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Jura, Kriminologie und Kriminalistik

196 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Jura, Kriminologie, Kriminalistik ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Jura, Kriminologie und Kriminalistik

06.08.2015 um 10:27
@woertermord

Das ist ganz einfach. Das Gericht, immerhin ja mehrere Richter, hat den gesamten Prozess erlebt. Die tobende Allmygemeinde im thread und die Bild-lesende Gemeinde draussen hat das nicht.

Bei Notwehr und Nothilfe kommt es im Prinzip darauf an, glaubwürdig zu sein. Erfahrene Richter werden schon skeptisch sein, wenn wegen Mordes Angeklagte behaupten in Notwehr gehandelt zu haben. Die Richter wissen, dass die Opfer nicht mehr direkt aussagen können.

Obwohl eigentlich die Schuld nachgewiesen werden muss, ist ein Angeklagter somit praktisch in der Lage, dass er die Notwehrsituation glaubhaft nachweisen muss. Das ist gar nicht so einfach, und daher gibt es auch nicht viele Freisprüche.

In diesem Fall hat das Gericht offensichtlich so viele Zweifel an der Darstellung der Staatsanwaltschaft gehabt, dass es den Angeklagten die Notwehrsituation abnimmt. Der vorsitzende Richter hat das ja auch klar gesagt: es war nicht zu widerlegen, und im Zweifel muss man für den Angeklagten sprechen.

Dabei fliesst alles in so eine Glaubwürdigkeitsprüfung ein: die Darstellung der Angeklagten, der Staatsanwaltschaft, die Zeugen, die Opfer und ihre Persönlichkeit, die Angeklagten und ihre Persönlichkeit, ihr Auftreten vor Gericht etc.

Und aus diesem Grund kann jemand, der dem Prozess nicht die gesamte Zeit beigewohnt hat, sich auch kein Urteil darüber erlauben, ob die Richter hier richtig oder falsch geurteilt haben. Rein theoretisch-juristisch stellt die Einlassung der Angeklagten durchaus eine Notwehrsituation/Nothilfesituation dar. Mehr kann ich nicht sagen, denn ich war beim Prozess nicht dabei. Und nur diejenigen die dabei waren, können über die Glaubwürdigkeit urteilen.


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06.08.2015 um 10:47
@Rick_Blaine
Hast du auch meinen verlinkten Beitrag gelesen? Es wurde die Aussage "Ich war wie im Blutrausch" von einem Angeklagten getätigt, in dem Moment wo er nicht mehr gewürgt wurde und trotzdem weiter eingestochen hat, sein Vater zudem bewaffnet.
Die Notwehrsituation kann glaubhaft sein, aber ab diesem Punkt ist sie es für mich nicht mehr bzw frage ich mich deshalb auch, ob ich mir nicht ganz im klaren darüber bin was Notwehr bedeutet. Gerade weil ich auf die Justiz vertraue und meine nicht den nötigen Einblick in den Fall zu haben.


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06.08.2015 um 10:49
Hier ein Link zu JuraForum betreffend Notwehrexzess, der für den Einen oder Anderen von Interesse sein könnte:
http://www.juraforum.de/lexikon/notwehrexzess
Da es ein längerer Artikel ist, unterlasse ich es mal, den Artikel selbst hier einzustellen.


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06.08.2015 um 11:01
das wird auch damit zu tun haben dass das opfer schon eine Vorgeschichte bei der polizei hatte.


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06.08.2015 um 11:56
@Seefahrer
Danke, das erklärt einiges!


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06.08.2015 um 20:07
@Syrah

das kann damit normalerwiese nichts zu tun haben!


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07.08.2015 um 09:24
Zitat von osttimorosttimor schrieb:das kann damit normalerwiese nichts zu tun haben!
Im Normalfall vermutlich nicht, im Einzelfall evtl. schon, das kommt dann auf die Umstände an. Strafrechtsurteile sind immer Einzelfallentscheidungen.


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08.08.2015 um 09:48
Natürlich hat das Urteil damit zu tun. Das liegt auf der Hand. Und was kam raus? Freispruch. Und dann soll es nicht damit zu tun haben @osttimor ?
Irgendwo hab ich sogar gelesen dass das Urteil auch damit begründet wurde.


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Jura, Kriminologie und Kriminalistik

08.08.2015 um 15:49
@Syrah

ich kenne den fall nicht, nur den hier geposteten beitrag.
aber in der theorie darf sowos nicht mit einfließen. vor allem wenn es auch anzeichen für einen notwehrexzess gibt.

vl ist das jedoch wieder etwas anders in deutschland und @Rick_Blaine kann bei zeiten wieder licht ins dunkel bringen! :D


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Jura, Kriminologie und Kriminalistik

08.08.2015 um 17:47
Zitat von osttimorosttimor schrieb:aber in der theorie darf sowos nicht mit einfließen. vor allem wenn es auch anzeichen für einen notwehrexzess gibt.
Gerade dann. Und ich verstehe nicht, was der Hinweis auf ein Notwehrexzess bedeutet. Der bleibt - wenn ein solcher vorliegt - auch straffrei. Und genau hier ist - da es gerade keine Zeugen gibt und man auch entlastende Umstände zu berücksichtigen hat, eine solche Vorgeschichte zu berücksichtigen.


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08.08.2015 um 19:32
Im Normalfall bleibt das unberücksichtigt. Es handelt sich um einen notwehrexzess und dieser führt zur Straflosigkeit. Auf Vorstrafen des Opfers kommt es doch nicht an.


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Jura, Kriminologie und Kriminalistik

08.08.2015 um 19:36
@Purgatory2015
Wie schon hier erwähnt wurde, finde ich schon, dass es auf Vorstrafen ankommen kann, wenn es sich um Gewaltdelikte handelt. Nicht um das Opfer irgendwie abzuwerten, sondern um einschätzen zu können, ob die Gewaltbereitschaft, die die beiden Opfer an den Tag gelegt haben sollen, realistisch ist.


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08.08.2015 um 19:40
@woertermord
Inwiefern? Eine Straffreiheit folgt bereits aus den geschilderten Umständen. Wenn das Gericht diese als plausibel erachtet erfolgt ein Freispruch. Dabei ist es dann irrelevant ob das Opfer mehrfach aufgefallen ist oder nicht.


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08.08.2015 um 19:52
entweder reden wir hier aneinander vorbei oder es gibt mal wieder einen unterschied zwischen österreich und deutschland.
in österreich:
3.1. Notwehrexzess:

Der Exzess ist die Überschreitung der zulässigen Notwehr. Von Notwehrexzess sprechen wir nur, wenn objektiv eine Notwehrsituation vorliegt und in Anbetracht der Umstände der Täter das gerechtfertigte Maß der Verteidigung überschritten hat. Liegt der Angreifer am Boden ist die Notwehrsituation sowohl objektiv als auch subjektiv vorbei. Nachtreten oder Ähnliches, das zu einer weiteren Körperverletzung führt fällt nicht mehr unter Notwehr, also auch nicht unter einen in Notwehr begangenen Exzess. In diesem Fall haftet der Täter uneingeschränkt nach dem Delikt.



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08.08.2015 um 19:55
@Purgatory2015
Inwiefern? Um einschätzen zu können, ob diese geschilderten Umstände von den Angeklagten überhaupt so stattfinden konnten bzw wie wahrscheinlich es ist, dass die beiden Opfer von sich aus so aggressiv vorgegangen sind, und es überhaupt zu dieser Situation gekommen ist.

@osttimor
Wir reden von Notwehrexzess in Deutschland. Ja, da gibt es einen erheblichen Unterschied wie ich gerade sehe. lese mal den Link von @Seefahrer


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Jura, Kriminologie und Kriminalistik

08.08.2015 um 19:58
Zitat von Purgatory2015Purgatory2015 schrieb:Eine Straffreiheit folgt bereits aus den geschilderten Umständen. Wenn das Gericht diese als plausibel erachtet erfolgt ein Freispruch.
In dem vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob das behauptete Geschehen der Angeklagten realistisch war oder nicht, sprich ob Notwehr vorlag. Und in einem solchen Fall kann es eben auch darauf ankommen, ob die Opfer schon in ähnlichen Fällen mit der Drohung und evtl. Anwendung von Gewalt nicht abgeneigt waren. Meist sind solche Notwehrbehauptungen Schutzbehauptungen, aber ein Gericht kann es eben als solche nie von vornherein annehmen. Wenn sich die Darstellung der Angeklagten dann halbwegs decken, aus den vorgefundenen Verletzungen einen Notwehr nicht auszuschließen war wird bei der Plausibilitätsbetrachtung die Vorgeschichte der Opfer nicht ganz ausgeblendet werden können.


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Jura, Kriminologie und Kriminalistik

08.08.2015 um 20:00
Also sprich, wenn mich jm angreift, der nie auffällig geworden ist und ich mich dadurch in einer notwehrlage befinde, wird das Gericht eine solche Situation für unwahrscheinlich erachten? Die Vorgeschichte des Opfers hat zumindest in einem solchen Fall keine ausschlaggebende Wirkung.

Ist im vorliegenden Fall überhaupt ein notwehrexzess oder Notwehr vom Gericht festgestellt worden?


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Jura, Kriminologie und Kriminalistik

08.08.2015 um 20:01
@woertermord

ich weiß, dass es um deutschland geht! :)
ich hab ihn mir schon durchgelesen und war danach eben sehr verwirrt. :D
das deutsche vokabular ist mehr als irreführend, wie man am unten genannten beispiel (OLG koblenz) sieht. es liegt KEINE notwehrlage vor und dennoch IST es ein notwehrexzess?
wie passt das sprachlich zusammen?!?


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Jura, Kriminologie und Kriminalistik

08.08.2015 um 20:03
Ich sage ja nur dass es in erster Linie um die Plausibilität des gelten gemachten Umstandes (Notwehrlage) geht. Dass aus diesem Faktum der Freispruch erfolgt ist und dass dieser nicht primär auf die Vorgeschichte des Opfers bezogen ist.


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Jura, Kriminologie und Kriminalistik

08.08.2015 um 20:25
Dass die Angeklagten freigesprochen wurden, heißt ja auch nicht, dass den Angeklagten geglaubt wurde. Es konnte nur nicht ausgeschlossen werden, dass die Handlungen in Notwehr erfolgt sind.

Und das dabei die Möglichkeit eines Notwehrexzesses in Betracht gezogen wurde denke ich auf jeden Fall. Auf Grund eines medizinischen Gutachtens z.B:

http://www.maintaltagesanzeiger.de/mt_20_110916354-29_Fall-Klock-Psychiater-bringt-Affekthandlung-ins-Spiel.html


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