@myself Ich habe mich einmal in meinem Leben für mein eigenes Leben und gegen das eines Kindes entschieden. Ich habe dem Kind sogar den Tod gewünscht.
Ich hatte die Geschichte hier schon mal in einem anderen Zusammenhang erwähnt, ich kopiers mal raus:
Ich war 21 und konnte die Schreie eines angeschossenen Kindes eine ganze Nacht und einen halben Tag lang hören. Dann ist es endlich gestorben. Zunächst schreit ein Mensch nach Hilfe, dann nach Wasser, dann nach Gott und zuletzt nur noch nach seiner
Mutter. Das kann man sogar ohne ausreichende Sprachkenntnisse verstehen.
Der Junge wollte Wasser holen an einer der wenigen intakten Zapfstellen im Palästinenserlager Tel as Satar im Libanon 1975, als ihn ein Scharfschütze der christlichen Falange-Miliz anschoss.
Und ich hocke vielleicht 10, 15 Meter entfernt hinter einem Autowrack und traue mich nicht 'raus, weil ich weiss, dass ein Scharfschütze nur auf mich - und andere HelferInnen - lauert.
Das ist die perverse Logik dieser Leute: Verletze ein Kind so, dass es schreit, lange schreit und nicht so schnell stirbt. Diesem Geschrei kann keiner lange wiederstehen. Dann töte alle Helfer.
In dieser endlos langen Zeit, als ich dort lag und krass gesagt, abwägen musste, ob das Kind stirbt oder ich - da, gebe ich zu, habe ich mir nichts sehnlicher gewünscht, als dass dieser mir unbekannte Junge sterben möge und sein Geschrei endlich verstummen möge.
Ja, dafür schäme ich mich manchmal - und davon träume ich manchmal nach über dreissig Jahren immer noch.