Was geschah mit Wolfgang Knoll aus Holzminden? (1997)

In der kommenden Ausgabe von "Aktenzeichen XY... ungelöst" am Mittwoch, dem 3. August 2022, wird der Vermisstenfall von Wolfgang Knoll aus Holzminden, einer Kreisstadt im südlichen Niedersachsen, behandelt. Die Kripo schließt nicht aus, dass der Vermisste ermordet wurde.

Vermisster ermordet?
Eine Nachbarin bemerkt, dass in einer Wohnung immer Licht brennt. Sie klingelt, niemand macht auf. Die Polizei findet nichts Verdächtiges in der Wohnung, doch der Mieter ist verschwunden.

Quelle: https://www.zdf.de/gesellschaft/aktenzeichen-xy-ungeloest/aktenzeichen-xy-ungeloest-vom-3-august-2022-100.html (Archiv-Version vom 03.08.2022)

Wolfgang Knoll verschwand im Februar 1997. Er war damals 45 Jahre alt und akut krank. Laut Zeitungsberichten litt der arbeitslose Mann an einer chronischen Gelbsucht (Hepatitis C) und sollte am 24. Februar 1997 im Uniklinikum Göttingen zur stationären Behandlung aufgenommen werden. Dort erschien er jedoch nicht. Zum letzten Mal lebend gesehen worden war Wolfgang Knoll am 23. Februar 1997, also einen Tag vor dem geplanten Klinikaufenthalt. Eine Vermisstenanzeige bei der Polizei in Holzminden ging allerdings erst nach knapp zwei Monaten ein, nämlich am 14. April 1997.

Jetzt hat die Göttinger Sonderkommission „Cold Case“ den Fall wieder ausgriffen und am nächsten Mittwoch, 3. August, wird Moderator Rudi Cerne in „Aktenzeichen XY ungelöst“ um 20.15 Uhr im ZDF erneut die Frage stellen: „Wer hat Wolfgang Knoll gesehen?“, der im Februar 1997 spurlos verschwand und wer kann Angaben machen, die vielleicht auch nach 25 Jahren zu einer Lösung des Falls beitragen?

Quelle: https://www.tah.de/newssingle/neuhaeuser-seit-1997-vermisst-jetzt-ermittelt-aktenzeichen-xy-ungeloest

Wolfgang Knoll wohnte im Holzmindener Ortsteil Neuhaus im Solling, der ein paar Kilometer außerhalb der Stadt gelegen ist und einen dörflichen Charakter hat.

Eine Inaugenscheinnahme seiner Wohnung im Holzmindener Ortsteil Neuhaus, bei der auch ein Leichenspürhund eingesetzt wurde, brachte keine Hinweise auf seinen Verbleib.
Aus den geführten Ermittlungen ergaben sich keine Hinweise auf eine Selbsttötung. Ein Tötungsdelikt kann daher nicht ausgeschlossen werden.

Quelle: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/57895/5284870

Ich komme zufällig aus der Nähe und kannte den Fall bisher noch gar nicht.
Die Fragen, die sich mir stellen:

Wieso schließt die Polizei einen Suizid so explizit aus?

Wer hätte ein Vorteil am Tod von Wolfgang Knoll, wenn es tatsächlich ein Tötungsdelikt war?

kittyka schrieb:Wieso schließt die Polizei einen Suizid so explizit aus?

Das habe ich mich auch gerade gefragt - aber umgekehrt kann man auch die Ermittlungen nicht einfach einstellen und sagen: "Ach, der hat sich bestimmt umgebracht, das legen wir ad acta..." Daher wird man wohl, denke ich, solange man ihn nicht gefunden hat, davon ausgehen, dass ein Verbrechen dahinter steckt.

Letztlich ist die Chance, dass man jemanden der Suizid begangen hat, anschließend findet, ja doch größer als bei einem Verbrechen, wo der Täter sich Mühe gibt, das Opfer zu verstecken. (Natürlich ist es auch bei einem Suizid nicht ausgeschlossen, dass man den betreffenden nicht findet, aber die Wahrscheinlichkeit ist halt doch größer....)

kittyka schrieb:Wieso schließt die Polizei einen Suizid so explizit aus?

Die Polizei schließt einen Suizid nicht explizit aus. Es wird von offizieller Seite nur gesagt, dass man keine Hinweise für einen Suizid gefunden hat. Das ist eine andere Aussage. Es hat also keinen Abschiedsbrief, Tagebucheintragungen, mündliche Ankündigungen gegenüber Dritten, bereits gescheiterte Suizidversuche oder Ähnliches gegeben, was man gefunden und was vielleicht auf einen Suizid hingedeutet hätte.

Bemerkenswert fand ich die Tatsache, dass der Vermisste wegen einer chronischen Hepatitis C stationär behandelt werden sollte.
Zur Hepatitis C fand ich folgende Aussagen:

Die Hepatitis C, auch Leber-Entzündung Typ C genannt, ist die Folge einer Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus. Sie wird vorwiegend über Blutkontakte übertragen. Eine Hepatitis-C-Infektion verläuft meist ohne (nennenswerte) Beschwerden, wird aber oft chronisch. Dann kommt es unter Umständen zu Spätfolgen wie Leber-Zirrhose oder Leber-Krebs. Bislang gibt es keine Impfung gegen den Erreger.

Quelle: https://www.netdoktor.de/krankheiten/hepatitis/c/

Und jetzt kommt es:

Eine der Hauptursachen für eine Hepatitis-C-Infektion ist die HCV-Übertragung beim Konsum von Drogen über eine Vene. Durch das gemeinsame Benutzen von Drogenbesteck wie Spritzen, Kanülen oder Löffeln (zur Vorbereitung der Drogen-Injektion) stecken sich Drogen-Abhängige leicht gegenseitig an.

Quelle: https://www.netdoktor.de/krankheiten/hepatitis/c/

Falls der Vermisste irgendetwas mit dem Drogenmilieu zu tun gehabt haben sollte, dann wird man das die TV-Zuschauer bei Aktenzeichen XY bestimmt mehr oder weniger unverblümt wissen lassen. Warten wir es also ab!

Offenbar lebte der Mann sehr zurückgezogen, denn er wurde erst 2 Monate später als vermisst gemeldet. Wahrscheinlich dann auch mit wenig Kontakt zur Familie.
So wie ich es auch verstanden hatte, geschah das durch eine Nachbarin, der aufgefallen ist, dass in seinem Haus ständig Licht brannte, sie aber niemanden mehr dort sah.

Mir fällt auf, dass die Uniklinik Göttingen damals anscheinend auch nichts unternommen hat. WK war "akut krank" und musste in der Klinik behandelt werden. Er versäumt seinen Termin und keiner fragt mal nach?

birotor schrieb:Mir fällt auf, dass die Uniklinik Göttingen damals anscheinend auch nichts unternommen hat. WK war "akut krank" und musste in der Klinik behandelt werden. Er versäumt seinen Termin und keiner fragt mal nach?

Die haben wahrscheinlich so viele Patienten, da fällt es nicht auf, wenn einer nicht (mehr) kommt.

Das ist die wahrscheinlichste Erklärung, aber natürlich keine Entschuldigung oder Rechtfertigung. Es geht hier ja nicht um einen Termin im Friseursalon. WK war schwer krank. Ein Arzt oder eine Klinik hat da zumindest die moralische Verpflichtung nach dem Rechten zu sehen.

birotor schrieb:Ein Arzt oder eine Klinik hat da zumindest die moralische Verpflichtung nach dem Rechten zu sehen.

Nun ja, wenn ein Patient sich dagegen entscheidet, eine bestimmte Behandlung durchführen zu lassen, dann ist das zunächst mal sein gutes Recht. Und es kommt, wir mir ein Freund mal erzählt hat, der Arzt ist (allerdings in einer Praxis, nicht im Krankenhaus) relativ häufig vor, dass Patienten in einem solchen Fall sich eben nicht abmelden, weil sie meinen, sie müssten sich vor dem Arzt rechtfertigen und ihnen das unangenehm ist... Also kommen sie einfach nicht und tauchen auch nie wieder auf.

Das wird in einer Klinik nicht anders sein, und die haben ganz sicher weder Zeit noch Personal um dann zu jedem Patienten der zu einem Termin nicht erscheint, jemanden nach Hause zu schicken der da mal klingelt und fragt, was denn los ist.

Dass es in diesem Fall, da WK offensichtlich ganz alleine lebte, nochmal eine andere Situation war (er hätte ja z. B. auch bewusstlos in seiner Wohnung liegen können) haben sie vermutlich nicht gewusst.

Ich behaupte auch nicht, dass die Klinik für seinen Tod verantwortlich sei, aber ein Anruf kostet doch nicht all zu viel, oder? Sich ein bisschen um seinen (kranken) Mitmenschen kümmern? Und er hatte dort keinen Termin wegen Schweißfüßen, Hepatitis-C ist eine gefährliche Krankheit, die bei nicht-Behandlung lebensbedrohend ist:

"Die Hepatitis C ist eine durch das Hepatitis-C-Virus verursachte Infektionskrankheit beim Menschen. Sie zeichnet sich durch eine hohe Rate der Chronifizierung aus (bis 80 %), die im Verlauf zu schweren Leberschädigungen wie der Leberzirrhose und dem Leberzellkarzinom führen kann. Die Übertragung erfolgt parenteral über Blut. Eine Therapie der chronischen Hepatitis C, also die vollständige Viruseliminierung, ist durch den Einsatz von direkt antiviral wirksamen Substanzen in bis zu 99 % der Fälle möglich."

Wikipedia: Hepatitis C

Auch hätte die Klinik den Hausarzt von Herrn Knoll informieren können, der ihn auf jeden Fall besser kannte und vielleicht sogar in der Nähe wohnte/seine Praxis hatte.

birotor schrieb:Ich behaupte auch nicht, dass die Klinik für seinen Tod verantwortlich sei, aber ein Anruf kostet doch nicht all zu viel, oder? Sich ein bisschen um seinen (kranken) Mitmenschen kümmern?

Hm, vielleicht haben sie ja bei ihm angerufen? Und vielleicht ist niemand drangegangen? Und dann? Ich verweise auf das fehlende Personal für Hausbesuche bei irgendwem. Und vielleicht haben sie sogar den Hausarzt informiert, der sich dem gleichen Problem gegenübersah?

Ich glaube, Du schätzt die Situation was das Personal im Gesundheitssystem angeht, ein wenig zu optimistisch ein. Das finde ich auch nicht gut, ist aber nun mal leider die Realität, die man übrigens genauso leicht ergoogeln kann wie Informationen über Hepatitis.

kittyka schrieb:So wie ich es auch verstanden hatte, geschah das durch eine Nachbarin, der aufgefallen ist, dass in seinem Haus ständig Licht brannte, sie aber niemanden mehr dort sah.

Aber sowas fällt doch früher auf und nicht erst nach 1,5 Monaten.

1cast schrieb:Aber sowas fällt doch früher auf und nicht erst nach 1,5 Monaten.

Naja, sind ja nicht ihre Stromkosten und evtl hatte sie auch jetzt nicht so den Kontakt zu ihm.

1cast schrieb:Aber sowas fällt doch früher auf und nicht erst nach 1,5 Monaten.

Dass Licht gebrannt hat, muss ja nicht bedeuten, dass die ganze Wohnung von oben bis unten erleuchtet war. Z. B. könnte es ja auch sein, dass das Licht nur in einem Zimmer brannte. Und WK ist im Februar verschwunden, also zu einer Zeit, wo es noch früh dunkel wird. Wenn ich da hin und wieder mal aus dem Fenster schaue und bei dem Nachbarn im Wohnzimmer (nur als Beispiel) brennt das Licht, dann mache ich mir doch erst mal keine Gedanken, weil es eben draußen dunkel ist und dann ist es ja logisch, dass dort Licht brennt.

Es ist je nicht gesagt, dass die Nachbarin ständig und jeden Tag auf das Haus geschaut und dann Buch darüber geführt hat, dass Licht brennt und in welchem Zimmer. Wahrscheinlich ist sie erst misstrauisch geworden, als der Briefkasten voll war oder so etwas.

Also hat es vermutlich länger gedauert, bis überhaupt ein Verdacht aufkam, dass dort etwas nicht stimmt und dass man dann erst einmal gedacht hat "naja, aber im Wohnzimmer ist Licht, also wird schon alles in Ordnung sein" - bis dann eben auffiel, dass das Licht immer, also auch tagsüber brannte. Und auch dann hat man evtl. Hemmungen, die Polizei zu rufen und es ist doch alles ganz harmlos.

Von daher halte ich das nicht für so unwahrscheinlich, dass es 1,5 Monate gedauert hat bis dann wirklich die Polizei gerufen wurden.

brigittsche schrieb:Von daher halte ich das nicht für so unwahrscheinlich, dass es 1,5 Monate gedauert hat bis dann wirklich die Polizei gerufen wurden.

Vor allem dann, wenn der Kontakt vermutlich nur aus einem gelegentlichen Hallo bestand, wenn man sich mal zufällig draußen gesehen hat.

brigittsche schrieb:Also hat es vermutlich länger gedauert, bis überhaupt ein Verdacht aufkam, dass dort etwas nicht stimmt und dass man dann erst einmal gedacht hat "naja, aber im Wohnzimmer ist Licht, also wird schon alles in Ordnung sein" - bis dann eben auffiel, dass das Licht immer,

Es ist schon bezeichnend - und da gebe ich @kittyka recht, dass WK erst nach anderthalb Monaten vermisst wurde.

kittyka schrieb:Offenbar lebte der Mann sehr zurückgezogen, denn er wurde erst 2 Monate später als vermisst gemeldet.

Der Mann scheint sozial einigermaßen isoliert gewesen zu sein. Es wurde ja auch gesagt, dass er arbeitslos war. Allerdings war ja ein stationärer Klinikaufenthalt geplant. Und das wäre ja für jemanden, der ihn vielleicht doch vermisst hätte und der von der geplanten stationären Behandlung wusste, für einige Zeit erst einmal eine Erklärung gewesen, warum man "vom Wolfgang oder von Herrn Knoll nichts sieht oder hört".

kittyka schrieb:Vor allem dann, wenn der Kontakt vermutlich nur aus einem gelegentlichen Hallo bestand

Ich denke mal, dass in einem solchen Fall auch Hemmungen bestehen, jemandem "die Polizei ins Haus zu schicken". Denn dann muss man befürchten, dass doch alles in Ordnung ist und der andere sich aufregt: "Was soll denn das, was geht sie das überhaupt an, mischen sie sich nicht in meine Angelegenheiten!" usw. Also wartet man lieber noch ein bisschen ab, um sicher zu sein, schaut hin und wieder mal nach und schon ist wieder eine Woche vergangen....

Aber warten wir mal ab, wie die Sache bei XY gezeigt wird, vielleicht ist es dann klarer warum es so lange gedauert hat.

Ich bin mal gespannt auf den Filmfall.
In so einem Nest wie Neuhaus hätte das eigentlich auffallen müssen, zumal der Vermisste in einer Siedlung gewohnt hat.
Vielleicht ist er auch auf dem Weg nach Göttingen unter die Räder gekommen. Aber dann hätte er vermutlich das Licht ausgemacht.

Mir war der Fall unbekannt, obwohl ich da in der Nähe gelebt habe. Der Doppelmord an den beiden Polizisten damals war ja damals auch zwischen Neuhaus und Boffzen, das ging extrem durch die Presse.

Vielleicht hatte der Mann auch keinen guten Leumund. Gerade in kleinen Dörfern wie Neuhaus weiß doch jeder alles.
Und er hatte ja Hepatitis. Vielleicht war da ja auch so die Denke, sich von dem Mann fernzuhalten. Mit dem stimmt was nicht und so....
man weiß es nicht.