LetZeppelin schrieb:Auf der einen Seite die Materie ... Am Anfang war das Feld: aus einem extremen physikalischen Zustand entwickelte sich aus nichts anderem als nur Photonen in knapp 14 Mrd. Jahren Sterne, Galaxien und ein hochkomplexes menschliches Gehirn, das der Reflexion fähig ist und sich und den Kosmos erforscht. Die Materie selbst bringt aus sich heraus - eben dialektisch - die Schönheiten des Kosmos und das Leben hervor - nachlesbar, erforschbar, faktisch.
Nein, gehen wir so nahe es möglich ist an den Urknall heran, haben wir da ganz viel Energie, ganz heiß, auf ganz wenig Raum, dass waren aber nicht alles Photonen. Bei der Plank-Zeit bricht eh unsere Physik, wir hatten da wohl ein ultraheißes Plasma aus allen möglichen Quantenfeldern die wir kennen und eventuell aus welchen die wir nicht kennen, alle Kräfte sollten vereint gewesen sein, ein sehr symmetrischer Zustand aller fundamentalen Felder, die Symmetriebrechungen kam erst später und brachte dann unsere bekannten Teilchen hervor. Photonen kann man wohl erst sinnvoll definieren, wenn das elektromagnetische Feld nach der elektroschwachen Symmetriebrechung, so ca. 10 ⁻¹² s nach Urknall eigenständig wird. Davor war das Vorher Photon noch kein getrenntes Konzept. Aber vermutlich weißt Du das doch auch alles selber und hast Dich nur nicht präzise ausgedrückt.
LetZeppelin schrieb:Auf der anderen Seite ... Im Anfang war das Wort und das Wort war Gott … Es ist zu banal, zu archaisch: mit einer allmächtigen Instanz kann man alles erklären und begründen, weshalb sie für mich nichts taugt. Für mich ist es faszinierend, wozu die anfangs tote Materie in der Lage ist: vom toten Photonen-Feld zum (ua) kreativen Homo Sapiens.
Hm, ... sage mal, als "ausgebildeter Naturwissenschaftler", was genau muss man darunter verstehen? Du hast Physik studiert? Wo genau stehst Du so vom Wissen her, auch von dem, was Du Dir als Autodidakt angeeignet hast?
Davon mal abgesehen, gerade diese Aussage aus der Bibel "Im Anfang war das Wort", die hat echt etwas. Ich gebe wirklich nicht viel auf die Bibel, es ist aber einiges dort an Wissen eingeflossen, das hart erarbeitet wurde. Wahrheit und Erkenntnis sickert eben durch.
"Im Anfang war das Wort" kann man heute auch so lesen, am Ursprung steht nicht Materie, sondern Information. Wheeler nennt das "It from Bit" - alles Physische entsteht aus elementaren Ja/Nein-Entscheidungen. Damit verbindet sich alte Symbolik mit moderner Physik, Realität gründet im Prinzip auf Information.
- Wie kommt es zu dem, was existiert? (How come existence?)
- Warum gibt es Quanten? (Why the quantum?)
- Haben wir teil am Universum? (A participatory universe?)
- Was führt zur Bedeutung? (What makes meaning?)
- Besteht das Seiende aus Information? (It from bit?)
Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/John_Archibald_Wheeler ≫ Die „wirklich großen Fragen“ an die NaturWikipedia: Interpretationen der QuantenmechanikWikipedia: Digitale PhysikIch schrieb ja schon über die Mathematik, auch ein sehr interessanter Weg die Dinge zu hinterfragen, das Universum als Rechner, wie viele Rechnungen gab es schon, kann es geben, wie viele Bit hat es und so weiter ...
Zu den Fragen von Wheeler, ich finde die erste und letzte wichtig, habe da aber meine eigene Liste.
:D
LetZeppelin schrieb:Und ja: auch in meinem Schädel geht es rein materiell zu: der „Geist“, der Gedanke ist die intellektuelle Form der Äußerung des Gehirns; die Seele ist die innere Verfasstheit, die psychologische Form; mein Verhalten, meine soziale Identität ist die soziologische Form. Meine Ethik ist die Folge meines Wissens: selbst die Fliege, die nervt, muss nicht unbedingt getötet werden! Sie ist, wie ich, Teil des Kosmos, der zusammenhängenden Materie.
Ja, das ist auch ein interessanter Punkt, muss man Fliegen töten? Wenn man auf dem Land lebt, und auf einmal viele 100 ankommen, weil ein Bauer was gemacht hat, dann ja, es geht nicht anders, die scheißen Dir alles zu, übertragen Krankheiten, es geht nicht wirklich anders. Aber vermutlich meinst Du das Gefühl, und ja, ich rette jeden Regenwurm, wenn es mir möglich ist, ich fahre mit dem Auto nicht über Schnecken, wenn möglich, ich achte das Leben an sich. Nur bei Blutsaugern und Fliegen gibt es eine "Sonderregel", aber sonst, ich kam man aus dem Garten und lag später schon im Bett und hatte einen ganz winzig kleinen Käfer auf dem Arm, kein mm groß. Und ja, bin aufgestanden und habe den aus dem Fenster geworfen, er wird überlebt haben. Eventuell ist auch das eine Kraft aus dem Kosmos selbst, diese Wissen, man tötet nicht einfach so.
LetZeppelin schrieb:Durch die Geburt meiner Tochter nahm ich die Märchenbücher aus meiner Kindheit auf, die sich zur Beschäftigung mit Mythen, Religionen, Riten und schließlich mit dem Menschen selbst entwickelte. Hier kam ich auf den Begriff Spiritualität und frage mich, ob sie zwingend transzendent sein muss … ?
Tja, was ist transzendent und was noch nicht? Ich komme am Ende noch mal auf den Punkt zu sprechen.
Leilan schrieb:So muss man die Gegenfrage ja aufstellen, ob der Materialismus Spiritualität sei. Spiritualität aber bedeutet Geistigkeit und aus ihr heraus war im Anfang das Wort (nicht: am Anfang). Damit beginnend wird eine Entwicklung des Menschen und seiner Welt beschrieben.
Das Gotteswort ist bildend, verlebendigend, Bewusstsein und Selbstbewusstsein hervorbringend, was man vielleicht leichter verstehen kann, wenn es mit dem menschlichen Wort verglichen wird, denn es kann auf das Empfinden und Denken anderer wirken.
Es kann bildend und verlebendigend (und zerstörerisch) auf das Seelische wirken. Die seelisch-geistige Verfassung eines Menschen wirkt in seiner physischen Umwelt.
Du, alles ganz nett, aber ich bin mal der Meinung,
@LetZeppelin und auch kein anderer hier aktuell im Thread, ist auf der Suche nach "Gott" oder Deinen Vorstellungen und Erklärungen dazu. Es ist recht klar mehr eine philosophische und sicher keine theologische Diskussion hier. Und es wurde ja schon geschrieben, wie man sich so gegenüber der Bibel und der Kirche positioniert, so wie ich Deine Beiträge kenne, hast Du da eine andere Position.
kaktuss schrieb:Deine Suche nach einer spirituellen, naturwissenschaftlichen Sichtweise ist paradox da spirituell genau etwas anderes meint als die naturwissenschaftliche Sichtweise sucht ... Spirituelles wird niemals erkannt werden können ... und sein Weltbild auf das erkennbare reduzieren ist vernünftig
LetZeppelin schrieb:.... und genau das bezweifele ich. Muss Spiritualität zwingend die Rationalität ausschließen? Wenn ja, ist die Wiki-Spiritualität eben nicht mein Ding und ich muss mir meine eigene bauen ...
Und hier passt es, ich denke nicht, dass Spiritualität die Rationalität ausschließen muss, man sollte sie nur hart gegen krasse Esoterik abgrenzen, also Astro-TV und das ganz Zeug auf TikTok. Das ist so was von durchgeknallt, tut ganz sicher nicht gut.
Ich komme wie oben versprochen hier noch mal auf den Begriff "Transzendenz" zurück, also etwas überschreitet die Grenze unserer Erfahrung oder Erklärungsmöglichkeiten.
Und hier hab ich etwas, dass mich auch schon länger beschäftigt, der Zufall, und ja das kratzt am Transzendenten, weil es genau den Bereich berührst, wo unsere Begriffe und Modelle ins Leere greifen. Und beim Bewusstsein ist es ähnlich, wir können die neuronalen Prozesse beschreiben, aber das "Erleben" selbst entzieht sich (noch) der physikalischen Erklärung, also transzendiert es die bekannten Modelle.
Transzendenz beginnt also immer da, wo wir nicht mehr innerhalb des Rahmens von Empirie und Logik eine Antwort geben können, sondern nur noch Symbole, Hypothesen oder Glaubensbilder nutzen. Transzendent ist das, was jenseits von Erfahrung, Messung oder logischer Ableitung liegt und sobald wir mehr fragen, als die Welt uns zeigen kann, treten wir ins Transzendente. Also kurz, wenn Wissen endet und nur Deutung bleibt, beginnt Transzendenz.
So eben der Zufall, solange wir ihn physikalisch messen (Radioaktivität, Quantenfluktuation), bleibt er innerhalb der Physik. Sobald wir aber fragen, warum dieser Zufall überhaupt existiert oder woher er kommt, springen wir ins Transzendente.
Und auch Bewusstsein, solange wir neuronale Muster, Korrelationen und Funktionen beschreiben, sind wir in der empirischen Wissenschaft. Aber sobald wir fragen, warum sich das anfühlt wie etwas oder warum es überhaupt Erfahrung gibt, verlassen wir die Erfahrbarkeit und das ist Transzendenz.
Phänomen = immanent, Ursprung = transzendent.
Also transzendent wird es immer da, wo wir nicht mehr das Wie eines Phänomens fragen, sondern das Warum überhaupt.
Nun gut, viel mal eben wieder in einen Beitrag gedrückt, aber sollte passen. Und ja, aktuell begrüble ich schwer den Zufall, wundert mich, dass er in der Naturwissenschaft nicht viel stärker hinterfragt wird. Konkret die Nullpunktbewegung, ich bastle ja so an meinen eigenen philosophischen Konzept, so was wie "ich denke also bin ich" nur mehr und auch was mit LATEX, also mathematische Aussagen eben. Beginnend mit "Existenz", und aufbauen darauf. Und hier ist "Bewegung" ganz weit unten, ganz wichtig, ohne Bewegung keine Existenz, keine Veränderung, keine Wahrnehmung, kein Sein. Hier trifft Physik auf Philosophie, es wird transzendent, Nullpunktbewegung, es gibt nichts im Kosmos das still stehen kann. Und wir haben den Zufall, ich finde das an der Stelle echt spannend.