Kennt ihr das Unglück von den Anden ?
Flugzeugtragödie in den Anden vor 40 Jahren
"Wir aßen es, um zu überleben"
Für die Überlebenden war es ein Alptraum. Die Welt sprach später vom "Wunder der Anden". 16 Passagiere überlebten einen Flugzeugabsturz zwischen Argentinien und Chile und 72 Tage in der eisigen Kälte der Andengletscher. Um dem sicheren Tod zu entgehen, taten sie das Unvorstellbare: Sie aßen Menschenfleisch.
Von Julio Segador, ARD-Hörfunkstudio Südamerika
Jose Luis Inciarte, den alle nur Coche nennen, erinnert sich noch genau an diesen 13. Oktober 1972, an den Beginn der Tragödie. Heftige Böen schütteln die Fairchild-Maschine der uruguayischen Luftwaffe.
Coche Inciarte sieht die schneebedeckten Hügel der Anden immer näher an den Fenstern vorbeiziehen, es folgt eine ohrenbetäubende Explosion, dann ändert sich das Geräusch der Maschine: "Das Dröhnen der Motoren wurde zu einem Pfeifen, die Maschine war im Gleitflug, kurz danach setzte das Flugzeug auf, schlitterte einen Abhang hinunter", schildert Coche die Ereignisse.
"Eiskalte Luft, Schnee und Kerosin schlugen uns entgegen. Ich wartete nur noch auf den Tod. Dann herrschte Stille. Was ich sah war das absolute Chaos. Ich konnte mir nicht vorstellen, das zu überleben."
Viele Schwerverletzte überlebten das Unglück nicht
45 Menschen sitzen in dem Flugzeug, die meisten sind uruguayische Rugbyspieler und ihre Angehörigen auf dem Weg zu einem Spiel in Santiago de Chile. 16 der Insassen, darunter auch der Pilot, der einen verhängnisvollen Navigationsfehler begangen hatte, sterben sofort. Viele der Schwerverletzten überleben die nachfolgenden Tage nicht.
Aus dem Flugzeug können die Überlebenden ein Radio retten. Dort hören sie, dass die Rettungsmannschaften nach 10 Tagen die Suche aufgeben. Es reift ein Entschluss, der das Unglück zu einer Geschichte macht, die jeden berührt. Die Überlebenden beschließen sich von den Körpern der Verstorbenen zu ernähren.
Anders konnten sie nicht überleben, sagt Coche Inciarte und erinnert sich an den Tabubruch: "Die Hand gehorchte anfangs nicht. Doch der Kopf zwang sie dazu. Bei manchen dauerte es etwas länger, bis er sie dazu zwang", sagt er. "Dann will der Mund nicht aufgehen und man kann es nicht schlucken. Aber nachdem wir es geschluckt hatten, dachten wir: Jetzt sind wir gerettet. Wir aßen nicht um satt zu werden, sondern um zu überleben."
Flucht aus dem Gletschergrab
Einige Insassen überlebten, weil sie das Fleisch ihrer toten Freunde und Bekannten aßen.galerieEinige Insassen überlebten, weil sie das Fleisch ihrer toten Freunde und Bekannten aßen.
16 der 45 Flugzeuginsassen überleben auf einem Gletscher in über 4000 Meter Höhe inmitten der Anden. Lawinen, Schneestürme und Temperaturen von 30 Grad unter Null setzen den Männern zu. Notdürftig organisieren sie ihr Leben, und immer mehr wird klar, dass sie selbst eine Rettungsaktion starten müssen.
Nando Parrado wird zum Wortführer. Er will raus aus dem Gletschergrab: "Wenn man die Situation analysierte und eins und eins zusammenzählte, konnte man nur zu dem Schluss kommen, dass wir in einer hoffnungslosen Lage waren", erzählt er.
"Wir überlebten gerade so am Limit. Einige in der Gruppe wollten nur beten, sie sollten das tun. Ich wollte nur noch weg. Ich nahm mir vor, bis zum letzten Atemzug zu kämpfen."
http://www.tagesschau.de/ausland/anden-unglueck104.html (Archiv-Version vom 06.06.2013)In einer Ausnahmesituation ist jeder Mensch aufs Überleben getrimmt und würde sogar sein besten Nebenmann essen. So sind wir nun mal gesteuert.