Groucho schrieb:Sollte das ein irgendwie geartetes Sachbuch sein, verstehe ich nicht, warum man das Buch nicht einfach entfernt.
In Sachbüchern sollten Fakten schon stimmen.
Nun ist es allerdings so, dass Bibliotheken dazu angehalten sind, ein breites Spektrum an Meinungen vorrätig zu halten und sich nicht nur das ins Regal zu stellen, was ins Weltbild des jeweiligen Lektorats passt. Insbesondere dann, wenn von einem allgemeinen öffentlichen Interesse auszugehen ist. Ein Gradmesser ist dafür häufig die Spiegel-Bestsellerliste. Und da drauf schaffen es z.B. die "Verheimlicht, vertuscht, vergessen"-Jahrbücher leider immer wieder.
Da die Bestseller-Bücher dann meistens auch noch ausgestellt werden, kannst du so ein Buch zumindest am Anfang noch nicht mal unauffällig im Regal verschwinden lassen. Und so kommt es dann, dass sich eventuell nicht nur Verschwörungs-Kalle so ein Buch ausleiht, der die Bibliothek gezielt deshalb aufgesucht hat, sondern auch Leute, die so naiv sind zu denken, dass so ein Spiegel-Aufkleber ein Qualitätsmerkmal sein könnte.
Das Grundproblem sind hier also die vielen Menschen, die so ein Buch durch ihren Kauf überhaupt erst auf die Bestseller-Liste heben. Da als Bibliothek eine Möglichkeit einzuführen, um zu kennzeichnen, dass man das Buch hat, weil man es haben muss, den Inhalt aber selbst kritisch sieht, finde ich da gut.
Was mir bei Büchern seit einiger Zeit übrigens auch immer wieder auffällt, sind beschönigende Klappentexte von Kinderbüchern, deren tatsächlicher Inhalt dann aber insbesondere bei der Zielgruppe problematisch aufgenommen werden kann bzw. eigentlich nicht einfach mal so zur Freizeitlektüre nebenbei geeignet ist.
Mir kommen da auch gerade zwei konkrete Bücher in den Sinn, beide sind bei mir auf der Arbeit in die Altersgruppe 9-12 Jahre einsortiert:
Das eine ist "Waldmädchensommer" von Theresa Czerny. Zu sagen, dass das Thema häusliche Gewalt im Klappentext angedeutet wird, wäre übertrieben.
Das andere, "Das Buch der gestohlenen Träume" von David Farr, lese ich gerade selbst. Ursprünglich, um eine Lesekation im Sommer vorzubereiten. Aber nachdem ich an die Organisatorinnen der Aktion, weitergeleitet habe, um was es im Buch tatsächlich geht, wurde das Buch von der Liste genommen. Denn klar, der Klappentext verspricht nicht unbedingt eine Heile-Welt-Geschichte, aber von der "Fantasy", die eine übergeordnete Stelle als Interessenskreis vergeben hat, merkt man bis Seite hundert kaum etwas. Dafür werden die Themen Faschismus und Verfolgung sehr massiv beschrieben. Im Klappentext steht z.B. dass die beiden Protagonisten von ihrem Vater ein magisches Buch geschenkt bekommen. So kann man es natürlich auch ausdrücken, dass der Vater in der entsprechenden Szene von einer Geheimpolizei gefangen genommen wird und seinen im Luftschacht versteckten Kindern besagtes Buch in letzter Sekunde noch in die Hand drücken kann. Ebenso gibt es die Beschreibung eines Waisenheims, das einem KZ gleicht und einer Widerstandsgruppe, die ein Attentat auf den Präsidenten/Diktator begehen möchte.
In solchen Fällen würde ich mir durchaus manchmal eine Inhaltswarnung wünschen. Schön sichtbar außen am Buch. Damit Kinder in dem Alter nicht einfach so zum Buch greifen, weil das Cover hübsch aussieht und sich dann ggf. mit Inhalten konfrontiert sehen, über die sie sich zumindest mit einer adäquaten erwachsenen Person austauschen können.