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Materialismus

134 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Materialismus, Biomat, Histomat ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Materialismus

28.06.2025 um 18:53
Zitat von MomjulMomjul schrieb am 29.05.2025:Wenn z. B. ein Politikwissenschaftler sagt, dass protestantische Arbeiter oft SPD wählen
Statistik.
Zitat von kaktusskaktuss schrieb am 29.05.2025:Ich würde daher einen Dualismus in dem Sinne das Geist und Materie strikt voneinander getrennt sind und nicht miteinander verbunden ablehnen...
Ich war und bin Materialistin, denke also, dass alles (auch Geist, Bewusstsein), letztendlich durch materielle Prozesse erklärt werden kann.
Um spezifischer zu werden: In seiner ontologischen Wirkung, welche auf seine materiellen Prozesse und Gegebenheiten zurückführt, wurzelt der Materialismus in dem Postulat, dass Bewusstsein, Kultur, Geist und Gesellschaft letztlich Ausdruck bzw Epiphänomene stofflicher, physikalischer und biologischer Verhältnisse sind.

Dies ist eine Sichtweise.


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Materialismus

28.06.2025 um 23:52
Zitat von FlacoonFlacoon schrieb:Ich war und bin Materialistin, denke also, dass alles (auch Geist, Bewusstsein), letztendlich durch materielle Prozesse erklärt werden kann.
Und das ist der Punkt: Natürlich kann alles durch materielle Prozesse erklärt werden. Vorausgesetzt, man ist Materialist, denn dann kann man die metaphyischen Fragen entweder mittels Gleichsetzung neutralisieren, also indem man "warum" mit "wie" übersetzt, oder mit materiellen Prozessen erklären, die noch nicht entdeckt sind.

Aber nehmen wir an, es sind keine Fragen mehr offen und man kann alles mit materiellen Prozessen erklären: Die Folgerung, dass man deshalb alle anderen Erklärungen ausschließen könne, fußt in der Logik des reduktionistischen Materialismus. Man kann mit Fug und Recht Anhänger des Materialismus sein und diesen sogar als die wahrscheinlichste Erklärung bezeichnen, aber sobald man von Beweis und Widerlegung spricht, begeht man einen Zirkelschluss.
Zitat von MomjulMomjul schrieb am 14.11.2014:Das liegt einmal daran, dass bestimmte Gruppen wie Religionen kein Interesse haben, einen starken Materialismus neben sich zu dulden, zum anderen aber an modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen (z. B. Relativitätstheorien), die Materie und Energie in Verbindung setzen und damit deren einstige Trennung aufheben.
Ich tue mir schwer damit, in den organisierten Religionen einen Gegenpol zum Materialismus zu sehen. Was die drei christlichen Kirchen angeht, kann ich mir außerdem nicht vorstellen, dass sie sich groß um solche Themen scheren. Besonders Orthodoxe und Protestanten wollen vor allem ihren jeweiligen weltlichen Machthabern gefallen. Historisch betrachtet bin ich mir auch nicht sicher, da die katholische Kirche den Idealismus in Gestalt der gnostischen Bewegung erbarmungslos bekämpft hat.

Was die theoretische Physik betrifft: Hebt die wirklich Trennungen auf? Oder findet sie nur neue materielle Teilchen mit bislang unerhörten Eigenschaften?

Für mich war der Gegensatz immer folgender:

Der Materialismus führt alles, was ist, auf materielle Prozesse zurück. Aus seiner Sicht ist folglich auch das Bewusstsein ein Produkt materieller Vorgänge. So etwas wie ein Bewusstsein, das ohne Körper existiert, ist dabei nicht ausgeschlossen. Man hat nur nie Hinweise auf entsprechende Prozesse gefunden und folglich keinen Grund, es in Erwägung zu ziehen.

Der Idealismus betrachtet die materielle Welt und Existenz als einen Bewusstseinszustand, genauer gesagt: einen Aggregatszustand von Bewusstsein. Er erkennt die Naturgesetze im Prinzip an - so lange es Eis ist, kann es sich nicht wie Wasser verhalten -, setzt sie aber nicht absolut. Eine Unsterblichkeit in unserem Sinne sieht er nicht vor. Wie auch? Nicht einmal Traum-Ich und Wach-Ich haben viel gemeinsam.

Keine dieser Sichtweisen ist falsifizierbar, keine steht über Kreuz mit der menschlichen Erfahrungswelt und keine bietet besonders verlockende Versprechen. (Der) Gott (, von dem fast alle Leute reden, wenn sie "Gott" sagen) ist mit beiden vereinbar, aber in keiner zwingend enthalten.

Für eine der beiden Sichtweisen Suprematie zu beanspruchen, ergibt aus meiner Sicht keinen Sinn, aber darüber zu reden, kann auf jeden Fall den Geist anregen.


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Materialismus

29.06.2025 um 00:06
Zitat von FlacoonFlacoon schrieb:Ich war und bin Materialistin, denke also, dass alles (auch Geist, Bewusstsein), letztendlich durch materielle Prozesse erklärt werden kann.
Was über 300 Jahre nach Leibniz' Formulierung des sog. "Mühlengleichnis" getrost als gescheitert betrachtet werden kann, wenn man bedenkt, welch' bahnbrechende Fortschritte die Naturwissenschaften im gleichen Zeitraum gemacht haben, während der Materialismus uns im gleichen Zeitraum aber kein My in Richtung einer Erklärung mentaler Phänomene auf Basis materieller Prozesse gebracht hat. Von den diversen Schwierigkeiten des Materiebegriffs ganz abgesehen....

Der Materialismus behauptet, dass alles, was existiert, letztlich auf Materie oder materielle Prozesse zurückzuführen sei. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass der Begriff "Materie", auf dem diese Weltanschauung ruht, selbst äußerst problematisch ist. Während Materie in der klassischen Physik noch als ausgedehnte, feste Substanz mit klar lokalisierbaren Eigenschaften galt, hat die moderne Physik dieses Bild grundlegend aufgelöst. In der Quantenmechanik und Quantenfeldtheorie ist Materie nichts Substantielles mehr, sondern Ausdruck mathematischer Zustände, Wahrscheinlichkeitsverteilungen und Anregungen von Feldern - nicht greifbar, nicht dauerhaft lokalisierbar, nicht anschaulich. Auch Raum und Zeit sind seit der Relativitätstheorie keine festen Bühnen mehr, sondern dynamisch mit Energie und Masse verknüpft. Damit verliert der Materialismus aber seine ontologische Grundlage: Wenn "Materie" nicht mehr das ist, was sie ursprünglich bedeutete, worauf genau bezieht sich dann die materialistische Weltsicht? Entweder wird der Begriff tautologisch ("alles, was existiert, ist eben Materie"), oder der Materialismus kippt in eine andere Position, etwa den Strukturenrealismus - ohne es zu benennen. Denn was uns die Physik heute tatsächlich vermittelt, sind keine stofflichen Substanzen, sondern abstrakte Strukturen und Relationen. Die klassische Vorstellung von Materie als Grundbaustein der Realität ist damit überholt - und mit ihr auch die Philosophie, welche auf dieser Vorstellung beruht.


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Materialismus

29.06.2025 um 00:15
Zitat von kaktusskaktuss schrieb am 29.05.2025:Also eines ist schon bewiesen... die materiellen Strukturen im Gehirn sind mit unseren Gedanken und inneren Wahrnehmungen verknüpft...
Dass man ein funktionierendes menschliches Gehirn braucht, um als Mensch seine Umwelt wie ein Mensch wahrzunehmen, versteht sich eigentlich von selbst.

Ich spiele aktuell Morrowind. Sowohl Software- als auch Hardwarefehler würden spürbaren Einfluss auf meine Wahrnehmung als Heiland Vvardenfells haben. Eventuell würden sie mich sogar auslöschen, von natürlichen Krankheiten, Giften und Schadzaubern ganz zu schweigen. Aber all das negiert nicht die Existenz des Typen, der Maus und Tastatur bedient. Der nämlich bewegt sich in einem völlig anderen Kontinuum, als völlig andere Wesenheit, und ist trotzdem identisch mit der Figur, die die ganze Welt vor Dagoth Ur und Klippenläufern befreien soll. Das mag wie ein Scherz klingen, ist aber der beste Vergleich, der uns zur Verfügung steht.


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29.06.2025 um 00:21
Zitat von AiolodAiolod schrieb:Ich spiele aktuell Morrowind. Sowohl Software- als auch Hardwarefehler würden spürbaren Einfluss auf meine Wahrnehmung als Heiland Vvardenfells haben. Eventuell würden sie mich sogar auslöschen, von natürlichen Krankheiten, Giften und Schadzaubern ganz zu schweigen. Aber all das negiert nicht die Existenz des Typen, der Maus und Tastatur bedient. Der nämlich bewegt sich in einem völlig anderen Kontinuum, als völlig andere Wesenheit, und ist trotzdem identisch mit der Figur, die die ganze Welt vor Dagoth Ur und Klippenläufern befreien soll. Das mag wie ein Scherz klingen, ist aber der beste Vergleich, der uns zur Verfügung steht.
Womit wir allerdings wieder beim klassischen Dualismus (inkl. all seiner Probleme) wären....


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29.06.2025 um 01:04
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Womit wir allerdings wieder beim klassischen Dualismus (inkl. all seiner Probleme) wären....
Inwiefern? Im Spiel gelten Skript und Programmierung, unabhängig davon, was der Spieler tut. Ob es einen Spieler gibt, ist irrelevant. Die Figuren machen, was sie machen. Ihre Wissenschaftler, erlangten sie Bewusstsein, ermittelten nach und nach die Spielregeln. Vielleicht fände ein Genie auch Zugang zur Konsole.

Aber darin zeigt sich kein Dualismus. Zumindest keiner im engeren Sinne.

Es mag eine Realität außerhalb des Spiels geben, aber alles, was von dieser innerhalb des Spiels wirksam werden kann, ist mindestens theoretisch darin enthalten.

Der ganze Rest, also die vergleichsweise riesige Welt, die dem Spiel übergeordnet ist, wäre innerhalb des Spiels nur eine haltlose Spekulation ohne jeden praktischen Nutzen - aber für den Spieler bedeutend.


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Materialismus

29.06.2025 um 12:38
Zitat von AiolodAiolod schrieb:Inwiefern?
Nun ja, du (in der Realität) und deine Spielfigur (in Morrowind) bestehen ja offensichtlich nicht aus der gleichen Substanz.


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29.06.2025 um 15:12
Zitat von AiolodAiolod schrieb:Natürlich kann alles durch materielle Prozesse erklärt werden. Vorausgesetzt, man ist Materialist, denn dann kann man die metaphyischen Fragen entweder mittels Gleichsetzung neutralisieren, also indem man "warum" mit "wie" übersetzt, oder mit materiellen Prozessen erklären, die noch nicht entdeckt sind.
Pfiffiger Ansatz; allerdings kommt beim Tausch der Fragewörter vom "Warum" zum "Wie" doch auch nix bei rum. Denn wie exakt entsteht denn aus rein physischen Prozessen im Gehirn ein subjektives Erleben? Dazu gibt es nun mal keine allgemein anerkannte Lösung.

Und "materielle Ptozesse, die noch nicht entdeckt sind" finde ich mindestens erörterungswürdig.


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29.06.2025 um 16:48
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Was über 300 Jahre nach Leibniz' Formulierung des sog. "Mühlengleichnis" getrost als gescheitert betrachtet werden kann,
Gegenteilige Erklärungen, die statistisch verifizierbar wären, gibt es ebenso wenig. Und nu?
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Der Materialismus behauptet, dass alles, was existiert, letztlich auf Materie oder materielle Prozesse zurückzuführen sei. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass der Begriff "Materie", auf dem diese Weltanschauung ruht, selbst äußerst problematisch ist. Während Materie in der klassischen Physik noch als ausgedehnte, feste Substanz mit klar lokalisierbaren Eigenschaften galt, hat die moderne Physik dieses Bild grundlegend aufgelöst.
*hüstel* Auch der Mensch besteht aus Elementarteilchen, also materiellen Bausteinen.
Inwiefern meinst du, dass der Begriff bzw. das Konzept des Materialismus "problematisch" ist?

Ich für meinen Teil meine, dass alles Seiende aus Materie besteht und alle Prozesse sich auf materieller Grundlage ereignen.

P.S.: Schön, mal wieder von dir etwas zu lesen. :)


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29.06.2025 um 17:45
Zitat von FlacoonFlacoon schrieb:*hüstel* Auch der Mensch besteht aus Elementarteilchen, also materiellen Bausteinen.
Nunja, ich springe da mal kurz rein. Wir bestehen aus zwei Elementarteilchen, Quarks und Leptonen. Betrachten wir mal das Quark: Es hat eine Ausdehnung von Null, kann nicht isoliert existieren (außer in Plasma), es entstehen in dir beständig virtuelle Quarks die unter Umständen auch mal zu reellen Quarks werden können. Sie sind eigentlich Wellen, zeigen ihren Wellencharakter aber eher selten, sie schwingen, vibrieren, drehen sich irgendwie, frag bitte nicht genau wie - mir ist das zu hoch. Jedenfalls nicht so wie wir uns schwingen, vibrieren oder drehen vorstellen. Sie lassen sich jedenfalls so wenig genau lokalisieren wie jedes andere Elementarteilchen, sind als mit ihrer Nullausdehnung nicht mal an einem bestimmten Punkt im Raum.
Hat das noch irgendwas mit dem Begriff der Materie der Materialisten zu tun? Ich fürchte nicht. Je genauer man hinschaut, desto weniger materiell ist die Materie.


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Materialismus

29.06.2025 um 18:58
Zitat von paxitopaxito schrieb:Je genauer man hinschaut, desto weniger materiell ist die Materie.
Mein ehemalige Mathelehrer sagte mir damals mal : "Je mehr man weiß, desto verzweifelter wird man".
Dem habe ich nichts hinzurufügen.


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29.06.2025 um 22:54
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Was über 300 Jahre nach Leibniz' Formulierung des sog. "Mühlengleichnis" getrost als gescheitert betrachtet werden kann,
Zitat von FlacoonFlacoon schrieb:Gegenteilige Erklärungen, die statistisch verifizierbar wären, gibt es ebenso wenig. Und nu?
Ja, schon, aber wenn bspw. jemand - recht analog - behauptet, seine (sonstwie geartete) "Theorie" würde bspw. die Entstehung des Universums erklären, wird das ja auch nicht dadurch wahrer, dass es keine gegenteiligen Erklärungen gibt, die verifizierbar wären.
Zitat von FlacoonFlacoon schrieb:Auch der Mensch besteht aus Elementarteilchen, also materiellen Bausteinen.
Ja, richtig, nur macht allein eine bloße Ansammlung von Protonen, Neutronen und Elektronen noch keinen Menschen. So wie eine bloße Ansammlung von Ziegeln, Holz, Glas und Zement noch lange kein Haus ist. Entscheidend ist also weniger, was da ist (Materie), sondern vor allem, wie es organisiert ist, da sprechen wir dann also insbesondere über Ordnung, Dynamik und Struktur. Ferner wirft es grundlegende Fragen über die Natur und deren eigentlichen Konstituenten (grundlegenden Elemente) auf: Sind es "Dinge"...? Oder sind es nicht vielmehr "Prozesse"...?
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Der Materialismus behauptet, dass alles, was existiert, letztlich auf Materie oder materielle Prozesse zurückzuführen sei. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass der Begriff "Materie", auf dem diese Weltanschauung ruht, selbst äußerst problematisch ist. Während Materie in der klassischen Physik noch als ausgedehnte, feste Substanz mit klar lokalisierbaren Eigenschaften galt, hat die moderne Physik dieses Bild grundlegend aufgelöst.
Zitat von FlacoonFlacoon schrieb:Inwiefern meinst du, dass der Begriff bzw. das Konzept des Materialismus "problematisch" ist?
Ich hatte es nachfolgend ausgeführt, du warst nur nicht darauf eingegangen. ;)

Daher gerne noch einmal vollständig:
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Der Materialismus behauptet, dass alles, was existiert, letztlich auf Materie oder materielle Prozesse zurückzuführen sei. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass der Begriff "Materie", auf dem diese Weltanschauung ruht, selbst äußerst problematisch ist. Während Materie in der klassischen Physik noch als ausgedehnte, feste Substanz mit klar lokalisierbaren Eigenschaften galt, hat die moderne Physik dieses Bild grundlegend aufgelöst. In der Quantenmechanik und Quantenfeldtheorie ist Materie nichts Substantielles mehr, sondern Ausdruck mathematischer Zustände, Wahrscheinlichkeitsverteilungen und Anregungen von Feldern - nicht greifbar, nicht dauerhaft lokalisierbar, nicht anschaulich. Auch Raum und Zeit sind seit der Relativitätstheorie keine festen Bühnen mehr, sondern dynamisch mit Energie und Masse verknüpft. Damit verliert der Materialismus aber seine ontologische Grundlage: Wenn "Materie" nicht mehr das ist, was sie ursprünglich bedeutete, worauf genau bezieht sich dann die materialistische Weltsicht? Entweder wird der Begriff tautologisch ("alles, was existiert, ist eben Materie"), oder der Materialismus kippt in eine andere Position, etwa den Strukturenrealismus - ohne es zu benennen. Denn was uns die Physik heute tatsächlich vermittelt, sind keine stofflichen Substanzen, sondern abstrakte Strukturen und Relationen. Die klassische Vorstellung von Materie als Grundbaustein der Realität ist damit überholt - und mit ihr auch die Philosophie, welche auf dieser Vorstellung beruht.
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Zitat von FlacoonFlacoon schrieb:Ich für meinen Teil meine, dass alles Seiende aus Materie besteht und alle Prozesse sich auf materieller Grundlage ereignen.
Ja, die Position des Materialismus kurz und knapp, für die breite Masse in mundgerechten Häppchen serviert. Entspricht nur schon lange nicht mehr dem Stand moderner Wissenschaft. Die fundamentale physikalische Realität ist nicht "Materie" im Sinne klassischer Stofflichkeit (Masse, Ausdehnung, Undurchdringlichkeit, Lokalisation...), sondern ein Zusammenspiel von Feldern, Zuständen, Wechselwirkungen und Information. "Materie" ist eine emergente Erscheinung innerhalb dieses dynamischen Gefüges, nicht dessen Fundament, wie auch @paxito schon ausgeführt hat.
Der klassische Materialismus ist längst von der modernen Physik überholt worden - das wissen auch seine Anhänger. Aber statt das einzugestehen, tarnen sie ihre alten Annahmen heute als "Physikalismus" oder "Naturalismus" und hoffen einfach ganz stark, dass der neue Anstrich nicht so sehr auffällt. :D
Zitat von FlacoonFlacoon schrieb:P.S.: Schön, mal wieder von dir etwas zu lesen. :)
Dito. Freue mich auch immer wieder, hier noch auf langjährige und erfahrene User zu treffen. :)


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Materialismus

30.06.2025 um 01:33
Neben "Der Mensch als Maschine" ist der "Anti-Seneca" (Über das Glück) eine schlagende Schrift LaMettries.

Darin sieht er den Menschen nicht nur als biologische Maschine, sondern verteidigt auch den Hedonismus Epikurs gegenüber Tugendwächtern.


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30.06.2025 um 16:07
Zitat von paxitopaxito schrieb:mir ist das zu hoch
High Five!

Zu deiner Ausführung: Informativ, @paxito. Dadurch erfuhr ich in geraffter Form Neues.

Zu deiner Frage:
Zitat von paxitopaxito schrieb:Hat das noch irgendwas mit dem Begriff der Materie der Materialisten zu tun?
Ja, hat es. Elementarteilchen sind fundamentale Bausteine der Materie.
Oder wie möchtest du Quarks und Neutronen verstanden wissen? - Physikalisch oder philosophisch?

Ich bleibe bei meiner Auffassung, dass Elementarteilchen materiell sind, da man sie als Grundbausteine der Materie verstehen kann.


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Materialismus

30.06.2025 um 16:51
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Der klassische Materialismus ist längst von der modernen Physik überholt worden
Da erlaube ich mir, um erklärende Beispiele zu bitten.


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Materialismus

30.06.2025 um 19:37
Zitat von FlacoonFlacoon schrieb:Ja, hat es. Elementarteilchen sind fundamentale Bausteine der Materie.
Sicher ist es das, hat nur mit der ursprünglichen Idee von Materie (Stoff oder noch ursprünglicher Holz) nix mehr zu tun.
Elementarteilchen sind doch eher Prozesse und Formen, haben mehr gemein mit dem philosophischen Konzept der geistigen Substanz als mit der Idee eines physischen Körpers. Und das ist dann nicht mehr trivial, wenn auf ganz grundlegender Ebene der Physik sich das so fundamental gedreht hat. Auch das was du schreibst - das alles darauf (also die Materie, Quarks und Leptonen) zurückzuführen sei wird schwierig. Also basiert alles auf einem Gebilde das keine Ausdehnung hat und keinen festen Ort, dessen Eigenschaften uns beiden sogar völlig unverständlich ist? Am Ende sind Quarks und Leptonen doch eher geistige Konzepte des Menschen um die Welt zu erklären, als „Dinge“, „Kugeln“ oder „Körper“. Jedenfalls kein Stoff und ganz sicher kein Holz.
Noch verrückter: über den größten Teil der Materie wissen wir vermutlich praktisch nichts, außer das sie da ist. Die dunkle Materie. Wir bestehen zwar nicht drauß, aber ohne sie gäbe es uns nicht.
Und da kann ich noch nicht mal wie beim Quark die abstrusen Eigenschaften des Mikrokosmos auflisten, weil wir tatsächlich keine Ahnung haben, was das nun ist.

Ehrlicher Weise finde ich die Idee das die Welt auf Feenstaub und Magie beruht verständlicher, als das sie auf Quarks und dunkler Materie beruht. Ist zumindest einfacher!


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Materialismus

01.07.2025 um 00:45
Deshalb nennen sich heute einige Materialisten Physikalisten.


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01.07.2025 um 01:10
Zitat von FlacoonFlacoon schrieb:Da erlaube ich mir, um erklärende Beispiele zu bitten.
How dare you! :o:

Eigentlich hatte ich es aber auch schon gesagt: In der modernen Physik ist "Materie" keine grundlegende Substanz mehr, sondern eine emergentes Phänomen des Zusammenspiels von Feldern, Zuständen und Wechselwirkungen. Die Teilchen des Standardmodells (Elektronen, Quarks, Photonen, Gluonen usw.) sind keine festen Objekte, sondern Anregungen quantenphysikalischer Felder. Ihre Eigenschaften wie Masse, Ladung oder Spin ergeben sich erst aus Prozessen, etwa durch Kopplung an das Higgsfeld oder durch Symmetriebrechung. Beispielsweise ein Elektron ist nicht ein "Ding" mit Eigenschaften, sondern ein Zustand in einem Feld. Masse, Ladung und Spin ergeben sich ebenfalls nicht aus dem "Teilchen" selbst, sondern aus Wechselwirkungen und Symmetrien, die das Feld beschreiben, in dem das Elektron auftritt.

Falls du noch ein anderes, halbwegs anschauliches Beispiel willst: Quasiteilchen. Ein typisches Beispiel ist das sogenannte Phonon - eine kollektive Schwingung im Kristallgitter. Und aus dem Schulunterricht kennt man vielleicht auch noch das sogenannte Defektelektron im Zusammenhang mit Halbleitern. Im Fall von Quasiteilchen gilt insbesondere: Verhält sich irgendwie wie ein Teilchen, möchte vielleicht auch eines sein, ist aber keins. Und dieses Prinzip lässt sich auch auf die fundamentalen Teilchen des Standardmodells übertragen: Sie sind keine Teilchen im Sinne kleiner, massiver Kugeln mit Ausdehnung, sondern Anregungen in Quantenfeldern, die sich für uns dann "teilchenartig" bemerkbar machen. Was wir als "Materie" erleben, ist also nicht die Grundlage der Realität, sondern ein emergentes Phänomen quantenfeldbasierter Prozesse, dessen Eigenschaften (bspw. Masse) sich aus Wechselwirkungen und Symmetriebrüchen ergeben.


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01.07.2025 um 06:18
@Noumenon
Also wäre die konsequente Benennung eigentlich Felderismus? ;)


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01.07.2025 um 10:37
Es handelt sich eher um einen Mathematismus, denn die Physiker erarbeiten sich ohne wirkliches Verständnis der Hintergründe eine (für Experimente) relativ gut gültige Formel und schliessen dann darauf, was diese Formel erfüllen müsste.
Das, was sie daraus in der Realität vermuten (z.B. "Felder") trägt dann sehr starken mathematischen Charakter.

Das Problem ist natürlich, dass hier letztlich die Beschreibung die Ideen zur Realität dominiert - reichlich ungünstig. Die Beschreibung hat hier die Hoheit.

Grundsätzlich muss man sagen, dass die Erforschung der physikalischen Umstände immer über Wechselwirkungen abläuft, d.h. es geht bei Experimenten um eine Konfrontation physikalischer Einheiten und das Herausfinden der neuen Wechselwirkungen bzw. der Wechselwirkungsverläufe.

In unserem Verständnis befindet sich immer etwas "hinter den Wechselwirkungen", sozusagen die "betroffene bzw. aktive Existenz".
Falls dem so ist, wird man mit der Strategie "Wechselwirkung" irgendwann an eine Grenze kommen müssen, da es ja dann von der Realität her ab einem Punkt nicht mehr um Wechselwirkung gehen kann.
Noch vor dem Erreichen dieser Grenze (oder falls es gar keine „Existenz dahinter“ gibt) kann es sein, dass die im Experiment eingesetzte Konfrontation die eigentlich relevanten Wechselwirkungen so stark überlagert, dass sie nicht mehr erkennbar sind.

Das Problem für einen verstehenden Akteur:
Sein Verstehen ist immer nur eine Reaktion, auf das, was vorliegt - d.h. die Basis dieses Verstehens ist Wechselwirkung. Ab einem Punkt sind die Möglichkeiten beschränkt.

Die Physiker zeigen lediglich einen mathematischen Charakter dessen auf, was ihre Formeln bestimmen könnte und erklären dann den Charakter zum "eigentlich Vorhandenen" - das ist ein NoGo.

Was man auf keinen Fall machen sollte, ist, diese Ansichten von Teilen des Wissenschaftsbetriebs zur theoretischen Physik als "die Erkenntnisse der Physik" zu verkaufen.
Es ist lediglich ein waghalsiges Unterfangen innerhalb von Teilen des Wissenschaftsbetriebes.
Der Tatsachenstatus hierfür muss erst noch erarbeitet werden – teilweise ist aber schon klar, dass das gar nicht gehen kann, d.h. hier geht es dann nicht mehr um Wissenschaft.


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