Cachalot schrieb:Mhm. Bin ich keine Einzelperson? Teile von meinem Geld, das ich erarbeite geht da rein.
so wie fuer alles andere, was ein Staat so macht.
Cachalot schrieb:Und genau dafür gibt es das Sozialsystem. Für Menschen die für sich nicht mehr oder nur bedingt aufkommen können.
das sozialsystem haelt mich nicht vor Armut sicher. Weil es kein Anrecht ist, sondern eine zu erbettelnde Gnade, die jederzeit nach willkuer des Amtes entzogen werden kann.
Und das heutige Sozialsystem mag als Auffangnetz dienen, aber es ist auf Bedingtheit und Bedürftigkeitsprüfung ausgelegt, die mit Stigmatisierung und Bürokratie einhergeht. Das BGE ist ein Paradigmenwechsel: Es geht nicht nur darum, die Menschen vor Armut zu sichern, wenn sie "nicht mehr oder nur bedingt aufkommen können", sondern darum, jedem Menschen von Vornherein eine stabile Basis zu geben, die ihm ermöglicht, sein Leben eigenverantwortlich und selbstbestimmt zu gestalten und sich auf vielfältige Weise in die Gesellschaft einzubringen.
Cachalot schrieb:Gibt es heute schon nicht. Du hast keinen Zwang genau den Job anzunehmen der dir vom Jobcenter angeboten wird. Du hast die Möglichkeit selber zu suchen.
Der Druck ist dahingehend halt auch was zu suchen und zu machen. Auch auf die Gefahr hin mich zu wiederholen. Eigenverantwortlich agieren und sein Leben gestalten.
Ist einem das nicht mehr möglich, temporär oder dauerhaft, dann greife auf die Sozialsysteme zurück.
vielleicht nicht zwang fuer einen spezifischen Job, aber die Drohung von Sanktionen, kreeirt einen permanenten Druck, schlechte Arbeiten annehmen zu muessen. Das ist durchaus Zwang.
behind_eyes schrieb:Ich gehe davon aus das du keinen Kontakt zu dieser Thematik hat. Bei uns werden aufgrund des Einführen von ML und KI sogar neue Jobs geschaffen.
Das ist alles kein Selbstläufer wenn es nicht grad darum geht witzige Bilder für Insta zu generieren.
ich habe nicht behauptet, das es ein selbstlaeufer ist. Aber an meinen gegewaertigen Arbeitsplatz merke ich schon, das seit dem das neue GenAI tool eingefuehrt wurde (bei dem ich schon gemerkt habe, dass es coden drastisch schneller macht), die an staffings fuer coder drastisch zurueckgegangen ist.
behind_eyes schrieb:Spielt welche Rolle?
Natürlich kann man diese Würde auch auf eine Gesellschaft projizieren, du bist ja schließlich Teil und der Geldgeber (Staat) wird dann einfach würdelos wahrgenommen mit allen Folgen bis hin zur Selbstverständlichkeit.
Jeder der was will muss seinen Beitrag leisten, weiß nicht warum man das jetzt in die Wohlfühlecke schiebt.
Es spielt eine entscheidende Rolle, weil es deine Vorstellung von einer "fremden Hand, die füttert" widerlegt. Eine solidarische Gemeinschaft, in der alle einzahlen und alle im Bedarfsfall Leistungen beziehen, ist nicht "würdelos". Ganz im Gegenteil: Eine Gesellschaft, die einander absichert und allen Mitgliedern eine würdige Existenz ermöglicht, auch ohne ständige Rechtfertigung, zeigt gerade hohe gesellschaftliche Würde und einen Sinn für Gerechtigkeit.
Die "Selbstverständlichkeit", dass grundlegende Menschenrechte wie die Existenzsicherung gewährleistet sind, ist ein gesellschaftlicher Fortschritt, keine Bedrohung. Es ist kein "Schieben in die Wohlfühlecke", sondern das Bekenntnis zu einer Gesellschaft, in der die Würde des Menschen unantastbar ist und Beitrag vielfältig definiert wird.
behind_eyes schrieb:Ja, ich benötige es irgendwann auch mal, allerdings wüsste ich nicht, warum ich dafür nicht ein Mindestmaß an Rechtfertigung bringen sollte. Das ist irgendwie weltfremd.
soweit es mich betrifft, ist ein Menshc zu sein rechtfertigung genug fuer ein Menschenwuerdiges Leben.
azazeel schrieb:Wie sicherst Du die Grundbedürfnisse? Geld ist kein Grundbedürfnis. Wohnen, essen, trinken, medizinische Versorgung, Transport, Sicherheit .... Das sind Grundbedürfnisse.
Die werden automatisch in dem notwendigen Umfang erfolgen? Warum? Weil Menschen es toll finden, Sachen zu transportieren, zu pflegen, morgens um 5 den Hof bestellen? Erläutere doch mal, warum Menschen ohne den Zwang dazu das alles machen.
BGE heisst ja noch lange nicht, das jegliche Loehne abgeschafft werden. Nur das die Grundbeduerfnisse erfuellt werden sollen. Und Menschen haben verlangern nach Dingen jenseits der Grundbeduerfnisse, was nach einfuehrung eines BGE immer noch Anreiz zum arbeiten geben kann. Natuerlich muessten dann womoeglich fuer viele Jobs die schwierig sind, aber heutzutage schlecht bezahlt werden, besser oder besser bezahlt werden.
azazeel schrieb:Auch Reiche bekommen das BGE. Weniger an Umverteilung kann man sich kaum vorstellen. Selbst wenn Reiche mehr zum BGE beitragen würden - was eine absurde Vorstellung ist, dafür braucht man kein BGE, das sind Leistungen für Bedürftige. Dass Menschen Geld bekommen, die es brauchen.
Die Finanzierung eines BGE sieht in den meisten Modellen eine Netto-Umverteilung vor: Alle bekommen das BGE, aber diejenigen mit höheren Einkommen tragen über eine progressive Steuerreform (z.B. höhere Einkommensteuer, Finanztransaktionssteuer etc.) mehr zum Gesamtsystem bei, als sie empfangen. Für Menschen mit geringem oder keinem Einkommen bedeutet es einen Nettozufluss, für Menschen mit hohem Einkommen einen Nettoabfluss. Das ist sehr wohl Umverteilung, nur über einen anderen Mechanismus. Die Vorstellung, dass Reiche "mehr zum BGE beitragen" ist also keineswegs absurd, sondern ein integraler Bestandteil der meisten BGE-Modelle und führt zu einer gerechteren Verteilung des Wohlstands. Es ist ein System für alle, das von allen finanziert wird, aber unterm Strich die Einkommensschere schließt.
azazeel schrieb:Ja. Irgendwann. Was passiert bis dahin? Wie lange werden Felder nicht bestellt? Das ist doch kein Prozess mit einer beliebigen Übergangszeit.
wir sind nicht mehr im Mittelalter. 'wer bestellt dann die Felder' ist nonsens, es arbeitet vielleicht ein prozent der Bevoelkerung in der Landwirtschaft.
azazeel schrieb:Wer hat so was behauptet? Erhöhung des Lohnes wirkt sich halt primär auf arbeitsintensive Bereiche aus. Und damit natürlich letztlich auch auf die Gesamtsituation. Aber wer sprach von massiver Inflation?
all die typen (wahrscheinlich wesentlich deckungsgleich mit denen die jetzt das BGE verteufeln) die damals genau wie du jetzt gegen den Mindestlohn gewettert hatten.
Die Behauptung einer "massiven, allgemeinen Inflation und einem massiven Jobverlust" wurde vor der Einführung des Mindestlohns von vielen Arbeitgeberverbänden und konservativen Ökonomen sehr wohl massiv in der Öffentlichkeit kommuniziert. Die Debatte war genau davon geprägt. Dass du dich jetzt davon distanzierst, ist bezeichnend. Meine Analogie zielte darauf ab, dass ähnliche, überzogene Schreckensszenarien oft auch bei anderen sozialen Innovationen wie dem BGE bemüht werden, die sich bei genauerer Betrachtung als unbegründet erweisen.
azazeel schrieb:Ach, die liebe Polemik.
Wenn heute eine KI programmieren kann, heißt das nicht, dass in 5 Jahren Maschinen Menschen pflegen und Produkte anbauen.
1. Pflegeroboter sind bereits in kommen.
https://www.familiara.de/pflegeroboter-2025-wie-technologie-die-pflege-revolutioniert/ .
2. wenn heute eine KI programmieren kann (nicht wirklich, aber sie erhoeht die Produktivitaet der Programmmierer betraechtlich) heisst das, das man weit weniger Programmierer braucht. Und das, weniger als ein Jahrzehnt nachdem dauerned lautstartk betonnt wurde '
Wikipedia: Learn to Code' und massen an Leuten ins Programmiergewerbe geschoben wurden.
sacredheart schrieb:Du meinst jetzt nicht gerade die 2 oder 3 Amtstermine pro Jahr, die da reihenweise Vollzeit St Martins verhindern?
Die "2 oder 3 Amtstermine pro Jahr" sind eine grobe Verharmlosung der ständigen Unsicherheit, des bürokratischen Aufwands, der detaillierten Offenlegungspflichten und der Angst vor Sanktionen, die Menschen im aktuellen System erleben. Es geht um die mentale und psychische Last, die diese Prekarität mit sich bringt, und die Zeit und Energie, die für das Überleben und nicht für Engagement aufgewendet werden müssen.
sacredheart schrieb:Ich denke, Fans und Feinde eines BGEs trennt vor allem ihr Menschen- und Gesellschaftsbild.
Ein BGE spricht eher Menschen an, die Teil eines (möglichst fremdfinanzierten) Kollektivs sein wollen und die recht leichte Aufgabe, für sich selbst zu sorgen, lästig finden. Aus meiner Sicht eine Mischung aus Untertanenmentalität und Arbeitsallergie.
Ich stimme zwar zu, dass wir ein fundamental gegensaetzliches Menschen- und Gesellschaftsbild haben, daber deine diffamierende Unterstellung beschreibt mich nicht im geringsten. Weder bin ich 'arbeitsallergisch', noch habe ich 'untertanenmentalitaet'. Ich plaediere fuer das BGE weil ich der Ansicht bin, das jeder Mensch ein Anrecht auf ein Menschwuerdiges Leben haben sollte, das jeder die Moeglichkeit haben sollte an der gesellschaft teilzuhaben und das einzelne Ruekschlaege nicht die Lebensplanung zertstoeren sollen (bei H4 hies es ja desoefteren 'brauchen sie doch bitte erstmal ihre Ersparnisse auf bevor sie Unterstuetzuing kriegen' - ist mir in der Phase meiner Arbeitslosigkeit vor dem ersten Job so passiert)
sacredheart schrieb:Ich möchte für mich selbst sorgen und nicht zwangsweise auch noch für völlig Unbekannte, die gar keine Bedürftigkeit haben. Ich wünsche mir so wenig Staat wie möglich und so viel Eigenverantwortung, wie man sie nur haben kann.
Ich will auch keinen Funktionär, der über die Höhe eines BGEs, von dem ich dann voll oder zT lebe, entscheidet. Denn darauf läuft jedes Leben im.Transfer immer hinaus: Unmündigkeit.
Deine Forderung nach "so wenig Staat wie möglich" und "so viel Eigenverantwortung wie möglich" mündet in deiner Logik in ein System, das Menschen in Not demütigt und pauschal ihre Nützlichkeit abspricht, wenn sie nicht ins Raster einer strikt ökonomischen Leistung passen. Das BGE hingegen ist ein Ausdruck von gesellschaftlicher Solidarität und Vertrauen in die Menschen.
zaeld schrieb:- Unbeliebte Jobs müssen höher bezahlt werden, damit sich noch jemand bereit erklärt, das überhaupt zu machen. Das könnnte dazu führen, dass der Bäcker-Angestellte fürs frühe Aufstehen mehr Geld haben möchte (und auch wegen dem vorigen Punkt), und dann kann man sich für die 1200 Euro BGE keine 4800 Brötchen mehr kaufen, sondern nur noch 1200. Mit anderen Worten eine deutliche Preissteigerung wäre zu erwarten, was das BGE im Endeffekt unters Existenzminimum bringen könnte.
Es ist eine plausible Annahme, dass unbeliebte oder schlecht bezahlte Jobs in einem BGE-System fairer entlohnt werden müssten, da Menschen nicht mehr aus purem Existenzdruck jeden Job annehmen müssen. Dies wird von BGE-Befürwortern oft als positiver Effekt gesehen: Mehr Wertschätzung für essenzielle, aber unterbezahlte Arbeit. Eine moderate Preissteigerung wäre in einigen Bereichen denkbar, ist aber kein zwangsläufiger Effekt, der das BGE wertlos machen würde. Die gesteigerte Kaufkraft der unteren und mittleren Einkommen könnte die Binnennachfrage stabilisieren. Zudem könnten Effizienzgewinne durch Automatisierung und vereinfachte Bürokratie Kosten senken.
zaeld schrieb:- Höhere Lohnkosten sorgen für einen Wettbewerbsnachteil, Unternehmen könnten abwandern.
Deutschland ist sowieso schon ein Land mit hohen Loehnen.