Origines schrieb:Natürlich. Dem Verfassungsschutz schlägt auch Mitte-Links Misstrauen entgegen. Und Mitte-Rechts hält man ihn für nicht besonders fähig. Die CDU hätte schon lange lieber ein deutsches FBI, d.h. die Abschaffung des Trennungsprinzips. Damit bekämen wir eine Geheimpolizei. Das wäre übel.
Das ist unter einer deutschen Historie nachvollziehbar - aber kein Universalgesetz. Trennungsgebot ist glaube ich primär eben dadurch beeinflusst - historische Traumata aus einem Täter-Autoritarismus heraus. Das auch komplett nachvollziehbar.
Aber man kann durchaus auch mal den vergleichenden Blick aufs meist liberal-demokratische europäische Nachbarland wagen. Die Österreicher haben glaube ich ihren Verfassungsschutz und Staatsschutz zumindest kombiniert (DSN). Andere europäische Länder könnten hier auch betrachtungswürdige (heißt nicht direkt umsetzungswürdige) Wege gehen, ohne historischen Ballast (das ist nicht negativ, eher umschreibend gemeint). Die Frage ist auch im Föderalismuswirrwarr - Föderalismus hat ja auch hehre Gedanken - was für die erwartete Zukunft effektiver wäre.
Ich finde ein Trennungsgebot macht historisch aber auch anderweitig Sinn, sodass man nicht zwingend fallbezogen zu wirkmächtige Parallelorganisationen/Zuständigkeiten zur Polizei MIT Eingriffsrechten hat. Oder so eine wirre Prestigekabbelei wie in Russland.
Andererseits könnte eine Zeit entstehen die uns massiv im Bereich innere Sicherheit herausfordert und wahlweise manche bisherigen Zuständigkeiten und Mindsets, alternativ auch Aspekte des Föderalismus in Frage stellt. Da bin ich dann Pragmatiker und Realist und sage, dass man nicht dogmatisch an Grundsätzen festhalten sollte, die verfassungsrechtlich ggf. noch änderbar wären aber dann langsam aus der Zeit gefallen sind, an welchen man aber nur festhält weil ... "darum". Das ist natürlich eine 'slippery slope', Glatteis.
Aber dazu als oberflächliche / indirekte Quelle bzw. als Indikator:
Verfassungsrecht
Ob ein Gebot zur Trennung von Polizei und Nachrichtendiensten im Rechtsstaatsprinzip, dem Bundesstaatsprinzip oder durch den Schutz der Grundrechte verfassungsrechtlich verankert ist oder ob es der Disposition des einfachen Gesetzgebers untersteht, hat das Bundesverfassungsgericht bislang nicht abschließend geklärt. In der rechtswissenschaftlichen Literatur ist die Frage umstritten.
Sekundärquelle:
Wikipedia: Trennungsgebot zwischen Polizei und NachrichtendienstenDirekt zitierte Quelle für diesen Textabschnitt: Valentin Eden Urban: Das Trennungsgebot als Prinzip. LIT Verlag, 2021, ISBN 978-3-643-14834-6, S. 149 ff.
Ich sehe hier also potentiellen Spielraum.
Selbst wenn man in einer Zukunft das Trennungsgebot hinterfragen/neu aushandeln würde: Für mich ist das nicht direkt der Grund in bizarre "Geheimpolizei"-Traumata zu verfallen. Andererseits wäre abstrakt durchaus eine Problematik dessen zu bedenken. Das Dilemma hat man aber am Ende immer: Optimierung/Verbesserung bzw. gar Verschlimmbesserung von Behörden und Eingriffsrechten jener geht immer mit einem abstrakten Risiko des Machtmissbrauch einher. Freiheit vs. Sicherheit bzw. untergrabene "checks n' balances".
Man könnte zwar argumentieren, dass im worst-case extremistische Kräfte die eine Macht an sich reißen würden spätestens dann solche Änderungen avisieren und noch über ein vorheriges Maß hinausgehen würden. Aber man würde quasi dann schon vorher potenziell den Weg bereiten.
Es bleibt also je nach Betrachtungsweise ein kompliziertes umstrittenes Thema.