Ist es nicht rassistisch, Deutsche als Nazis etc. zu bezeichnen?

Doors schrieb:Hat bei Dir noch nie ein Isländer an der Tür geklingelt und Dich angebrüllt: "Hau ab, Nazi-Kartoffel! Island den Isländern!!" Passiert mir ständig.

Doch, jetzt wo du es sagst.... Tja, die Ausländer sind alle gleich (fies). Da lohnt es sich nicht, irgendwie zu differenzieren oder genauer hinzuschauen. Werde ich meinem österreichischen Arbeitskollegen morgen auch gleich mal sagen: "Mit mir nicht! Von dir lasse ich mich nicht länger als Piefke beleidigen!!11!!"

wenn sich Deutsche wie Nazis benehmen ist es richtig, das auch auszusprechen.
Rassismus ist per se unsinnig, da es keine Rassen gibt

J.P.Rabo schrieb:wenn sich Deutsche wie Nazis benehmen ist es richtig, das auch auszusprechen.

und wenn sich Nicht-Deutsche wie Nazis benehmen?
oder wenn Deutsche sich garnicht wie Nazis benehmen aber so betitelt werden?

J.P.Rabo schrieb:Rassismus ist per se unsinnig, da es keine Rassen gibt

Und trotzdem gibt es Rassismus.

J.P.Rabo schrieb:wenn sich Deutsche wie Nazis benehmen ist es richtig, das auch auszusprechen.
Rassismus ist per se unsinnig, da es keine Rassen gibt

aber einen deutschen einfach wegen seiner nationalität/herkunft als nazi zu bezeichnen ist ein nogo. schließlich will ja auch nicht jeder türke, kurde oder araber als terrorist oder islamist bezeichnet werden.

flyflower schrieb:Wie bei allem anderen in Deutschland spielen wir Deutschen halt keine große Rolle.

Wer sagt das? Die AfD? (Falls ja, kleiner Tipp; was von denen kommt, stimmt in der Regel selten)

Auch ich hätte gerne konkrete Beispiele.

J.P.Rabo schrieb:wenn sich Deutsche wie Nazis benehmen ist es richtig, das auch auszusprechen.

Auf jeden Fall.

Allerdings gehört auch für mich da mehr zu als nur die reine Herkunft oder das Aussehen blond und blauäugig bspw.

J.P.Rabo schrieb:Rassismus ist per se unsinnig, da es keine Rassen gibt

In manchen kranken Köpfen leider schon.

Genauso wie in der kranken Vorstellung dass Menschen bestimmter Ethnien keine vollwertigen Menschen sind, sondern Untermenschen oder so ein Dreck. Das ist ja Rassismus.

behind_eyes schrieb:und wenn sich Nicht-Deutsche wie Nazis benehmen?

Ist das auch zu verurteilen. Aber wie gesagt sind nicht alle Ausländer so. Nicht mal alle aus den Herkunftsländern, die für die AfD die Feindbilder schlechthin sind.

flyflower schrieb am 14.07.2023:Bei uns passiert das echt ständig.
Wir haben einen hohen Ausländeranteil in der Stadt, da ist sowieso jedes dritte Wort Nazi, aber auch Deutsche schmeißen mit diesem Wort inzwischen extrem um sich.

,,Aber auch Deutsche ..." Das ist krass!!

Naja, und wie geschrieben und gelesen, Andersdenkende und AfD Wähler - allesamt auch durch die eigenen Landsleute öffentlich in die Nazischublade.

Dass dann eine stete ,,Ermüdung" der Aussage/Inhalt dieses Begriffs eintritt, was noch ein zusätzlicher Fußtritt an all die Opfer des 2. WK ist, ist doch mehr als bedenklich.
Wenn die eigene Bevölkerung es nicht einmal checkt, dass sie selbst damit hausieren geht, muss sie sich auch nicht diskriminiert fühlen.

Johnny1887 schrieb am 12.07.2023:Ist es nicht wirklich rassistisch, Deutsche so zu bezeichnen?

Johnny1887 schrieb am 12.07.2023:Ich wollte mal fragen, ob es nicht rassistisch ist, wenn Deutsche einfach wegen ihrer Nationalität/Herkunft als Nazis oder Rassisten oder sonstwas bezeichnet werden.

@Johnny1887
Nein, das ist nicht rassistisch.
Nazismus und Rassismus sind verachtens- und verdammenswert, aber es ist ja vollkommen sinnlos, wenn die
Bezeichnung Menschen angehängt wird, die nichts von beidem sind.

Wenn ich so beschimpft werde, frag ich mich, woran der Schimpfen das denn festmachen will.
Wenn es nur um meine Nationalität geht, tropft das von mir ab.
Bei der Generation, die im 2. Weltkrieg schlimme Erfahrungen mit deutschen Soldaten und Denunzianten gemacht hat,
verstehe ich gut, dass die Erlebnisse prägend sind. Aber Jahrzehnte nach dem Krieg haben die Generationen gelernt, dass es auf den Menschen ankommt.
Nazis gibt es leider überall auf der Welt. Das ist ja kein deutsches Phänomen.

Provozieren lasse ich mich nicht. Wen mein Gegenüber Streit sucht, vielleicht betrunken ist, hab ich keine Lust, meine Zeit
zu verschwenden.
Ich bin aber immer interessiert an Gesprächen über Erinnerungen aus dem Krieg. Da sind ja bis heute tiefe Narben zurückgeblieben.

flyflower schrieb:Im Allgemeinen sehen Ausländer nie ein Problem darin andere zu beleidigen, aber die Welt geht unter wenn es andersrum ist.

Man kann das jetzt auch übertreiben, ich kenne sehr viele „Ausländer“ und kann das, was du hier schreibst, mal so gar nicht bestätigen. Natürlich gibt es auch unter „Ausländern“ den einen oder anderen Dominanten, der sich nichts gefallen lässt, aber ist das bei uns soviel anders? Ich glaube nicht.

Die häufig gelesenen Begriffe "Kartoffel" und "Alman" habe ich persönlich übrigens noch nie selbst abbekommen. Das mag natürlich an meiner Alterskategorie liegen, wo man vielleicht sowieso weniger die Tendenz hat, sich spontan gegenseitig zu beleidigen.

Und wie gesagt, der "Nazi" wurde vor vielen Jahren mal in Nordamerika herausgekramt und war damals eher positiv gemeint (ich glaube, die hatten damals gar nicht kapiert, warum ich damit nicht in Verbindung gebracht werden wollte).

martenot schrieb:Die häufig gelesenen Begriffe "Kartoffel" und "Alman" habe ich persönlich übrigens noch nie selbst abbekommen. Das mag natürlich an meiner Alterskategorie liegen, wo man vielleicht sowieso weniger die Tendenz hat, sich spontan gegenseitig zu beleidigen.

Ich denke, das hat auch sehr viel mit dem eigenen Verhalten zu tun und wie man auf sein Gegenüber zugeht. Meiner Erfahrung nach ist es so, dass wenn man sein Gegenüber auf Augenhöhe sieht, dann es auch garnicht zu irgendwelchen Beleidigungen kommt.

frauZimt schrieb:Ich bin aber immer interessiert an Gesprächen über Erinnerungen aus dem Krieg. Da sind ja bis heute tiefe Narben zurückgeblieben.

In meinem Blog schrieb ich ein Beispiel für eine solche Erinnerung nieder:

Einmal zu oft in Hamburg (Beitrag von Shibam)

martenot schrieb:Und wie gesagt, der "Nazi" wurde vor vielen Jahren mal in Nordamerika herausgekramt und war damals eher positiv gemeint (ich glaube, die hatten damals gar nicht kapiert, warum ich damit nicht in Verbindung gebracht werden wollte).

Wie kann man diesen Bezeichnung mit was positivem in Verbindung bringen oder positiv meinen?

Oder kam das damals von einem bestimmten Klientel? In den USA (oder warst du in Kanada?) ist die rechtsextreme Szene ja auch stark verbreitet und für die dürfte der Begriff Nazi natürlich (leider-kotz) positiv besetzt sein.

rhapsody3004 schrieb:Wie kann man diesen Bezeichnung mit was positivem in Verbindung bringen oder positiv meinen?

Meiner Erfahrung nach gibt es tatsächlich in einigen Gegenden der Welt Leute, die Nazis bzw. Hitler mit etwas Positivem in Verbindung bringen. Vielleicht auch deswegen, weil sie kaum etwas darüber wissen, außer, dass es sich um einen Politiker gehandelt hat.

martenot schrieb:Vielleicht auch deswegen, weil sie kaum etwas darüber wissen, außer, dass es sich um einen Politiker gehandelt hat.

Und ein Politiker wird pauschal mit was positivem in Verbindung gebracht?

Und über welche Gegenden der Welt sprechen wir da, die angeblich mit den Begriffen/Namen Nazi und Hitler nichts weiter anfangen können? Auch tatsächlich in Nordamerika?

Ich kanns mir nur schwer vorstellen.

Leichter hingegen kann ich mir vorstellen, dass man insgeheim mit dem dritten Reich und der kranken Ideologie der Nazis sympathisiert und deshalb Positives damit in Verbindung bringt.

Das halte ich auch für den wahrscheinlicheren Grund warum an immer mehr Schulen in Ostdeutschland Hitler aber auch generell die Nazis und das Dritte Reich relativiert oder gar als etwas Positives damit in Verbindung gebracht werden soll.

Kaum einer, eigentlich gar keiner, kann mir das Märchen von Mangelnder Bildung oder aus Unwissenheit erzählen.

rhapsody3004 schrieb:Und ein Politiker wird pauschal mit was positivem in Verbindung gebracht?

Frag mich nicht, ich habe diese Personen damals nicht genauer gefragt.

rhapsody3004 schrieb:Und über welche Gegenden der Welt sprechen wir da, die angeblich mit den Begriffen/Namen Nazi und Hitler nichts weiter anfangen können? Auch tatsächlich in Nordamerika?

Mir ist sowas mal in Kanada passiert (ist aber bestimmt mehr als 20 Jahre her), aber auch in Ostasien, ich glaube Indonesien.

Ich erinnere mich nicht mehr an die Details, weiß aber noch, dass mir diese Kommentare unangenehm waren und ich versucht hatte zu erklären, warum ich nicht darüber begeistert war.

rhapsody3004 schrieb:Das halte ich auch für den wahrscheinlicheren Grund warum an immer mehr Schulen in Ostdeutschland Hitler aber auch generell die Nazis und das Dritte Reich relativiert oder gar als etwas Positives damit in Verbindung gebracht werden soll.

Hast du da mal was zum Einlesen?

rhapsody3004 schrieb:Kaum einer, eigentlich gar keiner, kann mir das Märchen von Mangelnder Bildung oder aus Unwissenheit erzählen.

Bildung spielt bei sowas immer eine Rolle und global wird es nicht nur Indien so gehen:

Hitler als Vorbild für heutige Regierungschefs
Adolf Hitler gilt im fernen Indien vor allem als starker Führer. Ein knallharter Staatslenker, der das am Boden liegende Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg mit harter Hand in einen Staat verwandelt hat, mit dem die ganze Welt rechnen musste. Einer, von dem sich die schwachen, korrupten Politiker von heute ruhig ein Scheibchen abschneiden sollten, meinen viele in dem südasiatischen Land. Torwächter Lavith aus Rajasthan etwa setzt große Hoffnung in Indiens Premierminister Narendra Modi. Der greife wenigstens durch, „wie Hitler!“.

Viele Inder bewundern nicht nur die Außen-, sondern vor allem die Wirtschaftspolitik der Nationalsozialisten, die – simpel und verkürzt – das Land trotz Reparationszahlungen aus den Trümmern nach vorn gebracht hätten, und das in nur einem Jahrzehnt. Hitlers darin gesehene Führungsqualitäten überstrahlen hier seine Verbrechen.

Das ist nicht nur pure Ignoranz. Die indischen Schulbücher lehren Europas Geschichte recht eingeschränkt, der Holocaust kommt nicht wirklich vor. Die grausamen Einzelheiten und Details des Völkermordes gehen unter. Auch, weil die Briten in den 40er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Nachrichten aus Europa in Indien stark zensierten.

Quelle: https://www.welt.de/politik/ausland/article160191205/In-Indien-ist-Adolf-Hitler-ein-Star-auch-heute-noch.html

interessanter Artikel!

martenot schrieb:Ich erinnere mich nicht mehr an die Details, weiß aber noch, dass mir diese Kommentare unangenehm waren und ich versucht hatte zu erklären, warum ich nicht darüber begeistert war.

Das kann ich mir vorstellen.

Mensch, Kanada, - auch so ein Land, wo ich mir das rein der Unwissenheit wegen einfach nicht vorstellen kann.

behind_eyes schrieb:Bildung spielt bei sowas immer

Ja, in einigen Ländern sicherlich. Hier bei uns in Deutschland, in den USA oder auch Kanada kann ich mir das halt nur sehr schwer vorstellen. Und man auch nicht intelligent sein, um diesem Teil der Geschichte im Unterricht gut folgen und verstehen zu können.

behind_eyes schrieb:Hast du da mal was zum Einlesen?

Nur auf die Schnelle die aktuellsten Meldungen dazu:

Die Bildungsministerien einiger Bundesländer verzeichnen eine Zunahmen von rechtsextremistischen Vorfällen an Schulen – darunter Thüringen und Brandenburg. Die "Welt am Sonntag" berichtete zuerst. In Mecklenburg-Vorpommern sank die Zahl. Thüringens Innenminister Georg Maier fordert nun, solche Ereignisse sollten bundesweit einheitlich registiert werden.

chulen in mehreren ostdeutschen Bundesländern melden vermehrt rechtsextreme Vorfälle – darüber berichtete zuerst die "Welt am Sonntag". In Mecklenburg-Vorpommern seien nach zuvor niedrigeren Werten im laufenden Schuljahr bis Mitte Juni 48 Vorkommnisse erfasst worden.

Anstieg in Thüringen und Brandenburg
Dem Zeitungsbericht zufolge meldeten Schulen in Thüringen im vergangenen Jahr demnach 91 als rechtsextrem kategorisierte Vorkommnisse, in 2021 und 2020 waren es jeweils 55 und 53 gewesen. Das thüringische Bildungsministerium sieht das sich "zuspitzende gesellschaftliche Klima" als Grund für den Anstieg. Vor allem würden Meldungen aus Regelschulen vorliegen, sogar Grundschulen sind gelistet. Überwiegend gehe es um die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Das Bildungsministerium in Brandenburg registrierte im aktuellen Schuljahr bis Anfang Juni fast 100 Vorfälle. Dies seien rund 40 Meldungen mehr als im Schuljahr davor. Darunter waren sechs antisemitische, 15 fremdenfeindliche und ebenfalls vier weitere extremistische Äußerungen und Vorfälle. Im vergangenen Schuljahr 2021/2022 wurden 15 antisemitische und 14 fremdenfeindliche sowie vier weitere extremistische Äußerungen und Vorfälle gezählt.

Quelle: https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/rechtsextremismus-zunahme-an-schulen-100.html

Schlimm, dass Braunes sogar an Grundschulen wütet.

Ps.
Ganz übel auch was zwei Lehrern aus Burg widerfahren ist, nachdem sie auf rechtsextremistische Vorfälle aufmerksam gemacht haben.
So richtig sprachlos hatte mich da die fehlende Unterstützung seitens der Schule selbst gemacht und das sogar Eltern gegen die beiden Lehrkräfte gewettert haben und diese von der Schule entfernt sehen wollten, weil angeblich nur links-grüne Propaganda oder so und es mehr als diese sozialliberale Ideologie gibt.



Trotzdem muss natürlich immer wieder ganz klar gesagt werden, dass weder alle Ostdeutschen - noch alle Deutschen insgesamt Nazis oder rechtsextrem sind.
Man kann uns auch nicht nur wegen der Herkunft vorverurteilen und alle Deutschen über einen Kamm scheren.


Aber ich sage auch nochmal, dass sich einige je nach relativierenden Äußerungen oder anderem Verhalten oder auch nur Totschweigen zu wollen auch nicht zu wundern brauchen, wenn sie in dieselbe Schublade wie tatsächliche Neonazis und Rechtsextreme gesteckt werden.

Geht schon da los, wo gemeinsam mit offensichtlichen Neonazis mitmarschiert und mit gegrölt wird oder wo Menschen vor Bühnen als rechtsextrem eingestufte Politiker beklatschen.


Solche Menschen brauchen sich nicht wundern, denn jeder kann sich so gut es geht von braunem, Gedankengut und Neonazis und rechtsextremen Politkern oder auch ganzen einzelnen rechtsextremen Flügeln distanzieren, wenn der Wille vorhanden ist. Niemand wird gezwungen.

@rhapsody3004
gab vor kurzem mal ne Meldung das jemand ne Statistik ausgewertet hat und zu dem Fazit kam, das auch im Westen überall dort wo ähnliche Bedingungen herrschen wie in Ostdeutschland bzw den Hochburgen, dieselben AfD Werte gemessen wurden.

martenot schrieb:Die häufig gelesenen Begriffe "Kartoffel"

Wäre ich so angesprochen worden, hätte ich darauf hingewiesen, dass Kartoffeln einen Migrationshintergrund haben. Die stammen aus Südamerika.

Doors schrieb:Die stammen aus Südamerika.

Genaugenommen ist es skurril, für die Deutschen eine Bezeichnung zu verwenden, bei der die namensgebende Frucht eigentlich aus Südamerika stammt.

Zu mir würde es doppelt nicht passen, da ich nur wenig Kartoffeln esse. Würde man mich nach einer meiner Lieblingsspeisen benennen, müsste man mich Reis nennen (oder meinetwegen Pasta).