SLOGEEK schrieb:Für mich ist das v.a. eine Selbstinszenierung von kleinen Aktionismus-Gruppen, die sonst kaum Gehör finden. Sie vertreten sich selbst und nicht "die Schwarzen" und wollen maximale Aufmerksamkeit. Um das zu Erreichen wählen sie ein sehr unkreatives Mittel.
Das geht mir jetzt doch zunehmend auf den Geist:
Zahlreiche Vereine und Verbände der Black Community Deutschlands und Berlins entwicklungspolitische Organisationen fordern den Bezirk Berlin-Mitte zur Umbenennung der diskriminierenden „Mohrenstraße“ auf. Geehrt werden soll stattdessen eine bedeutende afrikanische oder Schwarze Persönlichkeit
Auf Einladung der AG Geschichte der Bezirksverordnetenversammlung von Berlin Mitte haben sich die Vertreterinnen und Vertreter des Zentralrats der afrikanischen Gemeinde in Deutschland mit mehr als 50 regionalen Mitgliedsverbänden und –vereinen, der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland sowie von mehr als 100 entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen aus Berlin für eine zeitnahe Umbenennung der Berliner „Mohrenstraße“ ausgesprochen.
@SLOGEEK @DerFremde @und-wer-auch-immer-noch
Rafft irgendwer von euch die markierten Worte nicht? Ich kann davor und danach auch noch blinkende Pfeile als Bilder einbinden, wenn das irgendwie hilft.
Der schon seit Jahren in der Kritik Schwarzer Menschen stehende Straßenname geht auf die Zeit des brandenburgisch-preußischen Kolonialismus (1683-1717) und der Verschleppung von fast 20.000 afrikanischen Versklavten durch die Brandenburgisch-Afrikanische-Kompagnie zurück. Die zu Beginn des 18. Jahrhunderts angelegte Straße wurde nach den ersten Schwarzen Berlinern - den oft als Minderjährige aus Westafrika entführten Dienern und Musikern am Hofe Friedrichs I. (reg. 1688-1713) - benannt. Bis heute wird dieser menschenverachtende Kontext gern geleugnet und Brandenburg-Preußens Handel mit Versklavten im Berliner Lehrplan nicht erwähnt.
[...]
Christian Kopp von Berlin Postkolonial sagt: „Es ist beschämend, dass in Berlin bis heute die Legende verbreitet wird, der Straßenname würde eine 1684 angeblich dort untergebrachte, hochgeschätzte Delegation von zahlreichen Afrikanern ehren. Wie lange will sich die Bundeshauptstadt der kritischen Auseinandersetzung mit ihrer direkten Beteiligung am Versklavungshandel noch entziehen?“
http://isdonline.de/pressemitteilung-bundesweiter-protest-gegen-die-berliner-m-strasse/@muscaria muscaria schrieb:Übrigens ist es wirklich interessant, wie oft (und von wem) hier das Wort "Neger" bemüht wird, um zu suggerieren, wie rassistisch das Wort "Mohr" doch ist. :D
Du kannst die Leute dann auch @en, wenn du über sie sprichst
:DAb dem 16. Jahrhundert galt „Mohr“ ausschließlich als Synonym für einen „Neger“, „Menschen mit dunkler Hautfarbe“, während der Maure fortan als solcher bezeichnet wurde. English Moor, italienisch und spanisch moro sowie französisch maure bewahrten dagegen die ethnische oder geographische Zuschreibung.
Als im 18. Jahrhundert der Ausdruck „Mohr“ zunehmend durch „Neger“ ersetzt wurde, entwickelte sich ein Gegensatz vom edlen Mohren einer noch vorkolonialen Vorstellungswelt und dem kolonialen primitiven Neger. Rassentheoretische Versuche, zwischen schwarzafrikanischen „Negern“ und „weißafrikanischen“ „Mohren“ zu differenzieren oder Völker Afrikas mithilfe der Hamitentheorie zu kategorisieren, sind heute obsolet. Die Bezeichnung „Mohr“ für einen Menschen dunkler Hautfarbe wird heute nur noch historisch verwendet. Wie auch der Ausdruck „Neger“ kann „Mohr“ als ein rassistisch diskriminierender Ausdruck verstanden werden.
Wikipedia: MohrIch weiß auch überhaupt nicht, warum man hier Raum für blöde Relativierungen und Verharmlosungen geben sollten (wie das hier am laufenden Band geschah) und warum man das nicht beim Namen nennen sollte.
Wie oft muss man sich hier damit auseinandersetzen, es seien "Mauren" gemeint bspw?
Hier noch ein Text von einer nicht existierenden Betroffenen:
Argument 1: Das Wort „Mohr“ ist nicht rassistisch oder als Abwandlung: Es ist doch gar nicht rassistisch gemeint, sondern rein historisch.
Der Begriff „Mohr“ ist ähnlich wie der Begriff „Neger“ rassistisch. Die Benutzung des Begriffs in Kunst und Kultur ändert daran nichts. Im Gegenteil, hier kommt die rassistische Verwendung sogar oft zum unmittelbaren Ausdruck. Ja, der Begriff „Mohr“ hat eine historische Bedeutung. Es wurde im Mittelalter und ab dem 18. Jahrhundert synonym mit „Neger“ benutzt. Der „Mohr“ als Wappenzeichen etwa wurde als Form der Demütigung des Islams benutzt.
[...]
Argument 3: Es gibt doch auch die Mohrenstraße in Berlin und die Mohren-Apotheke.
Na und? Seit wann macht mehrfaches Unrecht plötzlich Recht? (Zur auf die Verschleppung von Afrikaner zurückgehende Geschichte der Mohrenstraße in Berlin hier und hier)
Sprache formt unsere sozialen Beziehungen. Das wissen wir als Rechtswissenschaftler*innen doch besonders gut. Deshalb ist es auch so schmerzhaft für mich, dass die Veranstaltung im „Drei Mohren“ stattfand. Wir sollten uns nicht zu schade sein, auch eingeübten Formen von Alltagsrassismus die Stirn zu bieten. Alltagsrassismus meint z.B. die unreflektierte Benutzung etwa von Klischeebildern vom „schwarzen Kontinent“, vom schwarzen Mann mit dicken Lippen und Kulleraugen, Goldkettchen behangener Gangster oder lustiger Dummköpfe ohne Persönlichkeit und in den meisten Fällen als der Diener oder der Sklave des weißen Mannes (hier ein paar Bilder). Verbunden mit dieser Darstellung sind Eigenschaften der Untertänigkeit, Dummheit und Unterlegenheit. Wie wir während des Gala-Dinners überall sehen konnten, wurde auch im Steigenberger der Mohr als eben solcher Stereotyp dargestellt: Dicke Lippen, schwarz, keinerlei besondere identifikatorische Merkmale, die die drei Mohren unterschieden hätten.
https://www.juwiss.de/14-2015/-------
Und hier hab ich noch ein schönes Beispiel, dass die guten "Mauren" von Rassimus in keinster Weise betroffen waren:
Nach seinem Tod durch Schlaganfall im Jahr 1796 fertigte der Bildhauer Franz Thaler eine Totenmaske von Solimans Kopf. Seine inneren Organe wurden bestattet, seine Haut wurde präpariert und bis 1806 im Kaiserlichen Naturalienkabinett als halbnackter Wilder mit Federn und Muschelkette ausgestellt. Ob Soliman zur „publikumswirksamen Überlassung seiner Haut“ durch Freunde veranlasst wurde und ob sein Wunsch, „dass man sich später an ihn erinnern würde“, eine Rolle für seine angebliche Entscheidung spielte, seine Haut zu spenden und zur Präparierung zu überlassen,[4] ist stark umstritten (pro: Monika Firla; contra: Walter Sauer, Erich Sommerauer, Iris Wigger, Katrin Klein, Verena Moritz).[5][6] Seine Tochter, Baronin Josephine von Feuchtersleben, protestierte gegen die Ausstellung ihres toten Vaters als Kuriosität und bemühte sich vergeblich um die Rückgabe und christliche Bestattung der Leichenteile.
Und zum Abschluss können wir noch ein bißchen Shakespeare lesen und uns von der völlig neutralen Wortbedeutung überzeugen:
Für William Shakespeares Theaterstück Othello, der Mohr von Venedig, etwa 1603/04 geschrieben, wurde auf eine Verbindung zu griechisch μωρός moros ‚„stumpf; töricht, dumm“ hingewiesen.[
Wikipedia: Mohrhttps://books.google.ch/books?id=qbqXAwAAQBAJ&pg=PA255&hl=de#v=onepage&q&f=falseWenn das Blut durch den Genuß abgekühlt ist, dann bedarf es, um sich aufs neue zu entflammen und der Sättigung neue Begier zu wecken, Anmut der Gestalt, Übereinstimmung in Jahren, Gesittung und Schönheit; und an dem allem fehlts dem Mohren. Nun, beim Mangel aller dieser ersehnten Annehmlichkeiten wird ihr feiner Sinn sich getäuscht fühlen; sie wird des Mohren erst satt, dann überdrüssig werden und endlich ihn verabscheuen; die Natur selbst wird sie anleiten und sie zu einer neuen Wahl treiben. Nun, Freund, dies eingeräumt - wie es denn eine völlig überzeugende und ungezwungne Voraussetzung ist -, wer steht wohl so gewiß auf der Stufe dieses Glücks als Cassio, ein Spitzbube, sehr gewandt und gewissenhaft nur so weit, als er die äußere Form eines sittsamen und gebildeten Betragens annimmt, um seine lockern, geheimen, wilden Neigungen um so leichter zu befriedigen? - Nein, keiner! Keiner! Ein glatter, geschmeidiger Spitzbub; ein Gelegenheitshascher, dessen Blick Vorteile prägt und falschmünzt, wenn selbst kein wirklicher Vorteil sich ihm darbietet; ein Teufelsspitzbub! Außerdem ist der Spitzbub hübsch, jung und hat alle die Eigenschaften, wonach Torheit und grüner Verstand hinschielen: ein verdammter, ausgemachter Spitzbub, und die Frau hat ihn schon herausgefunden!
http://www.william-shakespeare.de/othello1/othello.htm