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Kaspar Hauser

418 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Kaspar Hauser ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Kaspar Hauser

17.01.2020 um 14:15
Auszug aus Meyers Kapitel "Kaspar Hauser wie er wirklich ist und was aus ihm werden kann" (also noch zu dessen Lebzeiten) aus dem Sammelband von H. Pies, als eBook erhältlich:

"Hausers Anlagen erscheinen wie vom Anfange an noch immer wohl mittelmäßig (…) Welch geringe Fertigkeit (…) er aber damals (Anmerkung: zu Beginn des meyerschen Unterrichts) noch im Lesen hatte, welche grobe Fehler er im Rechtschreiben machte, wie verworren er die einzelnen Vorstellungen eines Gedankens zusammenstellte (…), wie weniges er damals noch in der Arithmetik (…) leistete, davon konnten sich (…) auch seine Herrlichkeit (=Stanhope) selbst überzeugen (…) kaum einem neunjährigen Knaben gleich (…) so kann sein Fleiß (…) ebenfalls nur mittelmäßig genannt werden (…) keine Lust zum Zeichnen und gar keine Fortschritte (…) das langsame Schreiben war ihm lästig (…) in der Geographie (…) war er auch nur eine kurze Zeit eigentlich fleißig.

(…) Am regelmäßigsten arbeitete er im Rechnen fort (…) Was ihn dagegen lange beschäftigt, bis es vollendet ist, verursacht ihm Missbehagen (…) Einfache grammatikalische Übungen machte er in der Regel gut (…) Rücksichtlich seiner intellektuellen Kraft und Bildung darf ich ihn einem Knaben von elf bis zwölf Jahren mit gewöhnlichen Anlagen ganz gleich stellen."

Wobei der Bericht an Stanhope noch geschönt sein kann. Nach eigenem Statement sagte der Erzieher Herrn Hauser ins Gesicht: "Aus übertriebener Rücksicht für Ihre Zukunft habe ich stets und anfangs besonders besser über Sie berichtet, als ich es zu verantworten imstande bin."

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Kaspar Hauser

17.01.2020 um 14:33
@Siegfrieden

Die Beschreibung klingt nach einem ganz normalen Schüler, der das gut macht, was ihn interessiert und er auch kann, und der eben das scheut, das ihn nicht interessiert oder frustriert. Jeder von uns würde genauso handeln. Deutet alles auf ein durchschnittlich normales Kind ohne auffallende Lernschwierigkeiten hin.


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Kaspar Hauser

17.01.2020 um 14:51
... mit dem Unterschied, dass Meyer den knapp 20jährigen Hauser intellektuell mit einem 11-12jährigen gleichsetzt...


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Kaspar Hauser

17.01.2020 um 14:55
Nun ja, das wird wohl auch sein Bildungsstand gewesen sein. Was ebenfalls nicht verwundert, denn einen hohen Bildungsstand gab es damals eben nur für Reichere oder für Leute, die sich nicht mit schweren oder/und körperlichen Arbeiten ihr Leben verdienen mussten.

Auch heute noch wirst Du jede Menge Leute finden, die, obwohl erwachsen, auf Gebieten die sie nicht interessieren, eine sehr niedrigen, intellektuellen Stand aufweisen. Nicht, weil sie doof wären, sondern weil sie sich eben nicht dafür interessieren. Selbst, wenn sie es in der Schule mal gehört haben, so vergisst man das eben auch wieder, wenn man sich danach nicht mehr damit beschäftigt.


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Kaspar Hauser

17.01.2020 um 14:58
Mag alles verzeihlich sein, aber Meyer zerstört damit die Legende vom Wunderknaben (In dem Liedchen von R. Mey heißt es: "Was man ihn lehrte, sog er in sich auf - wie gierig er war..."). Er war immerhin klug genug, "das Mitleid seines Jahrhunderts zum Besten zu halten" (Zitat Meyer).


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Kaspar Hauser

21.01.2020 um 15:58
Siegfrieden, schön, dass Du vorbei schaust☺️ Ich habe mich durch den ganzen Thread durchgearbeitet, der zwar nicht sehr lang ist, sich aber doch schon über viele Jahre hinzieht. Lustig, dass Du auch durch das Reinhard-Mey-Lied auf Kaspar Hauser aufmerksam geworden bist. Und ich stimme mit dem meisten, was Du geschrieben hast, überein.
Werde später noch mehr schreiben...


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Kaspar Hauser

22.01.2020 um 11:36
Die Frage, wie begabt und intelligent Kaspar denn nun wirklich war, ist sehr interessant und nicht so einfach zu beantworten. Denn zunächst wurde er ja als ein Art Wunderknabe dargestellt, der alles wissbegierig in sich aufsog. Wenn man aber davon ausgeht, dass er zunächst vor allem Dinge lernte, die er sowieso schon weitgehend beherrschte, sind diese ersten Eindrücke allerdings irrelevant. Und laut Mayer, der sein letzter Lehrer war, war Kaspar nur durchschnittlich begabt. Es ist allerdings etwas merkwürdig, dass er Kaspar mit einem elfjährigen Kind vergleicht, was ja eher auf eine leichte geistige Behinderung hindeutet. Ich vermute aber, dass sich Mayers Aussage vor allem auf Kaspars emotionale Reife und nicht so sehr auf seine Intelligenz bezog. Das Konzept einer messbaren Intelligenz, die sich von anderen Charaktereigenschaften wie zum Beispiel Zielstrebigkeit und Fleiss unterscheidet, existierte damals auch noch gar nicht. Insofern sind alle zeitgenössischen Aussagen nicht nach heutigen Maßstäben zu bewerten.
Was mich stutzig macht, ist Folgendes: ich persönlich glaube den zeitgenössischen Stimmen, die schon damals vermuteten, dass kein Attentat auf Kaspar verübt wurde, sondern dass er sich selbst verletzte um gewisse Ziele zu erreichen, und dass sein Tod ein tragischer Unfall war. Wenn das in der Tat der Fall ist, dann erstaunt mich doch, dass Kaspar es nicht etwas raffinierter inszenierte. Warum hat er sich zwar bemüht, durch die Spiegelschrift seine Handschrift zu verstellen, und hat dann aber den Brief so gefaltet wie er es immer machte? Warum ist der Text, der angeblich vom Attentäter verfasst wurde, so abstrus und unausgegoren? Das Ganze kommt einem so vor, als hätte ein Kind sich das Ganze ausgedacht und auch gewisse Vorsichtsmassnahmen getroffen, aber letztendlich nicht weit genug vorausgedacht und daher einige völlig offensichtliche Probleme des Attentats-Szenarios glatt übersehen! Man hat überhaupt nicht den Eindruck, dass es sich um die Inszenierung eines überdurchschnittlich intelligenten Erwachsenen handelt. Die Art und Weise, wie der angebliche Anschlag in Szene gesetzt wurde, ist daher in gewisser Weise eine Bestätigung der Beurteilung Mayers, dass Kaspar auf dem Level eines elfjährigen Kindes war.
Kaspars zeichnerische Begabung würde ich allerdings als überdurchschnittlich einstufen. Aber auch hier stellt sich die Frage, ob Kaspar auch schon in seinem früheren Leben gemalt und gezeichnet hat. Seine Bilder sind sehr konventionell gehalten. Wenn er das Zeichnen tatsächlich erst nach seinem Auftauchen in Nürnberg erlernt hat, hätte ich einen sehr viel unkonventionelleren Stil erwartet. Aber es ist natürlich möglich, dass Kaspar Vorlagen hatte, die er einfach kopierte.


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Kaspar Hauser

22.01.2020 um 12:02
@littlefoot59
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:und hat dann aber den Brief so gefaltet wie er es immer machte?
Unbewusst. Man kann zwar manche Handlungen bewusst verändern, vor Allem die, von denen man annimmt, jemand Anderer würde sein Augenmerk darauf richten, aber die Handlungen, die wir automatisiert durchführen, eigentlich nur dann, wenn wir uns darüber klar und bewusst wären.
Gerade solche "Signatures" überführen ja oft Täter.
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:Warum ist der Text, der angeblich vom Attentäter verfasst wurde, so abstrus und unausgegoren?
Weil es eben nichts Konkretes zu sagen gab. Und weil Lügner kein Detailwissen über Taten oder Geschehen verfügen, die sie nicht kennen. Daher sind ihre Aussagen meistens pauschal, chronologisch falsch oder logisch wirr. Denk nur mal an die dummen Behauptungen, die Homöopathiefans über die angebliche Wirksamkeit der HP von sich geben. Von vorne bis hintern abstrus und absurd, da einfach falsch.
Ein Lügner muss nicht nur Lügen, also faktisch Falsches einigermaßen glaubhaft erzählen, sich also Dinge merken, die nie passierten, sondern auf einer anderen Kommunikationsebene auch verbal und mimisch davon abzulenken, dass man ihn als Lügner erkennen könnte. Im Endeffekt sind das geistige Höchstleistungen, die nicht jeder schafft.
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:aber letztendlich nicht weit genug vorausgedacht
Richtig.
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:und daher einige völlig offensichtliche Probleme des Attentats-Szenarios glatt übersehen!
Weil der "Täter" in dieser Thematik nicht bewandert war, da es sich eben nicht um einen echten Attentäter handelte.
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:Man hat überhaupt nicht den Eindruck, dass es sich um die Inszenierung eines überdurchschnittlich intelligenten Erwachsenen handelt.
Oder eines im Betrug ungeübten.
Was auch nicht wundert, wenn man davon ausgeht, dass diese Taten aus Verzweiflung, nicht mehr umsorgt zu werden, aber nicht unbedingt aus geplanter Berechnung, sich eventuell zu bereichern, heraus, geschehen sein dürften.
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:Wenn er das Zeichnen tatsächlich erst nach seinem Auftauchen in Nürnberg erlernt hat, hätte ich einen sehr viel unkonventionelleren Stil erwartet.
Nicht unbedingt. Ob begabt oder gut trainiert, hat jetzt nicht wirklich mit dem Stil zu tun, sondern mit Fähigkeiten und Übungen. Vielleicht war Zeichnen eben seine Leidenschaft/sein Hobby, der/dem er schon lange frönte.

Auch ein Picasso fing zunächst konventionell an, und das bereits als Kind.


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Kaspar Hauser

06.02.2020 um 15:22
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb am 21.01.2020:Und ich stimme mit dem meisten, was Du geschrieben hast, überein.
Danke :-) und womit nicht?

Ja, ein langer Thread... und anfangs waren einige hier durchgehend auf Krawall gebürstet, hatten zur Sache nichts beizusteuern, fühlten sich nur ihrerseits ständig angegriffen... Aber die meisten ließen sich doch überzeugen.

Über mögliche Existenzangst als (Selbst-)Mordmotiv von KH kann man reden, andererseits hatte er ja seine Arbeit mit der Schönschreiberei und es hätte sicher nicht mehr lange gedauert, bis er auf eigenen Füßen hätte stehen können. Da gab es ja auch noch seine Gönnerin und Halbfreundin aus Wien, mit der er doch auch Pläne hatte. Aber aus einem späteren Statement von ihr gegenüber der Polizei ging in Leonhards Buch hervor, dass er nur einen einzigen (liebevollen) Brief an sie geschrieben hatte, obwohl sie ihm noch einige hinterherschrieb.

Interessant wäre gewesen, was auf ihm geworden wäre, wenn er am Leben geblieben wäre. Gesetzt, es hätte den "Mordanschlag" nicht gegeben, wäre wohl trotzdem zwischen ihm und Stanhope alles aus gewesen. Der England-Plan wäre so oder so nicht mehr umgesetzt worden, weil Stanhope schon länger zweifelte, da war der Selbstmord nur das Tüpfelchen auf dem i, wenn man so will.

Seine Pläne mit den Selbstverletzungen mögen nicht sehr durchdacht gewesen sein, aber viele Zeitgenossen und spätere Generationen glaubten an die Legende Kaspar Hauser. Nur wenn man halt mal genauer hinschaut, wirkt das Ganze doch etwas durchschaubar.


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Kaspar Hauser

08.02.2020 um 22:18
Mir ist beim Lesen der neuesten Beiträge etwas eingefallen.
Ich habe in dem Suhrkamp - Taschenbuch
"Ich möchte ein solcher werden wie...: Materialien zur Sprachlosigkeit des Kaspar Hauser (suhrkamp taschenbuch wissenschaft) ,
von Jochen Hörisch (Herausgeber, Nachwort)
auf das ich zur Zeit leider nicht zurückgreifen kann, eine sehr interessante Feststellung gefunden, nämlich, dass die von Kaspar Hauser bzw. von Binder gleich zu Anfang erzählte Kindheitsgeschichte eine Reihe von erstaunlichen Parallelen zu berühmten Findlingsgeschichten der Weltliteratur aufweist. Immer wieder tauchen die gleichen Elemente auf:
- die eigentlich "hohe" Abstammung des Findlings
- das Aufwachsen in einer Höhle oder einer anders gearteten Abgeschiedenheit
- Tiere als einzige Spielgenossen
- die Weltunerfahrenheit des Findlings
- die notwendige Erziehung des Findlings durch die er "aufblüht"
Als Beispiele fallen mir jetzt spontan Romulus und Remus, Ödipus, Siegfried, Calderons "Das Leben ein Traum" und aus nachhauserischer Zeit noch der Tarzan ein. Die Liste ließe sich aber noch weiter verlängern. Man spricht sogar vom "Findlingsmotiv" als eines der Motive literarischen Erzählens.
Vielleicht hat eine/r noch das Buch s. o.
Es ließen sich daraus eine Konstruiertheit der Hausergeschichte und eine bestimmte Absicht herleiten: Hauser unter die berühmten Findlinge als gleichrangig einzureihen. Das Hintergrundwissen würde aber kaum ein Tagelöhner oder Kaspar selbst parat haben.
Was haltet ihr von diesem Aspekt?


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Kaspar Hauser

08.02.2020 um 22:24
Ein Nachtrag: Wenn ich mich richtig erinnere setzt Feuerbach an den Beginn seines Hauserbuches ein Zitat aus Calderons "Das Leben ein Traum" - zumindest dieser literarische Bezug ist ihm also auch aufgefallen.


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Kaspar Hauser

09.02.2020 um 16:36
Zitat von GurnemanzGurnemanz schrieb:Was haltet ihr von diesem Aspekt?
Er könnte diese Geschichten gekannt haben. Andrerseits kennt vermutlich jede Gesellschaft und somit nahezu jeder in ihr, solche Folklore, ohne darüber je ein Buch gelesen zu haben. Gewisse wiederkehrende romantisierte Erzählelemente, Vorstellungen, Vorurteile, Wunschträume, etc, werden dabei stets aufs Neue verwoben.

Wer würde sich denn die Mühe machen, einen verdreckten, verlausten, eventuell körperlich und geistig behinderten Findling, noch dazu einen, dessen Herkunft niedrig und uninteressant erscheint, und daher nur Müh und Pag, aber keinen Ruhm verspricht, liebevoll zu hegen und zu pflegen? Wenn´s gut geht, wäscht man den und steckt ihn anschließend in ein Waisen- oder Arbeitshaus.

Wer also als Findling ein einigermaßen angenehmes Leben führen möchte, tut gut daran, seine Lebensgeschichte mit diversen romantischen und mythischen Elementen zu würzen.


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Kaspar Hauser

09.02.2020 um 18:28
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:Wer also als Findling ein einigermaßen angenehmes Leben führen möchte, tut gut daran, seine Lebensgeschichte mit diversen romantischen und mythischen Elementen zu würzen.
Du bist doch kein Findling, also woher deine Vermutungen?
Auch heute noch gibt es Nachkömmlinge aus Königshäusern, die ihre Glaubwürdigkeit nur denen verdanken, die die Vaterschaft auch anerkennen.

Blutuntersuchungen konnten vor Jahrzehnten abgelehnt, als auch manipuliert werden. Ist heutzutage aber kaum noch möglich.
Ein guter Anwalt, finanzielle Möglichkeiten, die Medien und vor allem die DNA können die Herkunft verifizieren, wenn es sich nicht um Hochstapelei handelt.

Zu Zeiten Kaspar Hauser war das alles noch nicht möglich.
Spätere angebliche DNA Vergleiche muss ich mir aber nochmal genau reinziehen.
Wann, wie und wo die registriert wurden, um Abgleiche zu noch lebenden Badener und Mörder seine angebliche Herkunft identifizierbar machen zu können?


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Kaspar Hauser

12.02.2020 um 10:35
Zitat von AgathaChristoAgathaChristo schrieb:Wann, wie und wo die registriert wurden, um Abgleiche zu noch lebenden Badener und Mörder seine angebliche Herkunft identifizierbar machen zu können?
Ich würde mich gerne äußern, habe aber Verständnisschwierigkeiten. Was genau meinst du?

Im Spiegel-Archiv war das Thema 1996 Titelstory - sollte noch aktuell sein:
https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9122494.html


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Kaspar Hauser

12.02.2020 um 10:35
https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9123781.html


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Kaspar Hauser

12.02.2020 um 13:56
Zitat von GurnemanzGurnemanz schrieb am 08.02.2020:Was haltet ihr von diesem Aspekt?
Gut beobachtet, das ist sicher möglich.


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Kaspar Hauser

12.02.2020 um 18:38
Auch mich interessiert Kaspar Hauser seit meiner Kindheit! Und als Jugendliche war ich wirklich naiv begeistert von seinen anfänglichen Fortschritten.

Erst im Laufe der Zeit wurde mir bewusst, irgendwas kann da wohl nicht stimmen...

Wie fast überall, interessiert mich auch hier die psychologische Seite. War er psychisch krank, hospitalisiert, geltungssüchtig oder vielleicht sogar narzisstisch veranlagt?

Und ebenso interessant ist für mich die damalige Einschätzung seiner Erzieher. Hat man ihn aus anfänglichem Mitleid gefördert und unterstützt, dann Dankbarkeit erwartet und ist später nicht da mit zurecht gekommen, das er selbstständiger wurde? Wollte ihn vielleicht sogar in Abhängigkeit halten, siehe Helfersyndrom?

Stammen manche negative Einschätzungen über Kaspar Hauser eventuell aus dieser Warte der enttäuschten Helfer?

Was meint ihr alte Hasen? Das soll ein Kompliment sein!


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Kaspar Hauser

12.02.2020 um 19:55
Zitat von AllgoriaAllgoria schrieb:Wie fast überall, interessiert mich auch hier die psychologische Seite. War er psychisch krank, hospitalisiert, geltungssüchtig oder vielleicht sogar narzisstisch veranlagt?
Wir wissen es doch nicht, als nur zu spekulieren.
Zeitzeugen sind ja nicht mehr vorhanden, als nur vage Überlieferungen, die nicht mehr verifiziert werden können.

Kaspar Hauser ist immer noch eine Person, über die diskutiert wird.
Sein es ihm gegönnt, über den Tod hinaus.


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Kaspar Hauser

13.02.2020 um 08:48
@Allgoria
Man hat wohl vieles in ihn hineingefragt und um den neu gewonnenen Komfort nicht zu verlieren, wollte er sich wohl interessant machen, geheimnisvoll wirken, Spuren legen... Sein letzter Erzieher hat ihn vermutlich ganz gut durchschaut und ihn als notorischen Lügner charakterisiert und viele Beispiele aus dem Alltagsleben gefunden. KH konnte oft gar nicht anders als zu lügen, zu prahlen, zu widersprechen um des Prinzips willen.

Zur Frage der Einschätzung seiner Erzieher: Er war ja zunächst beim gutmütigen Gefängniswärter Hiltel untergebracht. Dieser hatte einen ganz netten Eindruck von ihm und stellte ihn als "pures Kind" dar. Auch der folgende Erzieher Daumer hatte insgesamt einen positiven Eindruck. KH veränderte sich aber, wohl auch durch den Einfluss seines späteren Ziehvaters Stanhope (der Film "Kaspar Hauser" unterstellte ja, dass Stanhope ein Agent von Fürstin Sophie war und seinen "Schützling" gezielt dekadent machen wollte, um ihn unglaubwürdig werden zu lassen). Also man kann schon festhalten: Anfangs waren die Eindrücke überwiegend positiv (Hiltel, Daumer), später gab es überwiegend kritische Beobachtungen (Biberbach, teilweise Tuchel und vor allem Stanhope/Meyer)

Sicher können die Erzieher auch allesamt ihre Macken gehabt haben, aber sie wurden ja sorgfältig von der Stadt Nürnberg bzw. von Präsident Feuerbach ausgewählt und waren angesehene Bürger. Helfersyndrom sehe ich nicht: Die meisten wollten ihn schnell wieder loswerden, sogar Daumer.
Zitat von AllgoriaAllgoria schrieb:Stammen manche negative Einschätzungen über Kaspar Hauser eventuell aus dieser Warte der enttäuschten Helfer?
Sicherlich, aber sie dürften ihn genau kennengelernt haben, weshalb ihre (zugegeben ambivalenten) Eindrücke nicht zu verachten sind,

@Allgoria
Klar bleibt in vielen Dingen nur Spekulation, aber es gibt schon mehr als nur vage Überlieferungen. Seine Erzieher haben viel über ihn geschrieben (Daumer schrieb 2 dicke Bücher, Stanhope brachte seine Briefe in Buchform raus, Meyer verfasste immerhin längere Berichte). Biografin Leonhardt hielt fest, dass wohl jedes öffentliche Wort von ihm schriftlich festgehalten worden sei und dass er seit seinem Auftauchen offenbar rund um die Uhr beobachtet wurde.


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Kaspar Hauser

13.02.2020 um 09:28
Danke lieber @Siegfrieden für deine Einschätzung!
Allein dieses rund um die Uhr beobachtet werden wie ein Tier im Zoo gibt einem schon zu denken...

Er konnte ja fast nicht anders, als sich für etwas ganz Besonderes zu halten. Und auf der anderen Seite war ihm eine normale oder halbwegs normale Weiterentwicklung kaum möglich. Ständig unter Aufsicht und jedes Wort und jede Geste auf die Goldwaage gelegt.

Vielleicht hat er sogar nach einiger Zeit selbst getestet, was passiert, wenn er sich so oder so verhält? Etwas, was ein Kind normalerweise im Kibdergartenalter macht. Und vielleicht war er dann auch trotzig und die Erzieher deswegen böse?

Man kann natürlich nur spekulieren. Aber nach den Quellen, die hier verlinkt sind, kann ich nur vermuten, das seine emotionale Entwicklung eher der eines Kleinkindes ähnelt. Er hat Aufmerksamkeit und Liebe gesucht.


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