behind_eyes schrieb:Damit nennst du erneut Argumente, die ein BGE wegen dieser Missstände bedingen.
Deine wiederholte Behauptung, dass die Begründung für ein BGE (Würde, Angstreduktion) seine Bedingungslosigkeit aufhebe, ist eine grundlegende Fehlinterpretation. Die Bedingungslosigkeit bezieht sich darauf, dass der Erhalt der Leistung an keine Gegenleistung oder Prüfung geknüpft ist. Die von mir genannten Ziele sind die gesellschaftlichen Gründe, warum ein solches System eingeführt werden sollte – das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.
behind_eyes schrieb:Da du grundlegende Mechanismen sozialer Systeme, Gesellschaftsbürokratie usw als Misstrauen empfindest, gehe ich davon aus, daß du "Sozial" falsch interpretier und aus diesem tiefen Missverständnis des Charakters unseres Sozialsystems eine asoziale Forderung erwachsen ist.
mein Verstaendnis von Sozial beeinhaltet, das keiner von der moeglichkeit der Gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen werden sollte. Und ja, es ist eine grundlegende Misstrauenshaltung, wenn die Existenzsicherung gerechtfertigt werden muss. Meine persoenliche Erfahrung ist, dass das gegenwaertige System primaer aufgezogen ist gegen 'Leistungsverweigerer' zu policen, aber das wenn jemand ins System kommt der aufgrund von Ursachen die nicht ins Shema passen trotz bester Bemuehungen Schwierigkeiten hat in eine Anstellung zu kommen, das System sehr unzureichend ist.
behind_eyes schrieb:Können wir das jetzt abhaken oder hast du noch Belege für zerstörte Existenzen wegen falschem Antrag?
das das gegenwaertige System zehntausende von Klagewuerdigen Fehlern macht hatte ich ja schon verlinkt. Glaubst du die klagen alle aus reiner Langeweile?
Es geht nicht darum, ob jeder Fehler sofort zum "Verlust der Existenz" führt, sondern um den permanenten Kampf, den das bestehende System schafft.
behind_eyes schrieb:Das sind Stand jetzt Scheinargumente weil die Behauptung das ein Mensch auf einmal Eigenverantwortung besitzt oder erwirbt, wenn andere ihn Geld geben - hier mit der Charakteristik "bedingungslos" - unbelegt ist.
Deine Bezeichnung einer Forderung nach bedingungsloser Existenzsicherung als "asozial" und deine Überzeugung, dass Eigenverantwortung ausschließlich durch existenzielle Angst entsteht, offenbaren ein fundamental anderes Verständnis von "Sozial" und menschlicher Motivation. Mein Argument ist, dass ein BGE eben keine "Geschenke" verteilt, sondern eine Basis schafft, auf der Menschen sich frei und selbstbestimmt entfalten können, anstatt in einem Kreislauf der Abhängigkeit gefangen zu sein.
behind_eyes schrieb:Dein Zuspruch für Aufwände wie bei einer Steuererklärung, erzeugt einen großen Widerspruch in der Forderung nach garkeinem Aufwand für BGE-Empfänger. Bitte skizziere kurz warum ein BGE Empfänger von dir nicht gefordert wird, du ihm nicht die Arbeit einer normalen Steuerabrechnung zugestehst.
Dein Versuch, die Forderung nach geringerem bürokratischen Aufwand für BGE-Empfänger als Widerspruch zur normalen Steuererklärung zu sehen, verkennt den existentiellen Druck. Eine Steuererklärung ist Teil des professionellen Lebens und der Unternehmensführung; der Antrag auf Existenzsicherung ist ein Kampf um das tägliche Überleben. Das sind qualitativ unterschiedliche Dimensionen von Belastung.
azazeel schrieb:Aber das ist doch nur wieder ein Allgemeinplatz. Vage Wünsche und Aussagen. Sei doch bitte konkret. Wie sollen die Grundbedürfnisse erfüllt werden, wenn unattraktive Arbeiten keinen Anreiz haben.
wenn ein Job so unattraktiv ist, dass er nur gefuellt werden kann, wenn die alternative ein Bedrohen der Existenzgrundlage ist, dann muss der Job attraktiver gestaltet werden.
Und was mir bei den allgemein ueblichen Listen von 'unattraktive Arbeiten' wo gefragt wird 'wenn wir ein BGE kreigen, wer macht das dann?' auffaellt ist, dass es so ziemlich nie Dinge sind, die mental so komplex waeren dass sie heutige KI ueberfordern wuerden, sondern so ziemlich immer dinge sind, wo durchaus sehr grosses automatisierungspotenzial besteht, dieses aber nicht umgesetzt wird weil Menschen billiger sind.
azazeel schrieb:Maschinen erfüllen die Nahrungsherstellung?
keine Ferne zukunftsmusik auch hier.
https://www.abendblatt.de/wirtschaft/article233573705/apfelernte-altes-land-traktoren-roboter-aepfel-pfluecken-niedersachsen.html ,
https://www.welt.de/wirtschaft/plus232978447/Agrarroboter-Sind-Roboter-die-besseren-Erntehelfer-auf-den-Feldern.html ,
https://www.businessinsider.de/gruenderszene/food/spargel-roboter-cerescon/?interstitial , und das war vor dem gegenwaertigen KI boom. Bedingt dadurch, dass das osteuropaeische Ausland, aus dem in der Vergangenheit viele Erntehelfer kamen selbst zunehmende Wirtschaftliche Entwicklung erfahren und entsprechend auch hoehere Ansprueche haben (
https://www.suedkurier.de/region/bodenseekreis/bodenseekreis/Landwirte-suchen-dringend-Erntehelfer-Feldarbeit-wird-fuer-Osteuropaeer-unattraktiver;art410936,9774829 ). Die Vorstellung, dass die gegenwaertige Landwirtschaft nicht weiter automatisiert werden kann, ist fernab der Realitaet.
azazeel schrieb:Quatsch. Bis Roboter die Pflege übernehmen, reden wir nicht von 5 Jahren.
vielleicht nicht alles. Aber wesentliche Produktivitaetssteigerung sind durchaus keine Frage von Jahrzehnten mehr.
zaeld schrieb:Irgendwas passt da nicht:
- Voreinstellung Deutschland heute
- Einheitlicher Steuersatz 50%
=> Neue Steuereinnahmen 354 G
- Höhe des Grundeinkommens auf 1000 hochgedreht
=> Anrechnung bestehender Einkommen 400 G, Neue Steuereinahmen 80 G
Die neuen Steuereinnahmen sind fast ausschliesslich Mehrwertsteuer. Das ist noch nachvollziehbar, da das BGE beim Ausgeben diese Steuern generiert.
Aber wie sind aus den 354 G plötzlich 400 G geworden? Die Arbeitnehmer zahlen doch weiterhin die 50%-Flat-Steuern.
Generell ist das da alles ziemlich schwierig nachzuvollziehen, da (fast) überall nur mit Änderungen, aber nicht mit absoluten Zahlen gerechnet wird.
habe mal nachgestellt was du beschrieben hast und beobachtet, was sich beim verschieben der Regler in der Detailansicht tut. Bei voreinstellung heute und dann 50% flat geht mehrwertsteuer um 46 G runter und einkommenssteuer um 400 G rauf, anrechnung bestehender einkommen ist null (weil ja noch kein grundeinkommen), wenn ich dann grundeinkommen auf 1000 hochregle geht die Anrechnung auf 399 G hoch, mehrwertsteuereinnahmen um 79 G (wahrscheinlich durch die Annahme hoeherer konsumausgaben) aber einkommenssteuer ist nur noch 0.39 G hoeher. Wenn ich das also richtig sehe, ist es vornehmlich dadurch das das BGE dem einkommen angerechnet wird, was natuerlich erst geschieht, wenn es einen BGE betrag gibt. Koennte sein das es daran liegt, was dieser infotext unter 'wie wird besteuert' schildert:
Aktuell haben wir in Deutschland einen progressiven Steuertarif. Das heißt, wer wenig verdient, zahlt niedrigere Steuern. Wer mehr verdient, zahlt mehr.
Ein einheitlicher Steuersatz (Flat Rate) hingegen, besteuert alle Einkommen gleich. Das ist für sich genommen eher unfair gegenüber kleineren Einkommen.
In Kombination mit einem Grundeinkommen allerdings wird die Steuer mit dem Grundeinkommen verrechnet und ergibt so einen stark progressiven Effektivsteuersatz – progressiver noch als das heutige Steuersystem.
Durch die Umstellung auf eine Flat Rate entfällt der Grundfreibetrag und es werden alle Einkommen ab dem ersten Euro besteuert. Weiterhin entfällt automatisch das Ehegattensplitting, da alle (Eheleute) den gleichen Steuersatz zahlen.
philae schrieb:Die Höhe dieses Einkommens dürfte aber wirklich nur die elemetaren Grundbedürfnisse abdecken. Schon das wäre für die Meisten ein Anreiz, trotzdem zu arbeiten, um sich mehr leisten zu können. Darüberhinaus kann ich mir auch nicht vorstellen, dass Irgendwer langfristig und freiwillig den ganzen Tag auf dem Sofa hocken will. So etwas hält kaum ein Mensch auf Dauer durch (schon gar nicht, wenn er sich dann eventuell keine Genussmittel oder irgendeine Form von Home Entertainment leisten könnte). Außerdem macht es einsam und krank. Gearbeitet würde also mutmaßlich trotzdem, und das vielleicht sogar mit mehr Engagement, als wenn es wie aktuell vorrangig um Sicherung der Existenz und des Lebensstandards ginge.
Bliebe die Frage der Finanzierung des BGE. Da habe ich leider keine Idee, denn es ist ja wieder so eine systemimmanente Verstrickung.
Zustimmung.
azazeel schrieb:Irgendwann in der Zukunft kann man das sicher mit Maschinen erreichen. Aber heute wollen wir weder andere versklaven noch haben wir die Möglichkeit, das mit Maschinen zu erledigen.
da bin ich anderer Ansicht. Die Moeglichkeiten heutiger KI haette man vor 15 Jahren noch als Magie abgetan. Und wir befinden uns auf einer exponentiellen Entwicklung der Faheigkeiten.
Cachalot schrieb:Auch das hörst du jedesmal. Früher war es halt nicht so. Aber diesmal. Diesmal ist es genau so.
Cachalot schrieb:Statisch erscheint es nur im Jetzt.
die gegenwaertige Entwicklung als statisch fehlwahrnehmen tut eher der, der meint 'Diesmal ist es genauso'
Cachalot schrieb:Und ich komme auf keine Lösung die nicht erhebliche Zuzatzkosten für die bedeuten die Arbeiten
weil ja nicht welche Konfigurationen du probiert hast, oder was fuer dich 'erhebliche Zuzatzkosten' sind, aber ich arbeite Vollzeit und komme im "Ausgewogener Steuermix"-preset Netto bei -32 Euro raus. Ungefaehr das, was ich (zusaetzlich zu meiner eigentlichen arbeit) beim Clickworken waehrned des Fitnessworkouts mache.
sacredheart schrieb:Das erklärst Du dann dem Imbissbetreiber mit wenig Rücklagen, wenn das Finanzamt mal eben rückwirkend für 16 Quartale eine auf Schätzung basierende Forderung stellt mit 4 Wochen Zahlungsfrist?
Ach ja, der hat ja andere Ressourcen. Der hat ja noch 20kg Pommes.
Du vergleichst die Situation eines Kleinunternehmers mit der eines Transferempfängers und negierst die qualitativen Unterschiede in der Art der Bedrohung. Während ein Imbissbetreiber zweifellos enorme finanzielle und bürokratische Lasten trägt, betrifft die existenzielle Unsicherheit bei Sozialleistungen die absolute Lebensgrundlage – Wohnung, Essen, Wärme. Jeder Fehler oder jede Verzögerung kann hier sofortige und verheerende Konsequenzen haben. Der Kleinunternehmer kämpft um seinen Betrieb, der Transferempfänger kämpft um sein unmittelbares Überleben. Dies sind unterschiedliche Kontexte und unterschiedliche Belastungsdimensionen.
sacredheart schrieb:Nur muss der Kleinunternehmer das neben der Arbeit machen, während der Transferempfänger weit mehr zeitliche Ressourcen hat.
waehrend ich arbeitslos war, hatte ich definitiv nicht mehr Zeit als wenn ich arbeit habe. Weisst du warum? Weil Arbeit suchen auch Zeit kostet.
sacredheart schrieb:Anstatt über ein BGE Freizeit zu maximieren, werden die Überlegungen dahin gehen müssen, mehr Menschen dauerhaft in Arbeit zu bringen.
sacredheart schrieb:Die Idee, Leute jahrelang zu alimentieren, weil bestimmt ein großer Künstler in ihnen schlummert, der nur auf genug von anderen bezahlte Freizeit wartet, um herauszukommen, ist einfach eine Fantasie.
Die Idee eines BGE ist nicht, "Freizeit zu maximieren" oder "Künstler zu alimentieren", sondern eine Grundlage an Sicherheit und Würde zu schaffen, die es Menschen ermöglicht, sich auf vielfältige Weise einzubringen und ihre Potenziale zu entfalten – sei es durch bezahlte Arbeit, Pflegearbeit, Ehrenamt oder kreative Tätigkeiten.