe hier ihren Blog und ihre Texte für den Fluvanna Review:

http://elizabethhaysom.tumblr.com/ (Archiv-Version vom 10.03.2018)

http://george.loper.org/trends/2003/Sep/925.html

Jens hat ebenfalls mehrere Bücher geschrieben, darunter auch Bücher über das Kriminalsystem in den USA, Christus und Meditation. Seine Akte ist anscheinend so gut wie makellos. Seine ach so verstörenden Ansichten, dass nicht alle im Gefängnis Monster sind, auch nicht die schuldigen, teile ich im Übrigen absolut. Ich würde Niemanden als Monster bezeichnen, das ist unglaublich gefährlich, denn es entmenschlicht die Person und ihre Taten und suggeriert, das könne kein Mensch tun. Dabei wissen wir eigentlich: Können sie durchaus. In Deutschland kann man das sehr gut am Fall Hitler sehen. Der ist mittlerweile ein einziger Mythos und wir könnten uns ja nie vorstellen, dass das nochmal passiert… bis es dann passiert. Das ist die Gefahr. Dass absolut alle Gefangenen Bewährungsfähig sind, bezweifle auch ich, aber es sind trotzdem Menschen.

Nun zu den Beiden: Ich halte keinen der Beiden für eine Gefahr für die Gesellschaft und finde, man sollte dazu Gutachten erstellen und sie, wenn die Gutachten meine Vermutung Bestätigen, auf Bewährung, unter Berücksichtigung von bestimmten Vorlagen, freilassen. Wird das passieren? Sofern Jens nicht nach DE abgeschoben wird wohl eher nicht (allerdings könnte das auch Elizabeth helfen, weil man dann auf Jens, der ja der offizielle Mörder ist, zeigen könnte und sagen deswegen müsse sie auch raus). Sie scheinen auch Beide dafür zu seien, den jeweils Anderen freizulassen, allerdings ist das bei Elizabeth unklar, sie hat an einer Stelle gesagt, er wäre schuldig und dürfte in keinem Fall freigelassen werden, an einer Anderen, es wäre ganz in Ordnung, wenn er nach Deutschland abgeschoben würde.  

Der ganze Fall ist irgendwo doch ein Armutszeugnis für die Gesellschaft. “I think the happiest part of my life was when I was living on the streets of Europe—and I was lost”. Diesen Satz aus dem New Yorker Artikel von Elizabeth finde ich unglaublich traurig. Er spricht von einer desintegrierten, entkernten, Gesellschaft, die keine nähere Bindung zulässt, nur das verlorene eigene Leben an sich. Elizabeth kennt ja Macbeth sehr gut (einmal vergleicht sie sich im Prozess mit Lady Macbeth, dann lernt sie im Gefängnis für eine am Ende nicht zu Stande kommende Vorführung Macbeths – den sie spielen soll – ganzen Text und dann sagt sie noch im New Yorker Interview “I have just one thing to say about Lady Macbeth, because apparently there’s no one who’s read the play, it was Lady Macbeth who died of remorse and grief and killed herself. It was Macbeth who discovered his true nature”), deswegen bin ich mal so frei und zitiere Macbeth nachdem er zu wissen bekommt, dass seine Frau gestorben ist:

"She should have died hereafter;
There would have been a time for such a word.
To-morrow, and to-morrow, and to-morrow,
Creeps in this petty pace from day to day
To the last syllable of recorded time,
And all our yesterdays have lighted fools
The way to dusty death. Out, out, brief candle!
Life's but a walking shadow, a poor player
That struts and frets his hour upon the stage
And then is heard no more: it is a tale
Told by an idiot, full of sound and fury,
Signifying nothing."

[wir haben das damals in der Schule gelesen, allerdings nicht ganz fertig, das musste ich auf eigene Faust tun, kann ich nur empfehlen]

Ich glaube die literarische Traumwelt kann man von dem Fall gar nicht mehr trennen. Das ganze passt auch perfekt in das Schema einer Tragödie. Eine junge, begabte Frau wird von einem oder mehreren Familienmitgliedern vergewaltigt (dazu gibt es mehrere Aussagen, eine, die sagt sie wurde bereits mit 6 von jemand anderem als der Mutter vergewaltigt), schmeißt kurz bevor sie fertig wird die Schule, verbringt ca. 2 Jahre auf der Straße in Europa, wird dann von den Eltern zurückgeholt, trifft einen jüngeren Jungen, der eine weniger komplizierte Vorgeschichte hat, aber ebenfalls ein schwieriges Verhältnis zu seinen Eltern und eine Geschichte außerhalb der USA; sie verlieben sich (?), schreiben lange in Fantasien ausufernde Briefe, dann sind die Eltern Tod und die Beiden reisen quer durch Eurasien um schließlich geschnappt zu werden, gegeneinander auszusagen und bis Dato über 30 Jahre im Gefängnis zu verbringen; aus den Verheißungen ihrer Jugend ist nichts geworden.

Und die Beiden sind Larger Than Life Figuren. Ganz und gar mythologisiert, genau wie jener Abend und auch sonst alle Beteiligten: Die Mutter, die ihre Tochter Vergewaltigt, der Vater, der sie für perfekt hält, aber ganz bestimmte Vorstellungen für ihre Zukunft hat, der untersuchende Polizist, der eisern und unabdingbar von dem ursprünglichen Vorgang überzeugt ist, der Richter, der die ermordeten Eltern kennt, der geistesgestörte Anwalt, der andere Anwalt, der eine Wahnsinns Show abzieht und Beweise, die ihm bekannt sind unterschlägt und natürlich die große öffentliche Bühne für das Liebesdrama, der 1. Prozess der landesweit im TV übertragen wird. Gerade Gardner wirkt fast wie ein Abziehbild. Ich habe noch einen anderen Fall gefunden, den Scheriff Chipping zitiert in dem der Polizist selbst nach dem Freispruch nach 18 Jahren (aufgrund von fehlender DNA) noch meint, dass der betreffende ganz sicher schuldig ist (ich denke so einen Fehler einzugestehen ist schwer, vor allem wenn man felsenfest überzeugt ist, den Betroffenen vielleicht sogar im Laufe des Falls zu hassen lernt). Leben sie nicht alle in ihrer eigenen Traumwelt? Aber vielleicht war das Amerika der 1980’s, das Reagan Amerika auch eine Traumwelt, sollte ein Traumwelt seien. Die 70er waren enorm skeptisch, ja pessimistisch, von Krisen durchwoben und dann kommt dieser TV Star und bewirbt den Konsumerismus, vielleicht hat man sich nach einem Traum gesehnt, der Vietnam, Watergate, die Ölkrise, die Rezession, die plötzlich riesengroße, globale Welt in der man selbst sehr klein ward, einen Traum der dies alles invalideren könnte. Die behütete amerikanische Klein- oder Vorstadt, in der jeder nach außen hin blitzblank ist (aber vielleicht nicht unter der Oberfläche), ist doch an sich ein Mythos. Das Ganze erinnert dann irgendwann wirklich an Lynchs „Blue Velvet“, der das Bild einer verträumten, nach außen perfekten Kleinstadt, die doch unter der Oberfläche von Verbrechen durchwühlt ist (dabei geht es auch um jugendliche Unschuld, verrückte Psychopathen, Vergewaltigung, Abhängigkeit, etc.), einfängt wie kein zweiter Film. Und dann kommt dieser auch noch gerade 1986 raus (will damit nichts implizieren, höchstens, dass er bezeichnend für die 80er ist).    

Manch einer mag das für Abschweifen halten. Das ist eine faire Unterstellung. Aber ich glaube, es liegt bedeutend mehr in dem Fall als die Morde selbst. Alles hier scheint sich an der Gesellschaft zu reiben und Fragen aufzuwerfen, nicht nur über Jens und Elizabeth, sondern auch vor allem über uns selbst und die Gesellschaft in der wir leben (wobei natürlich vorneweg die amerikanische Gesellschaft). Um nicht in Esoterik abzudriften stelle ich die Frage einfach mal so: Was hätte anders seien müssen? Nicht an Jens oder Elizabeth, sondern was hätte gesellschaftlich anders seien müssen, damit es nie zu den Morden gekommen wäre? Hätte es vielleicht geholfen, wenn Missbrauch kein Taboothema gewesen wäre? Oder vielleicht doch eher, wenn man den beiden ehrlich in die Augen gesehen hätte und zugehört hätte? Elizabeth hat als Teenager 2 Jahre auf der Straße in Europa gelebt (und sich vermutlich Prostituiert um an Geld für Drogen zu kommen) und dann wird sie wieder in dieses enge, normierte Kostüm gesteckt. Das wird praktisch nie thematisiert, in der Schule sie dafür auch noch bewundert, für die wilden Geschichten und die Andersartigkeit, für sie sind aber alle nur leere Hüllen (siehe den 1. Liebesbrief an Jens). Jetzt kann man natürlich sagen, sie sei Geistesgestört,  aber auch dann ist sie immer noch ein Mensch, das wäre zu einfach. Denn wenn wir ehrlich sind, dann hätte ein klein wenig Barmherzigkeit wohl doch geholfen, ein klein wenig, den Menschen als Menschen sehen, dieses restlos Verlorene. Das Gleiche könnte man wohl auch über Jens sagen, der quer durch die Welt reiste und ebenfalls keinen Anklang fand (zumindest scheint es so). Gerade deshalb finde ich einige der Reaktionen auf diesen Fall so grausam, es wurde nichts gelernt.

Man kann ja hier durchaus das Phänomen „Lagerbildung“ beobachten (also auch in dieser Hinsicht ein Fall mit Allusionen zur Politik). Ich umschreibe das mal vorsichtig mit den im Hauptstrang bereits eingeführten Bezeichnungen: Das „Pro-Jens“ Lager und das „Anti-Jens“ Lager. Für die einen ist Elizabeth eine geistesgestörte Manipulatorin ohne Gewissen, die auf jeden Fall in der Lage wäre ihre eigenen Eltern umzubringen und ihren unschuldigen Freund über 30 Jahre bis Dato im Gefängnis festzuhalten. „I am the Devil, you are the sacrificial lamb“ passt hier doch perfekt, die Geschichten aus ihrem Tumblr Blog wohl eher weniger. Für die Anderen wiederum ist Jens das „German-Monster“, unglaublich arrogant, wider der Wahrheit von seiner Unschuld überzeugt und die Öffentlichkeit seit fast 30 Jahren willentlich um den Finger wickelnd. "By the way, were I to meet your parents, I have the ultimate 'weapon, My God, how I've got the dinner scene planned out", passt hier wohl, natürlich unterschlagend, dass die besagte ultimative Waffe, Liebe ist. Ich machs mal ganz kurz und knapp: Das ist Religion. Die unumstößlichen Beweise gibt es nicht! Damit will ich hier Niemanden angreifen, denn ich glaube, dass sieht hier jeder genauso (dass es die unumstößlichen Beweise nicht gibt), aber Aufgrund von etlichen Kommentaren im Hauptstrang und der Behandlung des Falls im Allgemeinen, halte ich diesen Hinweis dennoch für wichtig. Es geht hier nicht um irgendein Spiel, auch nicht um ein historisches Artefakt, auch nicht um ein mysteriöses Drama, nein, es geht immer noch um das Leben zweier Menschen, die jeweils seit 30 Jahren im Knast sitzen, die beide Träume haben und raus wollen. Und dabei habe ich vollstes Verständnis, wenn jeder sein Eigenes glaubt, dass tun wir alle. Ich finde auch selbst, dass die DNA einem vollends überzeugendem Beweis recht nahe kommt.  Allerdings wird es dann gefährlich, wenn die eigene Vorstellung zum Dogma wird und die Menschen zu Bildern. Es war für mich absolut schockierend wie scheinbar hasserfüllt einige der Kommentare zu diesem Fall sind. Der Ausdruck „Hate-Crime“ kommt ja auch aus den USA. Ich glaube dort hat er längst eine rückkoppelnde Wirkung entfaltet. Und dann kommt man immer mit „Sühne für die Opfer“ als Grund für den eigenen Hass. Diese Instrumentalisierung finde ich ebenfalls pervers. Wenn die Angehörigen Jens und Elizabeth hassen, finde ich das absolut verständlich. Das ist persönlich. Wenn ein Wildfremder einen Wildfremden hasst, dann frage ich mich ehrlicherweise, ob er nicht andere Probleme hat. Und in den USA sind diese Kriminalfälle Kultur. Serienmörder sind fast schon düstere Helden. Das ist gruselig (und greift auch mitunter auf Deutschland über, hat mich als ich jünger war auch schrecklich fasziniert).

Bleiben wir in den USA. Was mich ebenfalls erschüttert hat war das Elizabeths Blog vom 1. April 2016 (wer nachlesen will: http://elizabethhaysom.tumblr.com/post/142034289139/april-01-2016 (Archiv-Version vom 04.09.2016)). Dort erkennt sie perfekt was hinter dem Phänomen Trump steckt aus dem Gefängnis hinaus, ohne überhaupt wählen zu dürfen zu einer Zeit, als ihn die Meisten noch für einen Witz hielten (ich denke ich auch noch, wobei ich spätestens als er der republikanische Kandidat wurde angefangen habe anders zu denken). Das hat mich gerade deshalb schockiert, weil Hillary Clinton (selbst jetzt noch nicht, nach über einem Jahr) das noch immer nicht begriffen hat, obwohl sie 24/7 mittendrin war. Ich muss deshalb etwas sagen mit dem wahrscheinlich jeder hier uneinig wäre, was ich auch verstehe, aber ich würde bei einer Präsidentschaftswahl zwischen Clinton und Elizabeth, Elizabeth meine Stimme geben, weil sie für mich das was ein Präsident können sollte, besser verkörpert (darüber was es heißt „fit for president“ zu seien hat Hillary ja sehr viel geredet und das sowohl Trump als auch Sanders aberkannt). Und es ist in Ordnung, wenn ihr mich dafür verurteilt oder absolut fassungslos seid, mich für einen Idioten haltet oder mein Urteilsvermögen für unterirdisch. Bevor Spekulationen aufkommen füge ich noch hinzu, dass ich Hillary ebenfalls für das kleinere Übel als Trump hielt und halte. Hillary wurde ja auch sehr viel mit blindem Hass konfrontiert (übrigens war eben der Kaine, der Jens nach Deutschland schicken wollte, ihr Vize-Präsidentschaftskandidat und dieser Fall hat es tatsächlich bis in die Präsidentschaftswahl gebracht:https://www.youtube.com/watch?v=_Ba0Eun4LYY (Video: GOP Attepmts To Bring Down Tim Kaine)).

Und damit will ich das alles gar nicht noch weiter politisieren, sondern es ist tatsächlich meine Überzeugung und zeigt vielleicht meine Sicht auf die Wiedereingliederung; auch verurteilte Schwerstverbrecher sollten nicht aus Prinzip für den Posten, des, so sagt man, mächtigsten Menschen auf Erden, ausgeschlossen werden (wobei die aller, aller Meisten für diesen Job sicherlich nicht taugen und keiner eine Chance hätte, also Gedankenexperiment). Außerdem wollte ich noch einmal auf Elizabeths Blog eingehen. Sie schreibt wirklich hervorragend. Einiges wirkt glanzlos und vom Leben gezeichnet, anderes ist voll und ganz fantastisch (nicht im Sinne von Gut oder Schlecht sondern im Sinne von Fantasie), wiederum anderes wirkt auf verwirrende Art und Weise Naiv. Gleich zu aller erst zitiert sie Seneca, ein stoischer Philosoph, der vielleicht zum Gefängnis passt wie kein Zweiter, denn mit seiner Philosophie der Genügsamkeit und über seine Herleitungen vom Tod, lässt sich ein Leben im Gefängnis vielleicht am ehesten bestreiten und mit Sinn erfüllen. Ein verrücktes Drama nebenan: Seneca brachte sich selbst um, auf Befehl von Kaiser Nero (den der gemeinhin als absolut verrückt gilt, Rom niederbrannte und dazu ein Lied sang, laut der Legende). Verrückte Literaturreferenzen sind praktisch überall: Calvino, James Joyce, Keynes (Ökonom zwar, kein Literat), Pollyanna (ein Kinderbuch aus 1913), Edmund Husserl, Muriel Barbery, Steen Eiler Rasmussen, Huxley, Bradbury, Mark Twain, Bertolt Brecht, José Saramago, Ramita Navai, Noam Chomsky, Anthony Doerr und den eingangs bereits erwähnten Seneca. Es kommt so viel verschiedenes (Uraltes wie Brandaktuelles), vieles wird nur am Rande erwähnt im passenden Kontext. Ich kann mir kaum vorstellen wie viel sie gelesen haben muss und denke doch auch, dass die Freiheit in den Büchern sicher wehtun muss. Es ist schade, dass sie den Blog seit 1,5 Jahren nicht fortgesetzt hat. Ich habe alles gelesen und fand den sehr gut und lehrreich (primär über das Leben im Gefängnis). Ich würde durchaus ein Buch von ihr lesen. Vielleicht wird das ja irgendwann mal was. Sie beschreibt übrigens 2 Aufenthalte in Deutschland und, dass sie wohl seit langem Deutsch und Französisch lernt. Es wird gar ein klein wenig Deutsch geschrieben.

Ich wundere mich eigentlich, dass immer so viel über Jens Intelligenz gesprochen wird, denn eigentlich kommt sie mir intelligenter vor (und nein, das ist nicht aufgrund der vielen Buchtitel sondern eine allgemeine Einschätzung). Sie ist aber definitiv auch „book-smart“, nicht nur dieses „worldly-smart“. Ihre Interpretation von Macbeth finde ich übrigens wirklich interessant. Das könnte man tatsächlich so lesen, dass wäre dann eine bessere Darstellung von Lady Macbeth und eine Schlechtere von Macbeth selbst als gemeinhin üblich, aber wenn man sich Macbeths Dialoge anschaut, macht ihre Sichtweise durchaus sehr viel Sinn.

Ich finde übrigens, dass es reichlich Parallelen zwischen Sophie’s Choice und Elizabeth gibt und ich glaube auch nicht, dass es ihr unbedingt von Jens empfohlen wurde. Der Film war damals recht populär, womöglich ist einer der Beiden darüber darauf gekommen. [Vorsicht Spoiler!] Sophie’s Choice handelt von Sophies Entscheidung einerseits zwischen ihren zwei Kindern (hier wählt sie den Sohn) und andererseits zwischen den zwei Männern, hier wählt sie Nathan. Nathan ist ein vom Holocaust besessener Jude, ein Genie und Wissenschaftler, der vorgibt ein Harvard Absolvent zu seien und außerdem Schizophren ist. Der andere Mann ist Stingo, Jungfrau und Schriftsteller. Mit ihm schläft sie einmal und begeht danach mit Nathan Selbstmord. Thematisch sehe ich hier sehr viele Ähnlichkeiten, das geht vom Genius zu Lügen über eine anerkannte Universität (Elizabeth gab vor ein Cambridge Stipendium zu haben) zur Geistesstörung zur Jungfräulichkeit, zum (Selbst)Mord. Evtl. könnte gar die Entscheidung Zusammenhang haben (wenn es mehrere Täter gibt und woanders im in diesem oder im Hauptfaden schien ja auch zu stehen, Elizabeth schien sich am College zwischen mehreren Jungs zu entscheiden). Außerdem ist alles verbunden durch Liebe. Ob das allerdings irgendeine Relevanz hat und Elizabeth beeinflusste, lässt sich nicht sagen. Ich würde so etwas prinzipiell erstmal abstreiten, aber Literatur scheint ja hier für Vieles eine große Rolle gespielt zu haben, was solche konventionell gesehen eher wirren Theorien etwas zu bestärken scheint.        

Ich denke hier gehört ein Schlusswort hin: Meiner Meinung nach misst sich Rehabilitation nicht nur an unserem Rechtssystem, sondern auch an unserer Gesellschaft. Einerseits wirkt das beides aufeinander ein, andererseits muss auch vor allem die Gesellschaft für Rehabilitation aufnahmebereit seien und das ist nicht alleine durch eine Rechtsnorm gegeben, sondern erfordert dauerhafte, aktive Partizipation. Zuletzt denke ich, ließen sich durch das was dem Rehabilitationsgedanken zugrunde liegt sogar Verbrechen verhindern. Wir leben in keinem Vakuum, das hinterfragt auch Elizabeth in einem ihrer Blogposts (der über den Paris Terrorangriff vom November), alles was wir tun hat auch auf solches einen Einfluss und vielleicht hätte es in einigen Fällen gereicht, wenn den Verbrechern einfach mal vor der Tat jemand zugehört hätte, sicher nicht in allen, aber ich denke der Punkt ist klar.


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Der Fall "Jens Soering"

20.11.2017 um 14:36
@Lysander2

eigentlich wollen wir hier diskutieren, etwas weniger Text wäre angebracht gewesen. Ist ein Forum und keine
Plattform für ein halbes Buch ;)

Eigene Meinungen erwünscht, aber mehr als Diskussionsgrundlage, auch etwas neues wäre gut.
Also bitte in Zukunft keine Romane mehr.


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Der Fall "Jens Soering"

20.11.2017 um 15:16
@Lysander2


ich finde es nicht schlechter, weil es umfangreicher ist, sondern im großen und ganzen in der rekapitulation des falles
ganz gut....es gibt immer wieder user, die neu einsteigen und nicht wissen wie weit das forum schon in gänze ist....

gut ist auch deine differenzierte betrachtungsweise und das hypothetische beleuchten....

was mir etwas zu kurz kommt ist variante c) da alles was grade in der artefassung von "das versprechen"
herauskommt doch grade eine vorhandene mitwisser- bzw- mittäterschaft gradezu anheizt...

aber endlich formulierst du auch mal einen punkt der immer wieder im anti-JS-lager nicht mitgegangen wird,
nämlich wenn sie JS so manipulierend emotional wie rational steuern konnte, mit wem hat sie es noch getan

aussagen bzw. indizien über affären, sex, beziehungen von eh zu 3. in diesem zeitraum  gibt es mehrere, d.h.
es sollte verbindungen zu 3. existieren die mehr hergegeben haben als blos kommilitonen.

leider wird man sich an diesem punkt ohne weiterer ermittlungen, zeugen, geständnisse ewig im kreis drehen
und sich von reinen spekulationen leider nicht in richtung wahrheit bewegen.

und nochwas würde ich gerne differenzieren. auch ich habe immer versucht den charakter und die psycho von eh ganzheitlich zu erfassen. wenn sie lügt hat das eine auswirkung (für einen beschuldigten). wenn sie manipuliert auch.
allerdings ist aufgrund ihrer vergangenheit, missbrauchserlebnisse, persönlichkeitsstörung, drogenkonsum  die bestätigung in manipulation und sexexzessen
teilweise zu verstehen. andereseits ist es das leben, dass sie wählt. trotzdem wäre ich dafür gewesen strafmildernde umstände bei ihrem urteil anzuerkennen, wenn der fall eh und js besser ermittelt und vor gericht verhandelt worden wäre.

wenn dadurch doch herausgekommen wäre, dass sie die taten begangen hätte und ggf. noch gegen einen anderen mittäter ausgesagt hätte, wäre sie also nicht hingerichtet worden usw.

man ist als kein eh-Hater wenn man JS seine Geschichte zu 100% abkauft....er selbst kann sie ja auch nicht hassen und zu 5% liebt er sie bestimmt noch sogar, weil es er einfach nicht 100% verarbeiten konnte.


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Der Fall "Jens Soering"

20.11.2017 um 15:19
@Lysander2
Also ehrlich gesagt habe ich mir nicht alles durchgelesen, da doch zu lang und leider kommst du auch zu oft vom Thema weg.
Eine Inhaltsangabe über Sophie’s Choice brauchen wir nicht unbedingt, dass nur als Beispiel. Trotzdem danke für deine Mühe.

Jedenfalls möchte ich einen Punkt aufgreifen:
Zitat von Lysander2Lysander2 schrieb:[Hierzu sei am Rande angemerkt, dass im anderen Thread jemand behauptet hat, Jens würde sich niemals 3 Filme in Folge ansehen, da er dazu ja viel zu intelligent sei und es muss dazu gesagt seien, dass die 3 erwähnten Filme bemerkenswert reputabel sind, alle 3
Auch ich finde es jetzt nicht so verwunderlich, sich 3 Filme anzuschauen, es gab sogar dazu längere Pausen, in dieser Hinsicht finde ich JS Geschichte nicht unglaubwürdig. Durchgehend waren es sogar nur 2 Filme, wenn ich es Recht in Erinnerung habe.


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Der Fall "Jens Soering"

20.11.2017 um 15:21
Zitat von Mr.Mystery1990Mr.Mystery1990 schrieb:Lysander2 schrieb:
[Hierzu sei am Rande angemerkt, dass im anderen Thread jemand behauptet hat, Jens würde sich niemals 3 Filme in Folge ansehen, da er dazu ja viel zu intelligent sei und es muss dazu gesagt seien, dass die 3 erwähnten Filme bemerkenswert reputabel sind, alle 3
JS sagt dazu er habe sich den 3. angeschaut weil er erbost war dass EH nicht wiederkam. "Dann lasse ich sie halt warten".


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Der Fall "Jens Soering"

21.11.2017 um 15:25
@mr_majestic
Zu deinem Beitrag wegen der Fime: Ich halte das auch für absolut möglich, dass sich Jens Söring 3 Filme hintereinander ansah, denn 1) waren er und Elizabeth Cineasten, die einem Filmclub in der UVa angehörten 2) hatte @yasumi mal herausgefunden, dass er selbst mit dem Gedanken spielte, einen Film zu drehen.
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Mal etwas anderes: Im Hauptstrang wurde immer wieder mal die Frage aufgeworfen, warum J. Söring gestanden habe und sein Geständnis sogar noch gegenüber einem deutschen Staatsanwalt wiederholt hätte. Von einigen usern wurde daraus abgeleitet, das sei ein Indiz für seine Schuld.
Ich habe nochmals meine Unterlagen durchgesehen und dazu folgendes gefunden:
In der Doku "Lovers Leap" (verlinkt im Hauptstrang unter "Videos") wird bei Min. 21.19 gesagt:
"Dem britischen Gesetz folgend war es den detectives erlaubt, Elizabeth Haysom und Jens Söring nurvier Tage lang über de Morde zu befragen. Danach würden sie diese Möglichkeit verlieren, wenn keine neuen Beweise aufgetaucht wären."
Und hier eine Mitschrift aus einem Interview/ einer Doku/einem Buchauszug von Jens Söring:
"Am nächsten Tag, dem 9. Juni, (1986) würde die viertägige Verhörperiode enden. So entschied ich mich, mein Verprechen einzuhalten... Wie immer auch: ich war eingeschüchtert und gemobbt. Mein Wille war gebrochen nach 3 1/2 Tagen Isolation... Im Dezember 1986 gestand ich erneut gegenüber einem deutschen Staatsanwalt und meinem Rechtsanwalt, weil man gesagt hatte, ein Geständnis sei die einzige Möglichkeit, mich nach Deutschland zu bringen. Die Details dieses Geständnisses waren anders, aber es war genug für den Staatsanwalt (gemeint ist Updike) das in meinem Prozess zu verwenden... Mein deutscher Rechtsanwalt seit Dezember 1986 kann das alles bestätigen genau so wie Gail Marshall."
Ich versichere hoch und heilig, dass ich den Text nicht erfunden habe :), kann aber partout meine Quelle nicht wiederfinden. Daher meine Frage:
Weiß jemand vielleicht, woher der Text stammt ? Wäre toll. Ich such natürlich auch weiter.
Wie auch immer: Jedenfalls geht ja daraus hervor, dass er
1) sich, um sein Versprechen einzuhalten, gezwungen sah, an desem Abend zu gestehen. Elizabeth legte ja ihr - nicht geglaubtes-  Geständnis am gleichen Tag ab.
2) es offensichtlich rechtliche Günde gab, die ein Geständnis vor einem deutschen Staatsanwalt nötig erscheinen ließen, da (nur) dadurch eine Überstellung nach Deutschland ermöglicht werden sollte


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Der Fall "Jens Soering"

21.11.2017 um 15:56
PS: Bei der Mitschrift aus meinem vorigen Beitrag kann es sich durchaus auch um einen englischen Text/Dokuauszug handeln, den ich übersetzt hatte.


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