Freiwillige Kastration

Ich muss sagen, ich lese heute zum ersten Mal davon, dass es tatsächlich Menschen zu geben scheint, die sich freiwillig kastrieren lassen wollen. Prinzipiell bin ich natürlich der Meinung, dass jeder über sein eigenes Leben und seinen Körper selbst bestimmen dürfen soll. Bei einer Kastration bin ich mir allerdings nicht so sicher, ob man da tatsächlich von freiwillig reden kann, oder ob es sich nicht viel mehr um ein psychisches Problem handelt. Das soll jetzt keineswegs beleidigen, sondern als ernsthaft gemeinte Frage in den Raum an diejenigen gestellt werden, die das gerne machen wollen oder schon gemacht haben. Was würdet ihr entgegnen, wenn jemand behaupten würde, ihr wollt das nur, weil ihr unter einer Art psychischer Störung leidet, ähnlich wie andere selbstverletzende Menschen?

Und was mich auch interessiert: Wieso wollt ihr das? Ich habe bei weitem nicht alles gelesen, aber die Frage wird ja sicher häufiger aufkommen. Was ich schon als antwort gelesen habe war, dass einige gerne die Geschlechterrollen, die ja nur von der Gesellschaft auferlegt seien, durchbrechen möchten. Dann frage ich mich aber, ob ihr damit nicht genau das Gegenteil beweist von dem was ihr behauptet. Wenn das Geschlecht tatsächlich nur ein KOnstrukt der Gesellschaft ist, ist es dann nicht einfach möglich, sich innerlich davon zu lösen und einfach so zu sein, wie man gerne möchte? Zeigt nicht die Tatsache, dass man sich Geschlechtsteile operativ entfernen lassen möchte, dass Geschlecht doch mehr ist, als rein gesellschaftliches Konstrukt?

Ich finds eher interessant, wie einige hier ihren Sack so dermaßen glorifizieren, dass sie es überhaupt nicht nachvollziehen können, dass es tatsächlich Männer gibt, die ihr Anhängsel gerne los werden wollen ^^

Jedem sollte mit seinem Körper tun und lassen, wie es ihm/ihr beliebt.... theoretisch. Praktisch sieht es so aus, dass immer noch Ärzte, Psychologen, Gutachter, Bürokraten, usw. darüber zu bestimmen haben, was der einzelne Mensch mit seinem Körper zu tun und zu lassen hat.
Beim Tätowieren/Narbing/Cutting/what ever verlangt ja auch niemand nen psychologisches Gutachten und das sind auch alles Dinge, die fürs Leben bleiben (klar, man kann nachträglich Schadensbegrenzung betreiben, aber das kann man nach ner Kastration auch in Form von Hormontherapie)

@GalleyBeggar

GalleyBeggar schrieb:Praktisch sieht es so aus, dass immer noch Ärzte, Psychologen, Gutachter, Bürokraten, usw. darüber zu bestimmen haben, was der einzelne Mensch mit seinem Körper zu tun und zu lassen hat.

Der Grund dafür sollte ja offensichtlich sein. Man kann auch mit seinem Körper machen, was auch immer man will. Man darf sogar Suizid begehen, oder eben sich die Hoden entfernen - nur werden das eben die Wenigsten selbst durchführen wollen. Und wenn man da 'Hilfe' bei will, braucht man eben einen Arzt. Ein Arzt sagt dann - klar, aber nur wenn ein Psychologe sagt es ist okay, ansonsten änderst du deine Meinung nach 2 Wochen und verklagst mich hier oder begehst Selbstmord, und ich will das nicht verantworten.

Das mit Tattoos oder sonstwas zu vergleichen ist schon recht amüsant. Ein Bild auf dem Körper zu haben oder einen Körperteil operativ zu entfernen, da liegen schon Welten dazwischen.

Aber was auch immer, ich geh' dann mal 'meinen Sack glorifizieren'. Ich mag meinen Sack.

@Hodenix
Bisher ist noch nichts geschrumpft, ich bin ja erst seit 3 Monaten in Hormontherapie. Und für die geschlechtsangleichende OP gibt es klare Richtlinien bei den Krankenkassen, damit sie die Kosten übernehmen braucht man ein Gutachten eines Psychotherapeuten und muss mindestens 18 Monate Psychotherapie hinter sich haben. Ich habe letztes Jahr im Oktober mit der Psychotherapie begonnen, also kann ich frühestens nächstes Jahr im April die Kostenzusage von der KK bekommen. Und dann muss ich auf einen OP- Termin warten.
Gut, um einen Termin kann ich mich schon vorher kümmern, bevor die Kostenzusage da ist. Aber ich will ja schon den besten Operateur der in Deutschland praktiziert, und da gibt es einiges an Wartezeit.

@Anja-Andrea, manchmal verstehe ich nicht ganz warum man es Transsexuellen wie dir so schwer macht, es wäre doch wahrscheinlich am einfachsten und unkompliziertesten dir gleich am Anfang die Hoden zu entfernen, sowie sofort im Anschluss daran mit der Gabe von weiblichen Hormonen zu beginnen, die Umwandlung vom Mann zur Frau dürfte so am schnellsten gehen, zumindest äußerlich. M. E. ist die Entfernung des Penis dann gar nicht mehr so wichtig, oder siehst Du das anders?

@Hodenix
Es geht ja darum, das es es nicht wieder rückgängig zu machen ist, wenn einmal die Veränderungen beginnen. Selbst wenn ich jetzt sofort die Hormone absetzen würde dann bleiben meine Brüste. Und wenn man längere Zeit Antiandrogene nimmt dann wird die Impotenz permanent.
Und ich kenne selber drei Leute die ihre Transition abgebrochen haben.
Und mir würde das nicht genügen, mir ist es wichtig das der Penis entfernt wird, ich möchte so weit wie möglich angeglichen werden und dazu gehört nun mal das ich dann auch eine Vagina habe.

speedy193 schrieb:, aber zur Not kannst Du dir ja jederzeit wieder Testosteron oder Östrogen von außen zuführen lassen.

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genau - und das finde ich auch das geile daran - man kann selbst bestimmen, wie "geil" man sein will oder auch zum anderen Hormon wechseln..........

Das ist soweit natürlich richtig, aber so ein Hormonhaushalt ist kein Legobaukasten und je nach Person können kleinste Veränderungen schon sehr unangenehme Folgen haben.
Kenne das selbst, mein Körper produziert von sich aus "nur" den Standard-Hormoncocktail einer Cis-Frau, weil ich als solche geboren wurde, und ich bekomme regelmäßig Testosteron.
Sobald sich der Spritzzyklus da nur ein wenig verschiebt, schlägt sich das absolut spürbar auf Körper und Psyche nieder. Das geht soweit, dass ich selbst ohne Kalender normalerweise nicht aus dem Rhythmus komme, da sich starke Stimmungsschwankungen, Depressionen und körperliche Probleme bereits kurz vor dem nächsten Termin ganz leise melden.

Will sagen: Ja, herumprobieren kann man, aber solche Experimentierphasen können äußerst unangenehm sein und einem Kraft rauben, die man vielleicht an anderer Stelle benötigt.
Die Veränderungen des Sexualtriebs durch Testo und Antiandrogene (kenne aus dem näheren Bekanntenkreise eigentlich fast sämtliche Varianten der HRT) können durchaus auch frustrierend sein.

Und wie @Anja-Andrea auch schrieb, so manch eine Veränderung bleibt wirklich irreversibel und während ich durchaus dafür bin, dass jeder tun und lassen sollte was er möchte (und auch glaube, dass es Transidenten in Deutschland teilweise ein wenig unnötig schwer gemacht wird, dies aber mehr durch unnötig viele Therapiestunden, die Wartezeit finde ich vertretbar, auch wenn ich das frustrierte Warten selbst noch sehr gut kenne) denke ich, dass ein wenig Vorsicht und Bedenkzeit einfach durchaus angebracht ist, wenn es um solche Eingriffe geht.

Auch wenn es diverse Mittelchen und Präparate gibt, hat man nicht immer einen Arzt, die Krankenkasse oder das nötige Kleingeld im Rücken, eine kreativ selbstkreierte Hormonbehandlung dauerhaft zu genießen. Und das sind ja nicht die einzigen Risikofaktoren. In kriegerischen oder sonstigen Katastrophensituationen wird die Hormonversorgung von "uns" sicher nicht an erster Stelle der medizinischen Versorgung stehen.

@Hi.so.ka
Ja, gerade die Psychotherapie ist etwas zu umfangreich. Erst einmal ein Jahr Therapie bis zur Indikation zur HRT , dann 18 Monate bis zur GaOP. Und das alles obwohl Transsexualismus nicht therapierbar ist........
Ich finde es ja richtig das erst einmal eine Diagnose erstellt werden muss, bevor man Hormone bekommt. Aber in der Regel stehen da ein Jahr Alltagstest an bevor man die Hormone bekommt.
Gut, ich hatte Glück das ich verständige Ärzte habe und einen Monat nach meinem Outing mit der HRT beginnen konnte, aber ich sehe es ja in der Selbsthilfegruppe, wie sehr die meisten unter dem Alltagstest leiden.

Hallo,

vor ein paar Wo. hatte mal jemand gefragt, ob es Fotos gibt wo man nach der Kastration mit der Burdizzozange das Ergebnis sehen kann.
Leider finde ich den Antwort - Link nicht mehr ( 2 waren es denke ich )
Ich wollte es mal einer Freundin zeigen, weil die nicht glaubt das das real jemand machen lässt.
So ist das eben, man wird schnell als Spinner belächelt ...
Danke im Vorraus, sollte es einen Hinweis geben.

Das muss man sich für sich festlegen, aus so einer Sicht gesehen dient es zur Fortpflanzung wer keine Kinder haben will viel Spaß ich hätte kein Bock drauf^^

@Dekujunge
Da gibt es aber auch andere Möglichkeiten, wenn man keine Kinder haben will. Verhütung bietet heuer genug Alternativen.
Ich hätte auch keinen Bock drauf. Wir beide sind ja noch jung, und einige der Kandidaten, die es machen wollen, sind über 40. Wir jungen Leute können die Gründe nicht nachvollziehen. Wer weiß, villeicht denken wir in 20 JAhren auch anders darüber?!

Ich bin zwar eine Frau und kann deshalb vielleicht auch nicht groß mitreden, aber ich denke, dass ist dann als ob man einer Frau ihre beiden Brüste amputieren würde...

Ich finde sowas nicht toll, zumal es sicher auch Leute gibt, die sich nicht gerne kastrieren lassen würden, aber es aus gesundheitlichen Gründen müssen...

Ich verstehe auch Leute nicht, die sich die hälfte des Magens wegschneiden bzw. verkleinern lassen, weil ich denke jeder soll doch froh sein gesund zu sein...

Liebe Grüße
Luma30

@Grymnir
Wer weiß? :) :bier: aber genießen wir es noch

@Luma30
Nein, es wäre vergleichbar wenn man einer Frau die Eierstöcke entfernen würde so das sie keine Kinder bekommen könnte. Die Brüste sind zwar deutlich sichtbar, na gut bei den meisten, nicht bei allen, aber sie sind nur sekundäre Geschlechtsmerkmale.

@Luma30
Gut, du findest es nicht toll und kannst es nicht verstehen, aber es ist auch nicht deine Angelegenheit. Lass doch einfach jeden mit seinem Leben/Körper machen, was er will, solange er keinem anderen damit schadet.

Draiiipunkt0 schrieb:Lass doch einfach jeden mit seinem Leben/Körper machen, was er will,

Ich lass jeden mit seinem Körper/Leben machen, was er will, ich habe nur meine Meinung dazu geschrieben...

Liebe Grüße
Luma30

Hallo,

auch ich möchte mich kastrieren lassen. Ich bin eine Transsexuelle und schon seit einiger Zeit auf Kräuter-HRT. Da es sehr aufwändig und schwierig ist, die ganzen gesetzlichen Vorgaben in Österreich zu erfüllen, habe ich mich dem nicht unterworfen. Um meine Ergebnisse zu beschleunigen und endlich die verhassten Hoden loszuwerden versuche ich schon seit geraumer Zeit einen Arzt oder professionellen Cutter für meine Kastration zu finden. Leider auch nicht einfach, da es entsprechende Gesetze gibt. Aber es ist mein Körper und ich bin der Meinung, dass ich da auch selbst frei entscheiden darf wenn ich kastriert werden möchte. Hoffe, dass ich bald fündig werde...

@Jasmine6
Da hast du natürlich insofern recht, daß du selbst bestimmen kannst, was du mit deinem Körper machst.

Kannst du das Ganze nicht einfach in Deutschland machen lassen, oder gibts da auch Probleme?

@Grymnir
Hier in Deutschland ist es auch nicht so einfach eine Hormontherapie zu bekommen. Im Allgemeinen musst du erst einmal eine Diagnose eines Psychiaters oder Psychotherapeuten als Transsexuell ( F64.0 ) haben, Psychotherapie machen und ein Jahr lang den sogenannten Alltagstest machen, d.h. du musst ein Jahr lang in der Rolle des empfundenen und gewünschten Geschlechts gelebt haben, dann bekommt man die Indikation zur Hormontherapie.

@Anja-Andrea
Ja, daß es hier im Lande Kastration nicht gerade in der Apotheke gibt, ist mir klar.
Aber es kann ja sein daß es in der Alpenrepublik noch represiver zugeht (oder sagen wir, daß es schwieriger ist, die Genehmigung zu bekommen).