Bishamon schrieb:er wollte aber wissen, ob Polygynie durch Muhammad eingeführt, oder schon vorher da war.
Polygamie ist keine Erfindung des Islam. Besonders im orientalischen Raum reichen die Wurzeln dieser Praxis weit in die vorislamische Zeit (Dschahiliyya, also die Zeit des altarabischen Heidentums vor dem Islam) bis ins alte Mesopotamien zurück. Und auch bei den Nomadenstämmen der Araber galt schon lange vor dem Wirken Mohammeds die Polygamie als selbstverständlich. Hier gab es nicht mal eine Einschränkung der Anzahl an Ehefrauen die oft durch Raub, Kauf oder Erbe empfangen wurden und eher als Besitz mit stark beschränkten Aufgabenbereichen denn als gleichberechtigtes Individuum betrachtet wurden. OK, an die über tausend Ehefrauen so mancher saudischer Prinzen kamen die zwar wohl nicht ran, aber Berichte sprechen teilweise von immerhin bis zu 500 Gemahlinnen.
Besonders unfreie, meist in Armut lebende Frauen, waren als Zweitfrauen weit verbreitet. Auf der einen Seite erhofften sich die Frauen aus einer solchen Ehe vor allem soziale und wirtschaftliche Absicherung sowie eine Überwindung der Unfreiheit, auf der anderen Seite bot sich dem Mann auf diese Weise eine erhöhte Chance auf männliche Nachkommen, die eine Versorgung im hohen Alter garantierten, wodurch sich auch eine enge Verbindung zwischen Kinderlosigkeit und Polygamie erkennen lässt.
Speziell bei den vorislamischen Arabern bestand der Sinn und Zweck in der Vielehe auch in der Machterhaltung- ausbaus ihres jeweiligen Stammes um diesen mit dem Zuwachs von Söhnen als künftige Krieger zu stärken, weshalb die Geburt von Mädchen dagegen nicht sehr beliebt war, ja gar als unehrenhaft galt und teils sogar bis zur Kindstötung führte.
Die Folgen patriarchalischer Macht- und Gesellschaftsstrukturen wie sie zu dieser Zeit herrschten könnte man daher kaum als exemplarischer bezeichnen.
Cesare schrieb:Verstehe. Aber ist die Sharia denn ein geschlossenes System, also gibt es die als einheitliches Buch mit eindeutigen Formulierungen oder gibt es da eine "Version", die du als wahrhaftig siehst?
Die Scharia ist kein fixierter Gesetzeskatalog sondern ein offenes und komplexes System das viele religiöse und rechtliche Normen beinhaltet aus dem sich verschiedenste islamische Gruppierungen nach belieben bedienen und sich so viele regional unterschiedliche Scharia-Traditionen gebildet haben.
Duhaa schrieb:Das ja, aber Mehrheit der Bevölkerung nicht-arabischer Länder spricht kein Arabisch. Darauf wollte ich hinaus. Die Essenz des Islam ist aber dennoch zu erfassen.
