Ich höre mich gerade durch einen österreichischen Podcast über Kriminalfälle in Kärnten und Steiermark und bin dabei auf den ehemaligen Kinderarzt Franz Wurst gestoßen, der innerhalb seiner gesamten beruflichen Laufbahn (über 50 Jahre lang!!) hunderte Kinder und Heranwachsende sexuell missbraucht hat, und das nicht nur in verschiedenen Einrichtungen in Kärnten, sondern auch bei Ferienlagern z. B. in Kroatien. Da er seine Finger sowohl bei der Psychotherapeutenausbildung, Lehrer- und Erzieherausbildung drin hatte und auch als Gutachter vor Gericht arbeitete, konnte er um sich herum ein Netzwerk von Unterstützern, aber auch beruflich Abhängigen schaffen, die über Jahrzehnte wegschauten.
Opferangehörige, die bei der Polizei Anzeige erstatten wollten, wurden abgewimmelt. Jüngere Kollegen, die Politiker und Vorgesetzte in Briefen und Gesprächen zu informieren versuchten, wurden nicht angehört, lächerlich gemacht, mit beruflichen Konsequenzen bedroht oder weggemobbt.
Wurst geriet nur deshalb in den Fokus der Justiz, weil er einen von ihm über Jahre hinweg missbrauchten Ziehsohn, damals 19, zum Mord an seiner 78-jährigen Ehefrau anstiftete. Beinahe wäre dieses Verbrechen unerkannt geblieben, aber nachdem der Ziehsohn festgenommen und verhört wurde, packte er aus.
Erst danach berichtete umfassend die Presse und es meldeten sich über viele Jahre lang weitere Opfer. Ein erschütternder Fall, der erst ab 2019 wissenschaftlich aufgearbeitet wurde.
Keinerlei ehemalige Vorgesetzte wurden belangt, keine mutmaßlich existierenden Mittäter (Kinder erinnerten sich, in schwarzen Limousinen zu Partys gebracht wurden, wo sie weiteren Männern angeboten wurden) ermittelt. Das ist zwar kein weltweites Netzwerk, aber alleine die schiere Anzahl der Missbrauchsfälle, der wegschauenden Mitarbeiter, der "friends in high places" und daraus wohl resultierend die Kaltblütigkeit Wursts vor Gericht, welcher am Urteilstag mit gepacktem Koffer in den Gerichtssaal kam, in der Überzeugung freigesprochen zu werden, fand ich unfassbar.
Hier ein umfangreicher Artikel:
https://www.profil.at/oesterreich/missbrauch-in-kaernten-wennst-nicht-spurst-kommst-zum-wurst/402027101und der Link zum Podcast:
https://www.kleinezeitung.at/oesterreich/5871314/Kriminalpodcast-delikt_Franz-Wurst_Der-Kinderarzt-der-KinderLeisetreter schrieb:Wenn sie Glück haben, lebend. Ein Kind braucht im Durchschnitt 9 Menschen, denen es so eine Geschichte erzählt, bis ihm jemand glaubt.
darkstar69 schrieb:Auf diesen Fall trifft das aber wohl eher nicht zu. Oder?
