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Wir sollten Gefängnisse langfristig abschaffen

1.555 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Kriminalität, Norwegen, Gefängnisse ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Wir sollten Gefängnisse langfristig abschaffen

19.03.2021 um 12:07
Zitat von abberlineabberline schrieb:Das stimmt allerdings, die Eltern mussten die Kinder dann trotzdem überall hinfahren
Und wenn Du dann keine Eltern hattest, die dafür Zeit oder ein Auto hatten ... warst Du wieder verratzt. Geringerer Eintritt mit Ferienpass hieß außerdem immer noch, daß man Taschengeld flüssig haben mußte. Das saß damals in kinderreichen, aber sonst nicht vermögenden Familien auch wieder nicht locker.

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19.03.2021 um 12:12
@T.Rick
Korrekt, also doch wieder mit den Kumpels entweder auf der Strasse oder im Wald spielen, auf dem Bolzplatz Sport machen, oder an der Bank am Bach abhängen, bei älteren Geschwistern von Kumpels "Tanz der Teufel" gucken und "Barbarians" am C64 zocken... oder mit 15 auf der Waldlichtung zelten und Metal/Punkrock hören 🍻
Aber so Ubahnschubser von heute gehören definitiv in den Knast


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19.03.2021 um 14:27
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Dazu muss ich anfangen, mich zu fragen, wie ich meine Gesellschaft vor Sucht und vermeidbarer Krankheit schütze anstatt wie ich Drogenhändler bestrafe.
Nein, Drogenhandel ist kein Triebverbrechen.
Ich muss anfangen, darüber nachzudenken, wie ich meine Gesellschaft vor Missbrauch und Gewalt schütze als darüber nachzudenken, wie ich Gewalttäter und Sexualstraftäter härter bestrafe.
Jain, denn Sexualdelikte sind oft mehr oder minder Triebverbrechen. Was aber auch nicht bedeutet, dass sich ein Täter vollständig auf diese Ausrede zurückziehen können darf.

Das Abschaffen der Gefängnisse zu fordern, bleibt in meinen Augen erst mal Unsinn, weil es eine Utopie einfordert, die natürlich eine Binse ist, aber bis auf weiteres eben genauso wenig umsetzbar.

Ist ein wenig wie die Sahnetorte, die schlank macht, zu "fordern".


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19.03.2021 um 14:42
@shionoro

Es ist schin etwas mit dem Gemeinschaftsgefühl. aber warum gab es das früher noch irgendwie und jetzt immer weniger? Den Eindruck habe ich auch.

Und da vergleiche ich gerne mit meiner zweiten Heimat Lima.

Da gibt es regelhaft noch eine große familiäre Verbundenheit. Die ist aber nicht einfach so da, die ist auch notwendig. Der demente Onkel über 80 wird halt von der ganzen Familie mitgetragen.
Das liegt nicht nur daran dass das alles nette Menschen sind obwohl das auch stimmt sondern auch mangels Alternative.

Wenn jemand in der Familie ein finanzielles Problem hat beteiligen wir uns halt alle. Und wenn sich 100 Personen beteiligen dann ist das auch für alle tragbar.

Einer der Gründe ist ein viel grobmaschigeres soziales Netz. Da weiss jeder wenn ich nicht helfe und die anderen dann landet man nicht weich.

Ich habe eine Weile gebraucht um das System der Straßenverkäufer zu verstehen. Da stehen Männer mit 20 Flaschen an einer Kreuzung und verkaufen Wasser an die Auotfahrer. Zum doppelten Ladenpreis. Und viele Menschen kaufen bei denen. So wie bei der Oma mit der Kartoffelkiste. Die verkauft nur Kartoffeln. Ganz viele Menschen bleiben stehen sprechen mit ihr und kaufen Kartoffeln. Weil alle wissen: Wenn wir uns nicht kümmern tut es keiner.

Das grobmaschige soziale Netz führt auch dazu dass jeder sich für seine Mitmenschen verantwortlich fühlt im Rahmen seiner Möglichkeiten.

Bei uns driften Familien auseinader. Und das liegt auch am Grundgefühl gegenüber dem Staat 'Ich habe einen Anspruch auf...'

Das ist kein Appell unser Sozialsystem zurückzubauen aber auch das hat einfach Nebenwirkungen. Eine davon ist eine weit unpersönlichere Solidarität.

Im Ergebnis wäre ich lieber der demente tio Carlos als im Seniorenstift der Mann aus Zimmer 417.


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19.03.2021 um 14:49
Das ist der Preis der Individualität. Wo jeder machen will was er selber möchte, da gibt es nicht mehr allzuviel Gemeinsamkeiten innerhalb der bisherigen Zwangsgemeinschaften, insbesondere Familie, oder Dorf, oder Schulklasse, oder Sportmannschaft. Familie sucht man sich bekanntlich nicht aus, manchmal geht es gut, häufig aber auch mächtig schief. Mit den anderen "Gemeinschaften" ist es das gleiche. Wer dem Dorf entflieht und in die Stadt zieht, entflieht nicht nur den geringeren Entfaltungsmöglichkeiten dort, sondern oft genug auch dem ständigen gehässigen Geklatsche. Wo es kaum andere Ablenkung gibt, zieht man gnadenlos übereinander her. Stattdessen sucht man sich per moderner Medien Leute mit denen "man kann", die auf der gleichen Welle liegen, die wohnen dann aber eventuell am anderen Ende der Welt. Man muß sich also ständig fragen, wie weit will man Gesellschaft, und was ist man bereit dafür zu opfern, und wie weit will man persönliche Freiheit und Individualität, um den Preis dann ziemlich allein zu sein, oder nur mit einigen wenigen Freunden mit denen man sich wirklich versteht.


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19.03.2021 um 14:53
@T.Rick

Das Entfliehen vom Klatsch hat aber auch eine andere Seite wenn man anonym in einer Großstadt lebt.

Da redet dann zwar keiner über Dich aber auch keiner mit Dir.

Und dann 'Ein Mann wurde tot in seiner Wohnung gefunden. Er muss schon mehrere Monate unbemerjt in seinem Fernsehsessel verwest sein. Im ZDF lief aber die Wiederholung einer Sendung die auch zu seinem geschätzten Todeszeitpunkt lief. Nachbarn hattwn sich über den penetranten...'


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19.03.2021 um 15:03
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Bei uns driften Familien auseinader. Und das liegt auch am Grundgefühl gegenüber dem Staat 'Ich habe einen Anspruch auf...'
Was dazu kommt, ist, dass unser Staat bzw die Politik sehr gerne solche Möglichkeiten aufgreift, wenn sie nur der eigenen Profilierung dienen. Aber beinahe jeder "soziale" Eingriff der nicht von der Person selbst durchgeführt wird, die diese Sozialität fordert (und das ist politisch ja beinahe immer der Fall) fördert auch Unzufriedenheit auf der Seite derer, die für diese vermeintliche Sozialität bezahlen müssen.


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19.03.2021 um 17:19
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:as Entfliehen vom Klatsch hat aber auch eine andere Seite wenn man anonym in einer Großstadt lebt.

Da redet dann zwar keiner über Dich aber auch keiner mit Dir.

Und dann 'Ein Mann wurde tot in seiner Wohnung gefunden. Er muss schon mehrere Monate unbemerjt in seinem Fernsehsessel verwest sein. Im ZDF lief aber die Wiederholung einer Sendung die auch zu seinem geschätzten Todeszeitpunkt lief. Nachbarn hattwn sich über den penetranten...'
Perfekt ist kein System. Irgendeinen Frosch muß man immer schlucken, sei es daß man sich nicht frei entfalten kann, wenn einem ständig die ganze Familie oder das ganze Dorf im Nacken sitzt, oder daß man, wenn man frei ist, dann oft auch allein ist. (Was nicht gleichbedeutend mit einsam sein muß.)
A propos, was ist Deiner Einschätzung nach beim Finden von so einem vergessenen Toten das "skandalöseste"? Daß er allein und nicht im Kreis der Verwandten oder Freunde gestorben ist? Daß er vielleicht noch zu retten gewesen wäre wenn er rechtzeitig gefunden worden wäre (was kein Garant fürs Überleben ist, ein plötzlicher Herzkasper kann jeden spontan dahinraffen, und wer ist wirklich 24 Stunden am Tag mit jemand anderem zusammen)? Oder einfach die Sauerei, die eine verwesende Leiche in der Wohnung hinterläßt?


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19.03.2021 um 17:22
@T.Rick

Dass ein Mensch oft ganz lange von niemandem vermisst wird. Diese Idee finde ich sehr traurig.
Ich denke derart alleine ist kaum jemand freiwillig.


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19.03.2021 um 17:26
Wer nicht mehr täglich auf die Arbeit muß, nur lockere Freundschaften pflegt, keine Kontakte zu Verwandten hat und keine Gäste bei sich zuhause empfängt, der wird auch nicht so schnell vermißt. Vielleicht ist er ja auch nur verreist, denkt sich der Nachbar dann. Ist ja auch möglich. Gönnt sich eine längere Kreuzfahrt oder so.


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19.03.2021 um 20:19
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Das stimmt nicht, das ist eine Umstandsfrage.
Nö eigentlich nocht. Fängt schon im Kindesalter an das sich unterschiedliche Gruppen bilden und diese eben auch oft gegeneinander agiere: es gibt immer ein wir und die anderen.
Im Sport am besten zu sehen in den Stadien.
Zitat von cpt_voidcpt_void schrieb:Ihr seid doch schon ein paar Schritte zu weit. Die erste, ganz kleine, Gruppe der man angehört, ist die Familie. Vater, Mutter und Kind(er). Hier startet die Sozialisation, und wenn sich hier schon nichts tut oder es in die falsche Richtung geht, weil die Eltern das auf KiTa, Schule und Umfeld abschieben, ist der Schaden doch bereits angerichtet.
Mir ging's gar nicht um angerichtete Schäden, sondern um den Umstand das eben das unmittelbare Mitgefühl für andere Menschen eben doch sehr begrenzt ist auf die unmittelbare soziale Gruppe.
Blut ist dicker als Wasser sagt man ja z.b auch nicht umsonst.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:sondern von allen Menschen gemeinsam in eine zunächst kommunale, dann nationale und dann internationale mehrheitsgesellschaft.
Das wird wahrscheinlich erst passieren wenn wir mal Außerirdischen Kontakt hatten der eine Abgrenzung zwischen denen und uns erlaubt.


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19.03.2021 um 20:37
shionoroid=29689789 schrieb:Das ist doppelmoralisch. ICh sag nicht, dass man alles legalisieren muss. Ich sag nur, dass man schon argumente haben muss, um beim einen eine konsequente strafverfolgung, die viel geld kostet, zu rechtfertigen, während man gleichzeitig bewerbung und lobbyarbeit vom anderen erlaubt und in ordnung findet.
Das kriminalisieren von Sucht ist wiederspruchlich. Wir wissen heute, Sucht ist eine Erkrankung. Wir wissen heute, das Gene dafür (mit) Verantwortlich sind ("Suchtgen").: Der Konsum von Heroin wird nicht mehr bestraft, sehr wohl aber der Erwerb und Besitz. Das ist scheinheilig, ohne es zu erwerben und zumindest bis zum nächsten Konsumraum in Besitz zu haben gibt es auch keinen Konsum. Entsprechend begeht jeder Heroinkonsument schon eine Straftat, auch ohne Beschaffungskriminalität.


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20.03.2021 um 00:20
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Es ist schin etwas mit dem Gemeinschaftsgefühl. aber warum gab es das früher noch irgendwie und jetzt immer weniger? Den Eindruck habe ich auch.

Und da vergleiche ich gerne mit meiner zweiten Heimat Lima.

Da gibt es regelhaft noch eine große familiäre Verbundenheit. Die ist aber nicht einfach so da, die ist auch notwendig. Der demente Onkel über 80 wird halt von der ganzen Familie mitgetragen.
Das liegt nicht nur daran dass das alles nette Menschen sind obwohl das auch stimmt sondern auch mangels Alternative.

Wenn jemand in der Familie ein finanzielles Problem hat beteiligen wir uns halt alle. Und wenn sich 100 Personen beteiligen dann ist das auch für alle tragbar.

Einer der Gründe ist ein viel grobmaschigeres soziales Netz. Da weiss jeder wenn ich nicht helfe und die anderen dann landet man nicht weich.

Ich habe eine Weile gebraucht um das System der Straßenverkäufer zu verstehen. Da stehen Männer mit 20 Flaschen an einer Kreuzung und verkaufen Wasser an die Auotfahrer. Zum doppelten Ladenpreis. Und viele Menschen kaufen bei denen. So wie bei der Oma mit der Kartoffelkiste. Die verkauft nur Kartoffeln. Ganz viele Menschen bleiben stehen sprechen mit ihr und kaufen Kartoffeln. Weil alle wissen: Wenn wir uns nicht kümmern tut es keiner.

Das grobmaschige soziale Netz führt auch dazu dass jeder sich für seine Mitmenschen verantwortlich fühlt im Rahmen seiner Möglichkeiten.

Bei uns driften Familien auseinader. Und das liegt auch am Grundgefühl gegenüber dem Staat 'Ich habe einen Anspruch auf...'

Das ist kein Appell unser Sozialsystem zurückzubauen aber auch das hat einfach Nebenwirkungen. Eine davon ist eine weit unpersönlichere Solidarität.

Im Ergebnis wäre ich lieber der demente tio Carlos als im Seniorenstift der Mann aus Zimmer 417.
Ich denke die ganz grundlegenden Veränderungen in unserer Gesellschaft haben mit der Digitalisierung zu tun. Digitalisierung kann man nicht nur als eine Verlagerung von Inhalten ins virtuelle zu verstehen. Ich verstehe (so wie auch viele in der Medien und Kulturwissenschaft) die Digitalisierung, genau wie die Industrialisierung, als eine ganz neue Menschheitsepoche, bei der viele aufkommende Fragne mit alten Konzepten nicht mehr beantwortet werden können.

Industrialisierung war eine Bewegung hin zu einer Massengesellschaft. Wo es vorher Dorf und Stadtgemeinschaften gab, die recht weit voneinander entfernt waren, musste man jetzt große Fabriken und Verzahnung vieler verschiedener Industriebereiche erreichen und auch eine Professionalisierung von Arbeit. Daraus sind auch Schulen entstanden: Man musste Menschen erziehen und ihnen eine gewisse Grundbildung mitgeben, um sie ein Stück weit zu normen, damit sie für die Industrie verwertbar waren (anders als irgendwelche Klosterschulen von vorher, wo jeder lehren konnte, was er wollte).

Es haben sich da Menschen ganz fundamental ändern müssen, von der Dorfgemeinschaft zur Großstadt und zum richtigen Staat, wo die Regierung mit Radios und später Fernsehern einen Echtzeit Einfluss auf all ihre Bürger ausüben kann.

Und vor so einer gigantischen Umwälzung stehen wir wieder, bzw. sind schon drin. Die Menschen und die Gesellschaft verändern sich schon, aber wir haben noch keine Antworten auf die Fragen, die dadurch aufgeworfen werden.

Du sprichst vom sozialen Netz und denkst, dass eine zu starke Infantilisierung durch Leistungsanspruch Menschen und deren Zusammenhalt schwächt (so wie ich dich verstanden habe). Ich glaube, dass das zum Teil stimmt, aber diese Infantilisierung nicht originär daher kommt, dass der Staat sich kümmert. Im gegenteil, ich glaube, sie entsteht daraus, dass er sich falsch kümmert.
Richtig ist für mich: Es gibt ein Grundbedürfnis in der heutigen Gesellschaft nach mehr halt. Wir haben heute nicht nur wie vorher eine Klassengemeinschaft, eine Arbeitsbelegschaft, eine Dorfgemeinschaft, ein Viertel. Wir haben tausende solche schnell wechselnden sozialen Netzwerke. Man ist von seinen Nachbarn entwurzelt, man ist von seinen Kommilitonen entwurzelt, man ist sogar von seiner Schulklasse entwurzelt und gerade die junge Generation findet immer mehr halt im Internet, wo man sich wenigstens kleine 'Stämme' suchen kann, überschaubare Systeme, in denen man irgendwie dazugehört.

Für mich sind grassierende Diskussionen über identity politics (und die gibt es überall. Die gibt es von links und von rechts, aus jeder richtung, mal versteckt, mal ganz offen) ein Symptom davon, dass Menschen sich nach einer Identität sehnen, die Gesellschaft ihnen aber keine mehr liefern kann. Unsere Welt ist zu chaotisch dafür, als dass man sich in der Jugend eben eine Identität formt und die dann so im großen und ganzen behält (vonwegen: "Ich bin ein arbeiter und ich bin damit zufrieden" oder "Ich hab meine familie und meinen Platz in meiner Stadt und das reicht mir"). Und das meine ich nicht wertend, das ist ein Zustand, den wir wahrnehmen und damit umgehen müssen. Es gibt kein zurück.

Ich denke nicht, dass ein schwächeres staatliches sozialsystem zu einem größeren Zusammenhalt untereinander führt. Ich glaube, es gibt arme länder, wo es den zusammenhalt gibt, aber in den USA z.B. erkennen wir das nicht, obwohl die Sozialsysteme dort schwach sind.
Ich denke das große Problem ist, dass Menschen sich nicht mit denen vernetzen können, mit denen sie sich vernetzen wollen und müssten und nciht wissen, wie sie ein verlässliches soziales netz für sich selbst aufbauen können.
Den Familie, Staat, Arbeit, Klasse, Kirche usw. können diese Identität heute einfach nicht mehr gewährleisten. Um als entwurzelter MEnsch aufgefangen zu werden, braucht es mehr als Geld vom Staat. ABER: Es braucht den Staat, um eine Gesellschaft aufzubauen, in der möglichst wenig Menschen entwurzelt sind.

Darauf zielt mein Ansatz im Strafrecht. Wie vernetze ich Menschen miteinander? Wie Sorge ich dafür, dass opfer Ansprechpartner haben, die mehr als nur eine Funktion sondern ein anderer Mensch für sie sind? Wie schaffe ich es, dass jeder potentielle Täter irgendeine Person hat, deren Respekt er will, den er aber nur bekommt, wenn er sich nicht kriminell verhält? Bzw. zu der er bei Problemen gehen kann?

Ich habe in meinem Zivildienst ein Jahr lang in einer Psychiatrie gearbeitet. Dort war ich auch jemand, der nur eine funktion erfüllt hat, unabhängig davon, wie gut ich mich mit einem patient verstand oder wie nahe mir deren leiden ging. Oft war es so, dass jemand mir wirklich schwierige fragen bezüglich 'was soll ich denn jetzt achen' stellt oder mir klar war, dass das jemand ist, der einen Monat nach entlassung wieder da sein wird und andere hilfe braucht, als die psychiatrie ihm geben kann.
Aber das hätte ich niemals zugegeben. Dann verwies ich ihn weiter, z.B. an die Sozialarbeiterin, oder seinen Betreuer. Ich habe da schon gewusst, dass das System ihnen, egal ob sie kooperativ sind oder nicht, keine Hilfestellung bei ihren Problemen bietet, aber sie an die Stelle verwiesen, die ihnen theoretisch helfen müsste. Natürlich ist es kein moralischer Makel von mir, nicht helfen zu können, aber es ist ein makel des Systems, dass das system nciht zugeben kann, dass es jemandem nicht helfen kann (zumindes tnicht, ohne dabei entweder demjeniegen die schuld zu geben oder zu behaupten, es ginge nicht besser).

Ich will, das unsere Gesellschaft wieder daran glaubt, dass es bessere Systeme für uns geben kann, dass es ein besseres zusammenleben geben kann und hinterfragt, ob ein System wirklich das beste ist. Natürlich mit wissenschaftlichen Studien, natürlich mit Erfahrungswerten. Keine ideologischen Utopien, aber ernsthafte versuche, jahrzehnte oder jahrhunderte alte systeme zu ändern, um die neuen Herausforderungen die sich uns stellen annehmen zu können.

Ansonsten agiert unser Staat genau wie ich in der Psychiatrie beim Strafrecht.Er verweist auf die entsprechenden Stellen, erklärt sich vielleicht zu kleinen Reformen bereit wie mehr Polizisten oder höhere Strafen, aber eigentlich weiß er insgeheim, dass er gar keine Antworten parat hat. Aber er darf es nicht zugeben.


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20.03.2021 um 00:34
Zitat von T.RickT.Rick schrieb:Weil die anderen das in so einem Fall auch nicht tun werden, da ist sich jeder selbst der Nächste, und die eigene Gruppe oder Familie geht immer vor, sogar wenn andere (Fremde) dafür draufgehen. Das gehört zu den grundlegenden Primateninstinkten der Gattung Mensch. Angeborene Instinkte lassen sich durch Erziehung allenfalls dressieren, aber niemals ausschalten.
Aber warum sollten wir den Fall eintreten lassen?

Ich muss doch auch meine Nachbarn nicht umbringen, um resourcen zu bekommen. Auch nicht die Leute aus der Nachbarstadt. Warum sollte ich die Menschheit nicht so organisieren können, dass Resourcenkonflikte nicht blutig eskalieren und man mehr Nutzen aus Kooperation als aus Einzelkämpfertum hat?

Das ist eine Frage der Organisationsfähigkeit und des Wissens der Gesellschaftsgestalter. Es gibt darum, instinkte des Menschen zu verstehen (die keinesfalls rein anti-kooperativ sind) und eine welt zu bauen, in der die toxischen Aspekte minimiert werden.

Menschen müssen keinen Krieg führen, wenn ihre Bedürfnisse erfüllt sind.


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20.03.2021 um 00:42
Zitat von TripaneTripane schrieb:Nein, Drogenhandel ist kein Triebverbrechen.
Das stimmt, trotzdem ist es dieselbe Frage. Ich muss mich fragen, wie ich die Gesellschaft vor Schaden bewahre, und diese Frage ist nicht deckungsgleich damit, wie ich alle drogen verbiete und das Verbot durchsetze.

Schließlich könnte es ja auch stimmen, dass es für die gesundheit meiner gesellschaft besser wäre, wenn manche drogen erlaubt sind. oder, dass ich den drogenkonsum besser durch sozialpolitik als durch ein verbot minimieren kann. Das sind valide möglichkeiten, die eine Reine fokussierung auf die bestrafung vollkommen außer Acht lässt.
Zitat von TripaneTripane schrieb:Jain, denn Sexualdelikte sind oft mehr oder minder Triebverbrechen. Was aber auch nicht bedeutet, dass sich ein Täter vollständig auf diese Ausrede zurückziehen können darf.

Das Abschaffen der Gefängnisse zu fordern, bleibt in meinen Augen erst mal Unsinn, weil es eine Utopie einfordert, die natürlich eine Binse ist, aber bis auf weiteres eben genauso wenig umsetzbar.

Ist ein wenig wie die Sahnetorte, die schlank macht, zu "fordern".
Es fordert keine Utopie ein. Es ist eine Zielsetzung. Wenn unsere Zielsetzung ist, dass wir niemanden mehr ins gefängnis stecken müssen, dann fokussieren wir uns auf die richtigen Fragen und Punkte. Wenn unser Ziel ist, möglichst viele Straftäter ins Gefängnis zu stecken (bzw. sie zu sanktionieren), dann stärken wir unter umständen sogar die gewalt in unserer gesellschaft bei den niedrigen Resozialisierungsquoten, die wir haben und bei den anderweitigen Problemen, die die strafverfolgung mit sich bringt.

Es ist schlichtweg ein Hinwenden zur Realität, die da ist, dass wir uns die Falsche Frage stellen, weil wir die Antwort scheuen. Wir haben uns mit dem Status Quo arrangiert und es ist die einfachste Lösung, einfach weiter zu machen wie bisher, bis uns der Laden um die Ohren fliegt. Auf kosten vieler Opfer. Die Realität ist, dass wir andere Strategien als Sanktionierung brauchen (was Sanktionierung nicht ausschließt) um die gewalt und kriminalität in unserer gesellschaft zu senken.


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20.03.2021 um 02:20
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Man kann nicht bei jedem menschen, der hilfe braucht, nach eigenverantwortung schreien, nur weil die therapie nicht anschlägt, aber dann beim Drogenthema sagen, Menschen dürfen das nicht nehmen weil drogen gefährlich sein können.
Hilfe wird ihm doch gewährt, sofern er möchte.
Man kann keinen Menschen zwingen, eine Therapie zu beginnen u. wenn er diese angetreten hat, ihn nicht davon abhalten, das Zeug zu trinken.
Hier steht der Erkrankte dann in Eigenverantwortung, wenn er Ausgang hat.

Natürlich darf bzw. sollte keiner Drogen nehmen u. nach Möglichkeit erst gar nicht anfangen mit Alkohol.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Entweder wir sehen ein, dass in der tat menschen auch statistiken sind und z.b. bei alkohol nunmal ganz klar ist, dass bei einer höheren bewerbung mehr leute süchtig werden oder daran sterben, oder wir nehmen den standpunkt ein, dass jeder seine persönliche gefahr selbst entscheiden muss.
Du meinst, durch die Bewerbung greifen Leute zum Alkohol?
Das Zeug ist längst gesellschaftsfähig geworden, quasi normal.

So gut wie keine Feier ohne Alk.
Es stand sogar beim Kigafest ein Alkoholanhänger auf dem Schulhof.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Die Frage ist doch: Warum sollte man diese und noch viele weitere Türen für Substanzen öffnen, die nicht notwendig aber überaus schädlich sind? Und da wüsste ich keinen Grund für.
Ich auch nicht.
Ich denke, jeder ist heutzutage über die Gefahren, was Tabakwaren, Alkohol u. (harte) Drogen mit sich bringt, aufgeklärt.
Einschränkend gibt es Lebenskrisen, Schicksalsschläge, wo der Ein oder Andere dazu greift.

Jedoch wüsste ich nicht, warum man Kokain erlauben sollte, Alkohol u. Nikotin sind längst gesellschaftsfähig geworden, wenn man das so ausdrücken kann.
Zitat von DalaiLottaDalaiLotta schrieb:Es geht nicht drum, "Rund um die Uhr" überwacht zu werden - es geht darum, nicht mit dem Problem alleine gelassen zu werden.
Ich weiß, ich hab das hinter mir.
Es ist gut, wenn man auf Hilfe nach dem Aufenthalt zurückgreifen kann, haben muss es gewiss nicht jeder.


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20.03.2021 um 02:22
Zitat von lmnoplmnop schrieb:Das kriminalisieren von Sucht ist wiederspruchlich. Wir wissen heute, Sucht ist eine Erkrankung. Wir wissen heute, das Gene dafür (mit) Verantwortlich sind
Es gab jedoch eine Zeit vor der Sucht ;)

Die Sucht tritt erst mit dem Konsum auf oder irre ich mich da...


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20.03.2021 um 02:52
Zitat von boraboraborabora schrieb:Die Sucht tritt erst mit dem Konsum auf oder irre ich mich da...
Tust du nicht, ohne (erstmaligen bzw mehrmaligen) Konsum: keine Sucht.
Man kann nicht süchtig sein, ohne es zu kennen.
Zitat von lmnoplmnop schrieb:Wir wissen heute, Sucht ist eine Erkrankung
Das stimmt, aber Sucht ist ein Mangel an etwas, und den Mangel kann man nur haben, wenn man es kennt bzw kannte.


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20.03.2021 um 08:07
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Menschen müssen keinen Krieg führen, wenn ihre Bedürfnisse erfüllt sind.
Dennoch tun sie es. Solange Menschen unterschiedlich sind werden sie auch Kriege gegeneinander führen, nicht wegen Bdütfnissen die gestillt werden wollen unbedingt, oft reichen ja auch unterschiedliche Weltanschauungen und Überzeugungen. Der Glaube an irgendwelche Phantasiegespinnste hat in der Menschheitsgeschichte die brutalsten Kriege hervorgebracht.

Frieden entsteht dort wo sich Menschen gerecht behandelt fühlen. Die Frage ist also wie schaffen wir eine gerechte Gesellschaft. Nicht nur im Kleinen sondern über die eigene kleine soziale Gruppe hinaus, weltweit. Das ist natürlich ambitioniert aber schlussendlich muss das das Ziel sein. Dafür braucht es aber Anfänge im kleinen und da fängt es svhon an. Wie wollen wir die Erträge einer Gesellschaft verteilen, sollen einige wenige immer mehr bekommen weil sie Millionen für sich arbeiten lassen? Ist das gerecht? Oder wollen wir uns als Gemeinschaft sehen in der jeder eben auch als Teil dieser Gemeinschaft gesehen und behandelt wird unabhängig davon wie Leistungsfähig jemand ist und daher auch Teilhaber des von der Gemeinschaft erwirtschafteten Wohlstands ist?

Die Fragen sind schon immer dieselben gewesen. Viel kluge Menschen haben das schon erkannt aber Fakt ist auch das der Mensch eben evolutionär ein Raubtier ist und das machen auch ein paar Jahre Industrialisierung und Digitalisierung nicht wett.

Wenn man das erstmal hinter sich gelassen hat, dann lösen sich andere Probleme, wie Gefängnisse wahrscheinlich auch ganz von selbst.


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20.03.2021 um 08:12
Zitat von McMurdoMcMurdo schrieb:Wenn man das erstmal hinter sich gelassen hat, dann lösen sich andere Probleme, wie Gefängnisse wahrscheinlich auch ganz von selbst.
Unwahrscheinlich denn nur ein Teil der Straftaten werden wegen Geldmangel durchgeführt.


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