Kriminalfälle
Menschen Wissenschaft Politik Mystery Kriminalfälle Spiritualität Verschwörungen Technologie Ufologie Natur Umfragen Unterhaltung
weitere Rubriken
PhilosophieTräumeOrteEsoterikLiteraturAstronomieHelpdeskGruppenGamingFilmeMusikClashVerbesserungenAllmysteryEnglish
Diskussions-Übersichten
BesuchtTeilgenommenAlleNeueGeschlossenLesenswertSchlüsselwörter
Schiebe oft benutzte Tabs in die Navigationsleiste (zurücksetzen).

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

1.478 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Making A Murderer, Steven Avery, Brendan Dassey ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

15.02.2019 um 12:40
Zitat von Simi96Simi96 schrieb:Naja so wie damals auf der Pressekonferenz vorgetragen sieht das kein Mensch mehr heutzutage.
Und die Sicht der Verteidigung ändert sich doch auch gefühlt mehrmals am Tag.
Also dürfen wir auch nicht mehr von der Theorie von der Pressekonferenz ausgehen. Das ist Unsinn.
Die Verteidigung darf jede Minute ihre Theorie ändern, aber die andere Seite muss haargenau wie zur Pressekonferenz sein.
Kein Mensch sagt z. B. mehr, dass BD die Post geholt hat und SA Namen auf der Post gesehen hat und deswegen zu ihm ging.
Es geht um das was im Prozess vorgebracht wurde und nicht was auf der Pressekonferenz gesagt wurde.
Und ich meine auch das sich die Sicht der Verteidigung im Prozess nicht täglich geändert hat. Oder meinst du die jetzige?

Nebenbei, doch ich denke schon das es noch genug Menschen gibt, die es genau so sehen wie es auf der PK gesagt wurde.

Anzeige
melden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

15.02.2019 um 13:12
@Simi96

Es geht ja nicht nur darum, was in der Pressekonferenz gesagt wurde. Genauso wurde es doch vor Gericht auch gesagt und mir wäre nicht bekannt das die Staatsanwaltschaft mittlerweile einen anderen Tatablauf benennt oder? Also müssen wir doch auf der Grundlage dessen diskutieren, was von seiten der Staatsanwaltschaft bekannt ist und das ist nun mal das was im Schluss Plädoyer gesagt wurde.


melden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

15.02.2019 um 13:17
Zitat von Simi96Simi96 schrieb:Also dürfen wir auch nicht mehr von der Theorie von der Pressekonferenz ausgehen. Das ist Unsinn.
Die Verteidigung darf jede Minute ihre Theorie ändern, aber die andere Seite muss haargenau wie zur Pressekonferenz sein.
Grundsätzlich: Doch, wir müssen von dem ausgehen was in den beiden Prozessen, gegen Avery und Dassey, vorgebracht wurde. Wir befinden uns im post conviction level und da geht es darum ob ein bestehendes Urteil, richtig war und Bestand hat. Diese fixe Urteil ist das Ergebnis einen fixen Weges. Die Verteidigung hingegen kann und darf in dieser Phase neues Beweismaterial einbringen, sie muss es nur belegen - was Zellner jeweils getan hat, und ihre Theorie(n) dem aktuellen Sachstand anpassen, so wie die anwaltlichen Ermittlungen es verlangen und sich entwickeln. Etwas anderes wäre es in einem neuen Verfahren. In dem Fall dürfte auch die StA neue Beweise einbringen und u. Umständen ein neues Narrativ entwickeln, wenn sie es belegen kann. Dazu müsste man aber in diesem Fall erstmal erklären, warum man die Beweismittel die das notwendig machen im ursprünglichen Prozess unterdrückt und unterschlagen hat, mithin, warum man nicht von vornherein das richtige Narrativ nachgewiesen hat. Denn die StA kannte alles, was seither ans Licht gekommen ist damals ja bereits.


1x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

15.02.2019 um 14:49
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:Die Verteidigung hingegen kann und darf in dieser Phase neues Beweismaterial einbringen

Jetzt im Revisionsverfahren auch noch? Da bin ich mir nicht sicher. Für den WA-Antrag ja, da wäre es auch nicht optional, sondern zwingend. (Jedenfalls in Dt., sofern keinen anderen Wiederaufnahmegründe vorliegen und das scheint hier nicht der Fall zu sein).
Dabei ist entscheidend, ob die vorgelegten neuen Beweismittel ausreichend geeignet sind, die damit verbundene Behauptung zu stützen und das Urteil zu kippen. Die Beweisbehauptung ist, dass Avery unschuldig ist und in einem neuen Verfahren freizusprechen wäre.
Die Beweise beziehen sich auf das Planting, auf einen Alternativ-Täter und möglicherweise auch auf eine Unvereinbarkeit des von der StA zu Grunde gelegten Tatablaufs.
Ein Planting wird mMn nicht nachzuweisen sein. Wenn der Alternativ-Täter die gleichen persönlichen Voraussetzungen hat wie der Verurteilte, zählen natürlich die forensischen Spuren, die gibt es aber nur von Avery. Ob und was genau die Verteidigung zur Unvereinbarkeit des angenommenen Tathergangs vorgetragen hat, weiß ich nicht. Offenbar wurde bei der ablehnenden Entscheidung darauf jedenfalls nicht konkret eingegangen. Als relevantes und berücksichtigungsfähiges Vorbringen wurde nur das zu den Indizien DNA an der Motorhaube, DNA am Autoschlüssel und Spuren am Projektil angesehen. Die Geeignetheit der vorgelegten Beweismittel wurde verneint.
Ich vermute, es geht also aktuell vorrangig nicht um den Tathergang, sondern um das Beweisvorbringen zum Planting. Ob das nun um die Knochen ergänzt werden kann, ist für mich fraglich, weil deren Untersuchung abgelehnt wurde. Gerade das zeigt doch, dass in diesem Rechtszug keine neuen Beweise mehr eingebracht werden können?


1x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

15.02.2019 um 18:20
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Jetzt im Revisionsverfahren auch noch?
Wir befinden uns nicht in einem Revisionsverfahren in dem Sinne. Das amerikanische Recht kennt das deutsche Rechtsmittel der Revision in dieser Form nicht. Sie kennt eine "motion for review" die an den Supreme Court des Staates gerichtet sein muss, das war hier bereits vor Zellner versucht worden, und sie kennt das Verfahren der post conviction phase, in der wer uns jetzt befinden, die Berufung gegen die Ablehnung von Sutkiewicz, nicht Revision (im deutschen Sinne) am Apellationsgericht wird erwartet.
In der post conviction phase darf neues Beweismaterial seitens der Verteidigung eingebracht werden. Dazu gibt es eine Definition, z.B. hier, das gilt sinngemäß auch in Wisconsin (https://www.groselawfirm.com/practice-areas/post-conviction/):

"To apply for post-conviction relief, the defendant must:

Have no more opportunities for a direct appeal and any direct appeal is concluded.
Be able to show their rights were violated in the original trial or appeal. Examples include:
Incompetence of the original defense attorney resulted in prejudice against the defendant.
Ineffective assistance of appellate counsel.
Prosecutorial misconduct, such as withholding evidence that would have proved the defendant’s innocence
New evidence likely to exonerate the defendant.
Certain other circumstances as defined by South Carolina law.
Apply for PCR within one year from the date of conviction or conclusion of direct appeal."

Das ist ein Verfahren das völlig anders aufgebaut ist, als die deutsche Revision, die lediglich auf Rechtsfehler eingehen darf und wo neues Beweismaterial tatsächlich nicht eingebracht werden darf. Hier ist durch eine unzutreffende Gleichsetzung deutscher und amerikansicher Terminologie ein Kuddelmudel in der Diskussion entstanden.
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Offenbar wurde bei der ablehnenden Entscheidung darauf jedenfalls nicht konkret eingegangen.
Bei der ablehnenden Entscheidung von Richterin Sutkiewicz wurde auf jede Menge nicht eingangen: Sie hat sich nur mit 3% der Motion for Post Conviction Relief auseinandergesetzt, 97% hat sie ignoriert und ihrer Begründung komplett ausgepart, weshalb vermutlich wenn wir den Berufungslevel erreichen, erst einmal, seitens des Apellationsgerichts eine ungenügende Befassung mit dem Antrag festgestellt werden wird. Diese Nicht-Befassung war auch der Grund, warum auch die Staatsanwaltschaft von dem Urteil überrascht worden war, weil sie erst Monate später damit gerechnet hatte.
Weiterhin wird folgender gravierende Argumentationsfehler auffallen: Sutkiewicz hat nämlich bei der Widerlegung der Ergebnisse der Gutachter, was die gelegten Spuren betrifft, nicht deren Gutachten & Schlußfolgerungen als unzureichend widerlegt, sondern ihre eigene - abweichende - Auffassung was diese Ergebnisse bedeuten, somit beinah selbst gutachterlich fungiert. Da sie keinerlei wissenschaftliche Expertise hat, konstituiert das, jedenfalls nach üblicher US-Rechtssprechung, einen Rechtsfehler.
Das ist nur die äußere Ebene. Inhaltlich hat Zellner ohnenin sehr gute Karten. Kein Apellationsgericht in den Vereinigten Staaten hat jemals eine Berufung abgelehnt, in der der StA schwarz auf weiß sechs Brady Violations nachgewiesen worden sind. EINE reicht schon für ein neues Verfahren.


1x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

15.02.2019 um 19:09
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:In Fällen wo jedoch auch das Strafmass vom Gesetz festgelegt ist, ohne dass es da eine Bandbreite gibt, kann dieser Teil des Verfahrens kürzer sein: z.B. wo bei Mord zwingend lebenslänglich vorgeschrieben ist.
darauf wollte ich hinaus. ich hab gleich eine weitere netflixdoku nachgeschoben, den „staircase-fall“!
dort wurde peterson von den geschworenen schuldig gesprochen und gleich danach verkündete der richter das strafmaß.
also zwischen wisconsin und north carolina besteht dahingehend ein unterschied.

danke für deine antwort :)


melden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

15.02.2019 um 20:39
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:die Berufung gegen die Ablehnung von Sutkiewicz, nicht Revision (im deutschen Sinne) am Apellationsgericht wird erwartet.

Die Berufung wird noch erwartet? Ich dachte, die Berufung/Revision sei bereits anhängig?
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:97% hat sie ignoriert und ihrer Begründung komplett ausgepart

Sie hat verschiedene Punkte zusammengefasst abgelehnt mit dem Hinweis, dass es keine Begründung gibt, warum Beanstandungen, die bereits früher hätten eingereicht werden können, zum damaligen Zeitpunkt versäumt wurden. Die entsprechenden Anträge könnten ohne ausreichenden Grund nicht nachträglich gestellt werden.
Für die Entscheidung zu einer angeblich inkompetenten Verteidigung sei der circuit court außerdem nicht zuständig.
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:Da sie keinerlei wissenschaftliche Expertise hat, konstituiert das, jedenfalls nach üblicher US-Rechtssprechung, einen Rechtsfehler.

Sie hat sich mit den Gutachten befasst und deren Lücken und Ungeeignetheit zum Beweis der von der Verteidigung aufgestellten Behauptung aufgezeigt. Das sollte bei der richterlichen Würdigung von Beweismitteln erlaubt und ausreichend sein. In Dt. jedenfalls ist nicht zwingend ein "Gegengutachten" einzuholen. Aber vielleicht äußert sich @Rick_Blaine dazu nochmal.


2x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

15.02.2019 um 21:49
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Die Berufung wird noch erwartet? Ich dachte, die Berufung/Revision sei bereits anhängig?
Da habe ich mich ungenau ausgedrückt . Der Appeal muss noch gefiled werden, mit einem "legal brief", das ist das Dokument (140 Seiten plus) das seit Ende Dezember erwartet wird, und die Berufung gegen Sutiewicz' Urteil begründen wird. Die Berufung läuft technisch gesehen schon, da bereits formal beantragt, aber vor dieser Eingabe kann der WCOA nicht anfangen sie zu bearbeiten.
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Sie hat sich mit den Gutachten befasst und deren Lücken und Ungeeignetheit zum Beweis der von der Verteidigung aufgestellten Behauptung aufgezeigt.
Das wäre ihre Aufgabe gewesen. Getan hat sie etwas anderes.

Sie hat letztlich die den Gutachten zugrunde liegenden Ergebnisse einer eigenen pseudo-wissenschaftlichen Begutachtung unterzogen und kam, aufgrund ihrer nicht existenten Expertise, zu eigenen Schlußfolgerungen. Ihre eigenen Schlußfolgerungen hat sie dann als "ungeeignet zum Beweis der von der Verteidigung aufgestellten Behauptung" widerlegt. Die tatsächlichen Schlußfolgerungen der Fachexperten hat sie aufgrund dieses Fehlers weitgehend ignoriert. Die wissenschaftlichen Ergebnisse hat sie teilweise so offensichtlich gegen den Sinn ausgelegt, dass es einer gewissen unfreiwilligen Komik nicht entbehrte. Und, nein, das dürfen Richter so nicht, sonst bräuchte man ja keine Gerichtsgutachter mehr.


1x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

15.02.2019 um 22:47
@stefanclimbr15

Du weisst ich bin auch proavery. Aber angenommen es sind alles THs Knochen. Dann ist es theoretisch möglich das SA einen Teil ihres Körpers in Brenngrube vorm Haus verbrannt hat, einen Teil im Brennfass von Dassey und einen Teil im Steinbruch. Die Anklage oder Richter kann argumentieren das SA mit den resten von TH zum Steinbruch fuhr und sie dort weiter verbrannt hat weil er gemerkt hat das es ziemlich lange dauert einen Menschen zu verbrennen und der Gestank zu auffällig war. Gegen diese Argumentation kommt man imo nicht gegen an. Wie soll man das Gegenteil beweisen. Genauso jetzt mit diesem Anruf von Williamson bei Fallon. Es wird gezeigt wie Inkompetent die StA ist aber das nutzt Avery nichts.

Und wenn sich herausstellt das alles nur Rehknochen sind dann gibt es immer noch den Schlüssel,den RAV, die Kugel DNA und sein Blut im RAV. Selbst wenn zusätzlich noch bewiesen wird das Lenk persönlich den Schlüssel und DNA auf Kugel platziert hat gibt es immer noch den RAV 4 mit seinem Blut und DNA.


1x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

15.02.2019 um 23:07
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:Ihre eigenen Schlußfolgerungen hat sie dann als "ungeeignet zum Beweis der von der Verteidigung aufgestellten Behauptung" widerlegt.
Das verstehe ich nicht. Sie hat ihre eigenen Schlussfolgerungen widerlegt? Wie meinst du das? Sie hat sich versprochen?
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:Und, nein, das dürfen Richter so nicht, sonst bräuchte man ja keine Gerichtsgutachter mehr.

In der Tat braucht man nicht für alle Lebenssachverhalte ein Fachgutachten.
Es waren Gutachten der Verteidigung für etwas, wo die Verteidigung meinte, man bräuchte ein Gutachten, um etwas beweisen zu können, was so jedoch nicht bewiesen werden konnte.
Du kannst auch ein Gutachten einholen für die Frage, ob die Statik bei einem Stuhl mit abgebrochenem Bein schlechter ist. Wenn das aber auch mit Allgemeinwissen und richterlicher Kompetenz zu beantworten und zu entscheiden ist, kannst du auf ein Gutachten verzichten oder aber als Richter ggf. sogar in eigener Kompetenz ein Gutachten für untauglich und fehlerhaft erklären, das zu dem Ergebnis kommt, der dreibeinige Stuhl sei ebenso stabil wie ein heiler Stuhl.
Ich fand schlüssig, was sie geschrieben hat.


melden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

16.02.2019 um 00:20
Zitat von jeffersonbridgjeffersonbridg schrieb:Dann ist es theoretisch möglich das SA einen Teil ihres Körpers in Brenngrube vorm Haus verbrannt hat, einen Teil im Brennfass von Dassey und einen Teil im Steinbruch. Die Anklage oder Richter kann argumentieren das SA mit den resten von TH zum Steinbruch fuhr und sie dort weiter verbrannt hat weil er gemerkt hat das es ziemlich lange dauert einen Menschen zu verbrennen und der Gestank zu auffällig war.
Jein. Im Augenblick, solange das aktuelle Urteil besteht, kann die Anklage oder auch ein Richter (gut, im korrupten Rechtssystem von Wisconsin ist so ziemlich alles möglich, siehe der Fall Laurie Bembenek) juristisch genau das nicht. Beide sind rechtlich auf das aktuelle Urteil und auch das Narrativ und den Beweisweg festgelegt. Würde sie plötzlich einer neuen Theorie folgen, würde das bedeuten dass sie vor Gericht die falsche unterbreitet hat, ergo: Das Urteil könnte nicht bestehen.
Anders im Fall eines evidentiary hearing oder eines neuen Prozesses, dann kann die Staatsanwaltschaft dahin ausweichen, auch selbst neue Bewiese einbringen (die sie nicht hat,in diesem Fall) aber dann kann dann kann die Verteidigung auch ALLES Material, das sie hat vorbringen und kommt auch automatisch an alle Beweismittel die bislang nicht getestet werden durften. Dieser Fall könnte, mit allem was man mittlerweile belegen kann, vor Gericht niemals bestehen. Deswegen tut die StA ja alles, buchtsäblich mit Händen und Füssen, um Zellner nicht einen Gerichtssaal zu lassen.

Und deswegen will Zellner den Weg auch abkürzen mit diesem, durchaus schweren Rechtsbruch mit den Knochen (incl. aktuellem Täuschungsversuch). Wenn es den normalen Berufungsweg geht, dauert es länger, aber das Material wird auch dann mindestens für eine Beweisanhörung reichen.

Richtig ist, dass Halbachs Knochen, wenn man sie außerhalb nachweisen könnte, nicht automatisch sofort beweisen, dass Avery unschuldig ist, aber sie würden beweisen - ungluegbar - dass die StA auch in diesem Punkt wissentlich gelogen hat. Damit käme man wieder in einen Gerichtssaal.....


melden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

16.02.2019 um 03:15
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Aber vielleicht äußert sich @Rick_Blaine dazu nochmal.
Hm, eigentlich habe ich keine grosse Lust mich immer wieder zu wiederholen, denn hier wird soviel Unsinn geschrieben der keinerlei Kenntnisse in grundsätzlichem Verfahrensrecht aufzeigt.

Aber gut, schreibe ich es noch einmal. Mit den deutschen Begriffen muss man immer etwas vorsichtig umgehen, aber im Prinzip ist das Verfahrensrecht in den USA oder speziell hier in Wisconsin gar nicht so anders als in Deutschland.

Fangen wir mit dem Begriff Berufung an. Der Begriff passt hier gar nicht und sollte nicht verwendet werden. Eine Berufung ist ein Rechtsmittel das es in Deutschland gibt und das, wenn es erfolgreich ist, eine neue Tatsachenverhandlung ermöglicht.

Auf dem Level unseres Falles hier gibt es das nicht, übrigens genausowenig wie in Deutschland.

Es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Dinge:

Es gibt die Revision, in welcher man ein übergeordnetes Gericht bittet, das vergangene Verfahren auf Rechtsfehler zu untersuchen. Diese können in verschiedener Form vorliegen, vom unzuständigen Gericht angefangen, über einen befangenen Richter, bis hin zu erheblicher fehlerhafter Interpretation der Beweisregeln usw. Das ist in beiden Ländern gleich.

Und es gibt das Wiederaufnahmeverfahren, dazu weiter unten mehr. Erst einmal zur Revision:

Es wäre hier für die Diskussion allerdings hilfreich, endlich einmal darauf zu verzichten, angebliche Verfahrensfehler, über die noch nicht entschieden wurde, als "erheblich" usw. zu bezeichnen und jedes Mal zu insinuieren, dass damit das Ergebnis der Revision schon feststeht.

Das ist kompletter Blödsinn und nervt nur.

Was anscheinend schrecklich schwer zu verstehen ist, ist nämlich die juristische Tatsache, dass nicht jede Abweichung von einer vorgegebenen Art und Weise ein Verfahren zu führen, sofort zu einer Aufhebung des Urteils führt.

Es mag im Prozess gegen Avery den einen oder anderen Fehler gegeben haben, aber die Frage, welche sich die Richter in der Revision stellen müssen ist: Wenn dieser Fehler nicht vorliegen würde, ist es wahrscheinlich, dass die Jury ein anderes Urteil gefällt hätte?

Nur wenn die Revisionsrichter diese Frage mit ja beantworten, ist der Verfahrensfehler substantiell und kann zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens führen.

Ich versuche es noch einmal mit einem ganz einfachen Beispiel zu erklären:

Der Angeklagte Theodor konnte den Oskar nicht leiden und eines Tages, als Oskar etwas betrunken auf der Hauptstrasse durch das Dorf lief, nahm Theodor die Gelegenheit wahr, Oskar ins Jenseits zu befördern. Er beschleunigte seinen grünen Audi auf 100km/h und fuhr Oskar auf der schnurgeraden Hauptstrasse über den Haufen.

Der schwer arbeitende Staatsanwalt Dr. Mairhofer legt die Beweise vor, die Augenzeugen und so weiter. Im Schlussplädoyer fasst er noch einmal das Geschenen zusammen und sagt: "Und dann beschleunigte der Angeklagte seinen roten BMW und fuhr den armen Oskar über den Haufen." Der Schöffe Gmeinwisser, seinerseits erklärter Fahrradfahrer und Fussgänger nickt innerlich und denkt sich: Genau! Diese BMW Fahrer denken sowieso ihnen allein gehört die Strasse. Er freut sich, mit Theodor einen von ihnen aus dem Verkehr ziehen zu können.

Rechtsanwältin Dr. Aufgepasst liest nach dem Urteil noch einmal ihre Notizen durch und stellt fest, dass Kollege Dr. Mairhofer hier tatsächlich von einem ganz anderen Fahrzeug sprach.

Nehmen wir jetzt einmal an, das Ganze spielte sich in Wisconsin ab, in dem es freilich kein "korruptes" Gerichtswesen gibt (so ein Quatsch, so was zu behaupten). Sie legt Revision ein und fordert, das Verfahren zu wiederholen, denn so wie Dr. Mairhofer in seinem Schlussplädoyer das Geschehen zusammengefasst hat, kann es ja nicht gewesen sein.

Unter dem Vorsitz von Frau Dr. Weise stellt das Revisionsgericht fest: Der Fehler, der Dr. Mairhofer unterlaufen ist, war keineswegs fatal. Die Zeugen haben Theodor am Steuer des einzigen Autos gesehen, das zur fraglichen Zeit die Hauptstrasse entlang fuhr. Es ist erwiesen, dass dieses Auto der grüne Audi des Theodor gewesen ist.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass Schöffe Gmeinwisser nichts gegen Audi-Fahrer hat sondern sich nur über BMW Fahrer ärgert, hätte er auf grund der Beweislage immer noch Theodor für schuldig befunden.

Ergo: Ja, es ist ein Fehler passiert, aber dieser war harmlos. Deshalb hat das Urteil Bestand.

Eine andere Sache wäre es, wenn zur Tatzeit zwei Fahrzeuge unterwegs gewesen wären, ein grüner Audi und ein roter BMW und wenn es tatsächlich darum ging, einen der beiden als das Unfallfahrzeug zu identifizieren. Da könnte der Versprecher des Dr. Mairhofer eventuell (!) grösseres Gewicht bekommen.

Alles, was Avery und seine verschiedenen Verteidiger vorbringen, muss immer unter diesem Gesichtspunkt geprüft werden.

Wie wir alle wissen, wurde seine erste Revision (appeal) verworfen.

Zurück zu den Begriffen. Eine Revision kann im Englischen sowohl als "appeal" bezeichnet werden als auch als "review," ein Antrag auf Revision kann dann z.B. als "Petition for review" bezeichnet werden. Das wird unterschiedlich gehandhabt, aber das Prinzip bleibt immer das Gleiche: Wie im Fremdwort "Revision" signalisiert auch das englische Wort "review" (das natürlich vom lateinischen Revision kommt) dass es sich um eine "Rück"(re)-Schau handelt. Man blickt zurück auf das vergangene Verfahren.

Dementsprechend geht es generell erst einmal nur darum.

Die Rechtsprechung hat dann unter sehr restriktiven Bestimmungen den Blickwinkel etwas erweitert: In einem Revisionsantrag kann unter bestimmten Umständen auch ein neues Beweismittel eingebracht werden.

Bleiben wir in unserem Beispielfall: Ein Zeuge meldet sich nach dem Verfahren, der gesehen haben will, dass ganz kurz vor dem Unfall Theodor auf den Beifahrersitz gerutscht ist und Zenzi das Steuer übernommen hat, und dass demnach Zenzi den Oskar totgefahren hat.

Das juristische Dilemma ist nun dies: Das Revisionsgericht ist eigentlich der falsche Ort für diesen neuen Beweis: denn es obliegt der Tatsacheninstanz, also in den USA der Jury, zu entscheiden ob z.B. dieser Zeuge glaubwürdig ist oder nicht. Die Revisionsrichter beschäftigen sich normalerweise nicht mit Zeugenvernehmungen usw.

Andererseits, wenn dem so wäre, wäre Theodor unschuldig!

So hat man ein ganz eigenes, besonderes Verfahren erfunden: Das Wiederaufnahmeverfahren. In den USA kann das wieder verschiedene Namen haben, zum Beispiel "motion for a new trial." Generell wird es unter einem Oberbegriff einsortiert, der alle Rechtsmittel nach einem Urteil umfasst, dem "Post Conviction Relief." Wenn Juristen jedoch von PCR sprechen, wir kürzen so was meistens ab, dann meinen sie selten eine normale Revision, sondern meistens ein anderes Rechtsmittel und da vorrangig ein Wiederaufnahmeverfahren. Oder auch ein Haftprüfungsverfahen. Usw. Man muss also genau hinschauen, was gemeint ist, wenn von PCR die Rede ist.

Also, was wird nun aus unserem neuen Zeugen und Zenzi? Die Thematik der Wiederaufnahme ist in beiden Ländern extrem kompliziert, aber beschränken wir uns hier mal auf ein paar generelle Dinge:

Das Gericht wird zunächst recht skeptische Fragen stellen: wieso kommt der Zeuge jetzt erst? Warum wurde das nicht im Verfahren bereits thematisiert? Was würde seine Aussage, wenn sie wahr wäre, ändern? Usw.

Wenn das Gericht nun feststellt, dass es sich hier tatsächlich um einen Zeugen handelt, dessen Aussage den Urteilsspruch substantiell in Frage stellt und es dem Verurteilten nicht angelastet werden kann, dass er den Zeugen nicht schon im ersten Verfahren bringen konnte, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Gericht ein neues Verfahren ansetzt, also den alten Urteilsspruch aufhebt.

Auf dem Weg dahin befindet sich derzeit Averys Fall.

Der Weg ist nicht einfach. Zunächst einmal muss man die Gründe für ein solches Wiederaufnahmeverfahren darstellen. Das geschieht in einem Antrag, der wiederum verschiedene Namen haben kann, je nach Ort des Verfahrens, z.B. "motion for a new trial."

Das Gericht soll dann diese Gründe, die erst einmal schriftlich eingereicht werden, bewerten. Es kann dabei sein, dass das Gericht nicht in der Lage ist, dies nach Aktenlage zu bewerten. Zum Beispiel in unserem Fall hier: Staatsanwalt Dr. Mairhofer zweifelt sehr an dieser neuen Lage. Er beantragt eine Anhörung, denn er möchte ein paar Dinge klären: welches Verhältnis hat der neue Zeuge zu Zenzi? Zu Theodor? Wie steht es um seine Sehfähigkeit? Um seine Nüchternheit?

Bevor nun der ganze Prozess von vorne beginnt, muss sich das Gericht mit diesen Dingen beschäftigen, denn wenn sich ergibt, dass dieser Zeuge nicht glaubwürdig ist, kann man sich den riesigen Aufwand eines neuen Prozesses sparen!

Das Gericht setzt eine Anhörung an, auf Englisch "evidentiary hearing" genannt. In dieser stellt sich heraus, dass der neue Zeuge der ehemalige Liebhaber der Zenzi ist, der von ihr verlassen wurde, als sie mit Theodor zusammenkam. Es stellt sich auch heraus, dass er an dem fraglichen Abend stockbesoffen war und seine Brille, ohne die er so gut wie nichts sieht, im Wirtshaus liegen gelassen hatte.

Daraufhin erklärt das Gericht, dass dieser neue Zeuge so unglaubwürdig ist, dass es unwahrscheinlich ist, dass seine Aussage das alte Urteil verändern würde und lehnt den Antrag auf ein Wiederaufnahmeverfahren ab.

So. Nun könnte endlich Schluss sein. In den USA will man aber dem Verurteilten so viele Chancen wie möglich und praktisch sinnvoll geben, sein Recht zu bekommen: also kann er gegen diesen Beschluss des Gerichts wieder Revision einlegen.

Und genau in diesen Phasen sind wir im Avery Verfahren. Zellner hat leider nicht alles schön gebündelt in einem Antrag dargelegt, sondern verschiedene Anträge zu verschiedenen Zeitpunkten gestellt, so dass es meistens mehr als ein Antrag ist, der gerade entweder schwebt, oder in der Revision ist.

Zu den Ausführungen über die zuständige Richterin schreibe ich hier nichts, denn ich masse mir nicht an, ihre Qualifikationen zu beurteilen ohne sie zu kennen.

Die Ausführungen von @Seps13 dazu sind hier allerdings in der Regel korrekt.

Soviel erst einmal, später mehr.


melden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

16.02.2019 um 08:41
@Rick_Blaine Danke. Anschaulich erklärt, das Beispiel ist super. Stell dir einfach vor, du hättest jede Woche neue Praktikanten :)

Hier mal die angefochtene Entscheidung von Richterin Sutkiewicz:
Spoiler
 20190216 082827

 20190216 082856

 20190216 082913

 20190216 082933

 20190216 082950

 20190216 083015


Es ergeben sich demnach aus den eingereichten Beweismitteln und Vorträgen keine unumgänglichen anderen Interpretationen als bisher. Ein angebliches "zu viel" an DNA sagt nicht aus, dass diese nicht von Avery direkt übertragen wurde, aussagekräftige statistische Erhebungen und andere Untersuchungen fehlen (muss natürlich auch das Gericht nicht nachholen), sinngemäße Schlüsse aus dem 15-Probanden-Test sind also nicht möglich (sehe ich auch so) Es gibt keinen Beweis für ein Zahnbürsten-DNA-Planting. Dass TH den Ersatz-Schlüssel dabei hatte, kann auch nicht widerlegt werden.


1x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

16.02.2019 um 23:55
@Seps13

Dieser eingestellte Beschluss zeigt sehr deutlich worum es geht. Und hier muss man sich die Mühe machen, den Beschluss einmal genau zu lesen. Man findet darin nämlich zahlreiche Abweichungen vom Netflix Dokudrama.

Eines allerdings ist gleich, und das ist der von mir schon früher bemängelte Punkt, wie Zellner die Dinge darstellt. Als ich noch in der "law school" war, vor vielen Jahren, hatten viele Studenten ein Problem damit. Bei einer Fallanalyse kamen sie zu Ergebnissen, die zwar durch die Indizien "möglich" waren, aber nicht die einzige mögliche Interpretation. Wir schrieben es aber entschlossen und überzeugt und waren stolz auf unsere Fall Lösung. Und zurück kam eine schlechte Note mit der Begründung "conclusive" oder wie hier in diesem Gerichtsbeschluss: "conclusive allegation."

Das kann man relativ wörtlich aus dem Lateinischen übersetzen: "abschliessende Schlussfolgeruung." Abschliessend, so dass keine andere mögliche Interpretation zugelassen wird.

Wir haben dabei immer gemeint: in unserer Vorstellungsweise ist keine andere Interpretation möglich. Unsere Professoren wollten aber sehen, dass die Indizien wirklich keine andere Interpretation erlauben. Wenn sie das nicht hergeben, darf man es so nicht schreiben. Ich gebe mal ein Beispiel:

Oskar wird tot auf der Strasse aufgefunden, direkt vor seiner Haustür. Er liegt dort klatschnass in seinen Klamotten, denn es regnet schon seit Stunden wie aus Kübeln. Er wurde erstochen.

Wenn ich jetzt schreibe: "Oskar trat auf die Strasse und kam keine 20 Meter weit, sondern wurde direkt dort von seinem Mörder überrascht."...

...dann mas mag so sein. Das ist vermutlich sogar wahrscheinlich. Aber nur aus der Tatsache, dass Oskar da vor seiner Haustür im Regen liegt, kann ich das nicht konklusiv so bestimmen. Es könnte nämlich auch sein, dass der Mörder ihn aus dem Haus getragen und vor der Tür abgelegt hat nachdem er ihn eine Stunde vorher in seiner Wohnung erstochen hatte. Das würde aber den Tatablauf verändern.

Nehmen wir jetzt mal an, ich hätte geschrieben, Oskar lag vor seiner Haustür in einer riesigen Blutlache. Das wäre schon etwas anderes: Dann ist es wahrscheinlicher, dass er dort erstochen wurde. Es ist zwar immer noch nicht 100% sicher, aber weitaus wahrscheinlicher als in der ersten Darstellung.

Wir wurden dazu erzogen, unseren eigenen Gedanken keine Schranken durch konklusive Formulierungen zu setzen. In der echten Welt ausserhalb der Universität soll das verhindern, dass mögliche Ermittlungsansätze nicht verfolgt werden usw.

Zellner tut nun genau das: sie stellt eine mögliche Interpretation des Indizienbilds als die einzig mögliche Interpretation dar. Die Fangemeinde auf Netflix folgt ihr da brav. Die geschulte Richterin nicht. Sie bemängelt wörtlich "the conclusive allegations."

Schauen wir uns die an:

In Zellners Test des Motorhaubenverschlusses haben 15 ihrer Testpersonen die Haube angefasst. 11 haben keine DNA Spur hinterlassen. 4 haben eine hinterlassen. Anders als bei Netflix dargestellt, wird in dem Gutachten, laut Richterin, keine Quantität bestimmt.

Zellner schreibt nun, dass es unmöglich sei, durch einfaches Anfassen eine solche Spur zu hinterlassen. Das ist nicht nur konklusiv, das ist falsch. Wie die Richterin hier korrekt bemerkt: 4 ihrer eigenen Probanden haben ja eine Spur hinterlassen. Und, was uns in Netflix auch vorenthalten wurde, ihr eigener Wissenschaftler hat in seinem Gutachten festgestellt, dass es derzeit keinen zuverlässigen Test gibt, bei dem klar gesagt werden kann: ja oder nein. Weitere Tests müssten erfolgen, heisst es dort. Das Gutachten vermeidet tunlichst jede konklusive Schlussfolgerung.

Das macht ja auch Sinn: so sehr man es versucht, kann man die exakte Situation in der Mordnacht nicht nachstellen, da man sie einfach nicht kennt. Man kann Avery nicht selbst das Ganze noch einmal an exakt der gleichen Motorhaube machen lassen. Man ihn nicht 15 mal die Haube anfassen lassen. Man weiss nicht, wie verschmutzt, wie verschwitzt und so weiter Avery in diesem Moment war. Konnte Zellner das bei ihren 15 Probanden relativ originalgetreu nachstellen? Ihr Gutachten schweigt dazu.

Daraufhin schliesst das Gericht: Das ist zu vage. Vor allem weil ja eines unbestritten feststeht: es wurde Averys DNA dort gefunden. Irgendwie muss es also dahin gelangt sein.

Die Jury musste nun genau wie das Gericht heute zwischen zwei oder mehr möglichen Alternativerklärungen wählen: der Staat bietet die eine an, die Verteidigung die andere: entweder Avery hat die Spuren hinterlassen oder sie wurden extrem aufwändig dort angebracht. Letztere bedingt einen ganzen weiteren Korb von Annahmen, wie die Person an diese Spurenträger gekommen ist, mit welchem Motiv usw usw.

Die Jury und das Gericht haben entschieden, dass die Version der Staatsanwaltschaft nach gesundem Menschenverstand die wahrscheinlichere ist. Nicht nur für sich betrachtet, sondern in der Gesamtschau der Indizienkette.

Das ist juristisch akzeptabel und daher hat die Richterin ganz korrekt den Antrag auf Wiederaufnahme basierend auf diesem Punkt abgelehnt.

Und dann geht sie zum nächsten Punkt: Blut auf Schlüssel.

Der Argumentationsweg und das Ergebnis ist das Gleiche.

Unterm Strich bleibt der ganze Fall immer wieder hier stecken: Um erfolgreich zu sein muss Zellner die zweifellos vorhandenen Spuren anders, aber glaubwürdig und überzeugend erklären. Ihr bleibt dabei am Ende nur eine Theorie, in welcher entweder böse Polizeibeamten oder einer ihrer übrigen Verdächtigen (sie wechselt diese ja während der Verfahrensdauer), aufwändig sich die Spuren angeeignet haben (Zahnbürste etc.) und an den entsprechenden Stellen angebracht haben.

Extrem dünn wird ihre Argumentation dann, wenn man berechtigt fragt:

1. Warum sollten die unbekannten Verdächtigen das tun?
2. Warum gehen sie ein solches grosses Risiko für sich selbst ein?
3. Wenn sie schon falsche Spuren legen, warum dann nur so schwierig zu findende und interpretierbare?

Das ist der Moment, wo sich bei neutralen Beobachtern der gesunde Menschenverstand einschaltet.


5x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

17.02.2019 um 06:59
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:1. Warum sollten die unbekannten Verdächtigen das tun?
2. Warum gehen sie ein solches grosses Risiko für sich selbst ein?
3. Wenn sie schon falsche Spuren legen, warum dann nur so schwierig zu findende und interpretierbare?
4. Warum sollte es ihnen gelungen sein?


melden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

17.02.2019 um 07:38
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:so sehr man es versucht, kann man die exakte Situation in der Mordnacht nicht nachstellen, da man sie einfach nicht kennt. Man kann Avery nicht selbst das Ganze noch einmal an exakt der gleichen Motorhaube machen lassen. Man ihn nicht 15 mal die Haube anfassen lassen. Man weiss nicht, wie verschmutzt, wie verschwitzt und so weiter Avery in diesem Moment war. Konnte Zellner das bei ihren 15 Probanden relativ originalgetreu nachstellen? Ihr Gutachten schweigt dazu.
Ganz genau das ist der entscheidende Punkt und genau daran krankt das Gutachten von Reich, das letztlich nichts beweist, sondern nur Spekulationen aufwirft. Es wurde ja noch nicht mal der heutige Steven mitgetestet.

Hier wird immer mal wieder behauptet, es gebe keine Schweiß-DNA. Das ist richtig, aber Schweiß eignet sich natürlich zum Transport von DNA aus Hautzellen und hierzu gibt es keine Tests! Das bestätigt Reich. Sein Mini-Stichprobentest ohne nähere Angaben zu den Kriterien, nach denen die Probanden ausgewählt und ob sie mit Avery in irgendeiner Form physiologisch abgeglichen wurden, hat daher keinerlei Aussagekraft. Er schreibt selbst auch nur von Annahmen und Wahrscheinlichkeiten, allzu weit aus dem Fenster lehnen möchte sich der Experte dann doch nicht.

Um die Plantingbehauptung in diesem Stadium des Rechtsstreits durchzubekommen, muss sie zwingend anzunehmen sein oder die Nichtplantingvariante (also Spur stammt direkt von Avery) müsste jedenfalls sehr lebensfremd sein.

Das ist sie aber nicht.

Umgekehrt wird ein Schuh draus. Zellners Hypothesen sind trotz Auftragsgutachten unbewiesen und lebensfremd, das hat die Richterin erkannt und entsprechend abgeurteilt.


melden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

17.02.2019 um 15:21
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Hier mal die angefochtene Entscheidung von Richterin Sutkiewicz:
Erst einmal zur besseren Lesbarkeit hier noch einmal Richterin Sutkiewicz‘ Entscheidung als pdf:
http://www.stevenaverycase.org/wp-content/uploads/2017/10/Decision-and-Order-Denying-Post-Conviction-Motion.pdf

Und dann sollte man mal ganz in Ruhe vergleichen, was und wie Speziell Reich und Palenik hier zur Argumentation von Richterin Sutkiwicz richtigstellen:

http://www.stevenaverycase.org/wp-content/uploads/2017/10/Oct-23-2017-Motion-for-Reconsideration-Exhibits.pdf

Das Destillat daraus, um nur mal auszugsweise beim Beispiel Dr. Reich zu bleiben, zeigt deutlich, dass Sutkiewicz hier, bei ihrer Einschätzung, wissenschaftliche Wertungen vornimmt, bei der sie sich selbst letztlich eine höhere wissenschaftliche Expertise einräumt als dem Fachgutachter, wobei gerade diese Feststellungen in der Sache falsch und auch unwissenschaftlich sind. Ferner dass sie eine Falschbehauptung nutzt, und wesentliche Teile der Expertise ignoriert.

1. Schweiß ist eine nicht-nachweisbare Substanz, es gibt keinen Test um Schweiß als Körperflüssigkeit nachzuweisen – die Behauptung von Kratz, dass die DNA auf der Kühlhaube von Schweiß stamme, ist daher falsch, weil das nicht belegbar ist und nie sein wird
Sutkiewicz vertritt hier die Auffassung, dass, was man nicht weder widerlegen noch belegen kann, ruhig behauptet werden darf – was wissenschaftlichem Denken komplett widerspricht

2. Die Aussage, dass die zu Unrecht behauptete Quelle, Schweiß, einen Einfluss auf die Spur haben könnte, also beispielweise mehr DNA aufweisen könnte, ist falsch. DNA die aus Schweiß gewonnen wird, ist genauso wie Touch DNA von abgeschuppten Hautzellen abhängig, und die DNA Menge die man bei Schweiß als Quelle finden würde, daher in grob derselben Größenordnung zu erwarten.
Sutiewicz geht hier, aufgrund ihrer wissenschaftlichen Expertise, von einem signifikanten Unterschied aus.

3. Identifizierende Daten zu den 15 Vergleichsprobanden sind für das wissenschaftliche Experiment und dessen Schlußfolgerung unerheblich. Menschen hinterlassen nicht signifikant unterschiedlich viel DNA
Sutkiewicz ist, anders als der Fachgutachter, aufgrund ihrer wissenschaftlichen Expertise, der Meinung, dass diese Daten Einfluss auf die Bewertung des Ergebnisses hätten.

4. Aus den sehr detaillierten, vergleichbaren und exakt aufgeschlüsselten Daten zu den Versuchen, lässt sich deutlich sehen, dass 11 der Probanden in der Rekonstruktion GAR keine Spuren hinterlassen haben, vier hingegen hinterließen Spuren einer Größenordnung (15 Versuche ergaben zusammen 0,288 Nanogramm, Averys Spur von einem einzigen Kontakt beträgt 1,9 Nanogramm DNA, also um den Faktor 6 mehr. Er hatte die Kühlerhaube 90 mal öffnen müssen) die sich mit der Behauptung Avery hätte diese Spuren auf natürliche Weise durch einen einzigen Kontakt via Hand oder Schweiß erzeugt nicht vereinen lassen.
Sutkiewicz behauptet, dass diese Daten in dem ihr zugegangenen Original-Affidavit aus der Motion For Post Convition Relief NICHT enthalten seien (wo sie auf Seite 6,7,8 und 9 detailliert nachlesbar sind http://www.stevenaverycase.org/wp-content/uploads/2017/06/015-Affidavit-of-Dr-Reich.pdf) – was schlicht eine falsche Tatsachenfeststellung ist.

Zusammenfassend kommt Richterin Sutkiewicz zur Aufassung, dass die Spur Sweat-DNA sein könne auch wenn man das nicht beweisen kann, dass verschiedene Menschen verschieden viel DNA hinterlassen könnten, wovon die Wissenschaft nichts weiß, und macht nicht einmal den Versuch den drastischen Größenunterschied, der mit der Theorie der Staatsanwaltschaft unvereinbar ist, zu erklären, weil sie behauptet dass die ihr zugegangenen Daten nicht existieren.

In der Motion for Post Conviction Relief wird weiter darauf verwiesen, dass ALLE Testproben von der Kühlerhaube eines Vergleichsmodells mit bloßem Auge sichtbare Schmutzpartikel aufweisen, Averys Probe hingegen als Einzige nicht. Die Hypothese eines Vertauschens des Hood Lach Abstrichs mit dem Groin Swab wird von Dr. Reich als deutlich glaubwürdigere Erklärung für die Anomalien der Probe dezidiert erwähnt, auch weil es Belege für Unregelmäßigkeiten bei der Aufnahme exakt dieses Hood Lach Abstrichs in den Beweiskörper gab: Mark Wiegert hatte diesen Abstrich nämlich, nachdem er ihn von dem damit beauftragten Deputy erhalten hatte, unter einem falschen Namen ins Beweismittelregister des WSCL eingetragen – der Beamte der „unterschrieb“ (Deputy Hawkins) hatte das Beweismittel gar nicht dorthin überbracht, sondern Wiegert, er war im Gegensatz zu Wiegert gar nicht vor Ort, und kann daher auch nicht unterschrieben haben.
Sutkiewicz addressiert diese Aspekte nicht.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Und dann geht sie zum nächsten Punkt: Blut auf Schlüssel.
Kurze Nachfrage: Wo kommt das auf einmal her? Im Sutkiewcz-Urteil steht davon nichts, und niemand hat dergleichen je behauptet. Kann es sein, dass du da beim Lesen verrutscht bist? Denn davon ist nur im Zusammenhang mit der Kugel die Rede.

Übrigens: Auch hier begeht Sukiewicz einen Fehler. Sie behauptet…

„Der Beklagte macht geltend, der Bericht beweise, dass der rote Fleck der Kugel nicht aus Blut, sondern aus Farbe bestehe.“

Tatsächlich unterstellt sie hier zu Unrecht etwas, dass gar nicht in Dr. Paleniks Gutachten behauptet wurde. Palenik hatte lediglich festgestellt, dass die rote Spur auf der Kugel mit einer roten Flüssigkeit wie Farbe übereinstimmt. Die Behauptung, dass es sich hier um Blut handele wurde NIEMALS aufgestellt, auch von der Staatsanwaltschaft nicht; der Grund hierfür war, dass Forensikerin Sherry Culhane die Kugel 2006 im Rahmen ihrer wenig professionellen Untersuchungen, in einer sogenannten Puffer-Lösung abgewaschen hat – und damit jede Möglichkeit zerstört hat, die roten Partikel jemals noch auf Blut prüfen zu können, das wurde auch vor Gericht so festgestellt. Deshalb konnte eine solche Behauptung auch nie aufgestellt werden. Ergo unterstellt hier die Richterin mittelbar - laut den Gerichtsunterlagen fälschlich – diese roten Partikel seien als Blut bestimmt worden, und Palenik habe dies unzureichend widerlegt. Beides ist falsch.

Tatsächlich stimmt in dem ganzen Absatz fast nichts. „The expert witness indicates that the tests used on the bullet are not inclusive to the point of discovering all particles present on the bullet surface.” schreibt Sutkiewicz beispielsweise, eine Aussage von der völlig unklar ist, woher sie sie bezieht.
Im Gutachten von Dr. Palenik steht dergleichen nicht (http://www.stevenaverycase.org/wp-content/uploads/2017/06/048-Affidavit-of-Dr-Palenik.pdf S. 4 und 5) sondern im Gegenteil wurde die gesamte Oberfläche untersucht, die Partikelgruppen sind unter a) bis e) alle gelistet, und unter f) mit Verweis auf die Knochfragmente schreibt Palenik explizit: „No particles consistent with bone were detected by an examination using stereomicroscopy or digital video microscopy.”
Die Einschränkung, die Sutkiewicz hier behauptet, hat sie selbst erfunden.


1x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

18.02.2019 um 00:53
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:Das Destillat daraus, um nur mal auszugsweise beim Beispiel Dr. Reich zu bleiben, zeigt deutlich, dass Sutkiewicz hier, bei ihrer Einschätzung, wissenschaftliche Wertungen vornimmt, bei der sie sich selbst letztlich eine höhere wissenschaftliche Expertise einräumt als dem Fachgutachter, wobei gerade diese Feststellungen in der Sache falsch und auch unwissenschaftlich sind. Ferner dass sie eine Falschbehauptung nutzt, und wesentliche Teile der Expertise ignoriert.
Gutachten sind nur eine Hilfe für die richterliche Beweiswürdigung, es ist Standard, dass Richter Gutachten auf Schlüssigkeit prüfen und auswerten. Hier handelt es sich um ein Gutachten, bei dem sogar Laien erkennen können, dass es kein Planting beweist, sondern höchstens zu der Annahme führt, dass Avery ganz ordentlich geschwitzt und dabei viele Hautpartikel abgesondert hat.
Er hatte vielleicht ein dyshidrotisches Ekzem an den Händen. Oder ist immer so herumgerannt:
Spoiler
 20190217 165559.
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:Schweiß ist eine nicht-nachweisbare Substanz, es gibt keinen Test um Schweiß als Körperflüssigkeit nachzuweisen – die Behauptung von Kratz, dass die DNA auf der Kühlhaube von Schweiß stamme, ist daher falsch, weil das nicht belegbar ist und nie sein wird
Sie ist deswegen doch nicht falsch. Sie hat im Gegenteil den Vorteil, einerseits einleuchtend und andererseits nicht widerlegbar zu sein. Schweiß ist nämlich eine ganz naheliegende Annahme als Transfermittel für DNA, wenn identifizierbare Körperflüssigkeiten wie Blut, Sperma, Urin und Speichel durch Tests entfallen.
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:Sutkiewicz vertritt hier die Auffassung, dass, was man nicht weder widerlegen noch belegen kann, ruhig behauptet werden darf – was wissenschaftlichem Denken komplett widerspricht
Willst du leugnen, dass Menschen schwitzen? Ich glaube, Schwitzen wurde schon mal wissenschaftlich nachgewiesen. Außerdem war
Avery-DNA an der Motorhaube, das ist unstrittig. Entweder hat Avery Hautschuppen trocken draufgebröselt oder mit seinem Schweiß drangeheftet. Und klar kann man behaupten, dass anzunehmen ist, dass Schweiß das Transportmittel für die DNA war. Deswegen willst du ein neues Verfahren? Weil Hautabrieb-DNA trocken nicht von Hautabrieb-DNA mittels Schweiß zu trennen ist und die StA beides hätte nennen müssen? Scheint mir ein ziemlich aussichtslosen Argument zu sein.

Wissenschaftlichem Denken widerspricht übrigens die Behauptung, Bobby habe geronnenes abgekratztes Blut wiederverflüssigt und im Auto appliziert. Oder die Ermittler hätten aus einem alten Leistenabstrich die DNA auf der Motorhaube aufgetragen. Solche hanebüchenen Hirngespinste sollen wissenschaftlich nachvollziehbar und logisch sein? DAS akzeptierst du kritiklos? Stell dir mal vor, Ken Kratz hätte so etwas behauptet.
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:Die Aussage, dass die zu Unrecht behauptete Quelle, Schweiß, einen Einfluss auf die Spur haben könnte, also beispielweise mehr DNA aufweisen könnte, ist falsch. DNA die aus Schweiß gewonnen wird, ist genauso wie Touch DNA von abgeschuppten Hautzellen abhängig, und die DNA Menge die man bei Schweiß als Quelle finden würde, daher in grob derselben Größenordnung zu erwarten.
Darüber gibt es keine Untersuchungen. Das ist natürlich ganz individuell abhängig vom Probanden, von dem, wo er vorher hingefasst hat (vgl. Abbildung oben), abhängig von mehreren unklaren Parametern.

Ich kann mir übrigens im Vergleich zu einem alten Leistenabstrich eine viel ergiebigere Quelle von Steven-Avery-DNA vorstellen: (Ich weiß nicht, ob das jetzt tatsächlich eine Überraschung ist):

Der lebende und wandelnde Körper von Steven Avery! Der macht den ganzen Tag nicht viel anderes, als StevenAvery-DNA zu produzieren und abzusondern. Und der soll es nicht gewesen sein? Unmöglich? Na, dann suchen wir doch mal in der Asservatenkammer und in den Hosentaschen irgendwelcher Ermittler :palm:
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:Sutiewicz geht hier, aufgrund ihrer wissenschaftlichen Expertise, von einem signifikanten Unterschied aus.
Solange es keine Studien und anerkannten forensischen Erkenntnisse dazu gibt, kann sie selbstverständlich die auftragsbezogenen Spekulationen der Gutachter durch anderslautende, sinnvollere Spekulationen ersetzen.
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:Vergleichsprobanden sind für das wissenschaftliche Experiment und dessen Schlußfolgerung unerheblich. Menschen hinterlassen nicht signifikant unterschiedlich viel DNA
Immer und jederzeit, schwitzend und nicht schwitzend, krank oder gesund - immer gleich? Woher weißt du das denn? Quelle? Studien? Nicht Zellner und deren bezahlte Gutachter bitte. Irgendetwas Vertrauenswürdiges, Unabhängiges.
Menschen hinterlassen multifaktoriell unterschiedlich viel Hautschuppen, auch signifikant. Beim Minitest mit ausgewählten, vermutlich nicht übermäßig schwitzenden, nicht hauterkrankten, nicht gestressten Personen gab es ja ebenfalls bereits Abweichungen.
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:Sutkiewicz ist, anders als der Fachgutachter, aufgrund ihrer wissenschaftlichen Expertise, der Meinung, dass diese Daten Einfluss auf die Bewertung des Ergebnisses hätten.
Sie berücksichtigt die Ungewissheiten und Ungenauigkeiten, die der Gutachter verschweigt und selbstverständlich darf sie das, als Richterin würdigt sie den unausgegorenen Gutachtenspekulationsbrei, der ihr als angebliches Beweismittel zum Umrühren vorgesetzt wurde.
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:Zusammenfassend kommt Richterin Sutkiewicz zur Aufassung, dass die Spur Sweat-DNA sein könne auch wenn man das nicht beweisen kann, dass verschiedene Menschen verschieden viel DNA hinterlassen könnten, wovon die Wissenschaft nichts weiß, und macht nicht einmal den Versuch den drastischen Größenunterschied, der mit der Theorie der Staatsanwaltschaft unvereinbar ist, zu erklären, weil sie behauptet dass die ihr zugegangenen Daten nicht existieren.
Nochmal: Sie darf auswerten, sie muss nichts erklären, die obigen Daten sind ein Mini-Stichprobentest ohne Aussagekraft. Eine Unvereinbarkeit zur Theorie der StA besteht deswegen nicht, weil
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Man kann Avery nicht selbst das Ganze noch einmal an exakt der gleichen Motorhaube machen lassen. Man ihn nicht 15 mal die Haube anfassen lassen. Man weiss nicht, wie verschmutzt, wie verschwitzt und so weiter Avery in diesem Moment war.
DAS ist entscheidend. Vergleichbare Bedingungen in jeder Hinsicht. Nicht irgendwelche anderen 15 Personen mit gewaschenen Händen unter Laborbedingungen, die nicht vorher eine Frau vergewaltigt und getötet haben.
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:Ergo unterstellt hier die Richterin mittelbar - laut den Gerichtsunterlagen fälschlich – diese roten Partikel seien als Blut bestimmt worden, und Palenik habe dies unzureichend widerlegt. Beides ist falsch.
Aber das ist alles irrelevant für den Antrag der Verteidigung und für die Entscheidung, um die es hier geht. Ob Blut oder Nie-Blut oder Farbe, es geht um das Planting, das nicht bewiesen wurde. Auch permanentes Nebelkerzenwerfen kann davon nicht ablenken.

Die Richterin hat zu Recht entschieden, dass ein Beweiseinpflanzen nicht bewiesen wurde. Es wurde nur dargelegt, dass Avery mehr DNA als 15 Unbekannte auf der Motorhaube hinterließ. Na und?


melden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

18.02.2019 um 02:09
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Ihr bleibt dabei am Ende nur eine Theorie, in welcher entweder böse Polizeibeamten oder einer ihrer übrigen Verdächtigen (sie wechselt diese ja während der Verfahrensdauer), aufwändig sich die Spuren angeeignet haben (Zahnbürste etc.) und an den entsprechenden Stellen angebracht haben.
Böse Polizeibeamte aus zwei unterschiedlichen Orten (Colborn & Lenk featuring Wiegert vom Nachbarort, eventuell auch noch mit Fassbender vom FBI) sowie Bobby als echtem Täter und perfektem Mörder, Tadych als willfährigem Gehilfen seines Stiefsohnes und dann auch noch der Exfreund des Opfers, der vermutlich niemanden von allen Beteiligten kennt, aber dem korrupten Colborn zuarbeitet. Das ist der Hauptpunkt, wo ich das Gefühl habe: Das kann man nicht glauben. Sechs bis sieben teilweise völlig unterschiedliche Akteure, die teils unabhängig voneinander zufällig auf ein Ziel hinarbeiten, während alle auf einen Mann hindeutenden Beweise einen vermeintlich Unschuldigen treffen sollen, welcher als einziger die Wahrheit sagt.

@dna unter der Haube:
Warum ist denn überhaupt eine sehr hohe DNA-Anzahl unter bestimmten Bedingungen total unvorstellbar? Um beim Beispiel vom in alle Richtungen offenen Denken zu bleiben, gäbe es auch einfache, realistische Szenarien, wie man besagte DNA anders unter die Haube bekommen könnte als mit geklauten Leistenabstrichen. Wenn man sich mal einen beleibteren, gestressten Mann vorstellt, der hemdsärmelig unter einer Motorhaube hantiert und dabei im Gesicht stark schwitzt, kann ich mir gut vorstellen, wie dieser Mensch sich mit einem angewinkelten und nackten Arm einmal quer übers Gesicht wischt, um den Schweiß wegzubekommen und dabei an Auge, Nase oder Mund kommt und ganz beträchtliche Mengen zusätzlicher DNA auf seinem Arm hat. Dann stößt man nur einmal irgendwo an der Haube an und hat eine dicke, fette Spur. Solche Bilder kann man in jeder Werkstatt täglich beobachten.

Abgesehen davon beweist der Test ja eben doch, dass Menschen unterschiedliche DNA-Spuren hinterlassen. ;) 11x keine und 4 x welche, das ist doch schon ein Unterschied.

Bei den Fasern auf der Kugel ist es ähnlich (gefundene weiße Faser, neben schwarzen und roten, die in der Reportage gar nicht genannt wurden = Beweis für planting von Teresas DNA mittels Wattestäbchen), aber das würde jetzt zu lang werden und schreibe ich die Tage. In dem Bericht ist aber im Gegensatz zu Zellners Ausage in MaM gesagt worden, es gäbe drei verschiedenfarbige Fasern, deren Quelle unklar ist. In Zellners Lesart kann diese Faser nur Watte sein, was eben auf ein Planting hindeutet. Es gäbe aber auch noch mehrere andere Theorien, wie verschiedene Fasern auf die Kugel gekommen sind.

@Seps13 : Ein echter Klassiker da im Spoiler. *g* Und wer weiß schon, wie das alles genau war.


7x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

18.02.2019 um 09:53
@Millali
Ein gut vorstellbares Ablaufbeispiel. So könnte es gewesen sein. Oder Schweiß von der Stirn getropft, draufgeniest, irgendwelche anderen Sekrete, die sich durch Sonneneinstrahlung verflüchtigt haben können, während das zellkernhaltige Material haften blieb. Gibt viele Möglichkeiten.

Ich gehe mal davon aus, dass du ebenfalls kein DNA-Experte oder Rechtsmediziner bist. Wenn aber uns Laien schon die Unvollständigkeit des Gutachtens auffällt, weil wir gleich mehrere Varianten nennen können, wie vermehrte DNA vom lebenden, wandelnden und werkelnden Steven Avery an die Motorhaube kommt, ist die Richterin völlig logisch und korrekterweise den einseitigen Wahrscheinlichkeitsaussagen des Gutachters nicht gefolgt.

Der Gutachter ist hier übrigens definitiv nicht wissenschaftlich vorgegangen, jedenfalls nicht im Sinne eines objektiven Ergebnisses. Das Gutachten weist augenscheinliche, grobe Datenerhebungsfehler auf. Man kann nicht einfach behaupten, Steven Avery hätte am Tattag weniger DNA hinterlassen, als er hinterließ, ohne konkret das zu testen und jeden Erklärungsansatz außer dem vom Auftraggeber gewünschten zu ignorieren.

Wobei der Gutachter es ja bei einer Wahrscheinlichkeitsbehauptung hinsichtlich Planting belässt, die sowieso nicht ausreicht für eine positive Entscheidung zum Wiederaufnahmeantrag. Damit erübrigt sich bereits jede weitere Diskussion.
Zitat von MillaliMillali schrieb:wer weiß schon, wie das alles genau war.
Steven Avery wird es vermutlich noch wissen.
Zitat von MillaliMillali schrieb:Sechs bis sieben teilweise völlig unterschiedliche Akteure, die teils unabhängig voneinander zufällig auf ein Ziel hinarbeiten, während alle auf einen Mann hindeutenden Beweise einen vermeintlich Unschuldigen treffen sollen, welcher als einziger die Wahrheit sagt.
Davon ganz zu schweigen.


Anzeige

melden