Den Hintern versohlt bekommen?

Also meine Mutter hat mir über meine ganze Kindheit hindurch zwar eher selten, aber ein paar Mal echt übel ins Gesicht geschlagen, als sie sich (vermutlich) komplett überfordert fühlte. Meistens begleitet von lautem Wutgeschrei.
Diese wenigen Momente des totalen Kontrollverlustes bei jemandem, den ich eigentlich vergöttert habe, hat mich zu Tode geängstigt und definitiv Spuren hinterlassen.

Teilweise war das wegen etwas, das ich aus heutiger Sicht als absolute Bagatelle bezeichnen würde.

Ich kann also nicht sagen, dass mir das nicht geschadet hätte.
Da ich diesbezüglich nie eine Entschuldigung bekommen habe, meine Mutter aber der Meinung ist, alles richtig gemacht zu haben und sämtliche Aussprachen über meine Kindheit verweigert, muss sie halt damit leben, dass das für immer ein Stück weit zwischen uns steht.

Manchmal blicke ich sie von der Seite an, schüttel gedanklich den Kopf und denke mir: Meine Fresse, ich war so klein und wehrlos damals, wie konntest du nur?!

Wer will denn freiwillig riskieren, später so eine Beziehung zu seinem erwachsenen Kind zu haben?

RachelCreedII. schrieb:Wer will denn freiwillig riskieren, später so eine Beziehung zu seinem erwachsenen Kind zu haben?

Gerade schlagende Eltern sehen in dem Moment viel zu wenig das Kind, sondern eher einen kleinen Erwachsenen. Außerdem scheint im Moment des Affekts sowieso die Wahrnehmung eingeschränkt zu sein. Tunnelblick.

@Laura_Maelle
Mein Beitrag war jetzt auch eher an die "Ab und an ein kleines bisschen Schlagen hat noch niemandem geschadet"-Fraktion gerichtet.

EnyaVanBran schrieb:ich sehe das heute sehr gelassen

Du sagst richtig: "heute". Du siehst es heute gelassen, weil du weißt, dass die Zeit vorbei ist und du als Erwachsener nie mehr befürchten musst, von deinen Eltern geschlagen zu werden.
So geht es den meisten Erwachsenen, gerade auch denjenigen, die die Gewalt, die sie als Kinder durch ihre Eltern erleben mussten, verharmlosen. Das können sie nur, weil es vorbei ist.

@AlteTante
Ich würde es jetzt nicht als klassische Gewalt bezeichnen. Ich hatte nie blaue Flecken oder Ähnliches. Diese Ohrfeigen waren nicht fest, ich bin davon nicht bestürzt oder wo gegen gefallen. Und es waren nie mehrere.
Unter richtiger Gewalt verstehe ich harte Schläge die weh tun. Das war bei mir ja nie der Fall.

Also für mich beginnt Gewalt da schon bei der Ohrfeige. Mein Kind vertraut mir, ich bin der wichtigste Bezugspunkt, das Vorbild, der Anker in ihrem Leben. Zu mir schaut sie auf. Was ich mache, hält sie für richtig und richtet sich danach.
Und Gewalt hat in der Erziehung absolut gar nichts zu tun, ganz gleich ob physisch oder psychisch.
Beides ist inakzeptabel für mich.

Selbst wenn das Kind anstrengend ist und den letzten Nerv raubt; ich bin die Erwachsene, ich habe die Verantwortung und ich habe die Macht über mich selbst, mich unter Kontrolle zu haben und vor allem schon vorher zu wissen, dass man gewisse Wege niemals einem Kind gegenüber einschlagen darf.

joleen schrieb:Also für mich beginnt Gewalt da schon bei der Ohrfeige

Mag sein, dass dem so ist. Ich, für mich, sehe es nicht so. Ich habe auch nie darüber nachgedacht, da es, weil ich selber keine Kinder bekommen kann, nicht nötig war, über das Thema Erziehung und Gewalt näher nachzudenken.

joleen schrieb:Also für mich beginnt Gewalt da schon bei der Ohrfeige.

Eben: Und genauso sieht es auch der Gesetzgeber.

Das gesetzliche Verbot, Kinder bei der Erziehung zu schlagen, spiegelt sich nicht nur im Familienrecht wider, sondern auch im Strafrecht. Eltern, die ihre Kinder schlagen, können sich deshalb grundsätzlich strafbar machen. Dabei kommen verschiedene Straftatbestände mit unterschiedlichen schweren Strafen in Betracht. So schützt beispielsweise der Straftatbestand der Körperverletzung als Ausdruck des grundrechtlich geschützten Rechts auf körperliche Unversehrtheit das körperliche Wohl der Menschen während verbale Entgleisungen in der Kindererziehung leicht den Straftatbestand der Beleidigung erfüllen können.

Grundsätzlich gilt also, dass man sich mit Ohrfeige, Klaps auf dem Po strafbar macht. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um einen Klaps auf den Po, eine Ohrfeige im Affekt oder eine richtige Tracht Prügel handelt. In allen drei Fällen machen sich Eltern strafbar und müssen mit teilweise empfindlichen Strafen rechnen! So erhielt beispielsweise ein Berliner Familienvater eine Geldstrafe von 800,00 Euro, weil ihm auf einem Jahrmarkt einmal die Hand ausgerutscht ist. Eine strafrechtliche Verfolgung droht dabei nicht nur dem schlagenden Elternteil, sondern auch die andere wegschauende oder tolerierende Seite kann beispielsweise wegen Beihilfe oder Anstiftung bzw. als Mittäter oder Mittäterin zur Rechenschaft gezogen werden.

Hervorhebung von mir.
Quelle: https://www.anwalt.de/rechtstipps/ohrfeige-und-klaps-auf-den-po-was-ist-in-der-kindererziehung-erlaubt-und-was-verboten_093903.html

EnyaVanBran schrieb:Mag sein, dass dem so ist.

Mag nicht so sein, dass ist so und zwar seit dem Jahr 2000. Wie oft muss es noch eigentlich verlinkt werden?

tudirnix schrieb:Mag nicht so sein, dass ist so und zwar seit dem Jahr 2000. Wie oft muss es noch eigentlich verlinkt werden?

Du kannst es noch 100 Mal verlinken, deshalb wird es mein Empfinden auch nicht ändern.

EnyaVanBran schrieb:Mag sein, dass dem so ist. Ich, für mich, sehe es nicht so. Ich habe auch nie darüber nachgedacht, da es, weil ich selber keine Kinder bekommen kann, nicht nötig war, über das Thema Erziehung und Gewalt näher nachzudenken.

Es ist natürlich dein Empfinden und das steht dir auch frei, aber wie von @tudirnix verlinkt, es ist Gewalt!
Man geht kein Kind körperlich an, da könnten mir Tausende von Leuten erzählen, dass es ihnen nicht geschadet hätte.
Es ist Falsch! Da müsste ich auch ohne Kind nicht drüber nachdenken.

EnyaVanBran schrieb:Du kannst es noch 100 Mal verlinken, deshalb wird es mein Empfinden auch nicht ändern.

Wenn wir persönliches Empfinden über das Gesetz stellen, geraten wir aber in sehr schwieriges Fahrwasser.

fischersfritzi schrieb:Wenn wir persönliches Empfinden über das Gesetz stellen, geraten wir aber in sehr schwieriges Fahrwasser.

Moment: wo habe ich geschrieben, dass ich es gutheiße? Wo habe ich geschrieben, dass ich es so machen würde? Unterstell mir hier bitte nichts. Ich spreche hier von meinen Empfindungen und von nichts anderem und ich spare es mir jetzt mal, Vergleiche zu bringen, wo Menschen wissentlich Dinge sogar gut finden, obwohl es gegen das Gesetz ist, denn das würde nur is OT führen.

@EnyaVanBran
Ich habe dieses Zitat von dir kommentiert

EnyaVanBran schrieb:Du kannst es noch 100 Mal verlinken, deshalb wird es mein Empfinden auch nicht ändern.

Das war deine Antwort hierauf.

tudirnix schrieb:Mag nicht so sein, dass ist so und zwar seit dem Jahr 2000. Wie oft muss es noch eigentlich verlinkt werden?

Ich sehe nicht, dass ich dir irgendwas unterstellt habe.

EnyaVanBran schrieb:Wo habe ich geschrieben, dass ich es so machen würde? Unterstell mir hier bitte nichts

Ich hab dir das auch nicht unterstellt.
Ich sehe deine Haltung kritisch.
That's it.

fischersfritzi schrieb:Ich sehe deine Haltung kritisch.

Weil ich wegen der Ohrfeigen nicht traumatisiert bin und mir diese Erfahrungen egal sind? Das bedeutet noch lange nicht, dass ich selber so handeln würde. Habe ich schon einen Menschen geschlagen? Ja, hab ich, aber ich habe mich damit gewehrt und DA war ich mit richtig fieser Gewalt konfrontiert, aber das ist eine ganz andere Schache und hat hier absolut nichts verloren.
Wie schon gesagt, ich hab keine Kinder. Aber einen Hund und weder der jetzige noch der Hund davor wurden von mir je geschlagen.
Aber ja, man möge mich kritisch beäugen, ist mir ehrlich gesagt auch ganz recht so.

EnyaVanBran schrieb:Das bedeutet noch lange nicht, dass ich selber so handeln würde.

Habe ich auch nicht geschrieben.
Da steht "deine Haltung", nicht "deine Handlungen"

fischersfritzi schrieb:Da steht "deine Haltung", nicht "deine Handlungen"

Naja über mein Handeln kannst du ja nix aussagen, wie denn auch? :D Allerdings steckt schon eine Aussage in deinem Satz, aber egal, lassen wir das.

joleen schrieb:Also für mich beginnt Gewalt da schon bei der Ohrfeige.

Na gut, was heißt "schon".
Ich persönlich habe Ohrfeigen für mich selber schon immer als schlimmer und demütigender empfunden als einen versohlten Hintern.
An letzteres erinnere ich mich kaum bis überhaupt nicht mehr aber an die Ohrfeigen nach über 30 Jahren später immer noch.
Das zeigt aber nur wieder auf, wie unterschiedlich man solche Dinge empfinden kann und dass es das ebenfalls noch gefährlicher macht.
Nur, weil mich persönlich ein versohlter Hintern nicht traumatisiert hat, heißt das noch lange nicht, dass das bei anderen Menschen, die beispielsweise grundsätzlich empfindsamer sind, nicht ganz anders sein würde, die Illegalität mal außer Acht gelassen.

"Mir hat es nicht geschadet" funktioniert also bereits aus diesem Grund als "logische" Rechtfertigung nicht, selbst, wenn es legal wäre.

Redan schrieb:Na gut, was heißt "schon".

Das bezog sich auf die angeschnittene Diskussion zuvor, dass eine Ohrfeige nicht als Gewalt empfunden wurde in dem Maße.
Ganz genau, beginnt sie vorher schon psychisch.
Aber darum geht es hier ja nicht.

Redan schrieb:habe Ohrfeigen für mich selber schon immer als schlimmer und demütigender empfunden als einen versohlten Hintern.

Ich habe nie eine Ohrfeige bekommen, kann da also persönlich keine Vergleiche ziehen. Allerdings habe ich einmal ordentlich was auf den Hintern bekommen. Für mich war das damals sehr schlimm. Denn zum einen habe ich meinen sehr ruhigen und besonnen Vater vorher nie so außer Rand und Band erlebt und zum anderen hat es mir natürlich wehgetan. Sowohl körperlich als auch seelisch. Er entschuldigte sich danach zwar und erklärte sich, aber für mich war das eine völlig unverständliche Situation.
Mein Vater war immer mein Held, das Verhältnis war dann erstmal eine Weile distanzierter. Es hat gebraucht, bis es wieder vertrauter wurde.