Der Kampf der Kulturen bricht offen aus
Mit dem Sturm der Botschaften in Damaskus erreicht der Konflikt zwischen dem Westen und dem Islam seinen Höhepunkt. Das Unverständnis auf beiden Seiten wächst
Es war so, als ob die Prophezeiungen Samuel Huntingtons auf einmal tatsächlich Wirklichkeit werden sollten. Vor dem "Kampf der Kulturen" hatte der Professor in dem gleichnamigen Buch 1996 gewarnt. 2001 legte er im Gespräch mit der "Welt am Sonntag" noch einmal nach. Er erwartete, daß der Konflikt zwischen der muslimischen und der westlichen Welt "an vielen Fronten" ausgetragen werde: Politisch, diplomatisch, wirtschaftlich, militärisch, ideologisch. Ein "multidimensionaler Konflikt" stehe bevor, der "noch über viele Jahre andauern" werde.
Die Front, die am Samstag am sichtbarsten ist, ist die auf den Straßen des Nahen Ostens. In Syrien stürmen Hunderte die dänische Botschaft in Damaskus und setzen das Gebäude in Brand. Anschließend ziehen die Demonstranten auch vor die norwegische Botschaft. Doch während vor der diplomatischen Vertretung Dänemarks, die in einem Gebäudekomplex mit den Botschaften Schwedens und Chiles liegt, kaum Sicherheitskräfte zu sehen ist, stellen sich dieses Mal die Polizisten vor das Gebäude der Norweger. Die Demonstranten durchbrechen die Absperrungen, werfen Möbel und Akten aus dem Fenster, legen Feuer und versuchen, die anrückende Feuerwehr am Löschen zu hindern. Die Sicherheitskräfte setzen Tränengas ein.
Der dänische Diplomat Hans Skov sagt im Rundfunk, nach seinen Informationen hätten die syrischen Behörden nichts unternommen, um die rasende Menge zu stoppen. "Darüber wundern wir uns natürlich", sagte Skov. Die Außenministerien in Kopenhagen und Oslo fordern ihre Staatsbürger auf, Syrien zu verlassen.
Auslöser des Konflikts waren Mohammed-Karikaturen, die die dänische Zeitung "Jyllands-Posten" veröffentlicht hatte. Der islamische Religionsstifter Mohammed wurde dort als Terrorist dargestellt. Die Zeitungsmacher haben sich mittlerweile zwar von den Zeichnungen distanziert. "Wenn wir gewußt hätten, daß dies zu Todesdrohungen führt, und daß das Leben von Dänen in Gefahr geraten könnte, hätten wir die Karikaturen natürlich nicht gedruckt", heißt es in einem Leitartikel des konservativen Blattes vom Freitag.
Doch für diese Entschuldigung ist offensichtlich zu spät. Es ist ein Symbolstreit zwischen den westlichen und muslimischen Ländern, der ausgebrochen ist. Der säkulare Westen beruft sich auf die Meinungs- und Pressefreiheit, während die islamischen Regierungen und deren Bewohner sich in ihren religiösen Gefühlen verletzt sehen. Es gibt keine gemeinsame Diskussionsgrundlage. Man versteht sich nicht einmal im Ansatz.
Der Zorn macht auch keinen Unterschied mehr zwischen den einzelnen europäischen Ländern. So greifen nur wenige hundert Kilometer entfernt Palästinenser das deutsche Kulturzentrum in Gaza an. Sie brechen Türen und Fenster auf und verbrennen die deutsche Flagge. Andere werfen Steine auf das nahe gelegene Gebäude der Europäischen Union. Nur mit Mühe bringt die palästinensische Polizei die Situation unter Kontrolle.
Rund 50 Schulkinder und Jugendliche versuchen anschließend nochmals, die beiden Gebäude zu stürmen. Bereitschaftspolizisten mit Schlagstöcken stoppen sie. Die jungen Palästinenser bewerfen die Polizei mit Steinen und flüchteten. Später ziehen 400 Demonstranten erneut zu dem EU-Büro, aus einem Lautsprecher erklangen Parolen wie "Den Propheten beleidigen heißt jeden Muslim beleidigen" und "Mit unserem Blut und Seelen verteidigen wir dich, o Prophet". Die Demonstranten verbrennen die dänische Flagge, versuchen aber nicht noch einmal, in das Haus einzudringen.
Quelle:
http://www.wams.de/data/2006/02/05/841357.html (Archiv-Version vom 07.02.2006)Credendo Vides
E nomine patre
et fili et spiritu sancti
Amen