@allAlle diese Fahrten, die uns aus Sicht von Tätern so risikoreich und so ungewöhnlich vorkamen, die andeuteten, Frauke werde bald heimkommen, haben auch das Ziel gehabt, die Hergangsversion zu verstärken. Die Hergangsversion ist, dass Frauke um 23:00 Uhr den Pub verlassen habe. Zur Hergangsversion gehört auch, dass Fraukes Akku irgendwann leer war. Sie hat laut Polizei am Abend im Pub mit einem Freund gechattet. Es haben sich im Zuge der Ermittlungen keinerlei digitale Spuren ergeben, die auf ein spontanes Treffen, das eventuell kurzfristig vereinbart hätte werden können, hindeuteten. Niemand will Frauke auf dem Heimweg gesehen haben. Frauke wäre aber auch nicht zu einem fremden Menschen ins Auto gestiegen. Ein fremder Mensch, der Böses mit Frauke vorhatte, hätte sie nie noch eine SMS schreiben lassen. Am nächsten Morgen gibt es keinerlei Lebenszeichen von Frauke. Aber es wird eine Alarmstimmung aufgebaut. Da muss etwas passiert sein.
Welches Risiko hatte die Gruppe im Pub mit ihrer Hergangsversion, wenn durch sofort einsetzende Suchmaßnahmen Frauke noch am Tag gefunden worden wäre?
Fingerabdrücke, Faserspuren? Man saß ja im Pub zusammen. Das hätte nie gereicht. Schon zum Zeitpunkt der Ablage Fraukes in der Nacht hat man ihr die bis heute verschwundenen Dinge abgenommen. Es sollte alles wie ein Tod durch einen Fremden wirken, der keinerlei Bezug zum Opfer hatte.
Frage: Haben die Begleiter mitbekommen, dass Frauke in der Nacht noch eine SMS an Chris geschrieben hat?
Ja, das haben sie. Andernfalls hätten sie nicht wissen können, was in dem Text steht, ob sie genannt wurden. Dass die Meldung über Nieheim seriös war, wussten sie, denn sie waren ja dabei und wussten, wo sie hergefahren sind. Vielleicht waren es die Begleiter sogar, die Frauke darauf hinwiesen, mal Chris eben Bescheid zu geben, denn nur sie hatten die Schlüsselsituation mitbekommen. Ich stelle mir alles auf dem Rücksitz vor, da sieht der Partner auch den Text.
Warum hat Frauke in der Nacht statt der SMS nicht angerufen?
Sie wollte keine Diskussion, außerdem war sie auf Tour. Da war es einfacher, eine SMS zu schicken. Vielleicht war sie auch schon unter dem Eindruck von Drogen, herrschte im Auto laute Musik. Da bevorzugt man eine kurze SMS.
Warum ist die Aussage, Frauke war müde und hatte kaum mehr Geld, so wichtig gewesen?
Wenn man weiß, dass Frauke nie wieder Geld abheben kann und aussagt, dass jemand müde war, dann verstärkt das die Annahme einer Straftat, die auf dem Heimweg passiert sein muss.
Was war das größte Risiko der Gruppe direkt am Mittwoch?
Mögliche Zeugen im Pub Auld Triangle, die ihrer Version widersprachen und von einem späteren Aufbruch Fraukes berichteten. Aber das Personal im Pub hätte auch nicht sagen können, ob die Gruppe zusammen nach Nieheim aufbrach oder nicht und ob Frauke den Heimweg alleine antrat. Und ob Frauke den Heimweg antrat. Mögliche Ausrede: Ja, es kann auch später gewesen sein, aber Frauke ist vor uns gegangen. Wer wollte wirklich im Pub Gegenteiliges behaupten?
Was war das größte Risiko der Gruppe am Donnerstag?
Eindeutig Nieheim. Diese Möglichkeiten der Polizei hatte man übersehen, hätte wohl jeder übersehen. Man hätte denken können, ja und, dann war sie eben mit jemand anders in Nieheim, aber wenn man selbst Funkspuren in dieser Zelle zu diesem Zeitpunkt hinterlassen hatte, würde jedes Alibi, das sich die Gruppe im Pub noch gegenseitig geben konnte, komplett an Glaubwürdigkeit verlieren. Deshalb musste man handeln, deswegen sind die kurzen Lebenszeichen über Handy notwendig geworden. Es war eine Risikoabwägung, aber man dachte sich, wenn die Polizei die Funkdaten Frauke schon innerhalb weniger als 24 Stunden ermitteln kann, ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann sie unsere Verbindungen überprüfen. Und es reichte nur einer oder eine, die zum gleichen Zeitpunkt eine SMS aus der gleichen Funkzelle abgesetzt hatte. Genau deswegen setzte man auf ein Ablenkunsmanöver, auf Hövelhof, auf den großen Unbekannten mit britischen Bezügen, die zum Pub passten. Auch darauf können nur Menschen kommen, die selbst im Pub saßen und sich bedroht fühlten, ertappt zu werden. Hövelhof war ein taktisches Ablenkunsmanöver und zugleich ein Versuch, ob die Masche mit den Lebenszeichen klappte. Das hielt alle auf eine andere Art und Weise in Atem und sorgt dafür, dass die eigenen Funkdaten nicht mehr überprüft wurden. Ich gehe davon aus, dass alle Beteiligten schon zeitnahe den Handyanbieter und die Rufnummer wechselten.
Soweit das, was ich derzeit denke.
ichdenkemir schrieb:Und zwar, indirekte Alibis nach der Tat!