In welcher Art und Weise ist euch Anarchismus bekannt?

Das heißt, ich möchte wissen, was ihr darüber wisst. Glaubt ihr immernoch an die sachen, die ihr in der schule oder von der Gesellschaft eingebläut wurde, und wenn ja wie sieht das gedankengut aus? Oder habt ihr euch selbst gedanken gemacht? Dabei ist mir egal ob es sich um anarchosyndikalismus, kollektiven anarchismus, individualanarchismus, kommunistischen Anarchismus oder welche form auch immer handelt.

Ich gebe jetzt auch ganz bewusst keine links oder weitere infos an weil es zum jetzigen zeitpunkt nicht nötig ist :)

Erich Mühsam,Bakunin,Kropotkin.
Hab von denen gelesen, da war ich 14 und hab mich für Anarchie als politische Haltung des Punk interessiert.
Außerdem hats meinen Alten fast ins Grab gebracht,als er das mitbekommen hat.:D

Die Schriften der o.g. sind schon sehr interessant,schadet jedenfalls nicht,das gelesen zu haben.

Warum mir aber in neuester Welt / Anarchie gar so gut gefällt ? - / Ein jeder lebt nach seinem Sinn, / Das ist nun also auch mein Gewinn. / Ich lass einem jeden sein Bestreben, / Um auch nach meinem Sinne zu leben." E.Mühsam

Unverständlich wie man in dieser Gesellschaft heutztage Anarchi mit etwas positivem in Verbindung bringen kann... :-/

@ -ich-

Ich wollte nicht wissen ob es unverständlich für dich ist sondern wie sie für dich aussieht.

@ häresie

dann ist das bei uns ziemlich gleich verlaufen:D

Anarchie ist die Top-Staatsform.
Besser gehts nicht mehr - jeder ist frei und kann tun was er will :)
Die einzelnen Varianten interessieren mich weniger...

@mortifer

mortifer schrieb:Besser gehts nicht mehr - jeder ist frei und kann tun was er will :)

Klingt stark nach Liberalismus ;)

Vernuenftige freiheitlich-sozialistische Ideologie. Mit

mortifer schrieb: jeder ist frei und kann tun was er will :)

hat das allerdings nichts zu tun. Abwesenheit von Ordnung und Gesetzlosigkeit ist Anomie, Abwesenheit von Herrschaft ist Anarchie.

Bezuegl. Anarcho-Syndikalismus lohnt es sich die "Prinzipienerklaerung des Syndikalismus" von Rudolf Rocker durchzulesen, wenn man ansonsten nichts damit anfangen kann.

Kleiner Auszug:

Die Syndikalisten, in klarer Erkenntnis der oben festgestellten Tatsachen, sind prinzipielle Gegner jeder Monopolwirtschaft. Sie erstreben die Vergesellschaftung des Bodens, der Arbeitsinstrumente, der Rohstoffe und aller sozialen Reichtümer; die Reorganisation des gesamten Wirtschaftslebens auf der Basis des freien, d.h. des staatenlosen Kommunismus, der in der Devise: "jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach, seinen Bedürfnissen!" seinen Ausdruck findet.

Ausgehend von der Erkenntnis, daß der Sozialismus letzten Endes eine Kulturfrage ist und als solche nur von unten nach oben durch die schöpferische Tätigkeit des Volkes gelöst werden kann, verwerfen die Syndikalisten jedes Mittel einer sogenannten Verstaatlichung, das nur zur schlimmsten Form der Ausbeutung, zum Staatskapitalismus, nie aber zum Sozialismus führen kann.

Die Syndikalisten sind der Überzeugung, daß die Organisation einer sozialistischen Wirtschaftsordnung nicht durch Regierungsbeschlüsse und Dekrete geregelt werden kann, sondern nur durch den Zusammenschluß aller Kopf- und Handarbeiter in jedem besonderen Produktionszweige: durch die Übernahme der Verwaltung jedes einzelnen Betriebes durch die Produzenten selbst und zwar in der Form, daß die einzelnen Gruppen, Betriebe und Produktionszweige selbständige Glieder des allgemeinen Wirtschaftsorganismus sind, die auf Grund gegenseitiger und freier Vereinbarungen die Gesamtproduktion und die allgemeine Verteilung planmäßig gestalten im Interesse der Allgemeinheit.

http://www.fau.org/archiv/art_030818-180426 (Archiv-Version vom 27.08.2017)

@gibraltar
Weniger Liberalismus, als viel eher Libertarismus.
Sozusagen Anarchie fuer Reiche. Libertarismus und Anarchie geht ja auch teilweise Hand in Hand.

Jo Anarcho-Kapitalismus und Libertarismus kann man fast schon als Synonym fuer einander verwenden. Sehr beliebt in den USA bei Ron Paul- und Ayn Rand-Fetischisten..

Zecke92
Hab aufgehört da zu lesen.

@kulam
Das frei sein beruht auf der Abwesenheit von Herrschaft.
Nichtmal in einer soganannten Demokratie ist man frei... Selbst da herrscht einer und macht im Grunde was er will. Und wenn das ganze System weg ist passts so :D
Also keine Herrschaft/kein System -> Freiheit
Anders geht das meiner Meinung nach nicht :(

Hat keine Zukunft, der Mensch ist es gewohnt, in einem festen System zu Leben. Und das braucht er auch.

DerFremde schrieb:Hat keine Zukunft, der Mensch ist es gewohnt, in einem festen System zu Leben. Und das braucht er auch.

Sehe ich aehnlich, darum bin ich auch kein Anarchist, habe aber gewisse Sympathien zum Anarcho-Syndikalismus, darum denke ich kann man die dezentralisierte gemeinschaftliche Organisation der Produktionsmittel auch gut in ein Staatssystem einbauen. Den Staat muss man nicht gleich abschaffen.

@mortifer

mortifer schrieb:Also keine Herrschaft/kein System -> Freiheit

Kennst du Thomas Hobbes? Der Naturzustand der Anarchie bedeutete Chaos, jeder hat jeden umgebracht. Aus Angst davor wurden, um zu überleben, Staaten gegründet. Die Freiehit für alle bedeutet letztendlich Freiheit für niemanden.

@kulam

Volkseigene Betriebe, nannte man das bei uns im Osten früher. Meinst du das?

@DerFremde

Aber diesmal richtig volkseigen und nicht staatseigen. ;) Sprich: Arbeiterselbstverwaltung.

@kulam

Die Aufgabe des Staates liegt meiner Ansicht nach darin, zu kontrollieren, das jeder das an Produktionsmitteln bekommt, was er wirklich braucht.

Zecke92 schrieb:Glaubt ihr immernoch an die sachen, die ihr in der schule oder von der Gesellschaft eingebläut wurde,

Mir wurde in der Schule nichts eingebleut und von der Gesellschaft schon gar nicht.
Wenn ich alles geglaubt hätte, was man mir in der DDR über die BRD erzählt hätte, wäre ich jetzt entweder verrückt oder ich hätte mich bereits als "Held des Sozialismus" selbst gekillt.

Die Gesellschaft erzählt, nachdenken mußt Du!

@DerFremde

Schau dir mal an was der venezolanische Staat im Moment macht, er foerdert gezielt die Neugruendung von Kooperativen unter Arbeiterselbstverwaltung, dazu vergibt er ueber verschiedene Bankenkooperativen Mikrokredite und bildet bisher nicht-Erwerbstaetige im Rahmen der Misión Vuelvan Caras/Che Guevara dazu aus, wie man solche Kooperativen organisiert und das in dem spezifischen Produktionsfeld. Heute gibt es in Venezuela ueber 70.000 funktionierende Kooperativen. Darueber hinaus schafft er einen legalen Rahmen fuer die Arbeiterselbstverwaltung in bisher kapitalistischen Betrieben - er legalisiert entweder nach genauer Beobachtung einige der Fabrikbesetzungen der Vergangenheit (bei vom Unternehmer geplanten Fabrikschliessungen von eigentlich produktiven Fabriken) und schafft einen rechtlichen Rahmen fuer die Arbeiterselbstverwaltung (auf Spanisch autogestión). Darueber hinaus gibt es eine alternative Kompromissloesung der Arbeitermitverwaltung z.B. fuer gesamtstaatlich relevante Industrien (auf Spanisch cogestión), wo der Besitz und die Leitung des Unternehmens zu 51% beim Staat liegt und zu 49% bei der Arbeitergenossenschaft (im bisher rein verstaatlichten Oelunternehmen PDVSA fordern die Arbeiter dies bereits und es ist soweit ich weiss im Gespraech). Gesamt soll fast ueberall auf autogestión umgestiegen werden durch staatlich beguenstigte Gesetzgebung.

Naeheres dazu habe ich hier mal geschrieben: Euer Verhältnis zum Kommunismus (Seite 67) (Beitrag von kulam)

Das ist bisher ein voellig anderer Ansatz zum Sozialismus, der sich fundamental von der ruinoesen Planwirtschaft im Ostblock unterscheidet. Uebrigens: seit der Verstaatlichung der Oelindustrie 2003 bis 2009 hatte Venezuela durchschnittlich ein Wirtschaftswachstum von 13,5% pro Jahr - und das meiste davon im nicht-Oel-Sektor. ( http://www.cepr.net/documents/publications/venezuela-2009-02.pdf )

Aber positive Nachrichten aus Venezuela hoert man nicht gerne und werden rigoros bei uns aussortiert.