15.05.1859
Mein alter Forenkumpel Ayashi hat mich doch vor Kurzen an diesen Thread erinnert, der es unbedingt verdient hat, wieder mal auf Seite 1 zu landen.
:)Und da der 14. Mai aus wissenschaftshistorischer Sicht bisher eher bedeutungslos war, habe ich mir den 15. Mai vorgenommen, und bin tatsächlich fündig geworden.
Heute Morgen vor genau 166 Jahren erblickten viele Männer das Licht der Welt, aber nur einer von ihnen sollte später ein Geheimnis lüften, welches mich heute Morgen veranlasst hat, darüber zu berichten.
Tja, wo fängt man da am besten an? Ich denke die folgende Animation ist ein guter Einstieg:
QuelleAlso, erkennt schon jemand, worum es heute gehen wird? Kleiner Tip: Es geht nicht um die Gummipuffer-Blöcke, die man häufig bei LKWs beobachtet.
Nein, wie man glasklar erkennen kann, geht es heute um Knochen, genauer gesagt um Knochen, die als Kraftsensoren fungieren. Und bevor ich mich jetzt noch weiter verzettele, beginne ich lieber ganz von vorn, also am 15.05.1859.
Mitten in der Zeit des Zweiten Französischen Kaiserreichs, die von großen politischen, wirtschaftlichen und infrastrukturellen Umbrüchen geprägt war, brachte die Fabrikantentochter Sophie-Claire Depouilly in Paris einen gesunden Jungen zur Welt, dem sie den Namen Pierre gab. Selbst der Vater, Eugène Curie, ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sein zweiter Sohn einmal einen Physiknobelpreis bekommen wird.
Oh ... spätestens jetzt werden einige aufmerksame Leser dieses Threads sicher denken ... ´Curie? Da war doch mal was´... genau, da war auch mal was. Die Familie Curie war hier schon oft das Thema, zurecht wie ich finde, bisher aber nur in Bezug auf den ganzen pfui bähhh Strahlenkram und das Radium-Zeugs.
Heute soll es mal um was ganz anderes gehen, nämlich um Knochen. Wobei das mit den Knochen erst später heraus kam. Es geht vielmehr um einen Effekt, der bei Knochen wie auch bei einigen anderen Festkörpern beobachtet werden kann, nämlich den sog. Piezo-Effekt.
Grob kann man diesen Effekt wie folgt beschreiben: Wird ein Körper mit piezoelektrischen Eigenschaften plastisch verformt, verlagert sich der positive und der negative Ladungsschwerpunkt, so dass ein elektrischer Dipol mit einer Potentialdifferenz entsteht, die im deutschsprachigen Raum auch als elektrische Spannung bezeichnet wird.
Dieser direkte Effekt ist übrigens auch umkehrbar, d.h. legt man außen eine elektrische Spannung an, verformt sich der Körper entsprechend. Ob das jetzt auch etwas mit den zuckenden Froschschenkeln von Luigi Galvani und Alessandro Volta zu tun hat, vermag ich jetzt nicht zu sagen (da könnte sich ja mal jemand mit befassen, und einen qualitativ und quantitativ hochwertigen Beitrag zu verfassen
:D).
Na jedenfalls sollte es noch bis 1957 dauern, bis man diesen Effekt auch bei Knochen feststellte.
Biologisches Gewebe
Ein piezoelektrischer Effekt wurde 1957 für Knochen entdeckt. Diese reagieren piezoelektrisch auf Belastungen. 1967 wurde auch für die weichen Gewebsarten Haut, Bindegewebe und Knorpel ein piezoelektrischer Effekt nachgewiesen.Insbesondere reagieren Kollagenfibrillen und -fasern piezoelektrisch auf Druck, Zug und Torsion. Die Aorta ist hingegen nach gegenwärtiger Erkenntnis nicht piezoelektrisch.
Das heißt, der Knochenaufbau wird direkt von mechanischen Belastungen beeinflusst, in dessen Folge elektrische Impulse für ein verstärktes Wachstum sorgen. Ich geb ehrlich zu, das kannte ich so bisher noch nicht...
:)Ich rate übrigens dringend davon ab, jetzt an den eigenen oder auch an Fremdknochen herumzubiegen, sooo einfach ist es nun auch wieder nicht
:DUnd nochmal Danke für diese Erkenntnis an Pierre Curie (* 15. Mai 1859 in Paris; † 19. April 1906 ebenda)
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