Prokrastination

Morgen, morgen, nur nicht heute, sagen alle faulen Leute.


Ob essich um die längst fällige Steuererklärung handelt, die Prüfung, für die man dringendbüffeln sollte oder auch nur das Wohnzimmer, das unbedingt gestrichen werden müsste:Unangenehme Aufgaben verdrängen wir oftmals nur allzu leicht und allzu ungern.Mittlerweile beschäftigten sich Psychologen und Therapeuten mit dem Phänomen despermanenten Aufschiebens - und haben einen Begriff dafür gefunden:Prokrastination!

Neu ist dieses Verhalten nicht, aber in den letztenJahren hat es extrem zugenommen. Mit verstärktem Leistungsdruck, zunehmenderOrientierungslosigkeit und immer größer werdender Zukunftsangst in unserer Gesellschafterklären Experten diese Entwicklung.

Ein besonders notorischer Aufschieber istMichael aus Frankfurt: In seiner Wohnung funktioniert weder die Küche noch das Bad, dafürschimmeln die Wände. Die notwendige Konfrontation mit seinem Vermieter schiebt Michaelseit Monaten vor sich her. Zum Duschen fährt er stattdessen zu seiner Ex-Freundin. Undjährlich bekommt er - immer zum gleichen Zeitpunkt - Post vom Finanzamt: Man droht mitStilllegung des Fahrzeugs, weil er die Steuer mal wieder nicht überwiesen hat. Und dies,obwohl er den Termin sehr genau kennt.

"Ich kann meine Zeit nicht guteinschätzen und mich für Unangenehmes schlecht motivieren. Deshalb kriege ich Dinge, dieich mir vornehme, oft nicht geregelt", so beschreibt Yvonne Lilie ihr größtes Problem. Sokommt die 30-Jährige auch mit ihrem Studium der Heil- und Sonderpädagogik einfach nichtvoran: Die Klausuren schiebt sie vor sich her, ebenso wie sie Rechnungen nichtrechtzeitig bezahlt und Arzttermine verstreichen lässt. Stattdessen spielt sie lieberKlavier, schaut Fernsehen oder räumt zur Not sogar auf. "Eigentlich bin ich ja nicht soordentlich, aber wenn ich dringend was für die Uni machen müsste, kann ich auch schonmal'n Putzanfall kriegen." Weil sie alleine nicht mehr zurechtkommt, sucht Yvonne jetztHilfe bei einer Organisationsberaterin, die mit Arbeitsplänen Ordnung in das Leben derjungen Frau bringen soll.

Die 37 Grad Dokumentation "Morgen, morgen, nur nichtheute..." zeigt am Beispiel von notorischen "Aufschiebern", was es bedeutet, jeden Abendmit Selbstvorwürfen zu Bett zu gehen und am nächsten Morgen mit besten Vorsätzen wiederaufzustehen - eine extreme Form dessen, was manche von uns nur allzu gut kennen... ---


Da frag ich mal, welche unangenehme Aufgabe schiebt ihr hier schon seitJahren vor euch her und mit welcher Ausrede schafft ihr es, euch selbst für heute zuberuhigen?

Im Moment gibts ja eine tolle Ausrede für alle: Es ist einfach zuheiss, um den Keller aufzuräumen, das Fahrrad zu flicken, die Schuhe zum Schuster zubringen, die Plattensammlung aufzuräumen, die Tante anzurufen, die Küche zu streichen,den Kleiderschrank zu entrümpeln, etc..pp...aber, wenn's wieder kühler ist, ja,dann...legt ihr los. Ist doch klar! Oder?

Ich bin mal gespannt, wer von euchhier den Spitzenreiter macht und schon seit ? Jahren dies oder jenes endlich in Angriffnehmen will und bisher die nötige Zeit dafür noch nicht gefunden hat. ;)

Gruß

Da fange ich gkeich mal an: Mein Keller sollte seit Jahren frei von ollenKlamotten sein. Ist er meiner Meinung nach rein geistig auch schon längst. Aber heutewar's definitiv zu heiss und letzten Winter zu kalt. Hm...mal sehen, was mir beimnächsten Keller-Aufräumanfall einfällt...


Gruß:)

ja kenn ich nur zu gut.

ich schieb immer auf, auf arbeiten zu lernen, bis 1 tagdavor.
ich schieb es auf irgendwelchen leuten geburtstagsgeschenke zu kaufen, wasdarauf hinausläuft dass sie nie welche kriegen^^
und schieb ich schon seit einerwoche auf, mein opi zu besuchen....mh

Ich bin auf jeden Fall eine Prokrastinatin! ;)

Todesengel,

welche Ausweichhandlungen kommen dir stattdessen in dieQuere? Bist du eher der Badezimmer-Aufräumtyp oder der Typ "Ich koche mir nen Kaffee undlese mal das Buch zuende"? ;)

Gruß

Tahiri,

was erledigst du nicht und stattdessen super ordentlich undüberpünktlich und wie erklärst du dir deinen Prokastinations-Fimmel?

Gruß

ich schieb schon seit jahrzehnten meinen tod vor mir her. aber morgen, versprochen :D

Bist du eher der Badezimmer-Aufräumtyp
>>>>>>
@gsb23
jo, badezimmer is schomal gut^^, wenn ich nich lernen will, geh ich immer ins bad un putz die zähne :D oder gehan den kühlschrank^^

;)

Todesengel, das Bad scheint eine Frauen-Prokastinations-Domäne zusein...

Jahrelang war ich unpünktlich, habe immer auf den letzten Drücker dasHaus verlassen, hatte noch ne Ausrede parat, von wegen, "ich musste noch tanken",etc...heute bin ich "geheilt", was das Zuspätkommen angeht. Dafür lasse ich jetztPapierkram so lange liegen, bis man ihn nur noch in der Rundablage entsorgen kann...;)

Gruß

Alles was mir kein Spaß macht, schiebe ich vor mir her. Allerdings ohne schlechtesGewissen.

was du heute kannst besorgen das verschiebe nicht auf morgen....
der anfang ist findich der schwerste z.b schule da geht man tagtäglich rein und lernt jeden tag was neues,vieles vergisst man nach ner zeit auch wieder.
wenns dann heißt das man über dasthema eine probe schreibt darf man sich wochenlang hinsetzen uns nur pauken.
wenn manaber jeden tag das wiederholt was man gelernt hat muss man vor der probe so gut wienichts mehr lernen und hat viel mehr möglichkeiten seine freizeit zu gestalten.
ichfinde es besser sich nach und nach vorwärts zu bewegen als alles auf einmal machen zuwollen.

Yo,

aber morgen...versprochen?!

Ok, ich glaub' dir mal...;)

Gruß:D

"Alles was mir kein Spaß macht, schiebe ich vor mir her. "

Ich schiebe eheralles vor mir her, was meiner Meinung nach nicht gleich sofort klappen könnte...Nehmenwir mal ein profanes Beispiel: Fahrrad reparieren. Der Hinterreifen ist platt und manmüsste einfach mal kontrollieren, ob das Ventil locker ist. Man befürchtet aber grössereSchäden, Loch im Schlauch, etc....und hat natürlich heute garkeine Zeit für so extremausladende Aktionen wie Hinterrad abnehmen und sich die Finger einzudrecken...und lässtdas Ding in der Garage, nimmt stattdessen das Auto, etc...Der Verdrängungstaktiken gibtes viele. Ohne Reue zu verdrängen will gelernt sein und ich bin langsam aber sicher aufdem besten Wege dazu.;)

Gruß

Link: www.echo-online.de (extern) (Archiv-Version vom 19.01.2005)


Aufschieberitis als Krankheit

Wenn Behördengänge unterbleiben, Arbeitdauerhaft liegen bleibt und sich Rechnungen häufen, obwohl Geld da ist


Vor allem Studenten kennen die Procrastination, als fast typisch studentischesSyndrom: In aller Regel bleiben die Seminar-, die Diplom-, die Doktorarbeit oft liegen,bis der Abgabetermin vor der Tür steht. Das Werk wird dann oft im „Turboverfahren“hingehauen, mit durchgearbeiteten Nächten, freundlichen Helfern, ungezählten Kannen Tee,Kaffee und anderen, oft gar pharmazeutischen „Muntermachern“. Wer das Phänomen nichtselbst verspürt, lernt es kennen, wenn Mitstudenten nicht mit ihrem Beitrag zumvereinbarten Gemeinschafts-Paper ’rüberkommen.

Freilich setzt sich das Phänomenoft genug auch im bürgerlichen Leben fort: Die Rechnung der Autowerkstatt bleibtmonatelang liegen, eine Mahnung wird womöglich gar nicht erst geöffnet, Post stapeltsich: „Procrastination“ nennen Psychologen dieses nicht selten anzutreffende Phänomen(vom lateinischen pro: für, sowie crastinus: der folgende Tag). Auf Hochdeutsch:„Aufschieberitis“.

Kein Lebensbereich ist ausgenommen. Egal, was man sichvorgenommen hat – ob die Steuererklärung oder einen überfälligen Zahnarzttermin – eserscheint plötzlich viel wichtiger, den Dachboden aufzuräumen oder Fotos einzukleben. Sofinden sich immer wieder neue zeitraubende, aber relativ unwichtige Beschäftigungen,denen man nachgehen kann, nur um die eigentlich wichtigen Prioritäten nicht in Angriffnehmen zu müssen.

Dr. Friedrich Försterling, Professor für Psychologie an derUniversität München „Ich denke, dass es kaum jemanden gibt, der nicht von Procrastinationbetroffen ist. Manche schieben nur hin und wieder mal etwas vor sich her, für andere wirddas Ganze zu einem schwer wiegenden Problem – etwa in der Partnerschaft oder imfinanziellen Bereich.“

Die „harten Aufschieber“, so der Berliner PsychologeWerner Rückert, leiden regelrecht darunter, dass sie sich Dinge zwar immer wiedervornehmen, am Ende aber doch nicht erledigen. Durch zunehmende Selbstzweifel geraten siein einen Teufelskreis: Sie öffnen im Fall der liegen gelassenen Rechnung auch die zweiteund dritte Mahnung nicht, weil sie dadurch mit ihrem „Versagen“ konfrontiert würden; sieblockieren innerlich das Thema Finanzen und verlieren eines Tages die Kontrolle über ihreAngelegenheiten.

„Dass es schätzungsweise jeder Vierte im geschäftsfähigem Alterbereits mit einem Inkassobüro zu tun bekommen hat, ist mit der wirtschaftlichenEntwicklung allein nicht erklärbar“, so Frank Gallep, wissenschaftlicher Beauftragtereines großen deutschen Inkassounternehmens. Negative Stimmungen, etwa am Arbeitsmarkt,stellten jedoch zusätzliche Risikofaktoren für Menschen mit individueller Veranlagung zurProcrastination dar. „Sie stecken den Kopf dann erst recht in den Sand.“

„Esgibt Fälle, in denen der Gerichtsvollzieher Berge ungeöffneter Post, darunter Mahnungenund gerichtliche Mahnbescheide, vorfindet, obwohl der Schuldner genug Geld auf dem Kontohat oder das Problem anderweitig hätte lösen können“, berichtet Gallep. Allerdingsverlangt die Vereinbarung von Ratenzahlungen, wie sie heute in der Regel angeboten wird,das Eingeständnis individueller Fehler – und damit von krankhaften Aufschiebern schierUnmögliches.

Wer unter Procrastination leidet, kann im Extremfall einenVerhaltenstherapeuten aufsuchen; allerdings zahlen die Krankenkassen die Behandlung nurbei nachgewiesenen Depressionen oder Ängsten.

Hilfestellung bieten auchPsychologische Beratungsstellen zahlreicher US-Universitäten im Internet an (was auchBeleg für die besondere Häufigkeit des Syndroms unter Studenten ist). Meist wird eineSelbstanalyse empfohlen, mit der man sich bewusst machen soll, in welchen Situationen undwarum man in Ausweich-Aktionen flüchtet, statt den Stier bei den Hörnern zu packen.

Der Münchener Professor Försterling rät zu Selbsttraining: Übungen, die daraufzielen, jene inneren Einstellungen zu überwinden, die das Aufschieben verursachen.Falsche Gedankenmuster wie „Was kommt jetzt nur auf mich zu“ oder „Morgen fällt mir dieAufgabe bestimmt leichter“ sollten ersetzt werden durch „Es ist zwar nicht erfreulich,aber es ist kein Weltuntergang“ oder „Das kann jedem einmal passieren“. Und – aufsBezahlen bezogen: „Heute kostet es nur die Hälfte.


Wer von euch hatschonmal einen professionellen Heimtrainer aufgesucht oder zumindest mit dem Gedankengespielt, seinen Alltag professionell managen zu lassen?

Gruß

"was erledigst du nicht und stattdessen super ordentlich und überpünktlich und wieerklärst du dir deinen Prokastinations-Fimmel?"

Gute Frage, nächste Frage. ;)

Naja, bei mir ist es so, dass ich ein unglaubliches Durchsetzungsvermögen beiSachen habe die mir in irgendeiner Form etwas bedeuten, da nehm ich quasi alles auf michum das zu schaffen.

Aber andererseits, wen mich etwas im Grunde nichtinteressiert, dann schieb ich das wirklich bis zum allerletzten Zeitpunkt auf, eben mit"Morgen ist auch noch ein Tag" oder "auf die ein zwei Tage kommts jetzt auch nicht draufan".
Dummerweise sind das oft genug Sachen , die aber wirklich sein müssen. :(

@ yo:

Wehe du hast schon wieder gelogen. ;) :D

wenns dann heißt das man über das thema eine probe schreibt darf man sich wochenlanghinsetzen uns nur pauken.
wenn man aber jeden tag das wiederholt was man gelernt hatmuss man vor der probe so gut wie nichts mehr lernen

Wenn du gewisseVoraussetzungen hast, dann kannst du auch auf alles genannte verzichten. Ich bekommeKopfweh, wenn ich daran denke auch nur einmal zu Hause Aufgaben zu machen oder zuwiederholen.

Ohne Reue zu verdrängen will gelernt sein und ich bin langsamaber sicher auf dem besten Wege dazu.

Es kommt auf die Dinge an, die manverdrängt, und was man an Stelle dessen unternimmt, wie das ganze im Gesamtzusammenhangaussieht, und da haben manche Dinge einfach ein wenig mehr Zeit, als andere. Vorrangigwill ich Spaß im Leben, nicht das (befriedigende?) Gefühl, alles erledigt zu haben.

So lange es nicht zur Krankheit wird bzw. wirklich notwendige Dinge darunter leiden,und das ist nicht der Fall, so lange es gut geht, kann man ruhig Schneepflug spielen.

"...andererseits, wen mich etwas im Grunde nicht interessiert, dann schieb ich daswirklich bis zum allerletzten Zeitpunkt auf, eben mit "Morgen ist auch noch ein Tag" oder"auf die ein zwei Tage kommts jetzt auch nicht drauf an".
Dummerweise sind das oftgenug Sachen , die aber wirklich sein müssen."

Genau!

Irgendwann war'smir einfach zu bunt mit den "Sachen, die wirklich sein müssen" und ich habe mal die Zeitgestoppt, die ich an diese blöden Sachen gedacht habe - die war natürlich viel länger alsdie paar Minuten, die der Abwasch, das Ausfüllen eines Formulars oder der Einkauftatsächlich brauchte. Von da an gings bergauf und heute scheue ich vor nichts zurück! ;)

Gruß

In meinem Bekanntenkreis gibts nicht einen Menschen, der nicht wenigstens einAnzeichen des Verdrängungssyndroms hat. Ein Bekannter hat zB eine schöneBußgeldbescheidsammlung direkt im Flur seiner Wohnung gelagert. Es sind mindestens 400Briefe und da er ja weiss, was der Inhalt dieser Briefe ist, öffnet er sie natürlichnicht. Das spart Zeit und Nerven, so seine Meinung.


Mich würdeinteressieren, was ihr glaubt, woher diese extreme Zeitgeisterscheinung rührt, was dieUrsachen sind...

Gruß

"ich habe mal die Zeit gestoppt, die ich an diese blöden Sachen gedacht habe - die warnatürlich viel länger als die paar Minuten, die der Abwasch, das Ausfüllen einesFormulars oder der Einkauf tatsächlich brauchte."

Da hast du hundertpro recht.
Das Verdrängen dauert eigentlich länger und ist manchmal (in Bezug auf das schlechteGewissen eben) auch noch viel anstrengender als die tatsächliche Aufgabe.

"Das Verdrängen dauert eigentlich länger und ist manchmal (in Bezug auf das schlechteGewissen eben) auch noch viel anstrengender als die tatsächliche Aufgabe."

Eben.Und nachdem man sich damit beschäftigt hat, leuchtet das beherzte Rangehen an unangenehmeAufgaben ein. Aber warum dauert die Erkenntnis so lange?

Gruß