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Mordanklage nach 41 Jahren

725 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord Sohn ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Egi ehemaliges Mitglied

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Mordanklage nach 41 Jahren

12.05.2016 um 08:36
Der Gutachter müsste eine vorsätzliche Handlung aufzeigen. Das kann er nicht und wird es als seriöser Gutachter auch nicht tun. Denn seine Aussage beruht allein auf Aktenstudium. Dabei wäre die erste Frage, ob die alten Akten nur objektive Tatsachen enthalten oder auch subjektive Ansichten oder sogar Fehler. Weiterhin ist unklar, ob er wirklich alle irgendwie möglichen Unfallszenarien beachtet hat. Auch das wird er nicht 100-prozentig bejahen, denn es kann immer eine seltene Ausnahme geben.

Zur Verdeutlichung: Bislang wurde kein intelligentes außerirdisches Leben festgestellt. Dennoch lässt sich nicht zweifelsfrei sagen, dass es im gesamten Universum wirklich keines gibt.
Zitat von obskurobskur schrieb:Ein damals gestorbener Junge sei höchstwahrscheinlich nicht bei einem Unfall ums Leben gekommen.
Höchstwahrscheinlich (99 Prozent) ist etwas anderes als definitiv. Für eine Verurteilung muss eine Tat aber zweifelsfrei
nachgewiesen werden und nicht nur höchstwahrscheinlich.

Wahrscheinlichkeitsabstufungen

-Möglichkeit (50%)
-einfache (überwiegende) Wahrscheinlichkeit (> 50%)
-große Wahrscheinlichkeit - sehr wahrscheinlich (90-95%)
-größte Wahrscheinlichkeit - höchstwahrscheinlich (99%)
-mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (jeden vernünftigen Zweifel ausschließend, 99,8%)

99 Prozent klingt zunächst einmal gut. Es würde jedoch bedeuten, dass von jeweils 100 höchstwahrscheinlich Schuldigen jeweils einer unschuldig ist.

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Egi ehemaliges Mitglied

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Mordanklage nach 41 Jahren

12.05.2016 um 08:45
@Rick_Blaine

Was meinst Du dazu? Der Verteidiger müsste sich beim Gutachter bedanken.
Mattig (der Gutachter) befasste sich sogar mit Theorien, wie der, dass der Junge sich mit einem Plastiktüte Gas vom Herd abgezapft haben könnte und später im Bett einatmete. Dann hätte der Junge aber in Selbstmord-Absicht gehandelt haben müssen. Einem Achtjährigen traute Mattig das nicht zu.
https://www.berlinonline.de/aktuell/4410304-4015970-kindsmordprozess-rechtsmediziner-schlies.html

Oh, Herr Gutachter. Sie hätten nur "Selbstmorde von Kindern" googeln sollen. Da wären Sie fündig geworden. Außerdem hätte es kein Selbstmord sein müssen, sondern ein Spiel mit tragischem Ausgang, sozusagen eine verschärfte Variante des "Schnüffelns", was viele Kinder schon einmal ausprobierten. Das ist jetzt eine Steilvorlage für die Verteidigung.

https://www.google.de/search?q=selbstmorde+von+kindern&ie=utf-8&oe=utf-8&aq=t&rls=org.mozilla:de:official&client=firefox-a&channel=sb&gfe_rd=cr&ei=5SQ0V5z6A7DS8AeUmrWABQ
„Nach Unfällen ist Selbsttötung die zweithäufigste Todesursache bei Kindern“, sagt Dr. Sibylle Winter, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Berliner Charité.



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Mordanklage nach 41 Jahren

12.05.2016 um 08:49
@Egi

Du hast ganz Recht: die Gutachten sind immer theoretische Abhandlungen über das Mögliche. Die Wahrscheinlichkeit der untersuchten Szenarien abschliessend zu beurteilen ist Aufgabe des Gerichts, nicht der Gutachter per se.

Dem Suizid-Szenario würde ich in diesem Fall, betrachtet mit all den konkreten Indizien in diesem Fall, keine grosse Wahrscheinlichkeit zurechnen.

Aber das Problem der Staatsanwaltschaft bleibt, dass der Gutachter eben keinen Unfall kategorisch ausschliessen kann. Und der Erfindungsreichtum eines Achtjährigen was Unsinn angeht kann leicht unterschätzt werden.


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Mordanklage nach 41 Jahren

12.05.2016 um 09:00
@Egi
Zitat von EgiEgi schrieb:Der Gutachter müsste eine vorsätzliche Handlung aufzeigen.
Das muss er überhaupt nicht, ist gar nicht seine Aufgabe. Der Gutachter hat sein Job gemacht, mehr nicht. Nun ist es am Richter, wie er es wertet.

Ein Unfallszenario wurde quasi ausgeschlossen, das bestätigt der Gutachter und das ist wohl der springende Punkt. Es deckt sich mit Aussagen vom damaligen Arzt. Wir kennen nicht das ganze Gutachten, scheint aber sehr umfangreich zu sein und sämtliche Szenarios beinhalten.

Aus anderen Prozessen kenne ich es übrigens auch nicht anders, dass Gutachter so reden, von wegen höchstwahrscheinlich. Da jetzt drauf rumzureiten finde ich bezeichnend.


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Egi ehemaliges Mitglied

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Mordanklage nach 41 Jahren

12.05.2016 um 09:12
Daran ist nichts bezeichnend: Die exakte Formulierung dafür, dass keinerlei andere Version denkbar wäre, lautet "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit". Hat der Gutachter das gesagt? Nein. Hat er nicht. Es bleibt ein Prozent Ungewissheit.* (siehe Tabelle oben). Und damit ist ein Unfallszenario – z.B. das spielerische Schnüffeln an einer gasgefüllten Tüte – zwar wenig wahrscheinlich, aber eben nicht komplett ausgeschlossen.

*das hört sich zunächst nach wenig an - aber würde noch irgend jemand in ein Flugzeug steigen, wenn es auf jeweils 100 Flüge einen Absturz gäbe?


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Mordanklage nach 41 Jahren

12.05.2016 um 09:19
Ich denke nicht, dass wegen dieser 1 % die du dir ausgerechnet hast, obwohl du das Gutachten nicht vorliegen hast, denn dies ist eine Interpretation der Presse, die Angeklagte im Zweifel für den Angeklagten zugesprochen bekommt. Eher im Gegenteil ich bin mir fast sicher, dass dies mit den anderen Aussagen ausreichend sein wird. Vergessen wir mal nicht, dass hier ein Kind zu tote kam und man reitet auf 1% rum. Da dürfte man Indizienprozesse niemals zulassen, denn da ist die Prozentzahl nicht mal auszurechnen, weil es keine harten Beweise gibt.

Man muss das ganze sehen und nicht auf Einzelnen Worten rumspringen.

Ich bin raus hier erstmal, weil es geht hier scheinbar eher um Rechthaberei als um den Prozess. Dafür ist mir meine Zeit zu schade und das Thema zu ernst.


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12.05.2016 um 09:51
@SCMP77
Zitat von SCMP77SCMP77 schrieb:Du hast wohl den Thread nicht richtig gelesen, selbst mancher Professor war auch in der DDR vor einer Verurteilung nicht geschützt.
Du musst selber genauer lesen - ich habe gar nie eine Behauptung aufgestellt ob in der DDR Professoren veruteilt wurden, ich habe nur gesagt was hier behauptet wurde, nämlich dass es für eine einfache Sekreträin nicht wert war etwas zu vertuschen.

Genau diese sinnlose Behauptung wird durch das "Gerücht" entkräftet und es ist wieder Ausgewogenheit hergestellt. Das Argument es ist damals alles objektiv abgelaufen, weil es "nur eine einfache Sekretärin war", ist genauso stupid. Ich finde gut dass, das aufgegriffen und entkräftet wurde.


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12.05.2016 um 11:13
@Egi

Der Gutachter hat sich mit verschiedenen Abläufen beschäftigt und ein Unfallszenario ausgeschlossen. So wird es zumindest in der Presse berichtet.
Da gibt es jetzt auch nichts daran rumzudeuteln.
Für sein Gutachten hat sich Mattig mit verschiedenen Ablaufszenarien beschäftigt. Nach seiner Berechnungen müssen alle drei Brenner des Herdes geöffnet gewesen sein. Das Gas müsse bei offenen Türen zwei Stunden ausgeströmt sein, um das Kinderzimmer zu erreichen und den bei der Obduktion festgestellten Wert von 73 Prozent Kohlenmonoxid im Blut herbeizuführen. Laut Mattig führt eine Konzentration zwischen 60 und 80 Prozent zum Tod. „Mario konnte nicht noch einmal aufgestanden sein und die Gashähne wieder zudrehen“, so der langjährige Chef des Rechtsmedizinischen Instituts in Potsdam. Die Hähne waren, als Mario gefunden wurde, aber geschlossen. Zeugen, so der damalige Notarzt, hatten ausgesagt, kein Gas gerochen zu haben. Wäre es aber über Stunden ausgeströmt, hätte man es noch teilweise wahrnehmen müssen, denn DDR-Stadtgas war aus Sicherheitsgründen mit stark riechenden Zusätzen angereichert.
Zitat aus folgendem Artikel der MZ:
http://www.maz-online.de/Brandenburg/Fall-Erna-F.-Pathologe-schliesst-Unfall-aus (Archiv-Version vom 13.05.2016)
In keiner Variante habe sich schlüssig erklären lassen, dass der Junge bei einem Unfall zu Tode gekommen sei, hieß es am Mittwoch.
Zitat aus: http://www.rbb-online.de/panorama/beitrag/2016/05/prozess-kindsmord-neuruppin-rechtsmediziner-gutachten.html (Archiv-Version vom 12.05.2016)


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12.05.2016 um 11:41
sollte der Junge wirklich "geschnüffelt" haben, bleibt immer noch offen, wie er den Gashahn geschlossen hat, gelüftet hat und wieder ins Bett gekommen ist. Bei einem Unfall durch Schnüffeln, müsste er bei einer derartig hohen Konzentration im Blut an Ort und Stelle gestorben sein.


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E_M Diskussionsleiter
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12.05.2016 um 11:51
Woher sollte der Junge überhaupt wissen, was "Schnüffeln" ist? In der DDR gabs keine Bravo oder ähnliches, wo man als Kind/ Jugendlicher so was nachlesen konnte...
Auch wurde nicht großartig über Drogenkonsum berichtet. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, woher er als 8 Jähriger davon gewusst haben soll...


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12.05.2016 um 12:00
Der Junge hatte 73% CO im Blut.

In der Medizin geht man davon aus dass man bei 20-30% Bewustseinsstörungen bekommt
bei 30-40% tritt Bewusstseinsverlust ein
bei 40-60% tiefste Bewusslosigkeit und Lähmungen
bei über 70% Tod in wenigen Minuten.

Wie konnte der Junge von Beginn der Bewusstlosigkeit noch weiter mit CO ansättigen? Zum Ansättigen musste er weiter beim Gasherd bleiben, wenn er vorher weggegangen wäre, wäre er nicht auf 73% gekommen, wenn er solange wartet kann er aber dann nicht mehr weggehen ...


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Egi ehemaliges Mitglied

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12.05.2016 um 13:37
@obskur: Dieses eine Prozent habe ich mir nicht selbst ausgerechnet, sondern das sind grundlegende Standards bei der Erstellung von Gutachten. Jeder Gutachter, jedes Gericht kennt und benutzt diese Formulierungen. Und zwischen "mit größter Wahrscheinlichkeit" und "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" besteht ein gewaltiger Unterschied. Erst die letztgenannte Formulierung schließt im juristischen Sinne jeglichen vernünftigen Zweifel aus. Fragt einen Juristen aus eurem Bekanntenkreis, der wird es bestätigen.

@paraheinz:
Nehmen wir einfach das vom Rechtsmediziner ausgeschlossene Szenario an: Vielleicht kann der Junge nicht einschlafen, vielleicht will er experimentieren oder sich sogar wirklich umbringen* und füllt dazu eine Plastiktüte mit Stadtgas. Dann legt er sich ins Bett und nimmt kräftige Atemzüge aus der Tüte, je nach seiner Liegeposition auch noch nach begonnener Ohnmacht. Später entgleitet ihm die Tüte. Dabei würde es keinerlei Gasgeruch in der Wohnung geben, alle Gashähne wären geschlossen und auch die Auffindesituation des Jungen im Bett wäre erklärlich.

*Suizide von Kindern unter zehn Jahren sind selten, kommen aber dennoch in der Bundesrepublik fast jährlich vor.
Im pathologischen Protokoll der Charité seien keine Spuren von Gewalt am Körper des Kindes gefunden worden. Untersucht worden war aber leider nicht, ob dem Kind Schlaftabletten oder Ähnliches verabreicht wurden .....
So scheint eine mögliche Variante zu sein, dass Mario in die Küche gesetzt wurde und dort die tödliche Dosis Gas eingeatmet hat. Anschließend wurde der leblose Körper ins Bett gelegt. Nach einer zweiten Variante könnten der Täter/die Täterin den betäubten Jungen auch ins Bett gelegt und die Türen von Küche und Kinderzimmer offen gelassen haben. In beiden Fällen muss der Täter/die Täterin nach dem Tode des Kindes die Wohnung kräftig gelüftet haben. Nur so lässt sich erklären, warum der am frühen Morgen erschienene Notarzt keinen Gasgeruch wahrgenommen hatte.
http://www.morgenpost.de/brandenburg/article207554855/Tod-vor-42-Jahren-Rechtsmediziner-schliesst-Unfall-aus.html

Beide Szenarien unterstellen (weil es nicht bzw. nicht mehr beweisbar ist), dass der Junge betäubt wurde. Ein Zirkelschluss? Außerdem unterstellen diese Szenarien, dass die Wohnung intensiv gelüftet wurde. Auch das ist nicht beweisbar. Die Version mit der Tüte könnte vieles erklären – und sie funktioniert völlig ohne theoretische Annahmen wie Betäubung, Gasgeruch und anschließende Wohnungslüftung.

Warten wir ab, wie der Verteidiger argumentieren wird und ob es ein Gegengutachten gibt.


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E_M Diskussionsleiter
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Mordanklage nach 41 Jahren

12.05.2016 um 13:59
@Egi
Zitat von EgiEgi schrieb: Später entgleitet ihm die Tüte.
Und löst sich dann in Luft auf?


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Egi ehemaliges Mitglied

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Mordanklage nach 41 Jahren

12.05.2016 um 14:03
Der Junge hatte sich doch erwiesenermaßen (offenbar während der Ohnmacht) übergeben. Man vermutete damals vielleicht, dass ihm schon vor dem Zubettgehen übel war und er eine Tüte vorsorglich mit ins Zimmer/Bett genommen hat, falls er sich erbrechen musste. Damit wäre das Vorhandensein der Tüte plausibel.


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E_M Diskussionsleiter
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12.05.2016 um 14:04
@Egi

Zeigst du mir mal eine Quelle, wo von einer aufgefundenen Tüte die Rede ist? Davon habe ich noch nichts gelesen...


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Egi ehemaliges Mitglied

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12.05.2016 um 14:07
Dafür wird es keine Quelle geben. Denn die Wohnung wurde ja nicht durchsucht. Es ist also genau so wenig beweisbar wie die Annahme, der Junge sei betäubt worden.


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E_M Diskussionsleiter
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Mordanklage nach 41 Jahren

12.05.2016 um 14:09
Zitat von EgiEgi schrieb:Dafür wird es keine Quelle geben.
Na wozu dann eine hypothetische Tüte ins Spiel bringen? Der Arzt hätte sie sehen müssen, die Mutter auch. Oder später finden und es melden können.

Wenn nie von einer Tüte die Rede war, dann wird es keine gegeben haben.


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Egi ehemaliges Mitglied

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Mordanklage nach 41 Jahren

12.05.2016 um 14:14
Vielleicht. Aber muss man dann eine hypothetische Betäubung des Jungen konstruieren, ohne die eine gewaltfreie Tatversion kaum plausibel darstellbar wäre? Übrigens sind bis auf das Obduktionsergebnis alle damaligen Unterlagen unauffindbar, es kann also sehr wohl eine Tüte im Kinderzimmer gewesen sein. Im Kontext einer Gasvergiftung hätte vermutlich sowieso niemand auf eine Tüte geachtet.


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Mordanklage nach 41 Jahren

12.05.2016 um 14:34
Es wird kein Problem sein zu errechnen, dass in einer Tüte Stadtgas nicht genügend CO für eine 73% Sättigung des gesamten Hb eines 8 jährigen Jungen Platz hat.


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Egi ehemaliges Mitglied

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Mordanklage nach 41 Jahren

12.05.2016 um 15:04
So, muss mich vorübergehend ausklinken, die Arbeit ruft. Anbei noch ein Beispiel für einen höchst ungewöhnlichen Kriminalfall. Lest bitte zunächst nur den ersten Textblock und fragt euch dann intensiv, ob der Vater des Jungen der Täter war und ob er bei dieser völlig eindeutigen Beweislage verurteilt wurde.
Als Profiler Horst Kukies noch Beamter bei der Mordkommission war, hatte er ein Schlüsselerlebnis: Ein Fünfjähriger war im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses tot aufgefunden worden. Das Kind war infolge von Tritten gegen den Kopf verstorben. Augenblicklich geriet der Vater in Verdacht: ein unbeherrschter arbeitsloser Alkoholiker, der beim Mittagessen einen heftigen Streit mit dem Sohn gehabt hatte. Der Kleine war aufgestanden und die Stiege hinuntergerannt. Der Vater war ihm brüllend ins Treppenhaus gefolgt. Wenige Minuten später fand jemand das tote Kind im Erdgeschoss. „Es konnte nur der Vater gewesen sein“, sagt Kukies.
Tja, es sieht doch ganz danach aus, als ob dem Vater ein langer Gefängnisaufenthalt droht. Schauen wir mal, wie die Geschichte weiterging:

Und doch irrte die Mordkommission. Später stellte sich heraus, dass zufällig genau in dem Moment, als der Kleine die Stufen heruntergesprungen kam, ein geisteskranker Mann, der unter Wahnvorstellungen litt, sich im Hauseingang vertan hatte und fälschlich in das Treppenhaus jenes Mietshauses geraten war. Er hatte sich von der herabpolternden Gestalt bedroht gefühlt und das Kind in einem Panikanfall getötet. Diese Geschichte, die sich ein schlechter Krimi-Autor ausgedacht haben könnte, ist wahr und wurde zum Menetekel des Horst Kukies. Er zieht seither immer in Erwägung, ob nicht alles auch ganz anders gewesen sein könnte.

Ups. Hätte man den wahren Täter nicht entdeckt, wäre vermutlich ein Unschuldiger wegen Mordes verurteilt worden.

Quelle: http://www.zeit.de/2004/16/Tatort/seite-4


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