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Wenn die Opferseite Vertrauen in den Verlauf der Ermittlungen verliert

234 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Polizei, Todesfall, Vertuschung ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Wenn die Opferseite Vertrauen in den Verlauf der Ermittlungen verliert

07.09.2023 um 00:53
Zitat von redsherlockredsherlock schrieb:Was ja durchaus auch stimmen mag. Und jetzt? Geht halt nicht aus formalen Gründen!
Gott sei Dank geht das nicht und zwar nicht aus formalen, sondern aus juristischen Gründen.
Besagte Dame hat bereits öffentlich mehrere Andeutungen zu Verdächtigungen ab gelassen und hat u.a. einen Polizeieinsatz mit Hausdurchsuchung ausgelöst, weil sie angeblich über ein Internetforum Hinweise zu verdächtigen Personen bekommen hat.

Und sie kennt sich ganz sicher nicht am besten in diesem Fall aus. Nur weil jemand Hobbydetektiv spielt, bedeutet das nicht, dass er "einen Fall kennt".
Woher sollte sie das Wissen denn auch haben?!

Sie ist Außenstehende. Und das verstehen Angehörige in solchen Fällen leider nicht. Sie haben mit den Ermittlungen nichts zu tun, die Polizei darf ihnen gar keine Auskunft zum Ermittlungsstand und schon gar nicht zu Details geben.
Es geht bei solchen Ermittlungen nicht darum, den Angehörigen irgendeine Erleichterung durch Gewissheit zu verschaffen, sondern einzig und allein darum, einen Täter zu ermitteln, dem dann der Prozess gemacht werden kann.

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Wenn die Opferseite Vertrauen in den Verlauf der Ermittlungen verliert

07.09.2023 um 06:40
Dies ist ein emotionales Thema, aber dabei darf man nicht die Grenzen der Möglichkeiten der Gesellschaft vergessen. Natürlich ist man erst mal ganz auf der Seite der Opfer, besonders bei schweren Verbrechen oder auch in Fällen, wo ein Verbrechen naheliegt. Wer würde nicht mit ganzem Herzen die Eltern eines verschwundenen oder gar ermordeten Kindes unterstützen?

Dennoch muss man auch bedenken, dass es sich bei allen Beteiligten um Menschen handelt, die nicht unfehlbar sind, und dass die Gesellschaft auch Grenzen setzt. Die Vorstellung, dass die Polizei eine 50-köpfige Sonderkommission monatelang ermitteln lässt, um einen Diebstahl einer Sache, die objektiv 20 Euro kostet, dem Opfer aber aus sentimentalen Gründen unersetzbar erscheint, ist absurd. Das verstehen wohl auch die meisten, obwohl es kein Trost für das Opfer ist.

Das Justizsystem sieht die Sache daher auch so, wie einige Vorredner hier schon bemerkt haben: der "Staatsanwalt" ist genau das, was sein Titel sagt: er ist Anwalt des Staates, der Gesellschaft, des Volkes etc. (in anderen Ländern wird er daher Volksanwalt usw. genannt). Er oder sie vertritt nicht das Opfer, sondern die Gemeinschaft, die durch die Tat ebenfalls Opfer geworden ist, aber eben nur in dem Masse, wie die Gesamtgesellschaft das für notwenig erachtet und entsprechende Ressourcen zur Verfügung stellt. Für die Verfolgung eines Diebstahls einer geringwertigen Sache, sind diese eben weitaus begrenzter als für einen sadistischen Mord an einem Kind, usw.

Hier sieht man also schon einen potentiellen Konflikt zwischen Opfer und Behörden, der ist auch nicht in allen Fällen lösbar, wie mein Beispiel deutlich macht.

Dazu kommt dann, dass die Einschätzung, wann ein "Fehler" vorliegt, natürlich auch nur aus einer in gewissem Masse emotionalen Sicht vorliegt: freilich gibt es immer wieder Fälle, wo ein Opfer, ein Aussenstehender und sogar Fachleute, wie z.B. andere Polizeibeamte der Meinung sind, die Ermittler haben nicht genug getan, nicht genug gefragt, nicht genug Druck auf Verdächtige ausgeübt usw. usw. In krassen Fällen kann man durchaus durch bestimmte Prozeduren Erfolg haben, solche vermeintlichen Fehler vielleicht korrigieren zu lassen. Aber ganz allgemein muss man sich wohl damit abfinden, so schrecklich das für ein Opfer auch scheinen mag, dass wir es eben nur mit fehlbaren Menschen zu tun haben, seien die Polizisten, Staatsanwälte, Rechtsmediziner usw usw.

Was die Beteiligung von Opfern an Ermittlungen angeht, gibt es freilich auch gute Gründe dafür, diese normalerweise nicht zu erlauben. Ermittler werden bei ihrer Arbeit immer wieder Unschuldigen begegnen, aber durchaus Informationen über diese sammeln. Wer möchte schon, dass der Nachbar, bei dem eingebrochen wurde, erfährt, dass ich, obwohl ganz unschuldig an dem Einbruch, die Tatnacht mit dem Anschauen von Pornos verbracht habe? Der Polizist ist verpflichtet, solche Informationen für sich zu behalten, die Nachbarin, die der festen Überzeugung ist, ich habe den Einbruch verübt ist eher geneigt, diese Information in der Nachbarschaft zu verbreiten... das nur mal als Beispiel.

Aus diesen Gründen ist der Einblick in Ermittlungsakten sehr stark reglementiert, und ich denke, die Gründe sind gut.

Insofern kann man sagen: die Gesellschaft sollte alles tun, um sehr gut ausgebildete und gewissenhaft vorgehende Ermittler in ihren Reihen zu haben, aber diesen gebührt dann auch ein gewisses Vertrauen, dass sie ihre Arbeit gut machen, und nicht korrupt sind.

In der Hinsicht geht es in Deutschland vermutlich der Gesellschaft weit besser als in den meisten anderen Ländern der Welt. Daran, den hohen Standard zu halten, sollte man immer arbeiten.


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Wenn die Opferseite Vertrauen in den Verlauf der Ermittlungen verliert

07.09.2023 um 10:31
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Opfer/Angehörige haben zum einen (meistens) überhaupt keine Fach- und Sachkenntnis im Bereich von kriminalistischen Ermittlungen und Rechtssprechung.
Ja, vermutlich ist das in den meisten Fällen so. Allerdings kann man ihnen das nicht zum Vorwurf machen und sollte ihnen das mMn auch nicht zum Nachteil gereichen.

Ich darf ja auch von meiner Zahnärztin erwarten, dass sie ihren Job ordentlich macht, ohne dass ich über zahnärztliche Fachkenntnisse verfüge. Falls sie einen schwerwiegenden Fehler machen sollte, kann ich entsprechende Rechtsmittel in Anspruch nehmen. Auch eine Biologie-Lehrerin sollte in der Lage sein, durchschnittlich intelligenten Schülerinnen den Lernstoff beizubringen, ohne dass Eltern eine fachliche Zusatzqualifikation für Nachhilfe benötigen. Wenn das Kind in diesem Fach nur 5en schreibt, und sonst überall 2en hat, dann würde man sich zwecks Klärung an die Lehrerin und ggf. die Schulleitung wenden. Auch mit dem Bäcker möchte ich nicht über seine Küchengeräte fachsimpeln, sondern einfach nur ein Brot kaufen. Wenn sich in dem Brot eine Schraube aus der Teigmaschine befindet, an der ich fast erstickt wäre, lasse ich das auch nicht auf sich beruhen. Das sind jetzt vllt nicht die besten Beispiele, aber sie illustrieren doch ansatzweise, dass wir in vielen Dingen keine Experten und Expertinnen sind und auch gar nicht sein können/wollen. Dennoch haben wir das Recht bei fachlichen Fehlleistungen u. beruflicher Inkompetenz zu unserem Nachtteil (bzw. dem von Familienangehörigen) eine Aufklärung und/oder (Schadens)Ersatzleistung zu verlangen.

Weshalb nun Opfer und Hinterbliebene in vollkommener Ahnungslosigkeit und rechtlos verweilen sollen, während Täter sogar die Adressen ihrer Opfer und von Zeugen durch Akteneinsichtnahme erhalten, erklärt sich für Nicht-Experten nicht von selbst. Deshalb ist hier Aufklärung erforderlich. Um dazu ein Beispiel anzubringen: Eine ältere Damen aus der Nachbarschaft wurde beraubt und dabei körperlich verletzt, der Täter später gefasst und verurteilt. Aus der Haft hatte er dem Opfer einen Brief mit einer Entschuldigung geschickt. Die alte Dame war vollkommen verstört und regelrecht traumatisiert, dass der Täter ihre Adresse kannte, das hat ihre Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigt, denn sie hat fortan in ständiger Angst gelebt. Nicht nur an solchen Beispielen zeigt sich mMn, dass das Recht auf Akteneinsicht hinsichtlich des Datenschutzes zugunsten von Opferinteressen irgendwie reformbedürftig scheint? Die schutzwürdigen Interessen von (mutmaßlichen) Tätern sollten mMn die von Opfern nicht überwiegen. Der Datenschutz sollte daher prinzipiell und umfassend gewährleistet sein. Akteneinsichtnahme darf nicht zum Missbrauch von sensiblen Daten, wie im o.g. Beispiel, führen.

So wie ich es verstanden habe, soll dieser Thread zur Aufklärung über die Probleme bei der Vertretung von Opfer- und Hinterbliebeneninteressen beitragen. Und die Vermittlungsschwierigkeiten zwischen Experten und Laien sind wohl ein Teil davon. In dieser Hinsicht sind mMn insbesondere die Experten gefragt, mit Missverständnissen aufzuräumen, damit die Diskussion produktiv werden kann. Von Vorteil wäre dabei, nicht nur darauf hinzuweisen, was nicht geht und was absurd und unwahrscheinlich ist. Sondern welche Möglichkeiten/Rechte die Opfer und Hinterbliebenen realistischerweise haben, sich ausreichend zu informieren und sich ausreichend informiert zu fühlen, um nicht in erlernter Hilflosigkeit zu versinken.


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07.09.2023 um 10:56
Zitat von inextensoinextenso schrieb:Ich darf ja auch von meiner Zahnärztin erwarten, dass sie ihren Job ordentlich macht, ohne dass ich über zahnärztliche Fachkenntnisse verfüge
Das dürfte bei Beauftragung anderer Handwerker genau so sein.
Zitat von inextensoinextenso schrieb:Falls sie einen schwerwiegenden Fehler machen sollte, kann ich entsprechende Rechtsmittel in Anspruch nehmen.
Natürlich. Hier gehts aber darum erst einmal in Erfahrung zu bringen ob ein Behandlungsfehler unterlaufen ist. Ist bei der Zahnärztin recht einfach. Du wendest dich an deine Krankenkasse, die beauftragt einen Gutachter und der schaut sich das an.
Wie läuft das bei Staatsanwaltschaft/Polizei? Ist es da genau so simpel?
Zitat von inextensoinextenso schrieb:. Die alte Dame war vollkommen verstört und regelrecht traumatisiert, dass der Täter ihre Adresse kannte, das hat ihre Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigt, denn sie hat fortan in ständiger Angst gelebt.
Verständlich. Ist so für mich auf Anhieb auch nicht einsichtig.
Zitat von inextensoinextenso schrieb:Die schutzwürdigen Interessen von (mutmaßlichen) Tätern sollten mMn die von Opfern nicht überwiegen.
Auch hier, Zustimmung.


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Wenn die Opferseite Vertrauen in den Verlauf der Ermittlungen verliert

07.09.2023 um 10:58
"Verletzte" könnte missverstanden werden.

Bedeutung in §§ der Strafprozessordnung:
Hervorhebungen durch mich, damit Laien beim (ersten) Lesen nicht durch weitere Begriffe verwirrt werden.
1) Im Sinne dieses Gesetzes sind Verletzte diejenigen, die durch die Tat, ihre Begehung unterstellt oder rechtskräftig festgestellt, in ihren Rechtsgütern unmittelbar beeinträchtigt worden sind oder unmittelbar einen Schaden erlitten haben.
(2) Verletzten im Sinne des Absatzes 1 gleichgestellt sind
1.
der Ehegatte oder der Lebenspartner,
2.
der in einem gemeinsamen Haushalt lebende Lebensgefährte,
3.
die Verwandten in gerader Linie,
4.
die Geschwister und
5.
die Unterhaltsberechtigten
einer Person, deren Tod eine direkte Folge der Tat
, ihre Begehung unterstellt oder rechtskräftig festgestellt, gewesen ist.
Quelle: Strafprozeßordnung (StPO) § 373b Begriff des Verletzten

Fachsprachen sind z. T. wie Fremdsprachen: Rechtsbegriffe, wie o. g. „Verletzte“ können im verwendeten jur. Kontext andere Bedeutungen haben als in der Alltagssprache

Der Begriff kommt z. B. in § 406e StPO vor, der hier schon erläutert wurde:
Zitat von inextensoinextenso schrieb:Ja, die Strafverteidigung schon. Aber es geht hier um die Akteneinsicht von Opferanwälten/Nebenklägern und Hinterbliebenen als mittelbar Betroffenen einer Straftat.



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Wenn die Opferseite Vertrauen in den Verlauf der Ermittlungen verliert

07.09.2023 um 11:01
Zitat von inextensoinextenso schrieb:Sondern welche Möglichkeiten/Rechte die Opfer und Hinterbliebenen realistischerweise haben, sich ausreichend zu informieren und sich ausreichend informiert zu fühlen, um nicht in erlernter Hilflosigkeit zu versinken.
Und welche Rechtsmittel ihnen z.B. im Fall der Fälle zur Verfügung stehen, eine Aufklärung (vermeintlicher) Ermittlungspannen einzufordern. Das wird bei laufenden Ermittlungen aus Datenschutzgründen nicht gehen, aber bei abgeschlossenen Fällen vllt schon? Wenn durch anwaltliche Akteneinsicht eklatante Versäumnisse, Widersprüche und Unklarheiten zutage treten, dann muss es doch eine Möglichkeit geben, solche Dinge stellvertretend nachzufragen und aufklären zu lassen? Gibts, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, eine Auskunfts- bzw. Informationsplicht der EB? Gibts Beschwerdemöglichkeiten und behördeninterne und externe Aufsichts- und Kontrollinstanzen, die sich damit befassen?


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07.09.2023 um 11:12
Zitat von inextensoinextenso schrieb:Weshalb nun Opfer und Hinterbliebene in vollkommener Ahnungslosigkeit und rechtlos verweilen sollen, während Täter sogar die Adressen ihrer Opfer und von Zeugen durch Akteneinsichtnahme erhalten, erklärt sich für Nicht-Experten nicht von selbst. Deshalb ist hier Aufklärung erforderlich.
Kann ich nicht unbedingt nachvollziehen.
Ich habe z.B. in einem Fall eine Zeugenaussage gemacht und weiß, dass die Angeklagten versuchten herauszubekommen, wer denn der Übeltäter war, der bei der Polizei geplaudert hat. Sie haben trotz Akteneinsicht keine Auskunft bekommen. Die Staatsanwaltschaft hat die entsprechenden Unterlagen nicht herausgegeben.


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07.09.2023 um 12:13
Zitat von inextensoinextenso schrieb:Weshalb nun Opfer und Hinterbliebene in vollkommener Ahnungslosigkeit und rechtlos verweilen sollen, während Täter sogar die Adressen ihrer Opfer und von Zeugen durch Akteneinsichtnahme erhalten, erklärt sich für Nicht-Experten nicht von selbst. Deshalb ist hier Aufklärung erforderlich. Um dazu ein Beispiel anzubringen: Eine ältere Damen aus der Nachbarschaft wurde beraubt und dabei körperlich verletzt, der Täter später gefasst und verurteilt. Aus der Haft hatte er dem Opfer einen Brief mit einer Entschuldigung geschickt. Die alte Dame war vollkommen verstört und regelrecht traumatisiert, dass der Täter ihre Adresse kannte, das hat ihre Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigt, denn sie hat fortan in ständiger Angst gelebt.
Zunächst stellt sich mir die Frage, wie gelangte der Verurteilte überhaupt an die Adresse des Opfers. Wenn die Dame in dem Prozess ausgesagt hat, evtl. als Nebenklägerin aufgetreten ist, dann könnte ich mir gut vorstellen, dass er ihre Anschrift dem Urteil entnommen hat.


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Wenn die Opferseite Vertrauen in den Verlauf der Ermittlungen verliert

07.09.2023 um 12:44
Zitat von inextensoinextenso schrieb:Ich darf ja auch von meiner Zahnärztin erwarten, dass sie ihren Job ordentlich macht, ohne dass ich über zahnärztliche Fachkenntnisse verfüge. Falls sie einen schwerwiegenden Fehler machen sollte, kann ich entsprechende Rechtsmittel in Anspruch nehmen. Auch eine Biologie-Lehrerin sollte in der Lage sein, durchschnittlich intelligenten Schülerinnen den Lernstoff beizubringen, ohne dass Eltern eine fachliche Zusatzqualifikation für Nachhilfe benötigen. Wenn das Kind in diesem Fach nur 5en schreibt, und sonst überall 2en hat, dann würde man sich zwecks Klärung an die Lehrerin und ggf. die Schulleitung wenden. Auch mit dem Bäcker möchte ich nicht über seine Küchengeräte fachsimpeln, sondern einfach nur ein Brot kaufen. Wenn sich in dem Brot eine Schraube aus der Teigmaschine befindet, an der ich fast erstickt wäre, lasse ich das auch nicht auf sich beruhen. Das sind jetzt vllt nicht die besten Beispiele, aber sie illustrieren doch ansatzweise, dass wir in vielen Dingen keine Experten und Expertinnen sind und auch gar nicht sein können/wollen. Dennoch haben wir das Recht bei fachlichen Fehlleistungen u. beruflicher Inkompetenz zu unserem Nachtteil (bzw. dem von Familienangehörigen) eine Aufklärung und/oder (Schadens)Ersatzleistung zu verlangen.
Die Beispiele sind insofern schlecht gewählt, als dass hier den Rechtsgeschäften verschiedene Vertragsarten zugrunde liegen.

Der Bäcker ist insofern ein schlechtes Beispiel, als dass beim Kauf eines Brotes zunächst mal ein Kaufvertrag zustande kommt. Du schuldest dem Bäcker den Kaufpreis und der Bäcker Dir die Lieferung einer einwandfreien Sache, also in Deinem Beispiel eines Brotes ohne Schraube.

Bei Geschäften mit anderen Handwerkern liegt regelmäßig ein Werkvertrag zugrunde. Das bedeutet, der Handwerker verpflichtet sich dem Auftragnehmer gegenüber zur Herstellung eine einwandfreien Sache. Ein Gas-Wasser-Installateur z.B. zur Herstellung eine dichten Rohrleitung, ein Dachdecker eines dichten und haltbaren Daches und ein Schreiner eines Stuhles, der nicht zusammenbricht, wenn man draufbricht.

Das Beispiel eines Zahnarztes ist insofern schlecht gewählt, dass Zahnärzte tatsächlich auch oft Werkverträge mit ihren Patienten abschließen. Z.B. wenn sie eine Zahnfüllung machen, verpflichten sie sich zur Herstellung eben dieser Füllung.
Den allermeisten ärztlichen Leistungen liegt aber tatsächlich kein Werk- sondern ein Dienstvertrag zugrunde. D.h. ein Arzt schuldet seinem Patienten dabei nicht die Heilung, sondern nur eine sorgfältige Untersuchung und Behandlung. Da ein Krankheits- und Heilungsgeschehen so komplex ist und von vielen Dingen beeinflusst wird, die außerhalb des Einflussbereiches des Arztes liegen, kann er nicht verpflichtet sein, seinen Patienten eine Heilung abzuliefern. So gibt es individuelle Aspekte des Patienten, die in den Heilungsverlauf reinspielen, z.B. Vorerkrankungen oder kritische Begleit- oder Folgeerkrankungen, die die Heilung erschweren oder unmöglich machen. Oder besonders aggressive Krankheitserreger oder Krebsformen, die eben nicht heilbar sind.
D.h. ein Arzt ist zu einer sorgfältigen Untersuchung, Diagnosestellung und Therapie verpflichtet, die den aktuellen Regeln der Medizin entspricht. Natürlich kann er dabei Fehler begehen, z.B. fahrlässig eine bestimmte Untersuchung unterlassen, eine falsche Therapie verschreiben, eine Dosierung falsch berechnen.
Passiert das, kann ein Patient natürlich auch den Arzt verklagen. Aber niemand kann einen Arzt verklagen, weil der seine Krebserkrankung nicht heilen kann.

Und nach dieser langen Ausführung kommen wir jetzt mal zurück auf die Ermittlungsbehörden:

Auch Ermittler unterliegen eben keinem Werksvertrag (davon abgesehen ist das Opfer bzw. die Hinterbliebenen eines Opfers ja auch gar kein der Vertragspartner der Ermittler, also nicht derjenige, dem eine bestimmte (Dienst-)leistung zusteht, aber darauf gehe ich in einem separaten Beitrag ein, das hier wird eh schon eine recht lange Ausführung.)
Sie schulden bei ihrer Arbeit nicht die "Lösung des Falles" oder die "Ermittlung eines Täters". Das ist gar nicht möglich, weil auf der anderen Seite eben ein Täter steht, der alles tut, um nicht ermittelt zu werden. Weil, genau wie bei einer Krankheitsgeschichte, viel zu viele Unwägbarkeiten in die Ermittlung hereinspielen, die nicht von den Ermittlern verantwortet werden müssen. Z.B. dass sie von Zeugen absichtlich belogen werden, dass sich eine Zeuge falsch erinnert oder dass eine Spur so gut versteckt ist, dass sie nicht gefunden wurde.

Um beim Beispiel "Spur" zu bleiben, bedeutet das z.B. dass die Ermittler einen Tatort sorgfältig untersuchen und dokumentieren müssen. Dass man von ihnen aber nicht erwarten kann, dass absolut jede Spur gefunden wird.

Das vergessen die Angehörigen, die die Ermittlungen kritisieren leider häufig. Im Nachhinein ist man immer schlauer und sagt, dass man diese oder jene Spur doch gleich von Anfang an hätte verfolgen müssen, dann wäre man den Täter schon nach 5 Tagen und nicht erst nach 5 Jahren auf die Schliche gekommen.
Es ist im Rückblick natürlich leicht, mit dem nackten Finger auf die eine Spur zu zeigen, die dann am Ende zur Klärung des Falles geführt hat. Das ist keine Kunst, es ist dann eben wie so ein Labyrinthrätsel aus der Tageszeitung einfach von hinten zu lösen; da gibt es dann tatsächlich eine ganz direkten Weg zum Eingang und es ist total klar, an welcher Stelle man wie abbiegen muss.

Vieles was die Angehörigen in solchen Fällen also als "Ermittlungsfehler", Ermittlungspanne" oder "einseitige Ermittlungen" kritisieren, ergibt sich bei genauerer Betrachtung aber als zum damaligen Zeitpunkt logischer Ermittlungsschritt aus dem zeitlichen Ablauf des Geschehens.

Um bei dem von mir angeführten Beispiel zu bleiben: eine 21-jährige Schülerin "schwänzt" die Schule, geht nicht ans Handy und ruft 2 Tage später persönlich bei ihrem Mitbewohner an um bescheid zu sagen, dass alles in Ordnung ist und sie bald nach Hause komme.
In meinen Augen ist es die absolut logische Entscheidung der Polizei dann zu sagen, dass das kein Fall für polizeiliche Ermittlungen ist. Die Tochter ist volljährig, es gibt eine Lebenszeichen und nach eigener Aussage ist bei ihr alles in Ordnung.
Die Behauptung, hier liege ein Versäumnis der Polizei vor, ist einfach falsch. Das ist keine Ermittlungspanne. Im Nachhinein ist der Verlauf des Geschehens natürlich tragisch und auch fatal, hier ist es dem Täter gelungen, sein Verbrechen dadurch zu tarnen und den Beginn von Ermittlungen zu verzögern. Aber es ist kein Polizeifehler, sondern eben ein böser Schachzug des Täters.


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Wenn die Opferseite Vertrauen in den Verlauf der Ermittlungen verliert

07.09.2023 um 13:07
Zitat von inextensoinextenso schrieb:Ich darf ja auch von meiner Zahnärztin erwarten, dass sie ihren Job ordentlich macht, ohne dass ich über zahnärztliche Fachkenntnisse verfüge. Falls sie einen schwerwiegenden Fehler machen sollte, kann ich entsprechende Rechtsmittel in Anspruch nehmen. Auch eine Biologie-Lehrerin sollte in der Lage sein, durchschnittlich intelligenten Schülerinnen den Lernstoff beizubringen, ohne dass Eltern eine fachliche Zusatzqualifikation für Nachhilfe benötigen. Wenn das Kind in diesem Fach nur 5en schreibt, und sonst überall 2en hat, dann würde man sich zwecks Klärung an die Lehrerin und ggf. die Schulleitung wenden. Auch mit dem Bäcker möchte ich nicht über seine Küchengeräte fachsimpeln, sondern einfach nur ein Brot kaufen. Wenn sich in dem Brot eine Schraube aus der Teigmaschine befindet, an der ich fast erstickt wäre, lasse ich das auch nicht auf sich beruhen. Das sind jetzt vllt nicht die besten Beispiele, aber sie illustrieren doch ansatzweise, dass wir in vielen Dingen keine Experten und Expertinnen sind und auch gar nicht sein können/wollen. Dennoch haben wir das Recht bei fachlichen Fehlleistungen u. beruflicher Inkompetenz zu unserem Nachtteil (bzw. dem von Familienangehörigen) eine Aufklärung und/oder (Schadens)Ersatzleistung zu verlangen.
Jetzt zu meiner zweiten Kritik an Deinen Beispielen und der dahinter liegenden Auffassung:

Das Opfer und/oder seinen Angehörigen oder die Hinterbliebenen eines Opfers sind eben nicht die Auftraggeber der Ermittlungen. Die Untersuchungen sind nicht dazu da, damit das Opfer eine Entschädigung einklagen kann, damit es seinen Seelenfrieden wieder findet oder damit die Tat an ihm "gerächt" werden kann. Die Ermittlungen finden, wie @Rick_Blaine ja oben bereits erklärt hat, im Auftrag der Staatsanwaltschaft, also im weiteren Sinne im Auftrag des Staates, der Gemeinschaft bzw. der Gesellschaft eines Staates statt.

Natürlich ist es für Opfer und Angehörige schlimme, wenn also eine Tat gar nicht geklärt werden kann oder es erst nach Jahren gelingt, sie zu klären. Niemand wird absprechen, dass Opfer und/oder Angehörige in dieser Zeit psychisch und emotional leiden. Außerdem haben Opfer oft auch mehr oder weniger große Nachteile aus einer Straftat, im einfachsten Fall, weil ihnen materieller Schaden entstanden ist, wenn ein Täter ihnen etwas stiehlt oder beschädigt, in komplexeren Fällen, weil sie z.B. einen Verdienstausfall haben, bestimmte Therapien brauchen oder Schmerzen erleiden müssen, weil die Tat schlimme körperliche oder seelische Folgen für sie hat.

Aber diese Nachteile haben doch nicht die Ermittler zu verantworten, sondern der Täter!!! Wie kommt man darauf, zu sagen, man könne von Ermittlern (oder wohl eher den ermittelnden Instanzen), denen es nicht gelingt, einen Täter zu ermitteln, eine Schadensersatzleistung verlangen?

Und wie will ich den Schaden bemessen, der dadurch entsteht, dass eine Tat erst nach 5 Jahren geklärt wird oder gar nicht?
Wenn jemand mein Auto aufbricht und kein Täter ermittelt werden kann, dann soll die Polizei mir eine neue Autoscheibe bezahlen und das gestohlene Navigerät ersetzen?
Welcher Schaden entsteht einer Mutter, deren Tochter nach einer Party verschwindet weil sie verunfallt ist und deren Leiche erst nach 8 Jahren statt nach 8 Tagen gefunden wird?

Die Angehörigen wollen nicht an einen Unfall glauben und argumentieren, dass man bei einem Leichenfund nach 8 Tagen eine Fremdeinwirkung hätte nachweisen können (z.B. durch Abwehrverletzungen), dass das aber nach 8 Jahren natürlich nicht mehr möglich ist.
Welcher Schaden ist denn jetzt den Angehörigen entstanden, den sie Deiner Meinung nach ersetzt bekommen müssten?
Welcher Vorteil wäre es FÜR DIE ANGEHÖRIGEN gewesen, wenn nach 8 Tagen eine Fremdeinwirkung und nach 80 Tagen einen Täter hätte ermittelt werden können, anstatt nach 8 Jahren akzeptieren zu müssen, dass die Tochter tragisch verunfallt ist?!
Sicher, ihnen wären 8 Jahre Ungewissheit erspart geblieben und dass 8 Jahre Ungewissheit ein Nachteil sind, steht außer Frage. Aber wie will ich diesen Nachteil als Schaden beziffern? Und welchen Anteil an diesem Schadens will ich den Ermittlern anlasten?
Die Behauptung, man hätte damals eine Fremdeinwirkung feststellen können, ist doch rein fiktiv, wahrscheinlich hätte man auch damals nur einen Unfall feststellen können, weil es eben ein Unfall war. Und damit fällt ein Großteil des angeblich erlittenen Schadens doch schon mal weg.
Und welcher Vorteil wäre es gewesen, mit dem Bewusstsein weiterleben zu können, dass die Tochter einem Mörder/Totschläger zum Opfer gefallen ist, der im Gefängnis seine Strafe verbüßt? Wohlgemerkt nur relativ zur tatsächlichen Situation, die sich aus dem Fund der Leiche nach 8 Jahren ergeben hat.


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07.09.2023 um 15:00
Da war doch auch der Fall Kalinka Bamberski. Die ca. 14jährige war bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater am Bodensee in den Sommerferien und ist dann wegen eines "Sonnenstichs" gestorben (Diagnose vom Stiefvater, Dr. Krombach). Da hat der leibliche Vater, André Bamberski, Jahrzehnte mit allen Mitteln darum gekämpft, dass a) bewiesen wurde, dass es ein Tötungsdelikt war und b), dass Dr. Krombach auch seine Haftstrafe antreten muss;

Siehe der Fall; Der Fall DR.Krombach (Beitrag von Samnang)


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Wenn die Opferseite Vertrauen in den Verlauf der Ermittlungen verliert

07.09.2023 um 15:37
Zitat von svizzerasvizzera schrieb:Da hat der leibliche Vater, André Bamberski, Jahrzehnte mit allen Mitteln darum gekämpft, dass a) bewiesen wurde, dass es ein Tötungsdelikt war und b), dass Dr. Krombach auch seine Haftstrafe antreten muss;
Das ist ja nun nur die halbe Wahrheit. Dazu gehört auch, dass André Bamberski anschließend wegen Entführung und Freiheitsberaubung in Frankreich verurteilt worden ist.
Der Mann hat sich der Selbstjustiz bedient. Findest Du das jetzt einen Fall, den man als Beispiel dafür anführen sollte, wie Opfer das Recht in die eigene Hand nehmen und beugen, um zu dem ihnen ihrer Meinung nach zustehende Recht zu kommen?


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07.09.2023 um 15:47
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Der Mann hat sich der Selbstjustiz bedient. Findest Du das jetzt einen Fall, den man als Beispiel dafür anführen sollte, wie Opfer das Recht in die eigene Hand nehmen und beugen, um zu dem ihnen ihrer Meinung nach zustehende Recht zu kommen?
Ich bin gegen Selbstjustiz. Ich würde das hier aber nicht so benennen, es handelt sich eher um eine Selbstaufklärung des Falles. Weil andere Stellen offenbar versagt haben.


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Wenn die Opferseite Vertrauen in den Verlauf der Ermittlungen verliert

07.09.2023 um 16:02
Inzw. gibt es viele sachliche Beiträge, die u. a. mit Leben füllen, was ich anfangs nur anreißen konnte :-)

Wer den Eingangspost komplett gelesen hat weiß, es geht hier nicht um Ermittlerschelte.
Jedoch gibt es Fälle, in denen zumindest etwas schiefläuft. Normalbürger sind dann gegenüber Ermittlungsbehörden in der schwächeren Position.

Wäre der Hinterbliebene Wolfgang Sielaff nicht selbst Ermittler gewesen, wären grausame Verbrechen evtl. bis heute unaufgeklärt. Die Leiche seiner Schwester wäre evtl. nie gefunden worden, wenn er nichts hätte tun können, außer sich an Zeitungen zu wenden.
Vielleicht wären manche ZeitungsleserInnen von freiwilligem Verschwinden des Opfers überzeugt gewesen. Nur hätten sie es damals nicht so leicht gehabt wie heute, sich öffentlich über Opfer o. Angehörige despektierlich bzw. pietätlos zu äußern.

Die Kritik an Beispielen sollte uns nicht die relevanten Fragen verlieren lassen. Ich fasse die Beispiele sinngemäß zusammen: Auf anderen Rechtsgebieten weiß man eher, was man unternehmen kann.
In diesem Thread suchen wir Antworten auf Fragen wie:
Zitat von inextensoinextenso schrieb:§ 406e Akteneinsicht (StPO) gilt meiner laienhaften Meinung nach aber ohnehin nur, wenn es zu einer Anklage und einem Gerichtsverfahren kommt. Aber wie sieht es bei langjährigen Vermisstenfällen oder ungeklärten Verbrechen aus? Wenn die Ermittlungen ergebnislos eingestellt worden sind? Existiert dann auch ein Rechtsanspruch der Opfer/Hinterbliebenen auf Akteneinsicht? Denn wer sonst (außer vllt noch Journalisten) hätte ein Interesse daran, Ermittlungsfehler und Versäumnisse aus den Akten zu extrahieren?
Und
Zitat von inextensoinextenso schrieb: (...) welche Möglichkeiten/Rechte die Opfer und Hinterbliebenen realistischerweise haben, sich ausreichend zu informieren und sich ausreichend informiert zu fühlen, um nicht in erlernter Hilflosigkeit zu versinken.
(Zu Wolfgang Sielaff siehe Eingangspost)


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07.09.2023 um 17:20
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Die Beispiele sind insofern schlecht gewählt, als dass hier den Rechtsgeschäften verschiedene Vertragsarten zugrunde liegen.
Vielen Dank für deine umfangreichen Ausführungen, aber Du hast mich missverstanden bzw. habe ich mich vmtl. auch missverständlich ausgedrückt. Tut mir leid. Anhand der Beispiele wollte ich lediglich darauf aufmerksam machen, dass wir nicht in allen Lebensbereichen Expertenwissen haben (können).
Zitat von inextensoinextenso schrieb:Das sind jetzt vllt nicht die besten Beispiele, aber sie illustrieren doch ansatzweise, dass wir in vielen Dingen keine Experten und Expertinnen sind und auch gar nicht sein können/wollen.
Der folgende Satz
Zitat von inextensoinextenso schrieb:Dennoch haben wir das Recht bei fachlichen Fehlleistungen u. beruflicher Inkompetenz zu unserem Nachtteil (bzw. dem von Familienangehörigen) eine Aufklärung und/oder (Schadens)Ersatzleistung zu verlangen.
sollte zudem in keiner Weise nahe legen, dass die Rechte als Patient, Eltern oder Konsument mit denen von Opfern oder Hinterbliebenen in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vergleichbar seien oder sein sollten. Entsprechend wurden und werden von mir auch keine Überlegungen hinsichtlich Ersatzleistungen gegenüber den Ermittlungsbehörden getätigt.

Aber noch mal danke für die Mühe, die Du dir gemacht hast.


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Wenn die Opferseite Vertrauen in den Verlauf der Ermittlungen verliert

07.09.2023 um 19:37
Leider bin ich Opfer-Angehörige und war Nebenklägerin. Von den Ermittlungen der Polizei habe ich keine Updates bekommen, nichtmal die Todesursache wurde mir genannt. Mir wurde nur empfohlen mir Hilfe zu holen und Nebenklage einzureichen. Zwei Wochen vor Verhandlungsbeginn habe ich dann die Todesursache erfahren (was wichtig für mich war), andernfalls hätte ich das wohl erst in der Zeitung gelesen.

In der Verhandlung hat sich herausgestellt dass die Polizei nicht immer sauber gearbeitet hat. Mein Anwalt hat auch befürchtet dass wg gewisser Fehler nochmal neu verhandelt werden muss. Mehr als Kopf schütteln konnte ich nicht, nur hoffen dass die Richter zu einem angemessenen Urteil kommen. Zum Glück war das dann der Fall, wobei ich mir ein höheres Strafmaß erhofft hätte. Die Gegenseite ist in Berufung gegangen, aber der BGH hat das Urteil letztendlich bestätigt.

Im großen und ganzen war ich zufrieden mit der Arbeit von Polizei und Gericht. Aber man fühlt sich halt total ausgeliefert.


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08.09.2023 um 02:47
Der Fall des vermissten Bauern Rudolf Rupp aus dem Jahre 2001 ist ein weiteres Beispiel für eine wildgewordene Polizei und Justiz.

Die Polizei beschuldigte seine geistig minderbemittelte Familie, ihn an die Hunde verfüttert zu haben. Man setzte diese unter Druck so dass diese komplett unlogische Geständnisse unterschrieben.

Mit Verurteilung und jahrelanger Haftstrafe.

Dabei war das völlig an den Haaren herbeigezogen: Jahre später fand man den Bauern mit seinem Auto in einem Fluss.

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Es fehlt mir in D. an einer polizeiexternen, neutralen Aufsichtsbehörde, wie sie in anderen Ländern üblich ist.

Vor Kurzem hat der Bochumer Strafrechtsprofessor Tobias Singlnstein in einer Studie veröffentlicht, dass Körperverletzungen im Amt durch Polizisten nahezu nie Konsequenzen haben.

Als Grund nennt er das persönliche Verhältnis zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei und -wie immer- der Korpsgeist. Dazu Innenminister, die ihre Truppe grundsätzlich blind hochloben.


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Wenn die Opferseite Vertrauen in den Verlauf der Ermittlungen verliert

08.09.2023 um 10:43
Im neuen Podcast von Stern Crime Spurensuche spricht Strafverteidiger Dr. Alexander Stevens über Opfer von falschen Verdächtigungen. Es geht u.a. auch um den Fall Rudolf Rupp und Luke Mockridge.

https://www.stern.de/panorama/verbrechen/podcast/stern-crime-podcast--spurensuche---bekannter-strafverteidiger-berichtet-vom-fall-luke-mockridge-33784152.html

Das Wort "Opfer" finde ich allgemein nicht so gut. Viele Geschädigte möchten auch nicht so bezeichnet werden.


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Wenn die Opferseite Vertrauen in den Verlauf der Ermittlungen verliert

08.09.2023 um 12:45
Hallo @_Josephine_
ich kann dir nur mein Mitgefühl ausdrücken und dir die Kraft wünschen, diesen Schicksalsschlag zu ertragen.

Ich musste nach dem Lesen erst mal eine Weile schlucken. Spätestens durch deinen Post sollte uns allen hier bewusst sein, wie wichtig es ist, auch in fiktiven oder anonymisierten Beispielen sehr auf die eigene Wortwahl zu achten. Denn man könnte bei Betroffenen in tiefe Wunden stechen.


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Wenn die Opferseite Vertrauen in den Verlauf der Ermittlungen verliert

08.09.2023 um 13:52
Zitat von inextensoinextenso schrieb:Weshalb nun Opfer und Hinterbliebene in vollkommener Ahnungslosigkeit und rechtlos verweilen sollen, während Täter sogar die Adressen ihrer Opfer und von Zeugen durch Akteneinsichtnahme erhalten, erklärt sich für Nicht-Experten nicht von selbst.
Aus eigenen Erfahrungen kann ich dir berichten, dass die Adressen von opfern und Zeugen nicht immer auftauchen.
Und letztendlich hat ein Anwalt des Täters im Gegensatz zum Opfer eine andere Aufgabe. Er hat seinen Mandanten zu vertreten, nur wenn er sich entsprechend vorbereiten kann (dafür benötigt es nun mal Akteneinsicht) ist eine faire Verhandlung möglich.


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