SIG-TIU schrieb:Wen betrachten wird als den "Nächsten"? Und noch viel wichtiger, wen nicht?
Für wen empfinden wir Empathie und warum tun wir das nicht bei allen Menschen?
Gaza ist weit weg und dennoch mobilisiert das Leid dort einen großen Teil der hiesigen Bevölkerung. Nach dem Überfall der Hamas auf Israel kann ich mich an keine Demonstrationen erinnern. Mitleid gibt es nicht für jeden. Nächstenliebe also auch nicht. Es muss wohl eine irgendwie mentale Verbindung zu den Opfern geben, damit deren Leid berührt.
Sicherlich wichtige Fragen - die man sich allgemein, aber auch sich persönlich stellen sollte.
Empathie ein bisschen mehr für die zu empfinden die man näher kennt, finde ich nicht verkehrt, solange das nicht heißt, andere aktiv abzuwerten, mies zu behandeln, auszunutzen etc. Man muss auch nicht jeden mögen - es wäre aber m.E. schon viel geholfen, wenn die Tendenz dahinginge, Menschen die man nicht mag einfach in Ruhe zu lassen (anstatt: Mobbing, Nachbarschaftsstreitigkeiten etc.). Ich denke da auch an Fälle in denen z.B. Obdachlosen manipuliertes Essen angeboten wurde. Warum macht man sowas? Aus dem Leid anderer Befriedigung ziehen?
Meine Meinung dazu: Wenn man zumindest die Handlungen, die anderen aktiv schaden, mehr sein lassen würde, und obendrein ein bisschen aktiv helfen, wäre schon viel gewonnen.
@gastricJa!
gastric schrieb:Aber auch verzweifelte finder von verletzten tieren, die ewig herumtelefonieren, damit die tiere behandelt werden und in pflegestellen unter kommen.
Da erinnere ich mich an eine Situation, anders Forum:
Jemand hatte ein verletztes Tier gefunden und wollte (wurde wohl auch gemacht) am selben Abend mit dem Tier zu einer Pflegestelle, und die zwei Kinder mitnehmen damit sie das auch sehen/lernen. (Finde ich gut!)
Kaum zu glauben wie derjenige angefeindet wurde. Dass er wohl nichts Besseres zu tun habe, dass sowas etwas sei für Leute die den ganzen lieben langen Tag Zeit haben. Es waren mehrere Forennutzer die so reagieren. Ich fand das unglaublich.
Hier wurde sich mitunter entschieden, heute abend einem Tier zu helfen, statt den Fernseher anzumachen (exemplarisch; Tier helfen statt lesen finde ich auch gut!).
gastric schrieb:Tiertafeln, damit arme menschen wenigstens ihren besten freund füttern und behalten können.
Finde ich wichtig. Oft kam nämlich das Tier schon vor der Not in die Familie.
Wennauch ich es selbst so gehalten habe, bei nicht deutlich gesicherten finanziellen Verhältnissen keine Haustiere zu haben (= meist: keine, auch wenn eigentlich ein Wunsch danach bestand), finde ich die Unterstützung so wichtig, damit das Tier bei seinen Menschen bleiben kann. Hilft dem Menschen, hilft dem Tier (dem eine Abgabe, auch wenn finanziell für alles gesorgt ist und der neue Tierhalter sich insgesamt kümmert, auch belastend sein kann: die Veränderung), ein Tier muss nicht ins Tierheim (überfüllt, es kann sich realistischerweise kaum gekümmert werden).
gastric schrieb:Influencer lasse ich mal aussen vor. Jedem seine sache, wofür er geld ausgibt und wenn ein influencer unterhält, dann kann man dem was geben. Ist nichts anderes als ein kinobesuch.
Kann man, aber man kann sich m.E. schon überlegen, ob man nicht, wenn man optionale Ausgaben tätigen kann (kann auch der Kinobesuch oder Hobbyzubehör sein, klar) auch ab und zu etwas spenden kann. (Fokus auf "überlegen", d.h. in dem Fall auch ehrlich zu sich sein: "Ich möchte nicht spenden, ich priorisiere etwas anderes" anstatt "ich kann es mir nicht leisten" wie es seltener der Fall sein dürfte.)
Positiv fand ich da z.B. die Aussagen einiger in dem Thread, dass sie obwohl man "schauen [müsse] wo man bleibt" eben doch mal was spenden oder anderweitig durch Zeit und Einsatz helfen.
Gucky87 schrieb:Ich habe letze Woche z.B. gesehen, dass DREI (!) Mädels auf EINEM (!) E Roler an mir vorbei fuhren.
Gut, muss man nicht gut finden, darum gehts aber nicht.
Die Fahrerin fuhr durch ein Schlagloch, der Roller machte einen kleinen Hüpfer und die Letzte fiel runter.
Die beiden ersten haben davon NICHTS mitbekommen. Erst als ich fragte: "Ist was passiert?", wurden die beiden ersten aufmerksam, dass ihre Freundin "plötzlich weg" war. Die erste Reaktion der beiden anderen war sich halb tot zu lachen. Wie kann so etwas passieren?
Der dritten war es natürlich peinlich, dass ich sie angesprochen haben, klar, verständlich.
Danke (!) fürs Aufmerksamsein.
Und ohne jemals selbst einen solchen Roller gefahren zu haben: Ich wundere mich schon, wie man das nicht bemerken kann?
Da ist das Gewicht von einer Person mit, sagen wir mal (ich weiß nicht wie alt die "Mädels" waren, ich schätze mal Teenager), mindestens 40 kg runter.
Cthulhus_call schrieb:Daher habe ich aufgehört mich aufzuregen, weder über mich selbst, weil ich nicht jeden "retten" konnte aber auch über Empfänger.
Aber ich weiss das das kontrainutitiv ist und ich brauchte lange um zu diesen Punkt zu gelangen.
Direkt groß aufregen werde ich ich da auch nicht - aber ich wundere mich bei manchem schon.
Z.B.: Es ist mir sehr verständlich (auch, weil meine Eltern selbst nicht viel Geld hatten, man "Benzin sparen" musste etc. (kein ÖPNV)), dass eine Kursteilnahme an der Anfahrt scheitert. Oder eine Übernahme der Kosten, Teilnahme kostenlos für Kinder... zwar die Gesamtkosten reduzieren würde, man aber leider immer noch Materialien kaufen muss, fahren muss... und das einfach nicht drin ist.
Ich wundere mich dann aber trotzdem darüber, warum man sein Kind anmeldet, wenn man absehbar das Kind nicht teilnehmen lassen kann.
Die Sache mit den Schuhen: Das sehe ich - ohne dabeigewesen zu sein - der Schilderung nach nich so eng.
Vorstellen kann ich mir sehr wohl: Das Geld ist knapp, die Eltern haben das Kind schon ermahnt nicht zu wählerisch zu sein. Das Kind ist beim Termin dann doch wieder... einfach Kind und will die in der "falschen" Farbe nicht. Dem Elternteil ist es mitunter auch schon peinlich... Das Kind weiß nicht, wie teuer solche Schuhe wirklich sind, und man möchte es ggf. gegenüber dem Kind auch nicht sagen.
Zum Bedanken: Ja, ich weiß, und sehe das auch ein, Menschen haben natürlich ihren Stolz. Darum existieren auch viele bewusst niedrigschwellige Angebote, da z.B. Lebensmittelspenden und Informationen zu z.B. Strom-Sozialtarif und kostenlosen medizinischen Behandlungen (war nicht in Deutschland) eher angenommen werden, wenn die Veranstaltung als Spieletreff für Kinder mit Kaffee und Kuchen für Eltern daherkommt.
Kurz "danke sagen" ist m.E. aber etwas, das in viele soziale Situationen gehört, darum wundert mich ein Fehlen dessen doch. Selbst wenn man z.B. dem Kind nicht sagen möchte, dass die Lehrerin den Ausflug bezahlt hat: Die Eltern wissen es, die Eltern wissen es dass die Lehrerin es weiß, somit z.B. kurz bedanken in der Sprechstunde, telefonisch. Irgendwie wird den Eltern die Teilnahme ja doch wichtig gewesen sein. (Andere Eltern lassen z.B. aus Scham ihr Kind einfach "krank" zu Hause, wenn der Schulausflug nicht bezahlt werden kann, und vorher wurde das zu bezahlende Geld "vergessen".)
Ein Ausflug muss auch nicht jedem gefallen (bin da persönlich auch nicht schnell enttäuscht, finde es z.B. auch nicht schlimm wenn jemand sagt dass ihm ein Geschenk nicht gefällt), wundere mich aber doch ein bisschen warum ein Schulausflug nicht gut ankommt. Die meisten Ausflüge haben ja doch was "Spaßiges" dabei - für 30 Euro vermute ich Anfahrt und Eintritt (Museum?), für Schüler dürfte da eher kein zu "trockenes" Museum ausgewählt worden sein.
(Persönlich fand ich, obwohl ich z.B. bei Schulausflügen den Lärm anstrengend fand, Schulausflüge schon als gewisses Highlight, denn mit denen kam ich öfter an Orte und zu Veranstaltungen die privat eher nicht möglich gewesen sein dürften. Privat wäre die Anfahrt teurer gewesen, Eintritt für mindestens einen Erwachsenen dazu - als Schulausflug ist es pro Person günstiger.
Meine Eltern fanden zwar z.B. Museumsbesuche wichtig (es wurde dann nach Tagen mit reduziertem Eintritt Ausschau gehalten, "Tag der offenen Tür" von allem möglichen genutzt), bloß sowas wie z.B. nach München fahren ins Museum, oder auch mal in die "Traumfabrik" (wer's nicht kennt: vergleichbar zu Zirkus, Pantomime, ohne Tiere) oder einen Badepark mit großen Wasserrutschen hätte sich sicherlich ohne Schulausflüge nie ergeben. Auch meine erste Bahnfahrt war Teil eines Schulausflugs.)
Cthulhus_call schrieb:Du siehst selbst, das die Möglichkeiten oft theoretisch sind. Ich komme selbst aus einer sehr armen Familie aber ich habe es geschafft. Ich habe studiert und mir geht es wirtschaftlich gut. Aber ich weiß auch, das dieser Erfolg nicht selbstverständlich ist, das es keineswegs jedem gelingen kann, sich selbst an den Haaren aus dem Sumpf zu ziehen. Es muss nicht jeder ein Haus haben, das ist richtig. Aber ein Leben in Würde und Sicherheit.
Bei mir ist das ebenso - Eltern mit wenig Schulbildung ohne Berufsabschluss, waren häufig arbeitslos (auch Hartz IV), ich selbst mit sehr guten Abschlüssen ohne je etwas abgebrochen zu haben, erst eine technische Berufsausbildung, bin heutzutage Prof. in einem MINT-Fach. (Es ist so; nicht als Angeben gemeint.)
Mir ist da aber auch bewusst, an wie vielen Ecken das hätte scheitern könnnen.
Was ich mir schon öfter gedacht habe: Wie hätte die Sache ausgesehen, wenn ich nur einen Hauptschulabschluss geschafft hätte (Menschen sind nunmal nicht gleich in ihren kognitiven Fähigkeiten, ich kenne selbst Menschen die sich ihren Hauptschulabschluss mit Fleiß hart erarbeitet haben) - die damit noch eher in Frage kommenden Ausbildungsberufe hätte ich körperlich keinesfalls geschafft. Mein Schwager hat einen Handwerksberuf nach seinem Hauptschulabschluss erlernt, ich könnte die Tätigkeit keinesfalls ausüben.
Gucky87 schrieb:Wer weiß denn heute noch, wer im Haus gegenüber wohnt und ob die alte Dame aus dem 4. Stock schon 3 Wochen lang nicht mehr gesehen wurde? Und wer weiß das Selbe von dem Haus, in dem er wohnt?
Hier ist das Wohnumfeld sehr anoym, keine Namen an den Klingelschildern, und viele Nachbarn (Hochhaus mit 26 Stockwerken, vier Wohnungen auf jeder Etage) habe ich nie gesehen.
Kann z.B. nur zuordnen: Nebenan wohnt eine Frau von ungefähr diesem und jenem Alter, mit kleinem Hund, der Hund scheint auch immer wieder in einer der anderen Wohnungen auf dem selben Stockwerk zu sein.
Den Umstand finde ich irgendwie merkwürdig und auch unangenehm. Bei anderen zu klingeln und sich vorzustellen würde wahrscheinlich als sehr seltsam auffallen und erst recht für Argwohn sorgen.
Woanders (v.a. Deutschland) kenne ich das eher etwas anders, aber schon auch mit der Tendenz die du nennst.
Könnte, gebe ich zu, "die alte Dame aus dem 4. Stock" (wenn es nicht die einzige Seniorin im Haus wäre, oder sehr charakteristisches Aussehen) leider auch kaum zuordnen, "dank" Prosopagnosie.
Bin nun selbst definitiv nicht Typ "extravertiert, Schwatz im Treppenhaus" (Typ: introvertiert, durchbreche das aber wenn es gilt zu helfen), aber Nachbarn grob zuordnen zu können fände ich auch allein aus Sicherheitsgründen sinnvoll. Und dass man sich eher traut, auch in mittleren Notfällen woanders zu klingeln.