Camouflage by Stan Ridgway
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Ich war als Gefreiter mit einem Spähtrupp hinter Charlie her –
so nannten wir den Vietcong im Dschungelkrieg anno 65.
Meine Gewehr hatte Ladehemmung, und plötzlich saß ich allein da draußen und konnte hören, wie der Feind immer näher kam.
Da knackte ein Zweig, und ich griff nach meiner leeren Knarre,
versuchte mich zu verstecken und glaubte mein letztes Stündlein gekommen.
Und da tauchte ein großer, starker Marineinfanterist auf,
ein richtiger Riese mit freundlichen Augen,
legte die Hand auf meine Schulter und sagte: „Ruhig Blut!“
Er kam ganz nahe und sagte: „Keine Sorge, mein Junge, ich bin bei dir.
Wenn sich Charlie mit uns anlegen will, muss die Hölle schon mal zwei austricksen!“
Ich sagte: „Oh, vielen Dank!“
Dann nannte ich meinen Namen und fragte nach dem seinen.
Und er sagte: „Die Jungs rufen mich nur Camouflage – du weißt schon: wegen der Gesichtstarnung.“
Ja, ja, Camouflage...
Die Dinge sind nie ganz so, wie sie zunächst erscheinen.
Ich war jedenfalls verdammt froh, diesen großen, starken Marine zu treffen.
Ich fragte ihn, wo er herkäme – da flogen uns auch schon aus dem Busch die Kugeln um die Ohren.
Ich sah, dass dem Marine die Augen leuchteten –
und seltsamerweise verlor ich plötzlich jede Angst.
Wir kämpften Seite an Seite die ganze Nacht hindurch und hielten unsere Stellung.
Ich fragte mich, wie es wohl kam, dass die Kugeln diesen Mann ständig verfehlten – ja, sie schienen geradezu durch ihn hindurchzugehen, als ob er Luft wäre.
Gegen Morgen witterten wir unsere Chance und suchten das Weite.
Wir hatten beinahe das Ufer des Flusses erreicht, als wir in einen Hinterhalt gerieten.
Ich dachte schon: jetzt ist es endgültig um uns geschehen.
Da prasselte eine Kugel durch das Gebüsch – direkt an mich adressiert!
Und der Marine zerquetschte sie einfach so in der Hand wie eine Fliege!
Ich wusste, dass etwas Unheimliches um ihn war,
denn als ich mich umdrehte, sah ich, wie er eine riesige Palme aus dem Boden riss und damit Charlie zum Teufel jagte.
Er führte mich auf sicheres Gelände,
ich sah mein Lager und winkte ihm zum Abschied.
Er zwinkerte mir vom Dschungel aus noch zu und war verschwunden.
Ich kam ins Hauptquartier und erzählte von meinem nächtlichen Kampf und meinem Gefährten Camouflage.
Als ich diesen Namen erwähnte, schluckte mein Gegenüber, und ein Stabsarzt führte mich in ein grünes Zelt, das ein wenig abseits stand.
Er sagte: „Mag schon sein, dass du die Wahrheit sagst, Junge, aber das hier ist Camouflage, und er liegt da, seit er letzte Nacht gestorben ist.
Genauer gesagt: er lag schon die ganze Woche über hier.
Bevor er starb, sprach er noch unser Motto „Für immer treu!“ und sagte, sein einziger Wunsch wäre es, einem jungen Marine mitten im Trommelfeuer das Leben zu retten. Deshalb nimm hier seine Hundemarke, ich weiß, dass auch er das wollen würde.“
Und dann sprachen wir beide ein Gebet für Camouflage.
Wenn du also das nächste Mal bei einem Kampf im Dschungel etwas neben dir spürst oder eine Stimme in dir hörst –
sei dankbar, dass du nicht alleine bist, sondern in Gesellschaft eines Marines, den die Jungs Camouflage nennen.