Siegelschild schrieb:Erfolgreich muss dabei nicht zwingend in erster Linie Geld bedeuten
Das ist korrekt, aber in unserer Gesellschaft wird Geld mit Erfolg gleichgesetzt. Etwas anderes wird kaum belohnt.
MissMary schrieb:Bei uns in der Stadt wollte der Schwimmverein mal eine "Seepferdchenpatenschaft" etablieren, also, dass z.B. Arztpraxen zu Weihnachten Geld sammeln und dann einem Kind das Seepferdchen bezahlen, was sonst nicht ging. Kam im ersten Jahr super an, allerdings machten von 30 gesponsorten Kindern nur zwei das Seepferdchen, die anderen brachen ab ("zu weit", "zu kalt", "zu nass", "zu anstrengend"). Damit war das Projekt gestorben.
MissMary schrieb:Das Problem ist, dass dann immer weniger "Umverteilung" stattfinden kann, weil die Schenker/Geber frustriert aufhören und hinterfragen, ob es wirklich Armut gibt.
Du und
@Raspelbeere habt damit einen interessanten Punkt angesprochen. Ich habe über 15 Jahre ehrenamtlich in der Flüchtlings- und Obdachlosenhilfe gearbeitet und ich habe eines gelernt, die Augen dankbarer Kinder gehören zu den seltensten Anblicken die man da hat. Denn eins lernt man gar schnell, Kinder sind Kinder in jeder Hinsicht. Wir hatten Kinder in unserer Einrichtung, die aus Gegenden kamen, wo sie 5 km zur Schule laufen mussten, wenn sie überhaupt eine Schule besuchen konnten. Die waren nicht jeden Tag dankbar, das sie bei uns lernen durften und haben uns ständig dankbar angeglotzt. Das hat vor allem junge Helfer irritiert, die direkt nach dem Abi dachten, das sie mit offenen Armen empfangen werden.
Arme Kinder sind sich des Privilegs der Schulbildung genauso wenig bewusst, wie es wohlstandsverwöhnte deutsche Kinder sind, die mit dem SUV von Mama bis ins Klassenzimmer gefahren werden (bewusste Übertreibung). Die müssen im Klassenzimmer sitzen, anstatt zu spielen und vorne stehen Erwachsene die einem doofe langweilige Sachen beibringen.
Es sind eben Kinder, es gibt welche, die lernen gerne und gehen entsprechend gerne in die Schule und für viele Kinder ist es öde und langweilig und sie würden lieber spielen. Wie Kinder nunmal so sind. Am Ende profitieren sie davon, das sie Schuldbildung genossen haben, aber diese Erkenntnis kommt den meisten Menschen ja erst hinterher.
Das gilt auch für kostenlose Schwimmkurse (ich habe mein Seepferdchen noch im Sportunterricht gemacht, ist das heute nicht mehr so?) und andere Dinge.
Dann darf man auch andere Einflüsse nicht unterschätzen. Wenn das Kind ein depressives alleinerziehendes Elternteil hat, das es kaum schafft sich aus dem Bett aufzuraffen, scheitert es auch oft daran, solche kostenlose Hilfsangebote wahrzunehmen egal wie einfach sie einem gemacht werden.
Und eines habe ich gelernt, vielen armen Menschen bleibt auch oft nichts weiter als Stolz und für kleine Dinge wie ein paar Schuhe oder 30€ von der Mildtätigkeit anderer dankbar zu sein nagt an ihrem Selbstbild und dem letzten Rest ihrer Würde.
Daher habe ich aufgehört mich aufzuregen, weder über mich selbst, weil ich nicht jeden "retten" konnte aber auch über Empfänger.
Aber ich weiss das das kontrainutitiv ist und ich brauchte lange um zu diesen Punkt zu gelangen.
rainlove schrieb:Eben erstmal Einreisestop und hier um die armen kümmern( bin selbst arm durch psych. Erkrankung)
Solidarität ist der Schlüssel und wenn du dir die Programme der Parteien durchliest, die gegen Migranten agitieren, haben sie für Sozialfälle wie dich auch nicht viel Liebe übrig. Verachtung für die Schwächsten der Gesellschaft ist in rechten Kreisen ein weitverbreitetes Mindset.
Dini1909 schrieb:Muss es denn ein Haus sein? Ich meine eher beruflich. Ich kenne einige die haben klein angefangen und sind jetzt Abteilungsleiter, stellv. Marktführer oder ähnliches. Wenn man sich auf den Hosenboden setzt, zusätzlich bereit ist sich weiterzubilden kann man diesbezüglich weit bringen (natürlich wenn der AG hinter einem steht)
Ich habe trotz Hauptschulabschluss, angefangen zu studieren per Fernstudium, aber ich habe es aufgegeben weil ich persönlich überfordert war....aber es wäre möglich gewesen.
Du siehst selbst, das die Möglichkeiten oft theoretisch sind. Ich komme selbst aus einer sehr armen Familie aber ich habe es geschafft. Ich habe studiert und mir geht es wirtschaftlich gut. Aber ich weiß auch, das dieser Erfolg nicht selbstverständlich ist, das es keineswegs jedem gelingen kann, sich selbst an den Haaren aus dem Sumpf zu ziehen. Es muss nicht jeder ein Haus haben, das ist richtig. Aber ein Leben in Würde und Sicherheit.