@mitH2CO3Klar ist Masking anstrengend*, und ich werfe auch niemanden etwas vor der es betreibt.
(Aufgrund längerer Tätigkeit in der Autismusselbsthilfe kenne ich etliche Menschen, v.a. Frauen, die intensives Masking betreiben. Es ist somit nicht ein Thema das ich gerade erst kennenlernen würde oder ggf. unterschätze, falls der Eindruck entstanden ist.
Bei Menschen die ich kenne erfolgte aus Masking heraus auch eine unpassende Berufswahl, unpassend im Sinne von: Der Beruf bleibt unbefriedigend, anstrengend, rundum unpassend - gerade Sozialberufe, Berufe mit Kundenkontakt, die in den Fällen gewählt wurden da z.B. davon ausgegangen wurde bestimmte Schwächen würden sich dadurch bessern ("weniger schüchtern werden" vermuteten diejenigen, manche nannten auch "eine normale Frau werden, das kann ja nicht so schwer sein").
Für viele ist die zunächst Vermutung, dann Diagnose von Autismus eine große Erleichterung: Merken, dass sie sich nicht "anstellen" wenn etwas als unpassend erscheint. Vielleicht in einer Therapie auch lernen, dass man das nicht aushalten muss.)
Worauf ich einfach nur hinaus wollte:
a) Masking kann verhindern, dass Autismus als solcher identifiziert wird.
b) Darüber hinaus gibt es andere Gründe die das verhindern, u.a. jene, ein (deutliches) Empathiedefizit müsse auffallen.
Masking ist daher ein Thema das ich für sehr wichtig erachte und sehr ernst nehme.
*So anstrengend dass ich es nicht betreibe weil ich es schlichtweg nicht aushalte.
Ich schaffe das einfach nicht, z.B. das Gefühl und den Geruch von gängigen Kosmetikprodukten auszuhalten, oder von Kleidung, Schmuck... die zwicken, drücken, klappern, kratzen. Mir wurde dergleichen als Teenager empfohlen, sehr kurz ausprobiert, sein gelassen.
Hyperakusis macht es mir unmöglich, vorzutäuschen, ich würde mich in einer Kantine oder einem Pausenraum, einem Club, einer üblichen Feier o.ä. "Lärmhallen" wohlfühlen, weil ich schonmal in dem für mich so empfundenen Lärm nichts heraushören kann und keinem Gespräch folgen kann.
Ich schaffe es einfach nicht (in einem Praktikum kurz ausprobiert, die Schule verlangte es) die nette kaufmännische Büroangestellte zu geben. So ein Ausbildungsplatz wäre gar nicht zustande gekommen; was problemlos zustande kam war hingegen ein Ausbildungsplatz der gut zu mir passte (fachlich/inhaltlich, sozial/kollegial).
Ich sehe keinen Sinn darin, Interessen, Meinungen, Werte... zu kaschieren und üblichere vorzutäuschen, um momentan normaler zu wirken, aber doch aus "ich weiß nicht, die hat was"-Getuschel heraus doch wieder abgelehnt zu werden, und diejenigen mit denen es evl. passen würden bemerken das Passen unter all dem Verstecken nicht.
Gepasst als Partner hat dann jemand, der wohl auch autistisch ist, die Eltern, Familie kennen das ("so eine wie du"), auch hier wieder: kein Masking nötig, und ich bezweifle dass mich ein als neurotypisch zu beschreibender Mensch der sich gerne mit neurotypischen Menschen umgibt mich selbst "gemaskt" gerne als Partnerin gehabt hätte.
Möglichkeit: Mit ein bisschen schwächer ausgeprägten Symptomen und dann etwas Erfolg mit Masking hätte ich es evl. getan.
Würde rundum sagen: Geringes (für bestimmte Situationen "krame ich es mal kurz hervor" in geringem Umfang*) bis kein Masking bringt mir Vorteile (ein passenderes, stressärmeres Leben), brachte aber sicherlich auch schon Nachteile (als Kind und Jugendliche generell sehr aufgefallen, was oft negativ bewertet wurde u.a. mit Konsquenzen wie der Entscheidung für meinen Schulbesuch durch andere, z.B. als fürs Gymnasium nicht passend empfunden worden trotz sehr guter Noten (Zeugnisse noch vorhanden, keine falsche Erinnerung)).
* Sowas wie: Evl. bei einem Wohnungsvorstellungsgespräch nicht die ganze Wahrheit zu Freizeitbeschäftigungen nennen wenn ich weiß dass die verschroben wirken könnten - Vermieter muss nicht wissen, dass man wahrscheinlich niemanden nach Hause einladen wird da man vermutet keinen Anschluss zu finden als Begründung für "wir sind ruhig" sondern ich nenne "eine Freundin", Vermieter muss ich auch nicht sagen dass mich das Weinfest ("übrigens, im September hat die Stadt ein supertolles Weinfest") nicht die Bohne interessiert sondern ich sage nichts dazu oder lächle kurz. Erwidere die "winke-winke-Geste" mit dem Baby des Vermieters. Das war's dann mit Masking, exemplarisch - Wohnung nötig, Kontakt 10 Minuten. Längere, häufigere Kontakte, privat, Arbeitsplatz: nein.