Kriminalfälle
Menschen Wissenschaft Politik Mystery Kriminalfälle Spiritualität Verschwörungen Technologie Ufologie Natur Umfragen Unterhaltung
weitere Rubriken
PhilosophieTräumeOrteEsoterikLiteraturAstronomieHelpdeskGruppenGamingFilmeMusikClashVerbesserungenAllmysteryEnglish
Diskussions-Übersichten
BesuchtTeilgenommenAlleNeueGeschlossenLesenswertSchlüsselwörter
Schiebe oft benutzte Tabs in die Navigationsleiste (zurücksetzen).

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

1.478 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Making A Murderer, Steven Avery, Brendan Dassey ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

12.12.2018 um 23:22
@Seps13

http://www.stevenaverycase.org

Hier alle Unterlagen.

Anzeige
melden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 07:08
@stefanclimbr15


Ich muss sagen: Deine Beiträge sind ausführlich, rund und konsistent. Alles ist weitgehend erklärt, die Motivation der Protagonisten ist offensichtlich und du bist in der Lage, die wesentlichen Aspekte deiner Theorien mit fundierten Detailkenntnissen zu untermauern.

Genau das sind aber Merkmale, GUTER Verschwörungstheorien: Da passt alles zusammen, sie sind rund, es bleiben keine Lücken, keine Ungereimtheiten, die Rollen sind klar verteilt und darüber hinaus passt sich das Gesamtnarrativ nahtlos in das bestehende Weltbild breiter Bevölkerungsgruppen ein. Verschwörungstheorien sind nicht deshalb so beliebt weil die Leute gerne Verschwörungen haben, sondern weil sie geistig leicht zu schlucken sind und wenig eigene Anstrengungen erfordern - man hat es gern kommod. Und du lieferst deinem dankbaren Publikum in dieser Hinsicht eine bis ins Detail ausgearbeitete Komplettlösung, die keine Fragen offen lässt.

Das Ganze funktioniert aber eben nur dann, wenn man die Grundannahmen nicht hinterfragt auf denen deine Erzählung beruht. Und dazu bin ich nicht so ohne weiteres bereit. Ich bezweifle bereits, dass die Ermittler des ersten Verfahrens damit rechnen mussten in einem Zivilverfahren verklagt zu werden. Und selbst wenn das der Fall gewesen wäre, bezweifle ich dass die Ermittler das Risiko eines weiteren Zivilverfahrens eingehen würden, wegen Manipulation von Beweisen. Und selbst wenn sie das getan hätten bezweifle ich entweder dass 2 Personen in der Lage sind Beweise spontan so zu manipulieren dass sich zig andere unabhängige Prozessbeteiligte erfolgreich davon täuschen lassen, oder aber dass eine Verschwörung fast aller Prozessbeteiligter überhaupt so lange funktionieren kann (denn eines von beiden müsste zutreffen).

Mein Hauptargument gegen die behauptete Verschwörung bleibt, dass es sehr unwahrscheinlich ist dass entweder 2 Personen 20+ andere unabhängige Prozessbeteiligte so erfolgreich täuschen können, oder dass knapp 25 Personen unter einer Decke stecken. Alles schonmal vorgekommen, aber die Tatsache dass wir davon wissen dass es schon mal vorgekommen ist belegt doch gerade, wie schwierig so etwas ist. Denn in den Fällen von denen wir wissen, ist es ja eben nicht gelungen.


melden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 09:51
@falstaff: Ein treffender Beitrag.
Kennzeichen einer VT ist, dass sie nie bewiesen werden kann und dass es bei einem VT-geeigneten Sachverhalt für jedes Argument ein Gegenargument gibt. Zu jedem "das kann doch gar nicht sein" gibt es ein "das andere aber genauso wenig". Das scheint mir hier der Fall zu sein, wie man gut an @Simi96 und @stefanclimbr15 erkennen kann, die beide offenbar gleichermaßen mit den Details vertraut sind.

Ich stelle auch fest, dass es für die Bewertung ganz oft ausschlaggebend ist, wie man in so einen Fall oder eine Verschwörungsgeschichte einsteigt.

Mag sein, dass "Guilter" tatsächlich ein dominantes Skepsis-Allel haben und ich zugeben muss, von meiner Grundeinstellung her ein Guilter oder zumindest Skeptiker zu sein, aber ich habe in den Fällen, in denen ich nach längerer Einarbeitung davon überzeugt bin, dass die Täter wider Erwarten doch nicht unschuldig vom Staat gefangen gehalten werden, nie die Täterseite zuerst gehört.

Der erste Eindruck beeinflusst ungemein. In diesem Fall habe ich als Erstes einen Beitrag von @falstaff
und dann den Begriff "Guilter" gelesen. Und schwupps hab ich mich in einer bestimmten Ecke wiedergefunden. Hätte ich die Beiträge von @stefanclimbr15 zuerst gelesen oder diese Doku gesehen - ich wäre sicher geneigt gewesen, meine grundsätzliche Guilter-Haltung zugunsten der Gegenposition-ohne-Bezeichnung zu überdenken.

Es scheint mir hier wie im Fall Jens Söring zu sein. Avery hat einfach bei allen Indizien das Glück, dass sie VT-geeignet sind. Nun muss man die VT glauben wollen oder eben nicht.


8x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 10:21
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Der erste Eindruck beeinflusst ungemein. In diesem Fall habe ich als Erstes einen Beitrag von @falstaff
und dann den Begriff "Guilter" gelesen. Und schwupps hab ich mich in einer bestimmten Ecke wiedergefunden. Hätte ich die Beiträge von @stefanclimbr15 zuerst gelesen oder diese Doku gesehen - ich wäre sicher geneigt gewesen, meine grundsätzliche Guilter-Haltung zugunsten der Gegenposition-ohne-Bezeichnung zu überdenken.

Es scheint mir hier wie im Fall Jens Söring zu sein. Avery hat einfach bei allen Indizien das Glück, dass sie VT-geeignet sind. Nun muss man die VT glauben wollen oder eben nicht.
Das, denke ich, ist ein Teil des Problems. Die allermeisten hier kennen nur die sehr einseitige Darstellung der Netflix Serie. Und viele sind einfach generell bereit, den Behörden erst einmal alles Böse dieser Welt zu unterstellen, ohne sich einmal zu fragen, ob das alles überhaupt Sinn macht. Sie wollen gerne die VT glauben.

Wenn man sich aber mal sine ira et studio, wie wir Juristen sagen, an die einzelnen Indizien heranwagt und jede Darstellung, von beiden Seiten erst einmal hinterfragt, dann ist die Darstellung der Verteidigung gar nicht mehr so überzeugend und klar. Und die Parallele zum Söring Fall kommt nicht von ungefähr: je länger man einer einseitigen Berichterstattung ausgesetzt ist ohne sich den Fall einmal von der anderen Seite aus anzuschauen, desto mehr glaubt man dann den Verurteilten.

Na ja, ich schau' mir das Ganze an und schüttele immer mal mein weises Haupt :) :)


1x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 11:13
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:je länger man einer einseitigen Berichterstattung ausgesetzt ist ohne sich den Fall einmal von der anderen Seite aus anzuschauen, desto mehr glaubt man dann den Verurteilten.
Dagegen wurde ja schon mal das Argument angeführt, dass auch die Prozessakten sowie Verhörvideos vollständig im Netz verfügbar seien. Darüber hinaus sind amerikanische Prozesse generell transparenter und werden nicht selten sogar komplett auf spezialisierten TV-Sendern wie Court-TV übertragen.

Nur: Es spielt eben auch eine Rolle, in welcher Form die Informationen vorliegen. Die Prozessakten sind Rohdaten, deren Sichtung und Beurteilung eine Geduld und juristische Expertise erfordert, die die Fähigkeiten der meisten Laien (mich eingeschlossen) weit übersteigt. Die Doku auf Netflix hingegen, bietet die Informationen in mundgerecht aufbereiteten Portionen dar, zum Teil sogar regelrecht vorgekaut. Damit kommen die meisten Menschen besser klar und auch ich fand die Doku spannend und unterhaltsam. Darüber hinaus zeigt sie fast zur Hälfte Ausschnitte aus dem beschwerlichen Leben der Avery-Familie, die in den meisten Menschen (wiederum inklusive mir) automatisch Mitgefühl auslösen. Es ist offensichtlich, dass die Averys und insbesondere Brandon nicht gerade privilegiert sind...

Wenn man also darüber diskutiert ob es möglich ist sich hier eine ausgewogenen Meinung zu bilden, muss man auch berücksichtigen in welcher Form die Informationen zugänglich sind. Was die Darbietung und Aufbereitung des Materials geht, hat die Verteidigerseite mit ihrem Netflix-Auftritt jedenfalls einen immensen Vorteil. Nicht zuletzt auch, weil die Staatsanwaltschaft nicht die Ressourcen hat den Argumenten der Verteidigung mit einem ähnlichen Format auf Netflix entgegenzutreten.


1x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 11:41
Zitat von falstafffalstaff schrieb:Dagegen wurde ja schon mal das Argument angeführt, dass auch die Prozessakten sowie Verhörvideos vollständig im Netz verfügbar seien. Darüber hinaus sind amerikanische Prozesse generell transparenter und werden nicht selten sogar komplett auf spezialisierten TV-Sendern wie Court-TV übertragen.
Zitat von falstafffalstaff schrieb:Wenn man also darüber diskutiert ob es möglich ist sich hier eine ausgewogenen Meinung zu bilden, muss man auch berücksichtigen in welcher Form die Informationen zugänglich sind. Was die Darbietung und Aufbereitung des Materials geht, hat die Verteidigerseite mit ihrem Netflix-Auftritt jedenfalls einen immensen Vorteil. Nicht zuletzt auch, weil die Staatsanwaltschaft nicht die Ressourcen hat den Argumenten der Verteidigung mit einem ähnlichen Format auf Netflix entgegenzutreten.
Ganz genau. Übrigens gibt es court-TV schon lange nicht mehr in der Form, in der es bekannt wurde. Man ist, was die übertragung von Prozessen angeht wieder etwas skeptischer geworden, vor allem nach dem unsäglichen Jodie Arias Prozess.

Aber das ist eben der Punkt: in der Doku werden so viele Dinge gezeigt, die juristisch keinen anderen Wert haben, als Emotionen hervorzurufen. Nach meinem Gefühl sind 90% der Zeit einer MoaM Episode solches Füllmaterial: zum hundertsten Mal wird man Zeuge einer komplett belanglosen Konversation zwischen Avery und seinen Eltern usw usw.

Im echten Prozess ist es genau umgekehrt: all das hat dort gar keinen Platz und würde nach den Beweisregeln hier als "irrelevant" nicht zugelassen, denn all das spielt bei der Frage der Schuld keine Rolle. Und da sieht man schon einen Unterschied. Viele fragen sich, wie konnte denn die Jury diesen so lieben Sohn aus dieser armen, aber ehrlichen und hart arbeitenden Familie nur verurteilen... usw. Das ist die falsche Fragestellung.

Es wäre ein Traum für mich als Strafverteidiger, wenn ich in einem Prozess oder auch nur in einem Revisionsverfahren eine stundenlange Dokumentation erstellen könnte, die dann Jury oder Richtern vorgeführt wird. Am besten noch, wenn die Anklage das nicht kann.

Aber so ist es im richtigen Leben nicht. Da geht es um ganz andere Dinge. Deshalb ist auch der Hinweis auf die Prozessakten nicht ganz korrekt: diese sind nun einmal ganz anders zu lesen. Diese sind weitgehend emotionslos. Trockene Fakten, in der Regel überwiegend wissenschaftliche Details, hervorgebracht von professionellen Zeugen, die ohne Emotionen berichten und oft genug alle anderen fast zum Einschlafen bringen. Deren Aussage und Erkenntnisse aber immens wichtig sind, denn sie können das Schicksal des Angeklagten entscheiden.

In einem, man würde es in Deutschland Wiederaufnahmeverfahren nennen, Verfahren das ich letzlich geführt habe, mussten wir die Richter mit über 8 Stunden trockenster Biologie konfrontieren, vorgebracht von 3 Professoren, die sich demonstrativ zu Beginn ihrer Aussage erst mal die Lesebrille korrekt auf die Nase setzen. Und die Generalstaatsanwaltschaft hat dann auch noch mal zwei Wissenschaftler aufgeboten. Mir taten die Richter fast Leid :)

In der Netflix Darstellung geht das ganz anders: da sieht man ganz spannend, wie unglaublich cool die Verteidigung atemberaubende Feststellungen trifft: wow, man darf mal einen Blick auf die Aufnahmen unter dem Mikroskop werfen, man darf mal schnell Jury spielen und nicken, ja, genau, da, die linke Aufnahme von der Pistolenkugel sieht aus wie die rechte, jawohl, das alles in 18 Sekunden. Und dann fühlt man sich gut. Man kann sogar die Anwältin schiessen sehen, supercool.

Es ist einfach anders. Ich habe selbst noch keine Meinung zum Thema, ob Avery den Mord begangen hat oder nicht, da ich noch nicht genug Zeit hatte, mir alles anzuschauen und durchzulesen. Ich bin zusehr mit meinen eigenen Fällen beschäftigt, die nicht weniger spannend sind. Aber mir ist aufgefallen, dass die Dramaturgie nicht viel Spielraum lässt, die Dinge eigenständig zu bewerten. Man bekommt die Bewertung von Frau Zellner vorgesetzt, in der Regel mit dem zustimmenden Nicken ihrer Assistenten und der Familie Avery, und das war's dann. Zeit zum eigenen Reflektieren der doch oft gewaltigen Aussagen ist gar nicht eingeplant in der "Doku." Und das hat Methode, wo sie doch sonst sehr sehr langatmig ist.

Um das zu verdeutlichen: man denke nur noch mal über die Aussagen zur ominösen Kugel nach. Da wird eine ganz bestimmte Theorie dargestellt, als ob es gar keine Alternativen gibt.


2x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 11:44
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Aber das ist eben der Punkt: in der Doku werden so viele Dinge gezeigt, die juristisch keinen anderen Wert haben, als Emotionen hervorzurufen. Nach meinem Gefühl sind 90% der Zeit einer MoaM Episode solches Füllmaterial: zum hundertsten Mal wird man Zeuge einer komplett belanglosen Konversation zwischen Avery und seinen Eltern usw usw.
Die ständige Erwähnung der Tonnen an Liebes- und Unterstützerbriefen die die beiden regelmäßig bekommen, soll offenbar auch suggerieren: "So viele Leute können sich doch nicht irren!".

Man muss der Doku allerdings zu Gute halten, dass auch die gescheiterte Beziehung zu Averys Ex behandelt wurde, die sich offenbar von ihrem "Teddybär" bedroht fühlte.


melden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 11:47
@falstaff
Oh ja, die Doku ist schon professionell gemacht. Die Macher geben ja auch von Anfang offen zu, welcher Überzeugung sie sind: sie sind klar der Meinung, dass Avery unschuldig ist. Und sie versuchen schon, Avery in verschiedenen Facetten zu zeigen. Diese Doku ist weit ehrlicher als z.B. die Berichterstattung über Soering, der ja immer als männliche Mutter Theresa dargestellt wird.

Aber sie spielt eben, wie es eine Unterhaltungssendung nun mal soll, in erster Linie auf der emotionalen Ebene.


melden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 11:48
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Man bekommt die Bewertung von Frau Zellner vorgesetzt, in der Regel mit dem zustimmenden Nicken ihrer Assistenten und der Familie Avery, und das war's dann.
Ihr Umfeld wirkt auf mich regelrecht devot. Klar: Sie ist ein Star und sie hat in anderen Fällen ja auch tatsächlich viel bewirkt - ich denke insbesondere an den jungen Mann, der aufgrund der Traumsequenz eines psychisch kranken Junkies wegen Mordes verurteilt und von ihr herausgeboxt wurde. Man muss sogar sagen: Auch im Avery - Fall hat sie gut gearbeitet, sogar sehr gut , weil sie aus Sicht der Verteidigung alles, wirklich alles getan hat um das Beste für ihren Mandanten herauszuholen. Sie ist dabei aber eben auch skrupellos und bereit, über Leichen zu gehen.

Meine bescheidene Meinung ist allerdings, dass sie aufgrund bisheriger Erfolge und Publicity ein wenig zur Selbstüberschätzung neigt...


1x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 12:00
Zitat von falstafffalstaff schrieb:Meine bescheidene Meinung ist allerdings, dass sie aufgrund bisheriger Erfolge und Publicity ein wenig zur Selbstüberschätzung neigt...
Das wird man sehen. Sie hat einen anderen Stil als ich, und ich muss neidvoll anerkennen, dass sie sehr erfolgreich ist. :)

Aber ich würde keine Wette auf den Ausgang der Sache abgeben.


2x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 12:02
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Das wird man sehen. Sie hat einen anderen Stil als ich, und ich muss neidvoll anerkennen, dass sie sehr erfolgreich ist. :)

Aber ich würde keine Wette auf den Ausgang der Sache abgeben.
Sagen wir mal so: Es ist nicht ganz klar, was hinter einem Satz wie "If you are guilty, I will find out" steht. Hält sie sich für allmächtig oder allwissend? Ist das eine Drohung gegenüber Avery? Oder will sie damit ihre Position stärken? Als professionelle Verteidigerin sollte es ihr eigentlich gleichgültig sein ob ihr Mandant schuldig ist.

Ich habe die Doku hauptsächlich als Unterhaltungsformat gesehen und schlichtweg den Ausgang vergessen :-)

Wie könnte es denn weitergehen?


1x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 12:15
@Seps13

Das sind ganz schön viele Fragen, ich versuche mal sie soweit zu beantworten, dass du sich auf dem aktuellen Stand befindest, ohne zu versuchen dir eine Gesamtschlussfolgerung aufzudrängen. Du kannst dann selbst entscheiden ob ich ein Verschwörungstheoretiker bin oder nicht. An dem, was ich gleich in den Antworten beschreibe, wirst du jedenfalls, denke ich, sehen, dass man hier auf reine Spekulation, ein „Glauben oder nicht“ nicht mehr angewiesen ist. Es gibt durchaus gute, nachlesbare und nachvollziehbare Belege dafür dass in diesem Fall mindestens sehr Vieles ganz und gar nicht stimmt.

Here we go:

Avery ist also offenbar nur dann als unschuldig anzusehen, wenn man davon ausgeht, dass alle Indizien falsche Spuren sind, die von Ermittlern oder anderen Personen gelegt wurden.

Er ist dann als unschuldig anzusehen, wenn ein Gericht ihn freigesprochen hat – im juristischen Sinn. Im kriminalistischen ist er es, wenn entweder nachgewiesen wurde, dass er nicht der Täter war, oder dass jemand anderes der Täter war.
Das ist alles noch nicht der Fall. Aktuell geht es um eine Beweisanhörung vor Gericht oder ein neues Verfahren – um das zu erreichen, dafür wurden durch die Verteidigung mittlerweile mehr als ausreichend Belege erbracht. Die jetzt laufende Berufung (nächste Eingabe am 20.12) wird definitiv mit einem Beweisanhörungsverfahren enden.

Zellner kann bereits jetzt schwarz auf weiß belegen, dass

1. Das von Staatsanwalt Ken Kratz vorgebrachte Narrativ hinsichtlich Tathergang und – ablauf, sowie Motiv und Tatort, in allen wesentlichen Punkten falsch ist und er das damals auch bereits wusste. Die Belege hierfür sind ziemlich detailliert.
2. Die Staatsanwaltschaft entlastendes Beweismaterial, darunter auch mehrere Aussagen und Computerinhalte, illegal unterschlagen hat, teils unter Einsatz von arglistiger Täuschung. Zellner hat bereits 7 Brady Violiations belegt und wird wohl im neuen Dokument zwei weitere einbringen.
3. Sich die angeblichen Tatspuren im Experiment durch international anerkannte wissenschaftliche Gutachter nicht haben rekreieren lassen, also nicht auf die von der Staatsanwaltschaft behauptete Art und Weise zustande gekommen sein können. Dabei tauchten Anomalien und Unmöglichkeiten auf, die es nach Theorie der Staatsanwaltschaft überhaupt nicht geben dürfte, und die ein deutlicher Beleg dafür sind, dass diese Spuren künstlichen Ursprungs sein müssen.
4. Dass es zwei weitere Personen gibt, gegen die dringender Tatverdacht besteht, wobei Zellner in beiden Fällen je eine direkte Verbindung zum Mord belegen konnte, die den Ermittlern schon 2005 bekannt waren, aber nicht nur damals zu keinen Ermittlungen führten, sondern vor der Verteidigung damals verheimlicht wurden.

Das ist ja zunächst mal ein ungeheuerlicher Verdacht.


Es ist mittlerweile bereits deutlich mehr als ein Verdacht, es gibt hier durchaus Belege die nicht einfach von der Hand zu wischen sind und zu denen die heute zuständige Staatsanwaltschaft sich auch heute über ein Jahr nach Bekanntwerden noch nicht geäußert hat. Dazu gleich mehr im Detail.

Was wurde da gemacht:

Zellner kaufte exakt dasselbe Automodell das Halbach fuhr (das Original hält die Staatsanwaltschaft ja unter Verschluss, obschon Zellner testen will und die Test auch slebt bezahlen würde) und man hat versucht die Spuren an und im Auto auf die Weise, die die Staatsanwaltschaft behauptet, nachzustellen. Derselbe Ablauf müsste dieselben Spuren im Auto ergeben. Genau das erwies sich als unmöglich.

1. Das Auto des Opfers ist nachträglich (zurück) auf den Schrottplatz von Avery gefahren worden, um ihn zu belasten.

Ja, das ist die aktuelle These. Zellner hat 3 Zeugenaussagen nach denen das Auto Averys Grundstück nach Halbachs Verschwinden wieder verlassen hat, einer weiteren Aussage nach mit ihr am Steuer (von der Staatsanwaltschaft damals unterschlagen). Alle Zeugen sahen das Auto in derselben Gegend der Stadt.
Das Handy von Halbach logte sich, noch nach ihrem Verschwinden, weit entfernt vom Avery Salvage Yard in einem Handymasten ein, muss sich also außerhalb des Schrottplatzes befunden haben.

Ein Zeuge sah Halbachs Auto unmittelbar in der Nähe von Sergeant Andrew Colborn (zur selben Zeit und am selben Tag, als er in einem Telefonanruf die Autonummer „nur aus dem Gedächtnis“ an die Zentrale durchgegeben haben soll). Dieser Zeuge meldete die Sichtung damals laut eidestattlicher Aussage bei der Polizei. Der Bericht darüber wurde unterschlagen.

Das Auto Halbachs wies einen Schaden an einem Scheinwerfer auf, der nachweislich noch nicht vorhanden war als Halbach am 31. Oktober 2005 zu Avery fuhr. Zellner vermutet , dass diese Beschädigung an einem Pfosten auf dem Weg hinter Averys Haus entstand, als das Auto zurückgefahren wurde, und der am Morgen des 1. November plötzlich verbogen war. In genau diesem Bereich hatten während der Suche nach Halbach sowohl Such – als auch Leichenhunde angeschlagen.

Ein definitiver Beweis wird hier erst möglich sein, wenn die Verteidigung den Scheinwerfer im Labor untersuchen darf.

In dem Auto Halbachs wurde mittlerweile eine falsche Autobatterie festgestellt, die zu klein war und nicht passte, sie war am 31. Oktober noch nicht verbaut. Zellners Team konnte über die Garantie den Besitzer ausfindig machen, es handelt sich nicht um Steven Avery. Wir wissen aber bereits, dass die Ermittler die falsche Batterie damals bemerkt haben, d.h. jedenfalls einer, Mark Wiegert, die Info aber vor der Verteidigung verheimlichten. Genaueres, darunter hoffentlich den Namen des Batteriebesitzers, werden wir wohl in der Eingabe vom 20.12 erfahren. Jedenfalls deutet der Wechsel der Batterie ebenfalls daraufhin, dass das Auto den Schrottplatz verlassen hat.

Zellner geht in ihrer Theorie davon aus, dass Bobby Dassey, einer von Brendans älteren Brüdern, der Haupttäter ist. Er wohnt ebenfalls auf dem Avery Salvage Yard und konnte das Auto sehr leicht nachts auf dem Weg hinter dem Haus zurückfahren. Dieser Teil bleibt noch Spekulation.

2. Das Blut mit DNA von Avery, das im Auto des Opfers an verschiedenen Stellen gefunden wurde, stammt von einem früheren Fall, ist aus der Asservatenkammer entnommen und im Auto angebracht worden, um ihn zu belasten.
Beziehungsweise:
stefanclimbr15 schrieb:
in der zweiten Staffel von MAM wurde eine völlig andere These aufgestellt, wie das Blut platziert wurde - und zwar nicht von der Polizei, sondern vom tatsächlichen Mörder der Zugang zu Averys Blut hatte und auch wusste, dass es vorhanden war.


Der renommierte Blutspuren Analytiker Stuart James, einer der Erfahrensten seines Faches überhaupt, stellte Folgendes im Experiment fest: Mit stark blutendem Finger hätte Avery mindestens 20 mal soviele Blutspuren hinterlassen müssen wie vorhanden, unter Anderem besonders an Stellen an denen dies unvermeidlich gewesen wäre, namentlich dem Türgriff, dem Lenkrad, der Gangschaltung, auch an der Kühlerhaube. Alle diese Blutspuren fehlen – ebenso wie Spuren einer Reinigung. Die Tropfenform spricht, so James, für Aufbringung aus großer Höhe. Die Schmierspur nahe dem Zündschloss, laut SA beim Drehen des Zündschlüssels entstanden, liegt an der falschen Stelle. Für die Größe von Averys Hand ist die Spur mehr als 2cm zu weit entfernt. Da es eine Schmier und keine Tropfspur ist, spricht das für ein künstliches Aufbringen.

Weiter stellte er fest, dass ein Blutkrumen auf der Fußmatte nicht in die Matte gedrungen bzw. eingesickert war, das ist nur möglich wenn er bereits trocken auf die Matte fiel.

Unerklärlich blieb James, dass ein stark blutender Avery ein stark blutendes Opfer in das Auto gelegt haben soll, und dass auch nur eine einzige Blutmischspur entstanden sein soll.

In Summa kam James zu der Einschätzung, dass das Blutspurenbild nicht vereinbar ist mit einem natürlichen Zustandekommen.
Unmöglich zu erklären ist der Umstand dass Avery zwar keine Handschuhe getragen haben kann, sonst könnte es diese Spuren gar nicht geben, und trotzdem nirgends im Auto Fingerabdrücke oder DNA hinterlassen haben soll, obschon die Staatsanwaltschaft ja unterstellt er sei damit ein paar Meter gefahren.
Auch zum Platzieren der Blutspuren hatte Bobby Dassey, so insinuiert Zellner die Gelegenheit, er wusste auch dass Averys Finger wieder angefangen hatte zu bluten und wann (er war vor Ort und bekam es mit), und dass das nicht weggespülte Blut in Averys Waschbecken auch wirklich seines war. Zellner behauptet, dass er das Blut getrocknet aus dem Waschbecken gekratzt, verpackt, zum versteckten Auto getragen, befeuchtet und appliziert hat. Dieser Teil ist derzeit noch Spekulation.
Zellners unbewiesene These (mehr braucht sie für den Denny-Standard an dieser Stelle nicht) hierzu ist.,

3. Die DNA auf der Motorhaube des Autos wurde vom Handschuh eines Polizisten übertragen.

Falsch, die These wurde nie aufgestellt.
Die Probe mit Steven Averys DNA die angeblich von der Kühlerhaube von Halbachs Auto stammt wurde von Spurenanalytiker Skip Palenik untersucht. Er wies im Vergleichsexperiment mit mehreren Probanden nach, dass eine so hohe DNA Menge, wie in dieser Probe, durch einen Berührungskontakt nicht entstehen kann. Averys Probe hatte 90-mal mehr DNA als die der Vergleichsproben.

Ferner fehlen alle Partikel die anhaften müssten, wenn die Probe von einer Kühlerhaube stammte. Bei allen Vergleichsproben waren diese Anhaftungen selbst ohne Mikroskop sichtbar. Auf der Avery-Probe fehlten sie.
Gemäß dem Narrativ der Staatsanwaltschaft lassen sich diese Anomalien nicht nur nicht erklären, es hätte sie niemals geben dürfen.

Noch unbewiesen: Palenik ordnet die Spur einer Probe zu, die bei einer früheren Verhaftung wegen Waffenbesitzes von Steven Averys Leistengegend genommen wurde (dokumentiert und von der Krankenschwester bezeugt), und in der Hosentasche eines Ermittlers verschwand. Diese Probe findet sich nicht mehr unter den Asservaten, sie ist spurlos verschwunden. Ein Leistenabstrich enthält sehr viel mehr DNA (bis zu 90mal mehr) als von einem Berührungskontakt und hat natürlich keine Anhaftungen von einer Kühlerhaube.

Palenik geht hypothetisch davon aus, dass diese Leistenprobe von den Ermittlern als Abstrich von der Kühlerhaube umettiketiert wurde. Molekularbiologen Dr. Reich teilt diese Vermutung.

4. Der Autoschlüssel des Mordopfers wurde nachträglich im Schlafzimmer von Avery platziert und vorher mit Averys DNA versehen, um ihn zu belasten.

Bezüglich des Autoschlüssels von Halbach der in Averys Schlafzimmer gefunden wurde, wurde nachgewiesen dass es sich lediglich um einen Ersatzschlüssel und nicht wie behauptet um den Hauptschlüssel handelt (dieser ist bis heute verschwunden); zweitens war auch hier Dr. Palenik im Experiment nicht in der Lage durch Berührung eine so hohe DNA Menge zu erzeugen wie auf dem Schlüssel vorhanden. Auch hier sprengte Averys die Parameter aller Vergleichsproben.

Da zudem unerklärlich ist wieso auf Halbachs eigenem Autoschlüssel keine Spur ihrer DNA zu finden ist, und in neuen Experimenten gezeigt werden konnte, dass es physikalisch unmöglich ist, dass der Schlüssel in der von der Polizei beschriebenen Weise aus dem Nachtkästchen gefallen ist (der Schlüssel hatte während der Dursuchung plötzlich auf dem Boden gelegen an einer Stelle an der andere Beamte ihn zuvor nicht gesehen hatten), ist hier ein „Evidence Planting“ im Grunde nachgewiesen.
Gemäß dem Narrativ der Staatsanwaltschaft lassen sich diese Anomalien nicht nur nicht erklären, es hätte sie niemals geben dürfen.

Dr. Palenik vermutet ferner, dass Averys Zahnbürste, die nach den Durchsuchungen fehlte, aber in der Beweisliste nicht auftaucht, zum Fälschen der Spur verwendet wurde. Auf Zahnbürsten lässt sich eine sehr hohe DNA Dichte vorfinden.

Technisch war es für den fraglichen Beamten leicht diese Spur zu platzieren, da während der Hausdurchsuchung die ungewöhnliche 8 Tage dauerte, keine externen Zeugen anwesend waren und sie nicht in der vorgeschriebenen Weise dokumentiert wurde.

5. Eine andere Person schießt mit Averys Gewehr, das dieser über seinem Bett aufbewahrt, eine Kugel ab und präpariert sie mit Opfer-DNA, wobei bewusst oder unabsichtlich zu wenig DNA aufgetragen wurde, so dass daraus nur ein Teilprofil ermittelt werden konnte.
Nichts davon war erforderlich.


Die Kugel mit der das Opfer erschossen worden sein soll (Kopfschuss, durch den Schädel) weist nicht nur, wie bekannt, die Verformungen die sie (weiches Metall) nach dem Austreten in diesem Fall aufweisen müsste nicht auf; laut den neuen Untersuchungen von Dr. Palenik kam diese Kugel niemals mit Knochen in Kontakt, es fehlt auch jede Spur von Blut, dafür jedoch mit Holz und roter Farbe – beides ist in Averys Garage vorhanden und kann zugeordnet werden.
Gemäß dem Narrativ der Staatsanwaltschaft lassen sich diese Anomalien nicht nur nicht erklären, es hätte sie niemals geben dürfen.

Es ist daher, im Gegensatz zur Behauptung der Staatsanwaltschaft unmöglich dass Halbachs DNA von einem Kopfschuss auf der Kugel gefunden wurde.

Ohnehin war diese DNA-Zuordnung wissenschaftlich in Wirklichkeit inkonklusiv, die Forensikerin der Staatsanwaltschaft Sherry Culhane brauchte eine Sondergenehmigung um diesen angeblichen Treffer (eine vollständige Identifikation konnte nicht geliefert werden, nur 7 von 16 dafür nötigen Markern stimmten überein) als Solchen ausgeben zu dürfen.
Ob es sich um die DNA des Opfers handelt lässt sich eben gerade keinesfalls mit Gewissheit sagen. Ihre Ergebnisse sind nicht mehr überpüfbar, da sie die angebliche Opfer-DNA in ihren Versuchen völlig aufgebraucht hat.

Und noch etwas, das den Verdacht hinsichtlich der Kugel abrundet. Wenn man sich die Fotos von ihrem Auffinden sehr genau ansieht, fällt nämlich etwas auf. In ihrer Verzweiflung Spuren zu finden, haben die Spurensicherer den Boden, teils wohl auch Wände, mit Drucklufthämmern bearbeitet. Über allem das auf dem Garagenboden liegt, liegt eine deutlich sichtbare Betonstaubschicht. Über ALLEM – außer der Kugel.

Einer Kugel, die die ganze Zeit dort gelegen haben soll. Es liegt Staub unter ihr, aber keinerlei Staub auf ihr.

Hinzuzufügen ist ein Problem mit dem Blut von Halbach auf der Innenseite der Kofferraumtür ihres Autos. Laut Staatsanwaltschaft stammten die Spritzer vom Schwingen der Leiche als Avery und Dassey sie in den Kofferraum geworfen haben sollen. Die ließ sich im Experiment nicht rekonstruieren. Bei keinem der Versuche war es möglich auf diese Art überhaupt Blutspritzer zu erzeugen, geschweige denn ein so großflächiges Muster. Stuart James kam anhand der Form der Tropfen zu dem Schluss, dass diese von einem stumpfen Objekt abgeschleudert worden sein müssen, mit dem auf Halbach eingeschlagen wurde. Vermutlich auf den Kopf und vermutlich während sie sich in das Auto beugte.

6. Die auf Averys Grundstück gefundenen, teilweise verbrannten Knochen wurden dort platziert, um ihn zu belasten.

Ja, auch hier gibt es wissenschaftlich fundierte Gutachter-Erkentnisse die dies tatsächlich nahelegen: Der Forensische Chemiker und Verbrennungsspezialist Dr. DeHaan stellt fest, dass die Knochenreste von Halbach nicht in Steve Averys Feuergrube verbrannt worden sein können, und dort auch nicht ursprünglich abgelegt wurden – die Knochen wurden nach dem Verbrennen bewegt. Er stellt ferner fest, dass das von Avery in dieser Grube entfachte Feuer in Zeit und Hitze nicht ausgereicht hätte um den Körper so stark zu verbrennen. Unerklärlich bleibt, so DeHaan, das völlige Fehlen von Halbachs Zähnen, die jedes Feuer hätten überstehen müssen. 60% des Kochenmaterials blieben verschwunden.

Hierbei ist zu erwähnen, dass 2005 auf dem benachbarten Radant Grundstück und dem angrenzenden städtischen Grundstück menschliche Knochen mit Schnittspuren gefunden wurden, eine Analyse ob es sich um Halbachs Gebeine handelt oder nicht, wurde seitens der Ermittler nie durchgeführt. Trotzdem wurden diese Überreste später offiziell der Familie Halbach zur Bestattung übergeben. Vor Gericht wurde die Existenz dieser Knochen außerhalb des Avery Grundstücks nie erwähnt.

Für den von Kathleen Zellner als Haupttäter vermuteten Bobby Dassey wäre es sehr leicht gewesen die Leiche in der eigenen Feuertonne zu verbrennen, und einige kleinere Knochen dann auf Averys Parzelle innerhalb desselben Grundstücks zu verteilen, auf dem er selbst auch wohnte. Dieser Teil sit noch spekulativ.
Wie weiter unten erwähnt, wird aufgrund des Blutspritzermusters an der Kofferraumtür von Halbachs Auto seitens der Verteidigung davon ausgegangen dass sie außerhalb des Schrottplatzes getötet wurde.

7. Das Geständnis des Mittäters Dassey, demzufolge die beiden das Opfer vergewaltigt, ermordet und verbrannt haben, wurde mit unzulässigen Verhörmethoden erpresst.

Der Ansicht waren jedenfalls bislang auch drei Richter, die im Bezug auf Dassey auch offen von einem Justizirrtum sprachen. Fakt ist dass renommierte Institutionen wie das Innocence Project und das Center for Youthful Convictions Dasseys "Geständnis" auf Hochsschullevel als Lehrbeispiel für ein durch Beeinflussung erzwungenes Falschgeständnis verwenden, wiel die Manipulation über die 500 Seiten hinweg so extrem offensichtlich ist.
Fakt ist, dass sich das von ihm geschilderte Geschehen unmöglich abgespielt haben kann, weil alle Tatspuren an den beiden „Tatorten“ (Garage, Schlafzimmer) komplett fehlen, ebenso wie die Spuren einer großflächigen Tatortreinigung.


8. Eventuelle Hinweise auf den wahren Täter oder die wahren Umstände des Todes von TH existieren nicht, wurden also ggf. unterschlagen oder vertuscht, sofern es welche gab.


Doch die existieren, Vieles davon war Ermittlern und Staatsanwaltschaft 2005 bereits bekannt und hätte zwingend zu Ermittlungen führen müssen. Stattdessen wurden die Informationen unterschlagen, teils sogar mit arglistiger Täuschung.
Es gibt zwei Verdächtige die den Denny Standard erfüllen und, hätte die Verteidigung die Infos die die Staatsanwaltschaft im Prozess hatte gehabt, auch als Alternativtäter den Geschworenen hätten präsentiert werden dürfen. Der Ausgang des Prozesses wäre dann ein anderer gewesen.

Als dringend tatverdächtig benannte Zellner zunächst Ryan Hillegas, Halbachs Ex-Freund. Laut Zellners Ermittlerteam hatte er eine gewalttätige Vorgeschichte mit Halbach und stalkte sie massiv kurz vor dem Mord. Beides war bislang unbekannt, weil der Hintergrjnd des Opfers seinerzeit überhaupt nicht ermittelt worden war. Zudem war nur er in der Lage ihren SMS Speicher nach dem Mord zu löschen, da nur er das Passwort kannte. Hillegas hatte während der Durchsuchung von Averys Grundstück mehrfach illegal und unbeaufsichtigt Zutritt zum Tatort, trug sich dazu mit falschem Namen in die Liste ein; Er war es auch der, bei der öffentlichen Suchaktion eine Bürgerin namens Pam Sturm direkt zu Halbachs auffällig verstecktem Auto auf dem Schrottplatz führte. Zudem behauptete Hillegas Halbach habe den erwähnten Schaden an ihrem Frontscheinwerfer der Versicherung gemeldet, was grob gelogen war – die Versicherung wusste von nichts. Am auffälligsten: Hillegas war nach dem Mord im Besitz von Halbachs Terminkalender in den sie am Tag ihres Todes, auf der Fahrt zu Avery, noch Eintragungen vorgenommen hat und der nachweislich in ihrem Wagen lag, als sie zu Avery fuhr. Gegen Hillegas wurde seitens der Polizei niemals ermittelt.

Weiterhin benannte Zellner nach weiteren Ermittlungen, Brendan Dasseys älteren Brider Brendan, und brachte hierfür bislang folgende Belege:

1. Computer Daten von Bobby Dassey, die zeigen dass Bobby vor und nach dem Mord Fotos von Frauenleichen, Leichenteilen (verwesend) und Mordsequenzen in enormer Zahl gegoogelt und zudem Fotos des Mordopfers auf seinem Hard Drive gehortet hat. Die Leichenfotos weisen durchwegs eine frappante Ähnlichkeit mit Halbach auf. Diese Fotos weisen auf sexuelle Gewaltphantasien mit Schwerpunkt Tod hin, die ein klares Mordmotiv darstellen. Alle entsprechenden Zugriffe fanden statt als Bobby Dassey alleine im Haus war.
2. Die CD mit diesen Daten war von der Staatsanwaltschaft im Originalprozess absichtlich illegal unterschlagen worden, weshalb Bobby Dassey nie als Verdächtiger benannt werden durfte. Erst im April 2018 kam die Verteidigung an die CD.
3. Der schriftliche Nachweis dass Bobby Dassey vor Gericht im Originalprozess eine Falschaussage getätigt hat, was die Staatsanwaltschaft (Ken Kratz) verschleierte.
4. Eine Rekonstruktion der Zeitabläufe vom Tag des Mordes aus der hervorgeht, dass sich Bobby Dassey sich mit großer Wahrscheinlichkeit zum selben Zeitpunkt auf demselben Abschnitt derselben Straße befand wie Theresa Halbach – unmittelbar vor ihrem Verschwinden. Sie wurde danach nie mehr gesehen.
5. Bobby Dasseys Handy-Log-in-Daten belegen, dass er sich zum Zeitpunkt des Mordes in einer völlig anderen Gegend befand als er vor Gericht behauptet hat, er kam nach dem Mord eineinhalb Stunden zu spät zur Arbeit, ohne dass es eine Erklärung dafür gibt.
6. Zellner listet noch einmal 14 Punkte aus seinen Aussagen auf, bei denen er vorsätzlich gelogen hat. Weitere Computerdaten Bobby Dasseys belegen, dass sich auf seinem Hard Drive neben den Leichenbildern auch kinderpornographisches Material befand (Keine Ermittlungen damals) und er im Netz aktiv sexuellen Kontakt zu Minderjährigen gesucht hatte (keine Ermittlungen).
7. Eine Expertin sagt ferner per Fotobeweis aus, dass Bobby (wie Ryan Hillegas) nach dem Mord frische Kratzspuren hatte und dass sie nicht, wie Bobby behauptete, von einem Hündchen stammen, sondern kompatibel sind mit Fingernägeln einer menschlichen Hand.
8. Brendans und Bobbys älterer Bruder, Blaine Dassey, hat jetzt eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, dass er Bobby Dassey nach dem Verschwinden des Opfers, AM STEUER EINES FREMDEN AUTOS GESEHEN HAT, DASS DEM HALBACHS GLICH, in derselben Gegend in der dieses Auto ja auch von zwei weiteren Zeugen gesehen worden war.

Übrigens: Am 3. Juli schrieb Zellner ein Eingabe an das Gericht, die Staatsanwaltschaft zur Herausgabe der Ergebnisse einer bislang verheimlichten zweiten Untersuchung von Bobby Dasseys Computer zu zwingen. Diese Untersuchung war im Mai 2018 durchgeführt worden. Die Ergebnisse werden der Verteidigung bis heute immer noch vorenthalten.

stefanclimbr15 schrieb:
Nein, denn dazu muss man die Schuld eines einzelnen Beamten konkret belegen können, und das ist im Fall das Spurenlegens im Grunde unmöglich
Warum ist das unmöglich? Weiß man nicht, wann wer auf dem Grundstück war? Gab es keine Beobachtungen, Zeugenaussagen, irgendwelche Hinweise? Nur die Folgerung, dass es so war? Und alle halten dicht?


Der Punkt ist: Man weiss zwar z.B. dass Officer Lenk den Schlüssel platziert hat, weil sonst niemand in Frage kommt und seine Schilderung falsch war; aber niemand SAH wie er den Schlüssel dahin gelegt hat. Und ja: Da wird dicht gehalten. Das ist in Manitowoc County so üblich, die haben, wie John Ferak in seinem Buch „Wrecking Crew“ aufzeigt, eine sehr lange Hintergrundgeschichte mit Korruption.


Wer hat denn mutmaßlich wann was genau gemacht? Hat die Verteidigung das versucht zu rekonstruieren?


Das ist in Zellners Eingaben teils sehr genau aufgeschlüsselt.

Auto, Schlüssel, Blut, DNA, Knochen, Geständnis, Kugel, das muss doch geplant, organisiert und dann auch durchgeführt werden.
Simi96 schrieb:
Es geht hier um ein immenses Lügenkonstrukt das über Jahre aufrecht erhalten werden muss
Und das unter einem offenbar enormen öffentlichen Druck. Da steckt auf jeden Fall ein beachtliches Maß an Abgebrühtheit und krimineller Energie dahinter.


Nach Zellners Theorie müssen die Ermittler nur Schlüssel, Kugel & Geständniss koordiniert haben, und das ist sogar noch relativ wenig wenn man die recht elaborierten Maßnahmen bei anderen erwiesenen Justizirrtümern vergleicht. Ich verweise hier auf den Fall Ron Williamson, den John Grisham in seinem einzigen Sachbuch „Der Gefangene“ rekonstruiert. Dort wiesen alle physischen Beweismittel auf den wirklichen Täter, also musste man einen komplett fiktiven Fall gegen Williamson konstruieren der dem Opfer nie begegnet war. Wurde gemacht, man kam damit durch, 17 Jahre lang. Sowas ist mitnichten ungewöhnlich, eher bezeichnend für solche Fälle

Wenn die Ermittler Avery reingelegt haben - wer war der wirkliche Täter?

Nach Zellners Theorie Bobby Dassey.
Hillegas könnte dennoch ein Mittäter der Leichenbeseitigung sein, das würde v.a. erklären wie er an den Terminplaner kam, den er nicht haben konnte

Wird angenommen, dass die involvierten Ermittler diesen kennen und decken?

Ja.

Ist TH nach Auffassung der Verteidigung ganz woanders gestorben?

Ja. Aufgrund des Blutspritzermuster auf der Kofferraumtür und der Belege dafür dass das Auto den Schrottplatz verlassen hat, wird das angenommen.

Kam den Ermittlern der im Umfeld von Avery zufällig passierte Mord nur gelegen oder geht die angenommene Intrige noch weiter?

Nur gelegen

Könnte Avery nicht der Täter sein, auch wenn Beweise platziert wurden? Das muss sich ja nicht ausschließen.

Generell ist so etwas möglich. Man kann auch bei einer so katastrophalen Ermittlung den richtigen Täter erwischen, aber das ist dann, wie Ex-FBI-Agent und Profi-Fallermittler Steve Moore mit Bezug auf diesen Fall gesagt hat „pures Glück“. Hier speziell ist es sehr unwahrscheinlich, weil man dann irgendwelche unzweifelhaften Spuren, die sich hätten rekonstruieren lassen, hätte finden müssen. Die gibt es nicht, ebenso wenig wie ein Motiv. Denn die Story die Ken Kratz da gesponnen hat, hielt ja leider auch nicht stand.

Für ein Wiederaufnahmeverfahren oder eine Beweisanhörung (die Zellner favorisiert) ist das zunächst auch irrelevant. Die Verteidigung muss nachweisen, dass das Narrativ auf dessen Grundlage er verurteilt wurde, in wesentlich Punkten falsch ist und die Staatsanwaltschaft das wusste. Das ist gelungen.

Wo findet man denn die öffentlich zugänglichen Prozessunterlagen? Auch der WA-Antrag und die Ablehnungsgründe hierzu würden mich interessieren.

Der Berufungsantrag kommt am 20.12.2018

Die bisherigen Eingaben findest du hier:

Das hier ist der Hauptantrag, die „Motion for Post Conviction Relief“:
http://www.stevenaverycase.org/wp-content/uploads/2017/06/Motion-for-Post-Conviction-Relief.pdf

Dazu kamen nacheinander folgende Anhänge (mit teils neuem Beweismaterial):

http://www.stevenaverycase.org/wp-content/uploads/2017/10/Oct-23-2017-Motion-for-Reconsideration.pdf
http://www.stevenaverycase.org/wp-content/uploads/2017/11/Amended-Supplement-to-Previously-Filed-Motion-for-Reconsiderat...
http://www.stevenaverycase.org/wp-content/uploads/2017/11/Second-Amended-Supplement-to-Previously-Filed-Motion-to-Recons...
http://www.stevenaverycase.org/wp-content/uploads/2018/07/Motion-to-Supplement-Previously-Filed-Motion-for-Post-Convicti...

Hier eine Übersicht über den gesamten Filing (Einreiche- ) Verlauf: http://www.stevenaverycase.org/appealsdocuments/


10x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 12:18
Zitat von falstafffalstaff schrieb:Wie könnte es denn weitergehen?
Ich weiss gar nicht, ob alle hier schon das Ende gesehen haben und wissen, was danach passiert ist. Ich will niemandem den Spass verderben.

Aber ich will mal generell aufzeigen, welchen Weg durch die Instanzen es gibt:

Mit dem Urteil in der Tatsacheninstanz ist der Rechtsweg ja erst ganz am Anfang. Avery wurde von einem Staatsgericht verurteilt. In den USA gibt es doppelte Gerichtsbarkeit, was hier ganz wichtig ist: Staatsgerichtsbarkeit (hier des Bundesstaates Wisconsin) und Bundesgerichtsbarkeit.

Die Staatsgerichtsbarkeit ist zunächst meist zuständig, Strafprozesse durchzuführen. Die Bundesgerichtsbarkeit kommt später ins Spiel.

Avery wurde in 1. Instanz, der Tatsacheninstanz, verurteilt. Er hat dann die Möglichkeit, noch bei der gleichen Instanz einen Antrag auf Aussetzung des Urteils und ein neues Verfahren zu stellen, wenn er gravierende Verfahrensfehler geltend macht. Dies ist in der Regel aber nicht sehr aussichtsreich.

Ein negativer Bescheid dieser "motion for new trial" ist aber auch noch lange nicht das letzte Wort. Zunächst kommt in der Regel jetzt eine Revision beim staatlichen Revisionsgericht. In der Revision geht es ausschliesslich darum, ob Verfahrensfehler so gravierend vorliegen, dass das Urteil aufgehoben und ein neuer Prozess angesetzt werden muss. Die Tatsachen werden nicht noch einmal hinterfragt, es werden keine Zeugen erneut vernommen etc.

Diese Revision hat Avery ebenfalls verloren. Die Revisionsentscheidung kann dann dem obersten Gerichtshof des Bundesstaates zu einer erneuten Revision vorgelegt werden. Das ist geschehen und der oberste Gerichtshof hat diese wieder verworfen.

Nun kann man zweigleisig fahren, muss aber nicht. Es kommt auf die Strategie an. Man kann bereits jetzt ein Verfahren vor der Bundesgerichtsbarkeit einleiten, wenn man im bisherigen Verfahren gravierende Verstösse gegen die verfassungsmässigen Rechte aus der Bundesverfassung geltend macht. Also in weitestem Sinne das, was man in Deutschland eine Verfassungsbeschwerde nennt, einlegen. Das geschieht hier in den USA aber zunächst wieder auf einer ganz tiefen Ebene, nämlich dem Bundesbezirksgericht. Brendan Dassey ist diesen Weg letztendlich erfolglos gegangen.

Oder man legt immer noch in der staatlichen Gerichtsbarkeit einen Antrag auf "post-conviction relief" ein, in der Regel einen Antrag auf "writ of habeas corpus." Auch hier muss man dabei gravierende Verstösse gegen Rechte des Angeklagten geltend machen. Das haben wir jetzt in der Netflix Staffel verfolgen können.

Wir dieser Antrag abgelehnt, kann gegen diesen Beschluss wieder eine Revision beantragt werden, und diese kann wieder die Instanzen durchlaufen bis zum obersten Gerichtshof des Staates.

Und am Ende bleibt dann noch das bundesstaatliche habeas corpus Verfahren. Auch gegen die Entscheidung des Bundesbezirksgerichts kann wieder Revision, dieses Mal beim Bundesappellationsgericht eingelegt werden, und gegen einen ablehnenden Bescheid dieses Gerichts am Ende noch eine Verfassungsbeschwerde beim obersten Gerichtshof der USA.

So ein Verfahren kann sich gut und gerne 15 Jahre oder mehr hinziehen. Es bleibt also noch Platz für weitere Netflix Staffeln :)


1x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 12:27
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:So ein Verfahren kann sich gut und gerne 15 Jahre oder mehr hinziehen. Es bleibt also noch Platz für weitere Netflix Staffeln :)
Nachdem ich schon halb Netflix leergeschaut habe, freut es mich natürlich immer wenn interessante neue Dokus zu erwarten sind. True Crime ist auf Netflix ohnehin ein wenig unterrepräsentiert.

Mal angenommen, es würde zu einer erneuten Verhandlung kommen. Könnte die dann nicht wieder platzen, weil es nahezu unmöglich ist eine unvoreingenommene Jury zu finden? Der Fall ist ja in seiner Publizität eigentlich nur mit dem O.J.Simpson-Fall zu vergleichen. Und eben da hat man ja extrem schlechte Erfahrungen mit einer Jury gemacht, die einen starken Bias zugunsten des Angeklagten hatte und daher von einer skrupellosen Verteidigung leicht zu beeinflussen war.

Es kommt ja vor, dass Gerichtsverfahren in andere Bezirke verlegt werden weil die Jury im unmittelbaren Umfeld der Tat voreingenommen ist. Wie will man das aber bei einem weltweit bekannten Kriminalfall machen?


1x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 12:33
Zitat von falstafffalstaff schrieb:Mal angenommen, es würde zu einer erneuten Verhandlung kommen. Könnte die dann nicht wieder platzen, weil es nahezu unmöglich ist eine unvoreingenommene Jury zu finden? Der Fall ist ja in seiner Publizität eigentlich nur mit dem O.J.Simpson-Fall zu vergleichen. Und eben da hat man ja extrem schlechte Erfahrungen mit einer Jury gemacht, die einen starken Bias gegenüber dem Angeklagten hatte und daher von einer skrupellosen Verteidigung leicht zu beeinflussen war.
Na ja, vor einer neuen Verhandlung stehen noch sehr viele Hürden. Es kann auch durchaus sein, und ist meiner Meinung in so einem Fall dann sehr wahrscheinlich, dass die Anklage auf eine neue Verhandlung verzichtet. So in meinem zuletzt gewonnenen habeas corpus Verfahren: uns gelang es eine neue Beweisanhörung zu erreichen ("evidentiary hearing,") in welcher wir darlegen konnten, welche Beweismittel von uns eingebracht werden würden, wenn es zu einer neuen Verhandlung kommen würde. Nach einigem Zögern hat dann die Staatsanwaltschaft das Handtuch geworfen und auf eine erneute Hauptverhandlung verzichtet, die Mandantin wurde freigelassen und ist nun frei.

Wenn es aber zu einem Verfahren kommen würde, wäre das in der Tat eine neue Dimension. Bisher gab es nur sehr wenige Fälle, die eine solche Verbreitung durch die Medien erfuhren, wie dieser. Ich glaube es hat noch nie einen Fall gegeben, in dem der Richter irgendwann aufgegeben hat, zu versuchen eine unvoreingenommene Jury zu finden. Es geht ja auch nicht darum, dass ein Juror nichts vom Fall gehört haben darf, er muss unvoreingenommen sein. Das ist natürlich schwieriger, wenn man zu den Dauer-Netflix Konsumenten gehört :)

Warten wir's ab.


melden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 14:43
@stefanclimbr15 Danke für die ausführliche Antwort!
Interessant finde ich, dass es hier mögliche Alternativtäter gibt. Das unterscheidet den Fall von anderen.
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:Computer Daten von Bobby Dassey, die zeigen dass Bobby vor und nach dem Mord Fotos von Frauenleichen, Leichenteilen (verwesend) und Mordsequenzen in enormer Zahl gegoogelt und zudem Fotos des Mordopfers auf seinem Hard Drive gehortet hat. Die Leichenfotos weisen durchwegs eine frappante Ähnlichkeit mit Halbach auf.
Bobby Dassey ist mir jetzt auch gerade mal spontan unsympathisch geworden.

Die Leiche wurde verbrannt. Ich tippe daher doch ganz stark auf eine vorhergehende Vergewaltigung, deren Spuren beseitigt werden sollten. Damit hat man dann auch das Motiv für den Mord.

Um mal auf die Schnelle alles unter einen Hut zu bringen - wie ist denn die Kompromiss-VT, dass es Brendan, Bobby und Steven (fraglich Hillegas) zusammen waren? Vergewaltigt wurde sie von allen. Aber nicht so und nicht da, wie und wo die StA vermutet. Getötet hat sie einer von ihnen, bei der Leichen- und Spurenbeseitigung waren wieder mehrere beteiligt.

Brendan hat seinen Bruder beim Geständnis herausgehalten.
Bobby wurde auch von den Ermittlern rausgehalten, vielleicht für die Aussage:
Zitat von Simi96Simi96 schrieb am 31.10.2018:Erst als Bobby dann aussagte, dass er sie gesehen hat, änderte sich Stevens Aussage, dass sie doch da war.
... und weil sie hauptsächlich oder einzig Avery unbedingt festnageln wollten.
Das nachträgliche Spurenlegen durch Bobby und/oder die Ermittler gab es wirklich. Zum Teil sind es aber echte Spuren von Avery (Blut, DNA), die mühsam forensisch wegerklärt werden müssen, was im Kontext etwas leichter fällt, weil es tatsächliche falsche Spuren gibt, die nicht plausibel zu erklären sind (Schlüssel).
Das Auto wurde tatsächlich noch bewegt.
Avery kann nichts zu Bobbys Tatbeteiligung sagen, um kein (Mit-)Täterwissen preiszugeben, so dass seine möglicherweise eingeweihte Anwältin eventuell hier Wissen als Spekulation verkaufen muss.
Die Anwältin weiß/ahnt den wahren Tatablauf, ihr Erfolg hängt aber ja von der Unschuld ihres Mandanten ab. Ihre Skrupel, einen anderen zu beschuldigen, halten sich in Grenzen, weil Bobby wirklich mit drinhängt.


1x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 15:43
@Seps13

Esterns gern geschehen, ich antworte allerdings jetzt nicht immer so lang.

Also ganz grundsätzlich mal...
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Um mal auf die Schnelle alles unter einen Hut zu bringen - wie ist denn die Kompromiss-VT, dass es Brendan, Bobby und Steven (fraglich Hillegas) zusammen waren? Vergewaltigt wurde sie von allen. Aber nicht so und nicht da, wie und wo die StA vermutet. Getötet hat sie einer von ihnen, bei der Leichen- und Spurenbeseitigung waren wieder mehrere beteiligt.
.....so kann man diese Debatte nicht führen, es sei denn man präsentierte dafür hieb- und stichfeste Belege. Wo sind die? Natürlich ist es rein hypothetisch möglich sich so ein Szenario zusammenzuzimmern, aber das ist eine totale Spekulation bar jeder Grundlage. Vor Gericht wurde seitens der Staatsanwaltschaft ein Narrativ als die absolute Wahrheit präsentiert, nur Eines, das in allen wesentlichen Punkten falsch war, und man wusste es. Wenn wir jetzt anfangen, völlig frei von Belegen und Beweismitteln uns solange Narrative auszudenken, mit aller Gewalt zurechtzubiegen und an ihnen entlang zu mäandern bis das irgendwie passt, dann treten wir überhaupt erst in den Bereich der Verschwörungstheorien ein; aber so funktionieren weder polizeiliche Ermittlungen, noch die Beweisführung im juristischen Sinne. Das ist scharlatanischer Humbug und nichts Anderes.

So eine Debatte hat überhaupt nur dann einen Sinn, wenn es die Verabredung gibt, dass man sich erst einmal zuallervorderst die Fakten besieht und so zu der Schlußfolgerung gelangt die sie diktieren. Man kann nicht hingehen und einfach die Schlußfolgerung als Prämisse sehen, an der die Fakten zu messen sind. Das ist ein argumentativer unlauterer Ansatz, der sich letztlich selbt disqualifiziert. Die Fakten geben den Weg vor, zu dem Ziel hin, das zu Ihnen passt - nicht das Ziel gibt den Weg vor. Davon darf man nicht abgehen, wenn man wirklich ein Interesse an der Wahrheit , über das was am 31. Oktober 2005 geschehen ist, hat.

Ich gebe dir folgenden Rat. Glaube mir nicht, glaube anderen nicht. Lies es selbst nach, schlage jede Behauptung nach, recherchiere, überprüfe - ergebnisoffen. Und, natürlich, glaube Auch anderen in diesem Thread nicht unbesehen. Diese Aussage hier, etwa...
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Simi96 schrieb am 31.10.2018:
Erst als Bobby dann aussagte, dass er sie gesehen hat, änderte sich Stevens Aussage, dass sie doch da war.
.... ist falsch. Wie man hier im frühesten Polizei-Verhör Averys vom 5. November 2005 (4 Tage nach dem Verschwinden von Halbach) nachlesen kann. Er gibt von vornherein an, dass Halbach da war, gleich auf der zweiten Seite: https://www.dropbox.com/s/8looshxob1ymt53/%5B2005%2011%2005%5D%20-%20Steven%20Avery%20Police%20Interview.pdf?dl=0
und auch in Detective O'Neills zusammenfassendem Bericht ist es ausdrücklich erwähnt: http://www.stevenaverycase.org/wp-content/uploads/2016/01/Steven-Avery-Interview-Report-2005Nov05.pdf
Eine frühere Vernehmung haben wir nicht.


7x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 16:15
Zitat von stefanclimbr15stefanclimbr15 schrieb:Computer Daten von Bobby Dassey, die zeigen dass Bobby vor und nach dem Mord Fotos von Frauenleichen, Leichenteilen (verwesend) und Mordsequenzen in enormer Zahl gegoogelt und zudem Fotos des Mordopfers auf seinem Hard Drive gehortet hat. Die Leichenfotos weisen durchwegs eine frappante Ähnlichkeit mit Halbach auf.
Langsam - wurden die Bilder und die Suchhistorie nicht auf einem für alle zugänglichen PC der Familie gefunden?


melden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 16:15
@stefanclimbr15
Selbstverständlich beinhaltet kriminalistisches Denken auch Logik, Kombinieren von Fakten und:
Eine Hypothesenbildung.

So ein großes Füllhorn an Gemeinplätzen zur Debattenführung inklusive Maßregelungen schüttest du aus, nur weil dir meine Theorie nicht genehm ist? Du musst da irgendwie Bedarf haben.

Nun steht die Theorie einmal hier:
Es waren alle zusammen. Auch Avery. Er hat geschossen. Die Kugel wurde aufgehoben, irgendwo gelagert und später von Bobby platziert.

Diverse Ungereimtheiten und Interessenslagen wären erklärt. Aber leider beinhaltet die Theorie keinen Unschuldigen, mit dem man Mitleid haben müsste.

Ich finde die Theorie, die entstand, ohne dass ich Gewalt anwenden oder lange mäandern musste, bei näherer Betrachtung gar nicht übel. Widerlegt ist sie durch deine Erlaubnisverweigerung jedenfalls nicht.
Ich gebe dir aber die Erlaubnis, ach - gar den Rat, sie einfach zu ignorieren.


5x zitiertmelden

Making a Murderer - der Fall Steven Avery/Brendan Dassey

13.12.2018 um 16:27
@falstaff

Der Computer war wohl für alle zugänglich, allerdings kann Zellner wohl nachweisen (da bin ich mir nicht ganz sicher) das zu der Zeit nur Bobby Zuhause war.

A computer forensics expert details how a significant majority of the porn downloads and disturbing Internet searches were accessed when only Bobby Dassey was home; also found on the laptop were photos of Avery and Halbach, plus two folders labeled “DNA” and “Halbach,” all of which, the expert claims, were downloaded or created when only Bobby Dassey would have had access to the laptop. he also claims that Bobby was the only person who could have downloaded photos of Avery and Halbach, and created those folders.

https://www.rollingstone.com/culture/culture-news/making-a-murderer-lawyer-claims-violent-porn-scratches-implicate-dasseys-brother-murder-697336/


Anzeige

5x zitiertmelden