Telcontar schrieb:Nimm einen bestimmten Input weg - schon verschwindet auch die zugehörige Reaktion, es gibt sie nicht mehr. Aber mit dieser Kontrolle neuronaler Prozesse ist bei weitem nicht das phänomenale Erleben selbst "als Reaktion auf diese Prozesse" erklärt.
Schau dir Anästhesie genau an: es wird gerade
nicht der Input weggenommen.
Es wird eine Fortsetzung weggenommen.
Es ist sozusagen eine Art "Einrasten" innerhalb der Reaktionsentwicklung.
Dabei ist es nicht so, dass für den Menschen stumpfsinnig immer eine (dieselbe) Situation stattfindet, sondern es findet für ihn gar nichts statt, noch nicht einmal er selbst.
Das ist das Nadelöhr - egal was du dir vorstellst, das es da noch geben soll, immer benötigst du diese Reaktionsentwicklung.
Selbst wenn du ein "phänomenales Erleben in einer Anderswelt" behaupten möchtest, macht ein Mensch unter Anästhesie nichts daraus - rein gar nichts.
Das beweist, dass der zentrale Schritt, mit dem alles steht und fällt, die Reaktionsentwicklung ist.
Über die Kontrolle dieser Entwicklung ist festgelegt, wovon der Mensch ausgeht.
Deine Überzeugung eines "phänomenalen Erlebens" läuft kontrolliert ab.
Diese Kontrolle legt die Passgenauigkeit deiner Überzeugung zur Realität fest.
Du springst waghalsig hinein und behauptest eine superdolle 1:1 Passgenauigkeit, ich hingegen sage "Moment, das muss nicht sein".
Versuch dir mal über das Beispiel der
"schrägen Linien" diese Kontrolle bewusst zu machen.
Versuch die "lange Schräge auf der Leinwand" nicht wahrzunehmen, denn du kannst ja überprüfen, dass sie nicht da ist.
Keine Chance, du kannst die Kontrolle deines Überzeugungs-Stattfindens nicht beeinflussen.
So leid es mir tut, aber der Mensch ist hier kein freier Akteur, sondern er unterliegt Regeln des Stattfindens - "er ist dem Nadelöhr ausgeliefert".
Dieses Nadelöhr ergibt, was aus dem, was vorliegt, an Überzeugung gemacht wird.
Verstehst du:
die Überzeugung vom Sehen einer farbigen Oberfläche muss nicht wegen einer farbigen Oberfläche stattfinden.
die Überzeugung vom phänomenalen Erleben muss nicht wegen phänomenalem Erleben stattfinden.
Entscheidend ist immer das Prinzip, dass etwas Vorliegendes durch Kontrollregeln in das Ablaufen einer Überzeugung überführt wird.
Hierbei ist nicht zuletzt entscheidend, an welchen Anteil des Vorliegenden der Kontrollablauf herankommt.
Ist dies von vornherein nur ein unvollständiger Anteil, dann kann die Überzeugung zwar für den Menschen funktionieren, aber niemals das ganze Bild enthalten.
Telcontar schrieb:Aber genau das ist der Punkt: Dein Fokus auf Kontrollierbarkeit blendet das Phänomen, das kontrolliert wird, systematisch aus.
Ist es so schwer zu verstehen: es wird nirgendwo ein Phänomen kontrolliert, sondern das Stattfinden der Überzeugung.
Wenn du hinter der Kontrolle zum Stattfinden der Überzeugung ein "es gibt ein Phänomen" behaupten möchtest, dann musst du schon das Phänomen vorlegen, denn die Kontrolle selbst ist auseichend dafür, dass es das Phänomen nicht geben muss (zumindest nicht in der Form der Überzeugung).
Wenn du also die lang gezogene Schräge auf der Leinwand oder das Erleben der lang gezogenen Schräge auf der Leinwand als ein "gibt es" behaupten möchtest, dann musst du dieses vorlegen, denn die Überzeugung davon reicht nicht aus.
Von dem, was vorliegt, hin zur Überzeugung des Menschen, findet ein "Übersetzungsprozess" statt.
Diesen Ablauf kann man über Anästhesie aushebeln - egal um welche Überzeugung es geht.
Telcontar schrieb:Doch um diese These zu begründen, beanspruchst du genau das: Du setzt deine eigene subjektive Vernunft ein, um zu behaupten, subjektive Vernunft sei nur ein Produkt kontrollierbarer Reaktionen.
Falsch, hier machst du immer noch den Fehler, dass du Anlass und Überzeugung gleichsetzt.
Ist dann die Überzeugung nicht korrekt, entsorgst du auch gleich den Anlass.
Du entsorgst hier den Anlass (die Funktion) zu dem die Überzeugung einer "subjektiven Vernunft" für den Menschen ausreichend passend ist.
Mir ist schleierhaft, weshalb du die Funktion entsorgst. Die Reaktion des Menschen ist doch unspektakulär vorliegend und bei jedem Schlaganfall suchen die Ärzte über Gehirnscans nach vernarbtem Gehirngewebe, durch das Funktion verloren geht.
Telcontar schrieb:Du benutzt das Werkzeug, um zu beweisen, dass das Werkzeug unzuverlässig ist.
Nein, die Überzeugungen haben lokale Gültigkeit, so dass er Mensch in der Welt zurecht kommt. Er kann damit eine interaktive Analyse durchführen.
Telcontar schrieb:Aber in dem Moment, wo du dieses universelle Interaktionskriterium als verbindlich behauptest, behandelst du deine eigene argumentative Position als Ausnahme: Du forderst, dass dein eigenes Argument auch ohne den von dir geforderten interaktiven Nachweis gültig sein soll.
Sorry, ich habe dir explizit die Anästhesie vorgelegt. Das ist in Bezug auf Wahrnehmung die Mutter aller Interaktivität.
Telcontar schrieb:Dies beschreibt lediglich, wann und wie eine Überzeugung entstehen kann – nicht was das Erlebte selbst ist oder warum es überhaupt einen subjektiven Erlebnisgehalt gibt
Von uns beiden bist nur du derjenige, der im Hintergrund ein Erleben-Dingens vermutet.
Ich benötige nur den Aufbau von Überzeugung (die Kontrolle).
Wenn du interaktiv vermitteln möchtest, dass "phänomenales Erleben" die Überzeugung von "phänomenalen Erleben" auslöst, dann hast du als Hausaufgabe, dieses "Erleben" vorzulegen.
Der Körper zeigt sämtliche Veränderungen auf unspektakuläre Art (man kann Scans, sogar Filme, davon herstellen) und reagiert fortgesetzt darauf.
Unterbricht man den Fortsetzungsaspekt, findet kein "für den Menschen gibt es" mehr statt.
Du hast dich für eine Problemstellung rund um Phänomenal-Existenz entschieden (warum auch immer). Ich teile deine Entscheidung nicht und lehne sie ab.
Über die Anästhesie ist klar ersichtlich, dass ein "Aufbauschritt zu Überzeugungen" im Zentrum steht.
Damit musst du akzeptieren, dass es als Möglichkeit das Erleben gar nicht geben könnte, sondern etwas abläuft, das in der lokalen Überzeugungsblase des Menschen als "phänomenales Erleben" eingeordnet wird.
Telcontar schrieb:Du verschiebst die Frage, statt sie zu beantworten. Die Frage bleibt aber nach wie vor bestehen: Warum fühlt sich diese "Reaktion" nach etwas an? Warum ist sie nicht einfach ein bloßer physikalischer Prozess?
Nein, ich verschiebe die Frage nicht, sondern ich teile deine Entscheidung einer Phänomenal-Existenz-Problemstellung nicht.
Aus der Anästhesie ist ersichtlich, dass du die Frage beantworten musst, wie aus etwas Vorliegendem eine dazu möglichst gute Überzeugung stattfinden kann.
Würdest du das machen, dann würdest du nicht die anschliessenden Warum-Fragen stellen.
Die Antworten auf deine Warum-Fragen sind im Nadelöhr enthalten.
Mit den Kontrollregeln, die dort enthalten sind, geht es in Bezug auf einen "wahrnehmenden Körper in einer Umwelt" nicht anders.
D.h. die Kontrollregeln in Verbindung mit den Situationen, zu denen sie ausgeführt werden, können keine andere Überzeugung ergeben.
"blosser physikalischer Prozess" ist auf dieser Basis schlicht nicht möglich.
Deshalb ist das Ganze auch so stabil, selbst wenn ein Mensch nur über eine Gehirnhälfte verfügt.
Telcontar schrieb:Das Erleben selbst jedoch – die unmittelbare Gewissheit, dass es sich überhaupt wie etwas anfühlt, über diese Zeilen zu scrollen – ist der unhintergehbare Ausgangspunkt, von dem aus du erst beginnst, dein Nadelöhr zu konstruieren. Es ist die Voraussetzung jeder Messung, nicht ihr Ergebnis.
Damit weigerst du dich lediglich, die menschliche Wahrnehmung zustande kommen zu lassen.
Auf diese Weise wirst du nie zu einer Erklärung finden können und Anästhesie wird von dir eher nur "phantasievoll eingeordnet" werden können, naja.
Du wirst ein nettes Geschichten zu erzählen haben (à la "der Mensch ist ein Geistwesen"), aber mit der Realität kannst du es nicht verbinden.
Telcontar schrieb:Du erklärst kurzerhand die Grundbedingung deiner eigenen Tätigkeit für nichtexistent.
Nochmal zum Abschluss:
Ich entsorge nicht die Funktion, sondern die 1:1-Korrektheit der dazu aufgebauten Überzeugung.
In der Konsequenz kann ich die Funktion als über das Nervensystem abgedeckt ansehen, der vom Nervensystem hierzu aufgebauten Überzeugung aber nur lokale Gültigkeit zugestehen.
Die Zusammenhänge der Perspektive eines selbstlernenden Akteurs werden vom Nervensystem tatsächlich aufgebaut, aber die daraus stattfindende Überzeugung ist nur "plausibel" im Sinne der Aufgabenstellung.
Telcontar schrieb:Dein Interaktionskriterium ist lediglich eine selbstgesetzte Filterregel, die alles ausschließt, was nicht durch das Nadelöhr passt.
Nein, wenn du etwas vermitteln möchtest, dann bewegst du dich im Bereich der Interaktion - das ist dann deine Entscheidung.
Wenn du das nur mit dem Zusatz "ich kann ausser Suggestion gar nichts vorlegen" machen kannst, dann ist das dein Problem.
Meine Aufgabe besteht hierzu nur darin, auf "nicht sauber argumentiert" hinzuweisen.
Du machst quasi einen Glaubenssprung und ich sage nur "diesen Sprung muss man nicht machen".
Telcontar schrieb:Dein Ansatz bleibt somit methodisch selbstwidersprüchlich und inhaltlich unvollständig.
"Nur in deinen Träumen, mein sehr junger Padawan".