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Vor dem Gesetz

42 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Gesetz, Roman, Kafka ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 15:18
@Chiby

Eben durch die Flöhe

naja ;) mit gutem willen kannman
das so sagen ^^

Doch, wenn man es so interpretieren will, kann mandas.


nö! ;-)
beleg mir das mal am text!

@twixtwax

das
verhältnis von kafka zur religion ist bis heute ein umstrittenes thema!
erentstammt
einer jüdischen familie, die sich zwar an z.B. die jüdischen feiertagehielt, aber nicht
sehr gläubig war

@jamguy

Man kann ja an Schulenlange schwarze
Mäntel verbieten.Ist das eigendlich nun die Gruppe der Amokläufer?


ja!

und zum thema?

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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 15:51
Ok, es war ja gefragt nach Gedanken zu dem Text und ich möchte die Gedanken, die ich mirbeim ersten Mal lesen gemacht habe ohne vorher von Kafka geprägt zu sein oderirgendwelche anderen werke zu kennen meine nun aufschreiben!

Als ich die Zeien"Wohl aber erkennt er jetzt im Dunkel einen Glanz, der unverlöschlich aus der Türe desGesetzes bricht. Nun lebt er nicht mehr lange. Vor seinem Tode sammeln sich in seinemKopfe alle Erfahrungen"

gelesen habe, habe ich sofort an Tod undNahtoderfahrungen gedacht.
Und zwar werden diese Nahtoderfahrungen ja oftmals miteinem Tunnel bzw. etwas Schwarzem und einem Licht beschrieben. Beides kommt in dem Textvon Kafka vor.
Viele berichten davon, dass sich das ganze Leben in nocheinmal vorihnen abspielt. So auch bei Kafka- es "sammeln sich [..] alle Erfahrungen" im Kopf.

In einem Text von Gerhard Lohfink, einem Theologen "Was kommt nach dem Tod" steht,dass wir uns vor Gott selbst richteten bevor wir sterben würden. Vielleicht ist genau dasder Punkt, dass dieser Mann nicht bereit ist über eigene Fehler, über "Gesetz"esverstößenachzudenken. Und deswegen kommt er an dem ersten "Türsteher" auch nicht vorbei.
AmEnde stirbt er ohne das Licht erreicht zu haben.

was ist nun das Licht oder der"Eingang"?
Nun, das kann einerseit die Reinheit sein oder aber andererseits (fallstKafka religiös war) der `Himmel´.
Ob er nun, da die Tür verschlossen bleibt einfachstirbt ohne am Ende mit sich selbst im Reinen zu sein oder ob es- wenn man es religiösist die Hölle bedeutet lasse ich offen.


das waren nur mal so Gedanken diemir zu dem Text kamen.


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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 15:56
Ich frage mich gerade @Chiby ob du deine ganzen aufgestellten Thesen am Text belegenkönntest für mich?
Ich sehe einige nämlich so nicht eindeutig und würde gerneGedankengänge von dir auffassen. In Stichpunkten ist das sehr schwer?


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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 16:04
Tod und Nahtoderfahrungen -> den bezug herzustellen ist sicherlich naheliegend!

die klare definition vom licht oder dem gesetz ist in meinen augen nicht möglich! eslässt sich nich 100prozentig einkreisen, was gemeint ist. so wird viel raum fürdeutungshypothesen gelassen!


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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 16:09
-prägt der mensch eher die umwelt oder wird er von ihr dominiert und geleitet?

Der Mensch prägt die Umwelt da er es selbst in der Hand hat ob er in den "Eingang"kommt oder nicht. Es gibt keinen universellen "Eingang" sondern nur einen für jedesIndividuum.
"Hier konnte niemand sonst Einlaß erhalten, denn dieser Eingang war nurfür dich bestimmt."
Wir werden nicht geleitet, da wir dann nicht an einem Punkt,nämlich vor den Türstehern verblieben. Oder aber es wäre schon von vorneherein klar, dasswir nicht durch den Eingang gehen könnten. Wir haben es genauso wie der Mann selbst inder Hand.
Durch Bestechungen, materielle Dinge können wir das Gesetz nicht umgehen.Wir müssen den Weg des Gesetzes gehen- der individuellen Gesetze.
Unsere individuelleBestimmung?
Der individuelle Rückblick kurz vor dem Tod?


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Chiby ehemaliges Mitglied

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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 16:12
@kafate

man kann alles hineininterpretieren den interpretationen sindindividuell.

Tod und Nahtoderfahrungen -> den bezug herzustellen istsicherlich naheliegend!

Finde ich nicht. Inwiefern soll das mitNahtoderfahrung zu tun haben.
Der mann stirbt. Mehr ist nicht darüber geschrieben.
Und immerhin geht es ja hauptsächlich um die Zeit, die er eben mit dem wartenverbracht hat, die er "vergeudet" hat.

@twixtwax

ach herje, du tust mirda eine Arbeit an. ;)


Nagut ..

.... man untätig darauf hofft,das sich alles irgendwas von selbst regelt

Text:
Er sitzt die ganzeZeit da, und tut nichts ausser eben die Flöhe zu fragen. Er selbst könnte sich aber mehrdafür bemühen, indem er z.b. nen Plan ausheckt oder so =)

.... man sich nichtauf andere verlassen kann

Die Flöhe helfen nicht, bzw. können nicht helfen.
Der Türwächter lässt ihn nicht hinein – kein Verlass auf guten Willen.
Ausserdemsagt er ja „Wenn es dich so lockt, versuche es doch, trotz meines Verbotes hineinzugehn“Das bedeutet das man ein Verbot umgehen kann, also ist der Türwächter auch nicht einverlässlicher Wächter – WENN der Mann vorbeigekommen wör.

... jeder seineneigenen weg gehen muss

Weil der Mann letzendes auf sich selbst gestelltist.

... "vor dem gesetz sind alle gleich" nicht ganz stimmt. Wär er einreicher Mann, dann hätt er sich den zutritt erkauft

Ich interpretiere daseben so wie beim Zensuswahlrecht. Die die das Geld u haben, die können auch bestimmen,haben also Macht. Der Wächter hat die Macht, das kann man mit einer Diktatur vergleichen.
Zudem, ist klar – man kann sich auch heutzutage ziemlich viel erkaufen. Darunterauch beim Gesetz so einiges. Wer einen Anwalt hat, der kann sich mehr erlauben alsjemand, der kein Geld für einen Anwalt hat.

... man zuerst die kleinenhindernisse überwinden muss um an den großen vorbeikommen kann

Man nehmeden ausspruch „Von Saal zu Saal stehn aber Türhüter, einer mächtiger als der andere.Schon den Anblick des dritten kam nicht einmal ich mehr ertragen“

... dasgesetz oftmals gar nicht weiterhilft, sondern das man bis zu seinem tot um gerechtigkeitkämpft (kennt man ja .. vor gericht und so)

Der Mann stirbt. Wo war dasGesetz?
Wer hat ihm geholfen?
Niemand.
Nichts hat er erreicht obwohl er seinganzes leben mit warten auf das gesetz verbracht hat. Gesetz ist in meinen Augen einfachein Synonym für Gerechtigkeit.


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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 16:22
@Chiby

"man kann alles hineininterpretieren den interpretationen sindindividuell!"

nein! eine Interpretation muss logisch sein und mit dem Textbelegbar sein.
Ansonsten wird das ein Gewabere.

Ob meine Interpretation mitNahtod und Tod nun naheliegend ist sei mal dahingestellt. Aber sie ist 1. logicsh und 2.am text belegt.
Deine sachen lese ich mir nun mal durch! Ich hoffe du hast sie amtext belegt.


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Chiby ehemaliges Mitglied

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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 16:26
@twixtwax


nein! eine Interpretation muss logisch sein und mit dem Textbelegbar sein.

Sollte logisch sein, muss nicht logisch sein.
Ich weis,das es einen Grundfaden folgen sollte - aber manchmal unterscheiden sich dieInterpretationen gewaltig. Schau einmal nur in der Bibliothek wieviele verschiedneauffassungen einer bestimmten Kurzgeschichte in tausenden seiten zusammengefasst wurden.

Wenn die interpretation NICHT individuell ist, dann braucht man diesen Textnicht zur diskussion freigeben, weil dann müsste beim lesen sofort klar sein was dasproblem hierbei ist. ;)


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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 16:27
Ich kann alles nachvollziehen und es ist logisch begründet.
Der Punkt hier

"... "vor dem gesetz sind alle gleich" nicht ganz stimmt. Wär er ein reicher Mann,dann hätt er sich den zutritt erkauft

Ich interpretiere das eben so wie beimZensuswahlrecht. Die die das Geld u haben, die können auch bestimmen, haben also Macht.Der Wächter hat die Macht, das kann man mit einer Diktatur vergleichen.
Zudem, istklar – man kann sich auch heutzutage ziemlich viel erkaufen. Darunter auch beim Gesetz soeiniges. Wer einen Anwalt hat, der kann sich mehr erlauben als jemand, der kein Geld füreinen Anwalt hat."

ist nicht am text belegbar. IM gegenteil! Der text sagt dasgenau Gegenteil aus. Nämlich, dass man sich mit Geld eben nicht alles erkaufen kann.

"Der Mann, der sich für seine Reise mit vielem ausgerüstet hat, verwendet alles, undsei es noch so wertvoll, um den Türhüter zu bestechen. Dieser nimmt zwar alles an, abersagt dabei:

«Ich nehme es nur an, damit du nicht glaubst, etwas versäumt zuhaben."

Damit ist der Punkt widerlegt


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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 16:28
ok, nachtoderfahrungen klammer ich aus ;)

@twixtwax

Der Menschprägt die Umwelt da er es selbst in der Hand hat ob er in den "Eingang" kommt oder nicht.Es gibt keinen universellen "Eingang" sondern nur einen für jedes Individuum.

ich mein eher in einem weiteren sinn! als nur auf rein oder nichreinlassen bezogen

@Chiby

trotzdem finde ich zensuswahlrecht etc noch zu weit hergeholt!
Der Wächter hat die Macht, das kann man mit einer Diktatur vergleichen.
das stimmt durchaus (es lässt sich der bezug zu seinem vater, eriner übermächtigenautorität herstellen)

Gesetz ist in meinen Augen einfach ein Synonym fürGerechtigkeit.


eine möglichkeit, ja!

---

ich suchgrad die stelle im roman, woo die parabel erzählt wird. ist interessant
mom ;)


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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 16:29
"Wenn die interpretation NICHT individuell ist, dann braucht man diesen Text nicht zurdiskussion freigeben, weil dann müsste beim lesen sofort klar sein was das problemhierbei ist."

Die Interpretation ist immer individuell aber sie MUSS logischsein. natürlich gibt es viele Interpretationen zu vielen Texten. Aber nur die, dielogisch sind sind Gute. ;)


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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 16:30
im übrigen interpretiert man nicht in einen text hinein! wenn überhaupt, dann heraus ;)


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Chiby ehemaliges Mitglied

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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 16:33
also da sagt meine lehrerin was anderes .. ^^ .. und ich muss sagen - obwohl ich sienicht umbedingt leiden kann - das sie einer der gebildetsten und rethorisch begabtestenmenschen ist, die ich erlebt hab


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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 16:34
gefunden:

wer lust hat zu lesen ;) ->

verschiedeneinterpretationsmöglichkeiten werden vom geistlichen aufgestellt und wiederlegt:

nach der parabel [...] »Der Türhüter hat also den Mann getäuscht«, sagte K.sofort, von der Geschichte sehr stark angezogen. »Sei nicht übereilt«, sagte derGeistliche, »übernimm nicht die fremde Meinung ungeprüft. Ich habe dir die Geschichte imWortlaut der Schrift erzählt. Von Täuschung steht darin nichts.« »Es ist aber klar«,sagte K., »und deine erste Deutung war ganz richtig. Der Türhüter hat die erlösendeMitteilung erst dann gemacht, als sie dem Manne nicht mehr helfen konnte.« »Er wurdenicht früher gefragt«, sagte der Geistliche, »bedenke auch, daß er nur Türhüter war, undals solcher hat er seine Pflicht erfüllt.« »Warum glaubst du, daß er seine Pflichterfüllt hat?« fragte K., »er hat sie nicht erfüllt. Seine Pflicht war es vielleicht, alleFremden abzuwehren, diesen Mann aber, für den der Eingang bestimmt war, hätte ereinlassen müssen.« »Du hast nicht genug Achtung vor der Schrift und veränderst dieGeschichte«, sagte der Geistliche. »Die Geschichte enthält über den Einlaß ins Gesetzzwei wichtige Erklärungen des Türhüters, eine am Anfang, eine am Ende. Die eine Stellelautet: daß er ihm jetzt den Eintritt nicht gewähren könne, und die andere: dieserEingang war nur für dich bestimmt. Bestände zwischen diesen beiden Erklärungen einWiderspruch, dann hättest du recht, und der Türhüter hätte den Mann getäuscht. Nunbesteht aber kein Widerspruch. Im Gegenteil, die erste Erklärung deutet sogar auf diezweite hin. Man könnte fast sagen, der Türhüter ging über seine Pflicht hinaus, indem erdem Mann eine zukünftige Möglichkeit des Einlasses in Aussicht stellte. Zu jener Zeitscheint es nur seine Pflicht gewesen zu sein, den Mann abzuweisen, und tatsächlichwundern sich viele Erklärer der Schrift darüber, daß der Türhüter jene Andeutungüberhaupt gemacht hat, denn er scheint die Genauigkeit zu lieben und wacht streng übersein Amt. Durch viele Jahre verläßt er seinen Posten nicht und schließt das Tor erst ganzzuletzt, er ist sich der Wichtigkeit seines Dienstes sehr bewußt, denn er sagt: «Ich binmächtig», er hat Ehrfurcht vor den Vorgesetzten, denn er sagt: «Ich bin nur der untersteTürhüter», er ist nicht geschwätzig, denn während der vielen Jahre stellt er nur, wie esheißt, «teilnahmslose Fragen», er ist nicht bestechlich, denn er sagt über ein Geschenk:«Ich nehme es nur an, damit du nicht glaubst, etwas versäumt zu haben», er ist, wo es umPflichterfüllung geht, weder zu rühren noch zu erbittern, denn es heißt von dem Mann, «erermüdet den Türhüter durch sein Bitten», schließlich deutet auch sein Äußeres auf einenpedantischen Charakter hin, die große Spitznase und der lange, dünne, schwarze,tartarische Bart. Kann es einen pflichttreueren Türhüter geben? Nun mischen sich aber inden Türhüter noch andere Wesenszüge ein, die für den, der Einlaß verlangt, sehr günstigsind und welche es immerhin begreiflich machen, daß er in jener Andeutung einerzukünftigen Möglichkeit über seine Pflicht etwas hinausgehen konnte. Es ist nämlich nichtzu leugnen, daß er ein wenig einfältig und im Zusammenhang damit ein wenig eingebildetist. Wenn auch seine Äußerungen über seine Macht und über die Macht der anderen Türhüterund über deren sogar für ihn unerträglichen Anblick - ich sage, wenn auch alle dieseÄußerungen an sich richtig sein mögen, so zeigt doch die Art, wie er diese Äußerungenvorbringt, daß seine Auffassung durch Einfalt und Überhebung getrübt ist. Die Erklärersagen hierzu: «Richtiges Auffassen einer Sache und Mißverstehen der gleichen Sacheschließen einander nicht vollständig aus.» Jedenfalls aber muß man annehmen, daß jeneEinfalt und Überhebung, so geringfügig sie sich vielleicht auch äußern, doch dieBewachung des Eingangs schwächen, es sind Lücken im Charakter des Türhüters. Hiezu kommtnoch, daß der Türhüter seiner Naturanlage nach freundlich zu sein scheint, er istdurchaus nicht immer Amtsperson.
Gleich in den ersten Augenblicken macht er den Spaß,daß er den Mann trotz dem ausdrücklich aufrechterhaltenen Verbot zum Eintritt einlädt,dann schickt er ihn nicht etwa fort, sondern gibt ihm, wie es heißt, einen Schemel undläßt ihn seitwärts von der Tür sich niedersetzen. Die Geduld, mit der er durch alle dieJahre die Bitten des Mannes erträgt, die kleinen Verhöre, die Annahme der Geschenke, dieVornehmheit, mit der er es zuläßt, daß der Mann neben ihm laut den unglücklichen Zufallverflucht, der den Türhüter hier aufgestellt hat - alles dieses läßt auf Regungen desMitleids schließen. Nicht jeder Türhüter hätte so gehandelt. Und schließlich beugt ersich noch auf einen Wink hin tief zu dem Mann hinab, um ihm Gelegenheit zur letzten Fragezu geben. Nur eine schwache Ungeduld - der Türhüter weiß ja, daß alles zu Ende ist -spricht sich in den Worten aus: «Du bist unersättlich.» Manche gehen sogar in dieser Artder Erklärung noch weiter und meinen, die Worte «Du bist unersättlich» drücken eine Artfreundschaftlicher Bewunderung aus, die allerdings von Herablassung nicht frei ist.Jedenfalls schließt sich so die Gestalt des Türhüters anders ab, als du es glaubst.« »Dukennst die Geschichte genauer als ich und längere Zeit«, sagte K. Sie schwiegen einWeilchen. Dann sagte K.: »Du glaubst also, der Mann wurde nicht getäuscht?« »Mißverstehemich nicht«, sagte der Geistliche, »ich zeige dir nur die Meinungen, die darüberbestehen. Du mußt nicht zuviel auf Meinungen achten. Die Schrift ist unveränderlich, unddie Meinungen sind oft nur ein Ausdruck der Verzweiflung darüber. In diesem Falle gibt essogar eine Meinung, nach welcher gerade der Türhüter der Getäuschte ist.« »Das ist eineweitgehende Meinung«, sagte K. »Wie wird sie begründet?« »Die Begründung«, antwortete derGeistliche, »geht von der Einfalt des Türhüters aus. Man sagt, daß er das Innere desGesetzes nicht kennt, sondern nur den Weg, den er vor dem Eingang immer wieder abgehenmuß. Die Vorstellungen, die er von dem Innern hat, werden für kindlich gehalten, und mannimmt an, daß er das, wovor er dem Manne Furcht machen will, selbst fürchtet. Ja, erfürchtet es mehr als der Mann, denn dieser will ja nichts anderes als eintreten, selbstals er von den schrecklichen Türhütern des Innern gehört hat, der Türhüter dagegen willnicht eintreten, wenigstens erfährt man nichts darüber. Andere sagen zwar, daß er bereitsim Innern gewesen sein muß, denn er ist doch einmal in den Dienst des Gesetzesaufgenommen worden, und das könne nur im Innern geschehen sein. Darauf ist zu antworten,daß er wohl auch durch einen Ruf aus dem Innern zum Türhüter bestellt worden sein könnteund daß er zumindest tief im Innern nicht gewesen sein dürfte, da er doch schon denAnblick des dritten Türhüters nicht mehr ertragen kann. Außerdem aber wird auch nichtberichtet, daß er während der vielen Jahre außer der Bemerkung über die Türhüter irgendetwas von dem Innern erzählt hätte. Es könnte ihm verboten sein, aber auch vom Verbot hater nichts erzählt. Aus alledem schließt man, daß er über das Aussehen und die Bedeutungdes Innern nichts weiß und sich darüber in Täuschung befindet. Aber auch über den Mannvom Lande soll er sich in Täuschung befinden, denn er ist diesem Mann untergeordnet undweiß es nicht. Daß er den Mann als einen Untergeordneten behandelt, erkennt man ausvielem, das dir noch erinnerlich sein dürfte. Daß er ihm aber tatsächlich untergeordnetist, soll nach dieser Meinung ebenso deutlich hervorgehen. Vor allem ist der Freie demGebundenen übergeordnet. Nun ist der Mann tatsächlich frei, er kann hingehen, wohin erwill, nur der Eingang in das Gesetz ist ihm verboten, und überdies nur von einemeinzelnen, vom Türhüter. Wenn er sich auf den Schemel seitwärts vom Tor niedersetzt unddort sein Leben lang bleibt, so geschieht dies freiwillig, die Geschichte erzählt vonkeinem Zwang. Der Türhüter dagegen ist durch sein Amt an seinen Posten gebunden, er darfsich nicht auswärts entfernen, allem Anschein nach aber auch nicht in das Innere gehen,selbst wenn er es wollte. Außerdem ist er zwar im Dienst des Gesetzes, dient aber nur fürdiesen Eingang, also auch nur für diesen Mann, für den dieser Eingang allein bestimmtist. Auch aus diesem Grunde ist er ihm untergeordnet. Es ist anzunehmen, daß er durchviele Jahre, durch ein ganzes Mannesalter gewissermaßen nur leeren Dienst geleistet hat,denn es wird gesagt, daß ein Mann kommt, also jemand im Mannesalter, daß also derTürhüter lange warten mußte, ehe sich sein Zweck erfüllte, und zwar so lange wartenmußte, als es dem Mann beliebte, der doch freiwillig kam. Aber auch das Ende des Diensteswird durch das Lebensende des Mannes bestimmt, bis zum Ende also bleibt er ihmuntergeordnet. Und immer wieder wird betont, daß von alledem der Türhüter nichts zuwissen scheint. Daran wird aber nichts Auffälliges gesehen, denn nach dieser Meinungbefindet sich der Türhüter noch in einer viel schwereren Täuschung, sie betrifft seinenDienst. Zuletzt spricht er nämlich vom Eingang und sagt: «Ich gehe jetzt und schließeihn», aber am Anfang heißt es, daß das Tor zum Gesetz offensteht wie immer, steht es aberimmer offen, immer, das heißt unabhängig von der Lebensdauer des Mannes, für den esbestimmt ist, dann wird es auch der Türhüter nicht schließen können. Darüber gehen dieMeinungen auseinander, ob der Türhüter mit der Ankündigung, daß er das Tor schließenwird, nur eine Antwort geben oder seine Dienstpflicht betonen oder den Mann noch imletzten Augenblick in Reue und Trauer setzen will. Darin aber sind viele einig, daß erdas Tor nicht wird schließen können. Sie glauben sogar, daß er, wenigstens am Ende, auchin seinem Wissen dem Manne untergeordnet ist, denn dieser sieht den Glanz, der aus demEingang des Gesetzes bricht, während der Türhüter als solcher wohl mit dem Rücken zumEingang steht und auch durch keine Äußerung zeigt, daß er eine Veränderung bemerkthätte.« »Das ist gut begründet«, sagte K., der einzelne Stellen aus der Erklärung desGeistlichen halblaut für sich wiederholt hatte. »Es ist gut begründet, und ich glaube nunauch, daß der Türhüter getäuscht ist. Dadurch bin ich aber von meiner früheren Meinungnicht abgekommen, denn beide decken sich teilweise. Es ist unentscheidend, ob derTürhüter klar sieht oder getäuscht wird. Ich sagte, der Mann wird getäuscht. Wenn derTürhüter klar sieht, könnte man daran zweifeln, wenn der Türhüter aber getäuscht ist,dann muß sich seine Täuschung notwendig auf den Mann übertragen. Der Türhüter ist dannzwar kein Betrüger, aber so einfältig, daß er sofort aus dem Dienst gejagt werden müßte.Du mußt doch bedenken, daß die Täuschung, in der sich der Türhüter befindet, ihm nichtsschadet, dem Mann aber tausendfach.« »Hier stößt du auf eine Gegenmeinung«, sagte derGeistliche. »Manche sagen nämlich, daß die Geschichte niemandem ein Recht gibt, über denTürhüter zu urteilen. Wie er uns auch erscheinen mag, ist er doch ein Diener desGesetzes, also zum Gesetz gehörig, also dem menschlichen Urteil entrückt. Man darf dannauch nicht glauben, daß der Türhüter dem Manne untergeordnet ist. Durch seinen Dienstauch nur an den Eingang des Gesetzes gebunden zu sein, ist unvergleichlich mehr, als freiin der Welt zu leben. Der Mann kommt erst zum Gesetz, der Türhüter ist schon dort. Er istvom Gesetz zum Dienst bestellt, an seiner Würdigkeit zu zweifeln, hieße am Gesetzzweifeln.« »Mit dieser Meinung stimme ich nicht überein«, sagte K. kopfschüttelnd, »dennwenn man sich ihr anschließt, muß man alles, was der Türhüter sagt, für wahr halten. Daßdas aber nicht möglich ist, hast du ja selbst ausführlich begründet.« »Nein«, sagte derGeistliche, »man muß nicht alles für wahr halten, man muß es nur für notwendig halten.«»Trübselige Meinung«, sagte K. »Die Lüge wird zur Weltordnung gemacht.« [...]



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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 16:37
@Chiby: deine lehrerin sagt, dass man in den text etwas hineininterpretiert?
aiaiai

och Mensch! Nun habe ich gerade Hunger auf Kafka bekommen und nun sehe ichgerade, dass wir im Deutsch-LK Kafka gar nicht durchnehmen! Blödes Zentralabitur*grummel*
Naja- aber wofür hat man Mütter die Kafkas Werke im Regal stehen haben.
Nach Nietzsche fange ich gleich mit dem an!

schönes Thema übrigens hier...ich mache mir später noch nen paar Gedanken zu deinen Unterpunkten und dem "Leitfaden"!
Möchtest du deine nicht preisgeben? Würden mich mal interessieren?


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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 16:39
KaFaTe:
und die Quellenangabe?


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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 16:42
zry

http://www.geo.uni-bonn.de


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Chiby ehemaliges Mitglied

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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 17:45
Interpretation (lat. interpretatio = Auslegung, Übersetzung, Erklärung) ist der Vorgang,in dem ein literarisches, musikalisches oder bildnerisches Kunstwerk ausgelegt odergedeutet wird ^^

Man kann also auch hineininterpretieren.


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Vor dem Gesetz

06.12.2006 um 17:50
hmm- sehe da nun aber ehrlich gesagt nicht den Beleg, dass man hinein-interpretierenkann.
!aus!gelegt heißt "(her)aus" und deuten tut man auch nicht in irgendwas hineinsondern von irgendwas heraus.

*hmm* grübel- vielleicht liegt es einfach amSprachgebrauch?
Ne Freundin aus der Schweiz sagt auch "ich mach mich bereit" wenn sieweggehen möchte. Ich sage "ich mache mich fertig" wenn ich abends in die Disko gehe.
Vielleicht liegt es daran.


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Vor dem Gesetz

07.12.2006 um 14:10
liegt wohl am sprachgebrauch ;) ne ne ^^

hineininterpretieren kann man einfachnich!

!aus!gelegt heißt "(her)aus" und deuten tut man auch nicht in irgendwashinein sondern von irgendwas heraus.


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