Ägyptologie im islamistischen Zeitalter

Wie ihr sicherlich alle wisst, findet gerade in Ägypten ein radikaler Wandel statt. Nachdem nun schon seit längerem Mubarak gestürzt wurde, sind nun auch schon nicht allzu lange her die Ergebnisse der Wahlen bekannt gegeben worden:

Die islamistischen Parteien konnten bei den Parlamentswahlen mehr als 70 % der Mandate gewinnen. Wahlsieger wurde die Freiheits- und Gerechtigkeitspartei der Muslimbruderschaft und ihre Bündnispartner in der Demokratischen Allianz, die 47,2 % der Sitze erhielt. Nachfolgerparteien der einst regierenden Nationaldemokratischen Partei (wie die Freiheitspartei und die Nationale Partei) erhielten dagegen nur noch 6,4 % der Mandate.


Wikipedia: Parlamentswahlen in Ägypten 2011/2012

Das lässt schon andeuten, woran es mir in diesem Thread gehen soll: Wie denkt ihr, wird sich die Lage der Archäologen vor Ort unter dem Einfluss der Islamisten entwickeln, die dafür bekannt sind, das heidnische Erbe der Ägypter zutiefst zu verachten und von westlichen Forschern und dem Westen per se ebenfalls nicht viel halten?

Wir hören von islamistischen Kräften unter anderem solche Statements:

Abdel Moneim El-Shahat, Mitglied der islamistischen Salafisten, wetterte im Fernsehen über die Abbildungen von nackten Pharaonen, die in seinen Augen gleichbedeutend sind mit Ketzerei.

http://blog.selket.de/allgemein/salafist-wettert-ueber-die-darstellung-von-nackten-pharaonen.html (Archiv-Version vom 23.01.2012)

Wenn man die Entwicklung unter diesem Gesichtspunkt weiterspinnt, ist es doch gar nicht mehr so unwahrscheinlich, dass sich Ägypten immer weiter in Richtung Isolation vom Westen entwickeln könnte und dem pharaonische Erbe erheblichen Schaden zugefügt wird.
Museen könnten, wer weiss das schon, als eine Form der Götzenverehrung gedeutet werden und somit verboten. Artefakte einfach zerstört oder im Ausland für Lau verscherbelt werden. Ebenso die Denkmäler und Tempel alter Gottheiten und Pharaonen - gar nicht auszumalen, was mit diesen geschehen könnte.
Auch wenn ich mich hier gerade auf das Glatteis der Spekulation begebe, muss man doch sagen, dass diese Gefahr durchaus bestehen kann.

Aber, wie denkt ihr, wird sich die Lage der westlichen Forscher vor Ort und des pharaonischen Erbes entwickeln? Werden sich die Islamisten am Riemen reißen und schon alleine aufgrund des Tourismus alles beim Alten lassen, oder besteht tatsächlich ernsthafte Gefahr?

Es wäre schade wenn die Regierung in Ägypten wirklich in die Taten umsetzen würden, wie es geschrieben/gesagt wird.

Dann schneiden sie ins eigene Fleisch, weil die Haupteinahmequelle der Tourismus ist.
So werden vor allem die europäischen und die amerikanische Touris das Land boyokottieren.
Man kann es ja immer übertreiben.

libertarian schrieb:Werden sich die Islamisten am Riemen reißen und schon alleine aufgrund des Tourismus alles beim Alten lassen, oder besteht tatsächlich ernsthafte Gefahr?

ich befürchte genau auf grund des tourismus werden sich die islamisten dazu entschließen vielleicht nicht ihr kulturerbe zu zerstören aber einen riegel davor schieben das wir diese zu gesicht bekommen ..... vielleicht auch nur indirekt indem es nicht mehr gefahrlos möglich sein wird dieses land zu betreten, man furcht um sein leben haben muss .....

tourismus wird glaube ich überbewertet wenn es um glauben und religion geht steht das bei den islamisten über dem geld.

"Ein barbarischer Akt religiöser Intoleranz"


12. März 2001 - Zerstörung der Buddha-Statuen von Bamiyan

Ende Februar 2001 gerät Afghanistan weltweit in die Schlagzeilen:
Es wird bekannt, dass die Taliban die Buddha-Statuen von Bamiyan sprengen wollen.

Die UN-Vollversammlung tritt zusammen, der deutsche UN-Botschafter Dieter Kastrup kritisiert die beabsichtigte Zerstörung jahrhundertealter kultureller Monumente als "barbarischen Akt religiöser Intoleranz".
Doch alle Appelle nützen nichts: "Die Zerstörungsaktion dauerte länger als zwei Wochen", sagt Journalist Taisir Alluni vom arabischen Fernsehsender Al-Dschasira, einer der wenigen ausländischen Zeugen der Ereignisse im 2.500 Meter hoch gelegenen Tal von Bamiyan in Zentral-Afghanistan.
"Beim großen Buddha brauchten sie lange, es gab Dutzende von Explosionen." Am 12. März 2001 bestätigt die Uno die Zerstörung der rund 1.500 Jahre alten Steinfiguren aus vorislamischer Zeit.


Angeblicher Verstoß gegen Bilderverbot

Obwohl die dortigen Buddha-Statuen längst nicht mehr religiös verehrt werden, sehen die Taliban in ihnen Kultgegenstände, die gegen das islamische Bilderverbot verstoßen. Aus Sicht der Taliban verunreinigen die Buddhas den islamischen Charakter Afghanistans und müssen deshalb zerstört werden - entgegen der zuvor über Jahrhunderte vorherrschenden Interpretation. Die neuen Machthaber vernichten daher ungezählte Kunstwerke: Nicht nur die Buddha-Statuen werden gesprengt, sondern auch das Nationalmuseum in Kabul verwüstet.


http://www1.wdr.de/themen/archiv/stichtag/stichtag5200.html



das oder noch was schliemeres wird pasieren

ich frage mich wie viel explosiv braucht man um die Sfing zu zerstören
oder die pyramiden,dem Tempel in Dakara usv ...

Die Menschen in Ägypten haben halt ihre Wahl getroffen.

Man kann nicht erst seitens Deutschlands und des ,,Westens" Demokratiebewegungen bejubeln und fördern - und dann sagen:,,Hey das ist aber Scheiße, es wurden Leute gewählt, die uns nicht gefallen..."

Entweder man akzeptiert die souveränen Entscheidungen eines Volkes, was auch bedeuten kann, dass einem nicht genehme Leute an die Macht kommen - oder man macht einen auf ,,Befreier" und setzt nach Gutdünken eigene Marionetten ein.

@Kc

Völlig richtig!

Chepre schrieb:ich frage mich wie viel explosiv braucht man um die Sfing zu zerstören
oder die pyramiden,dem Tempel in Dakara usv ...

Nun das ist zwar blöd.

Jedoch ist das im Prinzip Staatseigentum bzw. der ägyptische Staat bestimmt, was mit den Dingern passiert.

Andere Nationen haben kein Recht, dagegen vorzugehen, wenn diese Bauwerke zerstört werden durch jene, die in der entsprechenden Region leben und die ,,Gewalt" haben.

@Kc

Wieder (leider) richtig!

Wurde nicht auch in Deutschland einem Weltkulturerbe der Status entzogen, weil man unbedingt eine unpassende Brücke hineinbasteln musste?

@Commonsense

Ja, da hast du Recht, ging glaub ich um ein berühmtes Tal hier in Deutschland, kenne aber den Namen grad nicht...

@Kc

Bin auch nicht ganz sicher - Altmühltal vielleicht?

Auweia !
Dresden , Elbtal ;Waldschlösschenbrücke -----

Wikipedia: Waldschlößchenbrücke

@querdenkerSZ

Muttu nich auweian...man kann sich ja nicht alles merken...

@libertarian
Der radikale Flügel der Muslimbrüder hatte schon vor einiger Zeit angekündigt, die Götzenstandbilder in den Tempeln zu zerstören und den Ägyptern den Zugang zu den Museen zu verbieten.

@Kc
Nun ja, es ist ein kleiner Unterschied, ob man durch den Bau einer Brücke eine Landschaft "verunstaltet" (was im Auge des Betrachters leigt) oder Jahrtausende alte Kulturgüter vernichtet. Ich tippe mal, dass die Ägypter die Muslimbrüder nicht ein zweites mal wählen, wenn die ihre Maßnahmen durchsetzen (u.A. islamische Kleidervorschriften auch in Hotels am Roten Meer für Touristen, totales Alloholverbot und so) und ihnen dann 25% des BIPs wegbrechen - aber 4 Jahre reichen aus, um schlimmste Schäden zu verursachen.
Ich weiß nicht, ob man da einfach wegsehen kann und sagen "ist ihr Bier" - oder Karkadeh

@FrankD

Nun wie gesagt - wer ,,A" sagt und Demokratiebewegungen, freie Wahlen usw. bejubelt, der muss auch ,,B" sagen und die vom Volk im entsprechenden Lande gewählten Vertreter und Anführer akzeptieren.

Stimmt zwar durchaus, dass es aus unserer Sicht nicht gut ist. Und wohl auch keine guten Folgen für die Bevölkerung in Ägypten hat.

Aber das ist Demokratie, Respekt und Souveränität.


Wenn wir diese nicht gegenüber anderen Staaten zeigen, solange keine extreme Linie überschritten ist, dann können wir uns dieses ganze Kram von wegen ,,Demokratie ist toll" auch gleich und komplett schenken und stattdessen zwangsweise Westmarionetten einsetzen.

@Kc
Und was wäre diese Linie? Wenn z.B. unersetzliches Weltkulturerbe in die Luft gegagt wird? Der Inhalt des ägyptischen Museums im Reißwolf landet? koptische Kirchen geschlossen werden und alle Nicht-Moslems ne Sondersteuer zahlen müssen? Wenn es progrome gegen Christen gibt? Wenn die Ägypter Israel angreifen?
Würde mich mal so aus Neugier interessieren...

Übrigens muss "eingreifen" nicht militärisch sein, man könnte ja auch erst mal mit Handelsboykotten anfangen, wenn die Ägypter ihre Bio-Kartoffeln und Erdbeeren nicht los würden, wäre das auch schon bitter.
Ach ne, das wollen die Muslimbrüder ja auch als unislamisch verbieten, weil überwiegend die Christen und Kopten die Bio-Ländereien bewirtschaften und die Produkte ausschließlich in den Westen exportieren...

@FrankD

So sehr ich Deine Bedenken und Befürchtungen verstehen kann, so wenig sehe ich eine Berechtigung, sich über ein gewisses Maß hinaus in die Politik eines souveränen Staates einzumischen.

Es gibt nur die Möglichkeit, der jeweiligen Regierung das Missfallen verständlich zu machen und möglicherweise Konsequenzen zu ziehen, die sich wirtschafltich bemerkbar machen - womit man die Regierung im Regelfall gar nicht trifft.

Es bleibt die Hoffnung, daß eine solche Regierung bei einer weiteren Wahl nicht mehr bestätigt wird und lediglich, wenn eine solche Wahl nicht stattfindet, verhindert wird, nachweislich gefälscht wird, oder Menschenrechtsversletzungen stattfinden, kann möglicherweise eine darüber hinausgehende Sanktion überdacht werden. Wie man an Syrien sieht, ist auch das nicht gerade einfach.

Ich finde es auch wichtig, Altertümer zu erhalten. Doch wundere ich mich manchmal, wie man in einem solchen Falle bereit ist, über Sanktionen und Einmischung nachzudenken, während man bei Nationen, die gröbste Menschenrechtsverletzungen begehen, die Handelsbeziehungen als wichtiger erachtet, als die Kritik an der Politik, die dann nur sehr verhalten geäußert wird.

Das vermeintlich schwache Ägypten kann man bevormunden, aber vor China kuscht man...

@Commonsense
Du liest aber schon, was ich schreibe? z.B.

FrankD schrieb:Übrigens muss "eingreifen" nicht militärisch sein,...

@FrankD

Doch, doch, daher schrieb ich dies:

Commonsense schrieb:und möglicherweise Konsequenzen zu ziehen, die sich wirtschafltich bemerkbar machen - womit man die Regierung im Regelfall gar nicht trifft.

@Commonsense
Die Ölindustrie ist immerhin staatlich...
Das Problem bei Fanatikern ist leider, dass ihnen das eigene Volk völlig egal ist, und wenn die Wirtschaft zusammenkracht weil der Tourismus wegbricht, wird garantiert eine VT produziert, nachdem der pöse Westen an allem Schuld ist. Und islamfeindlich und bla.
Ne Freundin (Koptin) hat schon die Konsequenzen gezogen und hat ihre Eigentumswohnung in Kairo verkauft und ist ausgewandert. nach Mailand.

Und übrigens, um es brutal zu sagen: Hitler ist auch durch ne demokratische Wahl an die Macht gekommen... (Ja, ja, ich weiß, Godwin's law, aber hier passt es, wie ich finde)

@FrankD

Du hast ja Recht - keine Frage - diese Regierung ist ein Alptraum.

Ich gebe nur @Kc grundsätzlich Recht, daß man nicht für die Demokratie in einem Land eintreten kann und sich dann gegen das Land wendet, wenn einem die demokratisch gewählte Regierung nicht in den Kram passt.

Wenn sich die Regierung nicht wieder demokratisch abwählen lässt, ist die Sache eine andere und die von Dir erwähnten Sanktionen sollten überdacht werden.